Tag Pflichtteilsanspruch

Erben und Pflichtteilsberechtigte sollten wissen, dass Grabpflegekosten nicht zu den Beerdigungskosten zählen und

…. bei der Berechnung des Nachlasswertes für den Pflichtteilsanspruch Grabpflegekosten nur bei einer Fallgestaltung in Abzug gebracht werden können. 

Zu den Kosten der Beerdigung des Erblassers, die

  • gemäß § 1968 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

von dem bzw. den Erben zu tragen und

  • als erst durch den Erbfall entstehende Verbindlichkeit (Erbfallschuld)

im Rahmen der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs vom festgestellten Nachlasswert (§§ 2311 bis 2313 BGB) 

  • abzuziehen

sind, gehören

  • nur die eigentlichen Kosten einer standesgemäßen Beerdigung, 
    • also die Kosten des Bestattungsaktes selbst, der mit der Herrichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten sowie geeigneten Grabstätte abgeschlossen ist  

und nicht auch die 

Auch dann, wenn ein Erblasser

  • im Testament 

in Form einer Auflage gemäß §§ 1940, 2192 BGB,

  • d.h. durch eine einem Erben auferlegt Verpflichtung, ohne dass eine begünstigte Person ein Recht auf die Leistung erhält,  

bestimmt hat,

  • dass ein (gewisser) Teil seines Vermögens von den Erben für die Grabpflege verwendet werden soll,

können die

  • Grabpflegekosten

bei der Berechnung des Nachlasswertes für den Pflichtteilsanspruch 

  • nicht in Abzug gebracht 

werden. 

Denn ein Pflichtteilsanspruch ist,

  • wie sich aus den gesetzlichen Regelung des § 1991 Abs. 4 BGB und des § 327 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) ergibt,

 gegenüber in letztwilligen Verfügungen enthaltenen 

  • Vermächtnissen und 
  • Auflagen des Erblassers an die Erben zur Grabpflege 

vorrangig,

  • wodurch es dem Erblasser verwehrt ist, den Pflichtteilsanspruch durch freigiebige Vermächtnisanordnungen oder Auflagen zu schmälern oder gar auszuhöhlen. 

Ausschließlich dann, wenn 

  • ein Erblasser bereits zu Lebzeiten einen Grabpflegevertrag geschlossen 

hatte, 

  • der die Erben als dessen Rechtsnachfolger gemäß § 1922 BGB bindet,

können,

  • weil es sich in einem solchen Fall noch um eine vom Erblasser vor seinem Tod eingegangene Verbindlichkeit (Erblasserschuld) handelt,

Grabpflegekosten zu einer Kürzung des Pflichtteilsanspruchs führen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20 –).

Wichtig zu wissen für pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge eines Erblassers, die als (Mit)Erben eingesetzt sind

Ein nach §§ 2303, 2309 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) pflichtteilsberechtigter Abkömmling eines Erblassers, der vom Erblasser 

  • durch Testament als (Mit)Erbe eingesetzt, 

aber 

  • durch die Einsetzung als bzw. eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder 
  • mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert worden ist,

kann,

  • ohne dadurch sein Pflichtteilsrecht zu verlieren, 

den Erbteil ausschlagen und den Pflichtteil verlangen (§ 2306 BGB). 

Ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling eines Erblassers, dem vom Erblasser 

  • ein Erbteil hinterlassen worden ist, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils,

kann nach § 2305 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 

  • ohne den Erbteil ausschlagen zu müssen, wie dies im Fall des § 2306 BGB erforderlich ist,

von den Miterben 

  • den Wert des an der Hälfte fehlenden Teils 

als Zusatzpflichtteil verlangen.

Bei der Berechnung des 

  • Wertes

des Zusatzpflichtteils bleiben gemäß § 2305 Satz 2 BGB allerdings 

  • etwaige Beschränkungen und Beschwerungen der in § 2306 BGB bezeichneten Art 

außer Betracht, mit der Folge, dass, 

  • wenn in einem solchen Fall die Erbschaft nicht gemäß § 2306 Abs. 1 BGB ausgeschlagen und der Pflichtteil verlangt wird,

der Anspruchsberechtigte die 

  • seinen Erbteil betreffenden Beschränkungen und Beschwerungen 

voll tragen muss, der Pflichtteilsrestanspruch sich mithin bemisst aus der Differenz zwischen 

  • der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und 
  • dem hinterlassenen Erbteil ohne Abzug der Belastungen und Beschränkungen.

Übrigens:
Ein Pflichtteilsanspruch kann, 

  • auch wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht, 

gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 3 BGB gerichtlich nur gegen die Erben geltend gemacht werden. 

Bis zur Teilung des Nachlasses haben Nachlassgläubiger, wie (Zusatz)Pflichtteilsberechtigte, die Wahl, 

  • ob sie die Miterben bzw. einzelne von ihnen als Gesamtschuldner (§§ 2058, 421 BGB) in Anspruch nehmen, oder 
  • ob sie von sämtlichen Erben (lediglich) die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass in Form der Gesamthandsklage (§ 2059 Abs. 2 BGB) verlangen wollen.

Unterliegt der Nachlass der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers, kann eine solche Zahlungsklage,

  • um gemäß § 748 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) eine Vollstreckung des mit der Zahlungsklage geltend gemachten Betrags in den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass zu ermöglichen,

mit einem Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung verbunden werden (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20 –).

Wichtig zu wissen für Pflichtteilsberechtigte und Erben, wenn zum Nachlass ein Grundstück gehört, das

…. zu Lebzeiten des Erblassers mit einem Nießbrauch belastet wurde und der Nießbrauchberechtigte Alleinerbe des Erblassers wird,

  • mit dem Erbfall also Eigentum an dem Grundstück und Nießbrauch zusammenfallen.

Mit Urteil vom 06.02.2019 – 20 U 2890/18 – hat das Oberlandesgericht (OLG) München darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall mit dem Erbfall der Nießbrauch,

  • wegen seines Zusammentreffens mit dem Eigentum an dem Grundstück in derselben Person,

zwar gemäß §§ 1072, 1063 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erlischt, das Grundstück aber, wenn ein Pflichtteil vom Erben verlangt werden kann,

  • im Rahmen der für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs erforderlichen Nachlassbewertung,

als mit dem Nießbrauch belastet

  • und nicht als unbelastet

zu behandeln ist.

Begründet hat das OLG dies damit, dass Pflichtteilsansprüche nur hinsichtlich des Erblasservermögens bestehen und das Vermögen Dritter,

  • hier der dem Alleinerben schon zu Lebzeiten des Erblassers gebührende Nießbrauch an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück,

nicht in die Bewertung miteinzubeziehen ist, da

  • andernfalls der Pflichtteilsberechtigte auch am unabhängig vom Erbfall bei dem Erben vorhandenen Vermögen partizipieren würden und
  • negiert werden würde, dass der Erblasser nur ein mit einem Nießbrauch belastetes Grundstück besaß und vererben konnte.

Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs ist danach der Nießbrauch somit als nicht erloschen zu behandeln.

Gehört eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen einen Pflichtteilsberechtigten zum Nachlass kann der Erbe

…. diese Rückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechnen, mit der Folge, dass

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe der bestehenden Aufrechnungsforderung erlischt und
  • insoweit kein Anspruch des Pflichtteilsberechtigten mehr besteht.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 14.03.2017 – 10 U 62/16 – hingewiesen.

Das bedeutet, hat ein Erblasser zu seinem Lebzeiten einem gemäß § 2303 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Pflichtteilsberechtigten

  • ein Darlehen gewährt,
  • den Darlehensgeldbetrag zur Verfügung gestellt und
  • waren zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers von dem Darlehen 48.000 Euro noch nicht zurückgezahlt,

kann der von dem Erblasser in seinem Testament eingesetzte Erbe,

  • wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen für den Zeitpunkt des Erbfalls errechneten Pflichtteilsanspruch, beispielsweise in Höhe von 44.000 Euro, geltend macht und
  • die Darlehensrückzahlungsforderung nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB fällig ist,

dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber erklären, dass er die Darlehensrückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechne (§§ 387, 388 BGB).

Bei Zugrundelegung der obigen Beispielsbeträge würde die Aufrechnungserklärung bewirken, dass

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe von 44.000 Euro erloschen ist und
  • dem Erben gegen den Pflichteilsberechtigten noch ein Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 4.000 Euro (48.000 Euro – 44.000 Euro) zusteht (§ 389 BGB).

Übrigens:
Erben, die mit einem zum Nachlass gehörenden Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber einem bestehenden Pflichtteilsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten aufrechnen möchten, müssen im Streitfall beweisen können, dass

Was Sozialleistungsbezieher, die als Abkömmlinge eines Erblassers nach dessen Tod einen Pflichtteilsanspruch haben werden, wissen sollten

Die Abtretung des Pflichtteilanspruchs zur gerichtlichen Geltendmachung durch den Sohn kann sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn

  • der Pflichtteilsberechtigte vom Jobcenter Sozialleistungen bezieht und
  • die Abtretung des Pflichtteilsanspruchs dazu dient,
    • das erwartete Erbe dem Zugriff des Sozialleistungsträgers zu entziehen und
    • zu vermeiden, dass keine Sozialleistungen mehr gezahlt werden.

Das hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 11.10.2016 – 11 O 392/15 – entschieden und in einem solchen Fall,

  • in dem der Pflichtteilsanspruch eines Sozialleistungsbeziehers von diesem auf den Sohn übertragen und
  • der Pflichtteilsanspruch vom Sohn gegen die Erben geltend gemacht worden war,

die Klage des Sohnes abgewiesen, weil nach Auffassung des Gerichts

  • durch die Übertragung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sohn einzig und allein vermieden werden sollte, dass der Vater den Erlös aus der Erbschaft für seinen Lebensunterhalt verwenden müsste und dann keine Sozialleistungen mehr erhalten würde,
  • was, so das LG, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 23.01.2017 – Nr. 1/2017 –).