Strafrecht – Was bei der Verurteilung von einkommensschwachen Personen zu Geldstrafen bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe vom Gericht zu bedenken ist.

Strafrecht – Was bei der Verurteilung von einkommensschwachen Personen zu Geldstrafen bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe vom Gericht zu bedenken ist.

Bei Verhängung einer hohen Geldstrafe – d. h. regelmäßig einer solchen, die 90 Tagessätze übersteigt – ist eine Absenkung der Tagessatzhöhe in Betracht zu ziehen, um einer progressiven Steigerung des Strafübels entgegen zu wirken. Denn mit der zunehmenden Zahl der Tagessätze steigert sich die Fühlbarkeit der Geldstrafe bei gleich bleibender Tagessatzhöhe nicht in entsprechender Weise, sondern sie wächst progressiv. Das auf dem Nettoeinkommensprinzip aufgebaute Tagessatzsystem kann deshalb zu einem Einwirkungsübermaß und desozialisierenden Folgen führen, die nicht mehr mit der Pflicht des Richters zu vereinbaren sind, im Rahmen einer sachgerechten Strafzumessung alle Wirkungen zu bedenken, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 Strafgesetzbuch (StGB )). Bleiben solche Folgen auch unter Berücksichtigung von nach § 42 StGB einzuräumenden Zahlungserleichterungen bestehen, ist eine Verringerung der Tagessatzhöhe erforderlich.

Zum anderen kann es bei besonders einkommensschwachen Personen, die am Rande des Existenzminimums leben, geboten sein, unter Berücksichtigung der nach § 42 StGB möglichen, zeitlich grundsätzlich nicht beschränkten Zahlungserleichterungen und unter Beachtung der Notwendigkeit der Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels des monatlichen Nettoeinkommens festzusetzen, weil diese Personen bei strikter Einhaltung des Nettoeinkommensprinzips härter als normal Verdienende getroffen werden.

Schließlich muss einem zu Geldstrafe verurteilten Angeklagten auch bei Bewilligung von Ratenzahlungen das zum täglichen Lebensbedarf Unerlässliche erhalten bleiben, was, wenn einem Angeklagten monatlich Barleistungen in Höhe von 194 Euro zur Verfügung stehen, bei zu zahlenden monatlichen Teilbeträgen von 100 Euro nicht der Fall ist.

Darauf und, dass sich das Gericht dieser Aspekte bewusst sein muss, hat das Kammergericht (KG) mit Beschluss vom 02.11.2012 – 121 Ss 146/12 – hingewiesen.

 

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