Tag Erkrankung

Was Arbeitnehmer, die ein vom Arbeitgeber unterbreitetes, nicht verpflichtendes Impfangebot annehmen, wissen sollten

Mit Urteil vom 06.09.2021 – L 2 U 159/20 – hat der 2. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz in einem Fall, in dem ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein

  • Impfangebot

unterbreitet hatte, 

  • zu dessen Annahme die Mitarbeiter nicht verpflichtet waren 

und es bei einem Mitarbeiter später zu einer 

  • auf die Impfung zurückzuführenden

autoinflammatorischen Erkrankung gekommen war, entschieden, dass kein Anspruch 

  • gegen die Berufsgenossenschaft 

auf Entschädigungsleistungen besteht.

Verneint hat der Senat hier das Vorliegen eines, eine Entschädigungsleistung begründenden 

  • Arbeitsunfalles im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung

deswegen, weil die Teilnahme an der vom Arbeitgeber angebotenen Impfung nach den getroffenen Feststellungen 

  • nicht verpflichtend war,
    • weder nach dem Tarif- bzw. Arbeitsvertrag,
    • noch aufgrund einer vom Arbeitgeber im Rahmen des Direktionsrechts getroffenen Weisung,
  • keiner objektiv bestehenden Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gedient und 
  • auch der Mitarbeiter selbst sie nicht aufgrund eines erhöhten Infektionsrisikos und damit seiner Tätigkeit als erforderlich angesehen hatte. 

Die allein subjektive Vorstellung eines Arbeitnehmers, 

  • durch eine angebotene Impfung auch den Interessen des Arbeitgebers zu dienen, 

genügt danach somit 

  • zur Begründung des Versicherungsschutzes 

nicht (Quelle: Pressemitteilung des LSG Rheinland-Pfalz).

Wichtig zu wissen für Arbeitnehmer, die während eines gewährten Urlaubs aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus

…. in Quarantäne müssen. 

Mit Urteil vom 07.07.2021 – 2 Ca 504/21 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn entschieden, dass Arbeitnehmer, die während eines gewährten 

  • Urlaubs

wegen einer 

  • Infektion mit dem Coronavirus auf behördliche Anordnung in Quarantäne 

müssen, dann,

  • wenn sie für den Quarantänezeitraum ihre Arbeitsunfähigkeit nicht durch ein ärztliches Zeugnis nachweisen können,

keinen Anspruch auf Nachgewährung von Urlaubstagen haben.

Begründet hat das ArbG dies damit, dass eine behördliche Quarantäneanordnung einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich steht,

  • da die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers allein dem behandelnden Arzt obliegt,

deswegen die Voraussetzungen des § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG),

  • wonach bei einer Erkrankung während des Urlaubs die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitstage auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden,

für die Nachgewährung von Urlaubstagen, 

  • ohne Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

nicht vorliegen und

  • nachdem eine Erkrankung mit dem Coronavirus nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit führt,

bei einer behördlichen Quarantäneanordnung aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus auch eine 

  • analoge

Anwendung von § 9 BUrlG ausscheidet (Quelle: Pressemitteilung des ArbG Bonn).

Was Eltern über die kindergeldrechtliche Berücksichtigung eines Kindes, das wegen einer Erkrankung

…. keine Berufsausbildung beginnen kann, wissen sollten.

Mit Urteil vom 12.11.2020 – III R 49/18 – hat der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) darauf hingewiesen, dass ein Kind unter 25 Jahren, das 

  • einen Ausbildungsplatz sucht,
  • aber wegen einer Erkrankung keine Ausbildung beginnen kann, 

kindergeldrechtlich

  • als ausbildungsplatzsuchendes Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c Einkommensteuergesetz (EStG) 

nur dann zu berücksichtigen ist, wenn 

  • das Ende der Erkrankung absehbar ist.

Ist dieses nicht absehbar, reicht 

  • der Wille des Kindes, 

sich nach dem Ende der Erkrankung um einen Ausbildungsplatz zu bemühen,

  • nicht aus.

Allerdings kann in solchen Fällen, wenn das Kind 

  • wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichern geistigen oder seelischen Behinderung (vgl. dazu § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) 

außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung 

  • nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG 

in Betracht kommen.

OLG Frankfurt entscheidet: Wegen zu spät erkannter Krebserkrankung muss Arzt 50.000 € Schmerzensgeld zahlen

Mit Urteil vom 22.12.2020 – 8 U 142/18 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem eine 70-jährige Frau an Krebs verstorben war, den Arzt,  

  • in dessen orthopädische Fachpraxis sie wegen undefinierbarer Schmerzen in einem bereits geschwollenen rechten Oberschenkel überweisen worden war,

verurteilt, an den Ehemann der verstorbenen Frau, ein 

  • von ihm für sie geltend gemachtes     

Schmerzensgeld

  • in Höhe von 50.000 € 

zu zahlen.

Begründet hat das OLG dies mit einem 

  • Befunderhebungsfehler des Arztes, 

den es darin gesehen hat, dass er bei der Frau, nach Überweisung in seine Fachpraxis im Oktober, zunächst  

  • lediglich ein Hämatom diagnostiziert und Schmerzmittel verordnet, 

die Erhebung der damals medizinisch gebotenen Befunde aber unterlassen und eine MRT-Untersuchung, 

  • bei der dann der Tumor diagnostiziert worden war,

erst 

  • gut einen Monat später, Ende November,

veranlasst hatte, der Tumor 

  • wegen Metastasenbildung da nicht mehr eingedämmt werden konnte,

bei sofortiger Erhebung der medizinisch gebotenen Befunde aber schon Ende Oktober, 

  • also bereits einen Monat früher, 

hätte erkannt werden können und dann die statistische Prognose der Frau um 10 – 20 % besser gewesen wäre.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte das OLG den Leidensweg der Frau 

  • seit dem Zeitraum ab Bekanntwerden der Metastasen, 

ihre körperlichen als auch psychischen Lebensbeeinträchtigungen in der Folgezeit, in der 

  • das dem Arzt nicht zurechenbare Grundleiden mit den damit verbundenen Beschwerden und Einschränkungen immer weiter in den Hintergrund trat und 

dass die Frau ihre Chancen auf eine Genesung zunehmend schwinden sah und sie sich auf den immer konkreter bevorstehenden Tod einstellen musste (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main).  

Was, wer an einer Lipödem leidet und eine Liposuktion (Fettabsaugung) durchführen lassen möchte, wissen sollte

Mit Urteil vom 10.09.2020 – 3 K 1498/18 – hat das Sächsische Finanzgericht (FG) in einem Fall, in dem eine Frau, 

  • die seit vielen Jahren unter einem Lipödem des Stadiums I litt,

eine,

  • von ihrer Krankenkasse nicht bezahlte, 

Liposuktion (Fettabsaugung) hatte durchführen lassen, entschieden, dass bei einer 

  • Lipödemerkrankung

die Kosten der Liposuktion bei der Einkommensteuer dann als 

  • außergewöhnliche Belastung anerkannt,
  • d.h. in Abzug gebracht 

werden können, wenn 

  • eine ärztliche Verordnung 

vorgelegen hat.

Danach handelt es sich bei einer ärztlich verordneten Liposuktion bei Lipödem 

  • nicht um eine Schönheitsoperation, sondern 

um eine 

  • zwischenzeitlich von nahezu allen mit dieser Krankheit befassten Wissenschaftlern angesehene 

risikoarme Behandlungsmethode, die 

  • der Linderung der durch die Erkrankung verursachten Beschwerden und 
  • der Vermeidung von Folgeerkrankungen dient. 

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage hat das FG die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen (Quelle: Pressemitteilung des FG Leipzig).

Wann haben Arbeitnehmer, denen während einer Erkrankung gekündigt wird, Anspruch auf Entgeltfortzahlung

…. über den Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist hinaus und wann nicht?

Während des Bestands eines Arbeitsverhältnisses und nach Erfüllung der vierwöchigen Wartezeit des § 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) haben Arbeitnehmer,

  • die ohne eigenes Verschulden durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert sind,

nach § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber

  • für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit
  • bis zur Dauer von sechs Wochen.

Dieser Anspruch endet in der Regel mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.

  • Liegt jedoch eine Anlasskündigung vor, so besteht der Anspruch ausnahmsweise über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus fort nach § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG.

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers liegt vor, wenn

  • die Arbeitsunfähigkeit

wesentliche Bedingung der Kündigung ist, wobei es auf

  • die objektive Ursache,
  • nicht auf das Motiv

der Kündigung ankommt,

  • also maßgebend die objektiven Umstände bei Ausspruch der Kündigung sind.

Da der Begriff „aus Anlass“ weit auszulegen ist, genügt es, wenn

  • die Kündigung ihre objektive Ursache und wesentliche Bedingung in der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat und
  • den entscheidenden Anstoß für den Kündigungsentschluss gegeben hat.

Dafür, dass eine solche Anlasskündigung vorgelegen hat, ist im Streitfall

  • der Arbeitnehmer

darlegungs- und beweispflichtig.

Allerdings kommt dem Arbeitnehmer,

  • wenn die Kündigung in zeitlich engem Zusammenhang zur angezeigten Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen worden ist,

der Anscheinsbeweis zu Gute.

Danach ist,

  • bei einer in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem zeitlichen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erfolgten Kündigung,

eine Anlasskündigung zu vermuten und muss der Arbeitgeber in einem solchen Fall den Anscheinsbeweis

Wichtig zu wissen, wenn man einen Fitnessstudiovertrag mit Mindestlaufzeit abgeschlossen hat oder beabsichtigt abzuschließen

Ein Vertrag über die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, der eine bestimmte Mindestlaufzeit vorsieht,

  • beispielsweise eine Erstlaufzeit von 24 Monaten in einer vorformulierten Vertragsbestimmung, was zulässig ist,

kann,

  • unabhängig von seiner rechtlichen Einordnung als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag,

vorzeitig von jedem Vertragsteil (nur) aus wichtigem Grund,

  • d.h., wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann,

(ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist) gekündigt werden.

  • Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen werden.

Ein – zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigender – wichtiger Grund i.S.v. §§ 314 Abs. 1, 543 Abs. 1, 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegt vor, wenn dem Kunden des Fitnessstudios aus Gründen,

  • die er nicht beeinflussen kann,

eine weitere Nutzung der Leistungen seines Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist, wie das beispielsweise der Fall sein kann,

  • bei einer die Nutzung ausschließenden Erkrankung oder
  • bei einer Schwangerschaft, wenn diese die weitere Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar macht.

Wer,

  • weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) in der Lage ist, ein Fitnessstudio zu benutzen,

den Fitnessstudiovertrag vorzeitig kündigen will, muss im Streitfall,

  • um dem Gericht eine entsprechende Prüfung zu ermöglichen,

die gesundheitlichen Gründe,

  • die es ihm verwehren sich in einem Fitnessstudio sportlich zu betätigen,

benennen und beweisen und

Ein – auch berufsbedingter – Wohnortwechsel stellt,

  • da die Gründe hierfür in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden liegen und von ihm beeinflussbar sind,

grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags dar (ebenso Landgericht (LG) Bonn Urteil vom 05.08.2014 – 8 S 103/14 –; aA AG München, Urteil vom 17.12.2008 – 212 C 15699/08 –) und bei einem Wohnortwechsel eines Fitnessstudiokunden kommt auch

Übrigens:
Übt ein Studiobetreiber, weil beispielsweise ein Kunde mit der Zahlung von zwei monatlichen Beiträgen in Verzug ist, sein Recht zur außerordentlichen Kündigung des befristeten Vertrages aus, kann er von dem Kunden

  • Schadensersatzanspruch wegen des ihm entgangenen Gewinns

verlangen.

Die Höhe dieses Schadensersatzanspruchs bemisst sich, sofern diese im Vertrag bzw. den AGB nicht geregelt ist,

  • nach der Summe der noch ausstehenden bzw. infolge der Kündigung entgehenden Entgelte,
  • die jedoch um einen Abzinsfaktor sowie um ersparte Aufwendungen zu verringern sind.

Bei Fitness- und Sportverträgen können dabei grundsätzlich,

  • wenn keine konkreten Angaben gemacht werden können,

an ersparten Aufwendungen incl. Abzinsung zugrunde gelegt werden,

  • 10% und
  • maximal 200,00 Euro pro Kunde/Teilnehmer im Jahr (Amtsgericht (AG) Brandenburg, Urteil vom 18.04.2016 – 31 C 204/15 –).

LG Koblenz spricht Kreuzfahrtpassagier, dem wegen gesundheitlicher Risiken zu Unrecht der Zutritt zum

…. Kreuzfahrtschiff verweigert wurde, Schadensersatz zu.

Mit Beschluss vom 09.07.2019 – 13 S 13/19 – hat das Landgericht (LG) Koblenz in einem Fall, in dem einem Kreuzfahrtpassagier,

  • der während der von ihm gebuchten Kreuzfahrt von Singapur nach Barcelona aufgrund einer bei ihm aufgetretenen Lungenerkrankung (COPD) in Penang für vier Tage das Kreuzfahrtschiff zur Behandlung in einem dortigen Krankenhaus hatte verlassen müssen,

als er nach seiner Genesung und erfolgter Nachreise zum Kreuzfahrtschiff nach Mumbai, die Kreuzfahrt von dort hatte fortsetzen wollen, der (Wieder)Zutritt zu dem Kreuzfahrtschiff,

  • wegen einer zwischenzeitlich an Bord aufgetretenen Influenzaerkrankung unter Hinweis auf gesundheitliche Risiken bei ihm,

verweigert worden war und er deswegen die Heimreise hatte antreten müssen, entschieden, dass

  • der Reiseveranstalter dem Kreuzfahrtpassagier eine Entschädigung zahlen muss,
    • für die verbleibenden Reisetage in Höhe von 50% des täglichen Reisepreises sowie
    • für den Tag des Eintreffens sowie den Abreisetag, wegen der an diesen Tagen ohnehin eingeschränkten Erholungseffektes einer Reise, in Höhe von 20% des täglichen Reisepreises (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11.01.2005 – X ZR 118/03 –).

Begründet hat das LG dies damit,

  • dass dem Kreuzfahrtpassagier, da bei ihm aufgrund seiner vollständigen Wiedergenesung die Gefahr einer Ansteckung mit der an Bord ausgebrochenen Influenza nicht größer gewesen sei, als bei anderen Passagieren auch, die Fortsetzung der Kreuzfahrt zu Unrecht verweigert worden,
  • es ihm, wegen der nur einige Stunden dauernden Liegezeit des Schiffes im Hafen von Mumbai, faktisch auch weder möglich gewesen sei, den Reiseveranstalter vor Antritt der Rückreise um Abhilfe zu bitten, noch zur Bestätigung seiner Reisefähigkeit ein Gesundheitszeugnis eines ortsansässigen Arztes beizubringen

und

  • dem Kreuzfahrtschiff erneut nachzureisen, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder an Bord zu können, dem Kreuzfahrtpassagier nicht zumutbar gewesen sei (Quelle: juris Das Rechtsportal).

Wer (Wein)Reben von Hand mit einer mechanischen Schere schneidet, sollte wissen, dass dies bei entsprechender Intensität

…. einen als Berufskrankheit anzuerkennenden Golfer-Ellenbogen verursachen kann.

Mit Urteil vom 29.01.2019 – L 3 U 90/15 – hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) in einem Fall, in dem eine Frau,

  • die für einen landwirtschaftlichen Betrieb in einem Zeitraum von zwei Jahren jeweils einige Wochen Reben von Hand mit einer mechanischen Schere geschnitten und

beantragt hatte, erlittene Beschwerden im rechten Arm

  • die ihrer Meinung nach auf das Rebenschneiden zurückzuführen waren,

als Berufskrankheit anzuerkennen, darauf hingewiesen, dass

  • das Schneiden von Reben bei entsprechender Intensität eine Epicondylitis humeri ulnaris („Golfer-Ellenbogen“) verursachen kann, die als Berufskrankheit von der Berufsgenossenschaft anzuerkennen ist,
  • Voraussetzung hierfür allerdings ein Nachweis dieser Erkrankung im Vollbeweis sei.

Danach fallen bei einem solchen Einsatz im Rebschnitt biomechanisch relevante Bewegungsabläufe an, die eine

  • zu den nach dem Merkblatt zur BK Nr. 2101 als Berufskrankheit geschützten Krankheitsbildern gehörende

Erkrankung am Sehnenansatz des Ellenbogengelenkes (Epicondylitis bzw. Epicondylopathia; sog. Golfer-Ellenbogen) bewirken können.

Jedoch muss dieses Krankheitsbild,

  • um das Vorliegen einer Berufskrankheit anerkennen zu können,

im Vollbeweis gesichert sein, d.h.

OLG Celle entscheidet wann die Reiserücktrittsversicherung bei Stornierung einer Reise wegen einer Durchfallerkrankung

…. leistungspflichtig ist.

Mit Urteil vom 03.12.2018 – 8 U 165/18 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle entschieden, dass eine Reiserücktrittsversicherung,

  • nach deren Versicherungsbedingungen ein Versicherungsfall u.a. vorliegt, wenn die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird,

bei Stornierung einer gebuchten Flugreise wegen einer Durchfallerkrankung dann eintrittspflichtig ist, wenn dem Versicherten die trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehende Durchfallerkrankung

  • überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen und
  • für ihn deshalb, weil die jederzeit mögliche Inanspruchnahme einer Toilette nicht gewährleistet ist,

ein Reiseantritt insgesamt unzumutbar ist.

Danach ist entscheidend dafür, ob die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen ist,

  • weder die konkrete ärztliche Diagnose der Erkrankung,
  • noch die technische Durchführbarkeit der Reise, sondern

das Vorliegen einer krankheitsbedingten Symptomatik, die den Antritt einer Reise unzumutbar erscheinen lässt und bei einer

  • trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehenden

Durchfallerkrankung erheblicher Ausprägung,

  • die den Erkrankten überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, vier- bis fünfmal am Tag in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen,

ist dem Erkrankten jedenfalls der Antritt einer Flugreise deswegen nicht zuzumuten, weil

  • eine Toilette schon bei der Anfahrt zum Flughafen, während des Eincheckens und bis zum Erreichen der Flughöhe, nicht jederzeit zugänglich ist sowie
  • die Möglichkeit, eine der Toiletten an Bord des Flugzeugs in Anspruch nehmen zu können, auch von den Bedürfnissen der anderen Flugpassagiere abhängig ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle vom 14.02.2019).