Tag Kraftfahrer

PKW- und LKW-Fahrer sollten wissen, was ein, durch einen sog. Sekundenschlaf verursachter Verkehrsunfall für sie

…. insbesondere aus strafrechtlicher Sicht für Rechtsfolgen haben kann.

Kommt es bei einem Fahrzeugführer während der Fahrt zu einem 

  • „Sekundenschlaf“

und dadurch zu einem Verkehrsunfall, bei dem 

  • Leib oder Leben eines anderen Menschen oder 
  • fremde Sachen von bedeutendem Wert 

gefährdet werden, liegt nicht nur eine fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs 

  • nach § 315c Abs. 1 Nr.1 Buchst b, Abs. 3 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB)  

vor, sondern droht dem Fahrzeugführer, 

  • neben der Strafe hierfür, 

auch 

  • der Entzug der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB).

Ein Sekundenschlaf ist für einen, 

  • nicht an Narkolepsie (einer Krankheit des Nervensystems) leidenden,

Fahrzeugführer nämlich 

  • kein unvorhersehbares Ereignis, sondern

stets jedenfalls zumindest „einfach fahrlässig“ vorhersehbar.

Denn nach dem gegenwärtigen Stand der ärztlichen Wissenschaft besteht der Erfahrungssatz, dass ein 

  • nicht an Narkolepsie leidender

Kraftfahrer,

  • bevor er am Steuer seines Fahrzeugs während der Fahrt einschläft oder vorübergehend einnickt,

stets deutliche Anzeichen der Ermüdung (Übermüdung) bzw. einer erheblichen Müdigkeit an sich

  • wahrnimmt oder 
  • wenigstens wahrnehmen kann

und zwar auch dann, wenn der Kraftfahrer 

  • die Fahrt nach ausreichendem Schlaf in der vorausgegangenen Nacht in ausgeruhtem Zustand angetreten hat.

Solche an sich wahrnehmbare Frühsymptome, die zuerst den Eintritt der Müdigkeit und damit die Gefahr begründen, 

  • dass es zu einem Einnicken bzw. Sekundenschlaf und 
  • dadurch zu einem Unfall 

kommen kann, können 

  • etwa Lidschwere, Konvergenzschwäche, Fremdkörperreiz in den Augen, das Sehen von Doppelbildern, Gähnen u. dergl.

sein und wenn Kraftfahrer gleichwohl, 

  • ohne Fahrtunterbrechung bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit (zum Zwecke des Schlafens oder mindestens des Sichausruhens, Sichbewegens und Sichauffrischens),

weiterfahren,

  • setzen sie sich entweder über diese Warnzeichen bewusst hinweg bzw. ignorieren diese,
    • was grob fahrlässig wäre, 
  • oder sind sie der ihnen obliegenden Selbstbeobachtung nicht hinreichend nachgekommen,
    • was als einfach fahrlässig anzusehen ist (so Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Urteil vom 18.08.2003 – 1St RR 67/03 – und Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 18.11.1969 – 4 StR 66/69 – sowie Oberlandesgericht (OLG) Celle, Urteil vom 01.07.2020 – 14 U 8/20 – dazu, wann im Zivilprozess Sekundenschlaf als Unfallursache angenommen werden kann). 

Hinweis:
Das oben Ausgeführte zeigt, dass Kraftfahrer, die 

  • aus Unachtsamkeit einen Verkehrsunfall verursacht haben, aber 

meinen nicht belangt werden zu können, wenn sie sich darauf berufen, 

  • am Steuer eingenickt zu sein, 

einem fatalen Irrtum unterliegen.   

  • Tatsächlich kann sich eine solche Angabe bzw. Einlassung bei der informatischen Befragung an der Unfallstelle oder einer nachfolgenden Vernehmung nachteilig auswirken.

OLG Frankfurt entscheidet: Autofahrer, die sich während der Fahrt zu ihrem Kind auf dem Rücksitz umdrehen, handeln

…. grob fahrlässig.

Mit Urteil vom 12.02.2020 – 2 U 43/19 – hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem ein,

  • auf einer Autobahn bei stockendem Verkehr mit 50 bis 60 km/h fahrender

PKW-Führer sich während der Fahrt vollständig

  • zu seinem auf dem rechten Rücksitz befindlichen 8-jährigen Kind

umgedreht hatte und deswegen auf ein vor ihm fahrendes Motorrad aufgefahren war, entschieden, dass der PKW-Führer den Unfall

  • grob fahrlässig

verursacht hat.

Begründet worden ist dies vom Senat damit worden,

  • dass es eine „einfachste ganz naheliegende Überlegung“ darstellt,

dass Kraftfahrer,

  • um möglicherweise in hohem Maße gefährliche Situationen zu vermeiden,

die vor ihnen befindliche Fahrspur sowie die vor ihnen befindlichen Fahrzeuge,

  • auch und gerade bei stockendem Verkehr,

ständig beobachten müssen und es jedem Kraftfahrer einleuchten muss, dass es ihm, wenn

  • er sich während der Fahrt vollständig umdreht und
  • seine Aufmerksamkeit seinem auf der Rückbank befindlichen Kind zuwendet,

unmöglich ist,

Wie müssen Kraftfahrer sich verhalten wenn Fußgänger ihre Fahrbahn queren (wollen)?

Wann einem Kraftfahrer bei einem Unfall mit einem seine Fahrbahn querenden Fußgänger ein (Mit)Verschulden trifft,

  • also ob er seine straßenverkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten gegenüber dem die Fahrbahn querenden Fußgänger verletzt hat,

bestimmt sich nach folgenden Grundsätzen:

Der Kraftfahrzeugverkehr ist gegenüber Fußgängern bevorrechtigt (§ 25 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)),

  • sofern nicht ein Fußgängerüberweg (§§ 25 Abs. 3 Satz 1; 41 Abs. 1 StVO, Anlage 2, Zeichen 293) vorliegt (§ 26 Abs. 1 StVO).
    An Fußgängerüberwegen müssen Kraftfahrer Fußgängern sowie Fahrenden von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen, welche den Überweg erkennbar benutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn ermöglichen und wenn nötig warten.

In jedem Fall muss der Kraftfahrer aber die allgemeinen Verkehrsregeln zu beachten,

  • insbesondere die Geschwindigkeitsvorschriften (§ 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 StVO), das Sichtfahrgebot (§ 3 Abs. 1 Satz 4 StVO) und das Rücksichtnahmegebot (§ 1 Abs. 2 StVO).
    In diesem Rahmen hat er den gesamten Verkehrsraum, auch bezüglich von links kommender Fußgänger, sorgfältig zu beobachten sowie rechtzeitig und richtig auf etwaige Fehler anderer Verkehrsteilnehmer zu reagieren.
    Bei unachtsamem Verhalten eines Fußgängers besteht Brems- und Ausweichpflicht und ist die Geschwindigkeit herabzusetzen, sobald der Fahrer sieht, dass ein Fußgänger die Straße betritt.
    Letztere Verpflichtung besteht auch bei witterungsbedingten Sichtbeeinträchtigungen.

Gegenüber Fußgängern, die aus Sicht des Kraftfahrzeugführers von links kommend eine mehrspurige Fahrbahn überqueren wollen,

  • gelten die oben genannten Verpflichtungen im Grundsatz gleichermaßen.
    Darüber hinaus darf sich ein Kraftfahrer nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass Fußgänger in der Fahrbahnmitte oder vor einer Fahrbahnbegrenzung noch warten werden, um ihn vorbeifahren zu lassen und selbst, wenn ausnahmsweise ein derartiger Vertrauensschutz aufgrund des Verhaltens des Fußgängers angenommen werden kann, entbindet dies den Kraftfahrer nicht von der Verpflichtung, die gesamte Fahrbahn zu beobachten, um rechtzeitig auch wegen der in solchen Fällen gegebenen Abstandsverkürzung reagieren zu können und zwar zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Fußgänger die Fahrbahn betritt.

Darauf hat der 10. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Urteil vom 16.09.2016 – 10 U 750/13 – hingewiesen.