Tag Abgasreinigung

Dieselgate: Was Besitzer eines PKW Diesel, die wegen eines sog. Thermofensters in ihrem Fahrzeug, Schadensersatzansprüche

…. gegen den Motor- und/oder Fahrzeughersteller geltend machen wollen, wissen müssen. 

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteilen vom 16.09.2021 – VII ZR 190/20, 286/20, 321/20 und 322/20 – darauf hingewiesen, dass, wenn ein Fahrzeug mit einem 

  • Dieselmotor

ausgestattet ist, bei dem die 

  • Abgasreinigung über die Abgasrückführung 

dadurch erfolgt, dass 

  • ein Teil der Abgase zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt wird, 
  • dort erneut an der Verbrennung teilnimmt, jedoch 

bei kühleren Außen-/Ladelufttemperaturen die Abgasrückführung zurückgefahren wird („Thermofenster“), die Motor- und/oder Fahrzeugherstellerin nicht schon deshalb 

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) schadenspflichtig und damit 

Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zur Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet ist, weil

  • aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung

Fahrzeuge mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster)

  • ausgestattet und 
  • in den Verkehr gebracht 

worden sind, sondern dieses Verhalten, 

  • auch im Hinblick auf die unsichere Rechtslage bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Thermofensters und 
  • da es bis heute an einer behördlichen Stilllegung oder einem Zwang zu Umrüstungsmaßnahmen fehlt,

nur bzw. erst als 

  • sittenwidrig und 
  • vorsätzlich käuferschädigend 

zu qualifizieren ist, wenn von den bei der Motor- und/oder Fahrzeugherstellerin Verantwortlichen für die sie gemäß § 31 BGB einzustehen haben,

  • bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems 

in dem Bewusstsein gehandelt worden ist, 

sie den darin liegenden Gesetzesverstoß 

  • billigend in Kauf genommen haben 

und sich ihnen 

  • die Gefahr einer Schädigung der Fahrzeugkäufer aufdrängen musste, 

was 

  • durch die Darlegung und den Nachweis dafür sprechender bzw. den Schluss darauf zulassender konkreter Anhaltspunkte,
    • wie beispielsweise eine arglistige Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes (KBA),

von Fahrzeugkäufern,

  • deren Klagen auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Aussicht auf Erfolg haben sollen, 

bewiesen werden muss.

Begründet hat der Senat dies damit, dass bei einer Abschalteinrichtung wie dem sog. Thermofenster, die nicht wie die Abschalteinrichtung beim VW-Motor EA189 unterscheidet, 

  • ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet und 
  • keine Funktion aufweist, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 –), 

sondern im Grundsatz 

  • auf dem Prüfstand in gleicher Weise arbeitet wie im realen Fahrbetrieb und 
  • bei der die Frage der Zulässigkeit nicht eindeutig und unzweifelhaft beantwortet werden kann, 

bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres unterstellt werden kann, dass die bei der Motor- bzw. Fahrzeugherstellerin Verantwortlichen 

  • in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden sowie 
  • den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen 

und dass eine

  • möglicherweise nur fahrlässige Verkennung der Rechtslage 

für die Feststellung der besonderen Verwerflichkeit eines Verhaltens nicht genügt (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Dieselgate: BGH entscheidet unter welchen Voraussetzungen Fahrzeughersteller wegen Einsatzes eines Thermofensters

…. den Fahrzeugkäufern gegenüber schadensersatzpflichtig sind. 

Mit Urteil vom 13.07.2021 – VI ZR 128/20 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Käufer einen Mercedes-Benz C 220 CDI BlueEfficiency erworben hatte, bei dem die 

  • Abgasreinigung

über eine Abgasrückführung dadurch erfolgte, dass, was zu einer Verringerung der Stickoxidemissionen führt,

  • ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt,
  • diese Abgasrückführung jedoch bei kühleren Außen-/Ladelufttemperaturen reduziert wird („Thermofenster“),  

entschieden, dass dem Fahrzeugkäufer gegen die Daimler AG einen Schadensersatzanspruch 

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung 

aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), aufgrund Inverkehrbringens von Fahrzeugen, 

  • die infolge einer unternehmerischen Entscheidung der Daimler AG mit einer solchen temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet worden sind,

nur dann erfolgreich geltend machen kann, wenn die Verantwortlichen bei der Daimler AG 

  • bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems 

in dem Bewusstsein handelten, 

  • eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden

sowie 

  • den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen haben

und dass für ein derartiges Vorstellungsbild bei den Verantwortlichen der Daimler AG 

Dieselgate: BGH äußert sich erstmals zum sogenannten Thermofenster

Mit Beschluss vom 19.01.2020 – VI ZR 433/19 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) darauf hingewiesen, dass Autohersteller, die Dieselfahrzeuge in den Verkehr bringen, bei denen aufgrund einer von ihnen getroffenen unternehmerischen Entscheidung die

  • Abgasreinigung

über eine Abgasrückführung erfolgt, bei der ein 

  • Teil der Abgase 

wieder der Verbrennung im Motor zugeführt wird, mit der Folge 

  • einer Verringerung der Stickoxidemissionen und 
  • einer Reduzierung der Abgasrückführung bei kühleren Temperaturen  („Thermofenster“),    

nicht schon allein deshalb 

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

den Fahrzeugkäufern gegenüber schadensersatzpflichtig sind.    

Vielmehr ist wegen des Inverkehrbringens von Dieselfahrzeugen mit einer solchen temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster),

der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber den Fahrzeugkäufern nur gerechtfertigt, wenn zu dem Verstoß 

  • gegen die Verordnung 715/2007/EG 

weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für den Fahrzeughersteller handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen, 

  • wie etwa gemachte unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems im Typengenehmigungsverfahren.  

Ob in dem der BGH-Entscheidung zugrunde liegendem Fall 

  • solche Umstände vorgelegen haben und 
  • seitens des Fahrzeugherstellers in dem Bewusstsein gehandelt wurde, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf zu nehmen, 

wird nun das Oberlandesgericht (OLG) zu klären haben. 

Übrigens:
Die Thematik des sog. Thermofensters ist mit der Fallkonstellation, 

deswegen nicht vergleichbar, weil 

  • die eingesetzte temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung (Thermofenster) nicht danach unterscheidet, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet und 
  • sie keine Funktion aufweist, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise arbeitet (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Dieselgate: LG Mönchengladbach entscheidet, dass Käufer eines Mercedes C 220 d T (Schadstoffklasse 6) von der Daimler AG

…. wegen des sog. Thermofensters bei der Abgasreinigung Schadensersatz verlangen kann.

Mit Urteil vom 27.06.2019 – 1 O 248/18 – hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Mönchengladbach in einem Fall, in dem ein Käufer einen

  • gebrauchten Mercedes C 220 d T der Schadstoffklasse 6

erworben hatte,

  • bei dessen von der Daimler AG entwickeltem Dieselmotor mit der Kennzeichnung OM651,
  • aufgrund des zur Abgasreinigung betriebenen technischen Verfahrens der Stickoxidausstoß (NOx) bei Über- oder Unterschreitung bestimmter Außentemperaturen nicht mehr reduziert wird (sog. „Thermofenster“),

entschieden, dass

  • es sich bei dem Thermofenster um eine nicht aus Gründen des Motorschutzes notwendige und somit unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 handelt

und dem Käufer des Fahrzeugs gegen die Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung,

  • aufgrund Inverkehrbringens von, mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung zur Abgasmanipulation ausgestatteten und damit nicht gesetzeskonformen sowie mangelhaften Diesel-Fahrzeugen,

ein Anspruch auf Schadenssatz nach §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zusteht.

Danach kann der Fahrzeugkäufer,

  • der in Unkenntnis des nicht gesetzeskonformen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung mit den sich daraus ergebenden Folgen – u.a. Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts – den Pkw erworben und
  • damit, weil von ihm der Kaufvertrag jedenfalls zu den damaligen Bedingungen so in der Form bei Kenntnis aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre, einen in dem Abschluss des für ihn wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrages liegenden Schaden erlitten hat,

verlangen, dass die Daimler AG ihm,

  • gegen Übereignung des Fahrzeugs,

den Kaufpreis, zuzüglich Zinsen, erstattet,

  • allerdings unter Abzug eines Betrages als Nutzungsentschädigung unter Berücksichtigung der gefahrenen Kilometer.

Übrigens:
Ein amtlicher Rückruf für das Fahrzeug war zum Zeitpunkt der Entscheidung des LG Mönchengladbach nicht angeordnet.

Ebenfalls bereits entschieden, dass Käufer von Mercedes-Dieselfahrzeugen,

  • die nach den Feststellungen der Gerichte mit unzulässigen Abschalteinrichtungen (in verschiedenen Formen) ausgestattet waren,

von der Daimler AG

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB

Schadensersatz verlangen können, haben bisher u.a.,