Zivilprozess – Wenn Berufung unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt wird.

Zivilprozess – Wenn Berufung unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt wird.

Wird von dem Prozessbevollmächtigen einer Partei Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegt und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichnenden Prozessbevollmächtigten beantragt, verbunden mit der Erklärung, dass die Berufung nur dann als eingelegt gelten soll, wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird, ist die Berufungseinlegung, weil sie von einer Bedingung, nämlich der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht worden ist, unwirksam.

Trotzdem darf das Berufungsgericht die Berufung in einem solchen Fall nicht vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag als unzulässig verwerfen. Vielmehr muss es erst über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden.
Ansonsten würde das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren.

Eine bedürftige Prozesspartei, die eine gegen sie ergangene Entscheidung mit der Berufung angreifen will, kann sich nämlich darauf beschränken,

  • innerhalb der Berufungsfrist zunächst nur einen (isolierten) Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beifügung der nach § 117 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlichen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechenden Belegen beim Prozessgericht zu stellen und
  • die Berufungseinlegung bis zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zurückzustellen.

Ist dies geschehen, so muss das Berufungsgericht zunächst über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden.

Wird über den Antrag nach Ablauf der Berufungsfrist entschieden, ist einem Antragsteller, der dann Berufung einlegt, gemäß § 233 ZPO antragsgemäß Wiedereinsetzung in die infolge Mittellosigkeit schuldlos versäumte Berufungseinlegungs- und ggf. auch Begründungsfrist zu gewähren, wenn

  • Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist oder
  • im Falle ihrer Versagung – der Antragsteller vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste und
  • die versäumte Prozesshandlung – die Einlegung und ggf. Begründung der Berufung – innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die regelmäßig nicht vor der Bekanntgabe der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu laufen beginnt, nachgeholt wird.

Die (zunächst) unwirksame, weil bedingte Einlegung der Berufung vor der Entscheidung über den gleichzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag hindert eine Partei nicht, nach der – bislang noch ausstehenden – Entscheidung des Berufungsgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag nunmehr wirksam Berufung einzulegen.
Die dazu erforderliche Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist wird einer Partei nicht deswegen zu versagen sein, weil ihr Prozessbevollmächtigter bereits vor der beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Berufung – wenn auch unwirksam – eingelegt hat.
Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit der betroffenen Partei für die Fristversäumung kausal geworden ist.
Das ist hier indessen der Fall, weil der Prozessbevollmächtigte des Partei eine unbedingte Berufung noch nicht eingelegt, sondern – wenn auch prozessual unbehelflich – die Wirksamkeit der erklärten bedingten Berufungseinlegung von der Bewilligung der zugleich beantragten Prozesskostenhilfe abhängig gemacht hat.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 05.02.2013 – VIII ZB 38/12 – hingewiesen.

 

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