Tag Sachmängel

Dieselgate: Verkäufer eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeuges kann zur Ersatzlieferung eines Neuwagens der Folgegeneration

…. verpflichtet sein.

Darauf hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln hingewiesen und mit Urteil vom 02.04.2020 – 18 U 60/19 – in einem Fall, in dem ein Käufer

  • bei einem Autohaus

einen neuen PKW VW Touran

  • der ersten Generation

erworben hatte, in dem eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut war,

  • aufgrund der das Fahrzeug lediglich im Testmodus die gesetzlichen Vorgaben für Abgase erfüllte,
  • nicht aber im Betriebsmodus,

entschieden, dass das Autohaus den,

  • wegen des Fahrzeugmangels nach §§ 434 Abs. 1 Nr. 1, 437 Nr.1, 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestehenden

Anspruch des Käufers auf Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs

  • durch Lieferung eines Nachfolgemodells erfüllen kann und ggf. muss,

wenn

Begründet hat der Senat dies damit,

  • dass Nachfolgemodelle, da diese in der Regel technisch fortschrittlicher seien, von Fahrzeugkäufern als nacherfüllungstauglich angesehen würden,
  • dass auch dann, wenn Ausstattungsmerkmale des ursprünglich erworbenen Fahrzeuges nicht zur Serienausstattung des Nachfolgemodells gehören, dies nicht bedeute, dass die Beschaffung eines so ausgestatteten Fahrzeuges grundsätzlich nicht möglich sei

und dass sich das Autohaus darauf,

  • dass die Kosten für die Ersatzbeschaffung eines Nachfolgemodells gegenüber der Nachbesserung durch Aufspielen eines Software-Updates unverhältnismäßig im Sinne von § 439 Abs. 4 BGB seien,

nicht berufen könne, da

  • nicht ausgeschlossen werden könne, dass mit dem Software-Update Folgeprobleme verbunden seien, wie sie derzeit jedenfalls in der Fachöffentlichkeit diskutiert würden und somit

die grundsätzliche Geeignetheit des Software-Updates zur Mangelbeseitigung nicht feststehe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Wer ein (lebendes) Tier, beispielsweise ein (Reit)Pferd kauft oder verkauft, sollte wissen für welchen (Gesundheits-)Zustand

…. des Tieres der Verkäufer einzustehen hat, also

  • wann beispielsweise eine erlittene Vorverletzung des Tieres einen Sachmangel begründet und
  • wann nicht.

Der Verkäufer eines Tieres hat,

  • sofern eine diesbezügliche anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht getroffen worden ist,

(lediglich) dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang

  • nicht krank ist und
  • sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass
    • es alsbald erkranken wird und
    • infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einzusetzen ist.

Auch gehört es nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres, dass es in jeder Hinsicht einer

  • biologischen oder
  • physiologischen

„Idealnorm“ entspricht.

Denn der Käufer eines lebenden Tieres kann redlicherweise nicht erwarten, dass er

  • – ohne besondere (Beschaffenheits-)Vereinbarung –

ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhält, sondern muss,

  • da es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und die – anders als Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind,

im Regelfall damit rechnen, dass

  • das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind.

Die damit verbundenen Risiken für die spätere Entwicklung des Tieres sind für Lebewesen typisch und stellen für sich genommen ebenfalls

  • noch keinen vertragswidrigen Zustand dar,

so dass der Verkäufer eines Tieres auch nicht haftet

  • für den Fortbestand des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustands.

Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für

  • folgenlos überstandene Krankheiten und
  • Verletzungen, wie beispielsweise eine ausgeheilte Rippenfraktur eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig ist.
    • wobei es insoweit auch nicht darauf ankommt, worauf die vollständig ausgeheilte Rippenfraktur beruht.

Demgemäß wird die Eignung eines beispielsweise klinisch unauffälligen Pferdes für

  • die gewöhnliche oder
  • die vertraglich vorausgesetzte

Verwendung

  • als Reitpferd

nicht schon dadurch beeinträchtigt,

  • dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht,
  • dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.

Darauf

  • und dass die Verletzung eines Tieres somit jedenfalls nicht in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden kann,

hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 30.10.2019 – VIII ZR 69/18 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem nach dem Erwerb eines Reitpferdes bei diesem erlittene Vorverletzungen in Form von Rippenfrakturen festgestellt worden waren und
  • der Käufer deswegen den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte,

entschieden, dass

  • vollständig ausgeheilte Rippenfrakturen

bei einem als Reittier verkauften Pferd,

  • ohne anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung

nicht geeignet sind einen Sachmangel zu begründen, sondern

die Wirksamkeit des von dem Käufer erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag davon abhängt, ob

  • bei Gefahrübergang bei dem Pferd ein Zustand von nicht vollständig ausgeheilter Rippenfraktur vorhanden war und
  • dieser noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung fortbestanden hat.

Was, wer sich beim Autokauf bewusst für ein Auslaufmodell entscheidet, wissen sollte

Mit Urteil vom 09.09.2019 – 12 U 773/18 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz entschieden, dass, wer sich,

  • beim Erwerb eines Autos bei einem Kfz-Händler,

in Kenntnis eines bevorstehenden Modellwechsels,

  • nicht für die Bestellung eines Fahrzeugs aus der neuen Modellreihe

sondern

  • bewusst

zum Kauf des „Auslaufmodells“ entscheidet,

  • beispielsweise um einen hierfür gewährten Preisvorteil zu nutzen,

kann,

  • wenn das Fahrzeug bei der Übergabe nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist,

von dem Händler

  • – im Rahmen der Gewährleistung als Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB –

eine mangelfreie Ersatzlieferung verlangen

  • nur aus der „Auslaufmodellserie“ und
  • nicht aus der neuen Modellserie.

Begründet hat das OLG dies damit, dass im Fall einer

  • bewussten Entscheidung für ein „Auslaufmodell“
    • beispielsweise um so einen Preisvorteil zu erhalten,

der vertragliche Wille der Parteien ausdrücklich auf die Verschaffung eines solchen „Auslaufmodells“ gerichtet ist und somit die Ersatzbeschaffungspflicht nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB,

  • für deren Umfang die vertraglich vereinbarte Beschaffungspflicht des Verkäufers maßgebend ist,

sich auf die „Auslaufmodellserie“ beschränkt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz; vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 –).

Übrigens:
Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer einer Sache,

  • die zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (bei der Übergabe) nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 BGB ist,

sofern

  • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist,
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),

entweder

  • die Beseitigung des Mangels

oder

  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen,

wobei zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung der Käufer frei in seiner Wahl ist und beliebig nach seinem Interesse entscheiden kann, ohne dass er auf die Interessen des Verkäufers,

  • der auf seine Rechte aus § 439 Abs. 4 BGB verwiesen ist,

Rücksicht nehmen muss (vgl. hierzu den Blog: Wichtig für Käufer und Verkäufer zu wissen: Welche Nacherfüllungsrechte hat der Käufer wenn die Kaufsache mangelhaft ist?).

Die obige Entscheidung des 12. Zivilsenats des OLG Koblenz betrifft einen Fall in dem der Käufer als Nacherfüllung

  • nicht die Beseitigung des Mangels,
  • sondern die Lieferung einer mangelfreien Sache

verlangt hatte.

Was, wer bei einem Schmuckgeschäft einen Brilliantring kauft, wissen sollte

Mit Urteil vom 02.08.2019 – 275 C 6717/19 – hat das Amtsgericht (AG) München entschieden, dass Verbraucher, die

  • einen Ring, laut Schmuckpasszertifikat (besetzt) mit Brillianten,

kaufen, erwarten dürfen, dass es sich bei den

  • als Brillianten bezeichneten Steinen

handelt

  • um Diamanten mit klassischem Brilliantschliff

und dass, sollte es sich handeln,

  • um Diamanten mit minderwertigerem Single-Cut-Schliff, auch vereinfachter Brilliantschliff genannt,

der (Brilliant)Ring

  • einen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufweist,
  • der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

Begründet hat das AG dies damit, dass ein Brilliantschliff

  • ein aufwendiger Schliff mit mindestens 57 Facetten sei,

während nach einem, diesem klassischen Brilliantschliff gegenüber minderwertigeren Single-Cut-Schliff

  • ein Stein nicht so viele Facetten habe

und deswegen nicht der vereinbarten Beschaffenheit „Brilliant“ entspreche (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

LG Düsseldorf entscheidet: Bei Boxspringbett ist Bildung einer Besucherritze zwischen den Matratzen bei mittigem Liegen kein Mangel

Mit Urteil vom 09.05.2019 – 19 S 105/17 – hat das Landgericht (LG) Düsseldorf entschieden, dass bei Boxspringbetten

  • mit zwei getrennten Liegeflächen

kein Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB vorliegt, wenn

  • die beiden Matratzen und die darauf befindlichen Topper

lediglich beim Liegen in der

  • Bettmitte

auseinanderdriften und sich zwischen den zwei Matratzen eine Ritze bildet.

Begründet hat das LG dies damit, dass bei einem Boxspringbett mit getrennten Matratzen die Matratzen und Topper

  • durch das Kopfteil sowie einen Aufnahmebügel am Fußende und
  • nicht wie bei herkömmlichen Betten durch Seitenwände

gegen Verrutschen gesichert sind, dies

  • jedoch nicht auf Mängeln der Konstruktion beruhe,
  • sondern sich als notwendiger Nachteil darstelle, der dem Vorteil einer fehlenden und den Einstieg behindernden Seitenwand als Kehrseite der Medaille gegenüberstehe (Quelle: Pressemitteilung des LG Düsseldorf vom 09.05.2019).

Übrigens:
Das LG Koblenz hat mit Beschluss vom 17.08.2018 – 6 S 92/18 – entschieden, dass mittiges Schlafen eines Alleinschläfers auf einem Doppel(Boxspring)bett eine nicht sach- und fachgerechte Nutzung darstellt und

  • wenn sich aufgrund dessen eine Kuhle in der Mitte des Bettes bildet,

dies deshalb nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

Dieselgate – BGH stärkt mit Hinweisbeschluss zu seiner vorläufigen Rechtsauffassung die Position der Käufer von vom Dieselabgasskandal

…. betroffenen Neufahrzeugen.

In einem Fall, in dem der Kläger bei der beklagten Kraftfahrzeughändlerin einen neuen VW Tiguan 2.0 TDI der ersten Generation erworben und

  • weil der Dieselmotor des an ihn ausgelieferten Fahrzeugs vom Typ EA 189 mit einer Software versehen war,
    • die erkennt, ob es sich in einem Prüfzyklus zur Ermittlung von Emissionswerten befindet und in diesem Fall (anders als im normalen Fahrbetrieb) verstärkt Abgase in den Motor zurückleitete,
    • um eine Verringerung der am Auspuff gemessenen Stickoxide (NOx-Werte) zu erreichen,

von der Beklagten unter Fristsetzung erfolglos

  • die Nachlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs (§ 434 Abs. 1, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) mit identischer Ausstattung,
  • hilfsweise die Nachbesserung des von ihm erworbenen Fahrzeugs verlangt hatte,

hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 – darauf hingewiesen,

  • dass bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein dürfte (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), weil
    • die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde besteht und
    • es damit an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte,
  • dass der Umstand, dass Fahrzeuge, wie das vom Kläger erworbene, der ersten Generation der betreffenden Serie, nicht mehr hergestellt würden, nicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB zur Unmöglichkeit der von einem Käufer gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB geforderten Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs führe, da
    • im Hinblick auf den Inhalt der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ein mit einem nachträglichen Modellwechsel einhergehender mehr oder weniger großer Änderungsumfang für die Interessenlage des Verkäufers in der Regel ohne Belang sei

und somit

  • der Verkäufer – nicht anders als wenn das betreffende Modell noch lieferbar wäre – eine Ersatzlieferung gegebenenfalls (lediglich) unter den im Einzelfall festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB verweigern könne,

BGH entscheidet bisher höchstrichterlich ungeklärte Fragen im Zusammenhang mit dem Sachmängelgewährleistungsanspruch

…. des Käufers auf (Ersatz-)Lieferung einer mangelfreien Sache gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Mit Urteil vom 24.10.2018 – VIII ZR 66/17 – hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden,

  • dass ein Neufahrzeug mangelhaft ist, wenn nach Kauf und Übergabe die Software, mit der das Fahrzeug ausgestattet ist, eine irreführende Warnmeldung einblendet, die nicht beachtet werden muss,
    • beispielsweise die Warnmeldung anzuhalten, um die Kupplung abkühlen zu lassen, obwohl ein Anhalten tatsächlich nicht erforderlich ist,
  • dass, wenn Händler oder Hersteller dem Käufer in einem solchen Fall mitteilen, dass die Warnmeldung zu beachten nicht erforderlich ist, dadurch das Fahrzeug nicht mangelfrei wird,
  • dass auch dann, wenn ein Käufer wegen eines Sachmangels zunächst vom Verkäufer als Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1 BGB) die Beseitigung des Mangels (§ 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB) verlangt hat, dies den Käufer nicht daran hindert,
    • von dieser zunächst gewählten Art der Nacherfüllung wieder Abstand zu nehmen und
    • stattdessen Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) zu verlangen, weil
      • anders als die Ausübung des Rücktritts- oder Minderungsrechts die Ausübung des Nacherfüllungsanspruchs nicht als bindende Gestaltungserklärung ausgeformt ist,
  • dass ein Käufer auch dann an seiner Wahl der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung festhalten darf, wenn der Mangel nachträglich ohne sein ausdrückliches Einverständnis oder seine konkludente Zustimmung beseitigt worden ist,
    • beispielsweise im Rahmen einer routinemäßigen Inspektion durch Aufspielen einer korrigierten Version der Software

sowie,

  • dass für die Beurteilung, ob der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 Satz 1 BGB wegen der unverhältnismäßigen Kosten verweigern darf,
    • grundsätzlich der Zeitpunkt des Zugangs dieses Nacherfüllungsverlangens maßgebend ist und
    • ein auf Ersatzlieferung in Anspruch genommener Verkäufer den Käufer nicht unter Ausübung der Einrede der Unverhältnismäßigkeit auf Nachbesserung verweisen darf, wenn er den Mangel nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 24.04.2018).

LG Koblenz entscheidet: Mittiges Schlafen eines Alleinschläfers auf einem Doppel(Boxspring)bett stellt

…. eine nicht sach- und fachgerechte Nutzung dar und berechtigt deshalb, wenn sich aufgrund dessen eine Kuhle in der Mitte des Bettes bildet, nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

Mit Beschluss vom 17.08.2018 – 6 S 92/18 – hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Koblenz darauf hingewiesen, dass bei einem,

  • aufgrund seiner Größe, seines Aufbaus und seiner Federungseigenschaften auf zwei Schläfer ausgelegtem,
    • beispielsweise aus einem gefederten Untergestell als Basis, zwei aufgelegten Matratzen in den Größen 0,8m x 2,00m in einem durchgehenden Bezug und
    • einem noch aufgelegten, durchgehenden sog. Topper bestehenden

Boxspringbett kein Sachmangel vorliegt, wenn sich nach nicht einmal zweijähriger Nutzung

  • eine den Schlafkomfort beeinträchtigende Kuhle in der Mitte des Bettes gebildet hat und
  • das Bett nur von einer, immer in der Mitte des Bettes schlafenden, Person allein genutzt worden ist.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass mittiges Schlafen von einem Alleinschläfer auf einem, auf zwei Schläfer ausgelegtem Bett,

  • da es nicht der üblichen Beschaffenheit eines Doppelbettes entspricht, dass der Übergangsbereich zwischen den beiden Liegeflächen zum Schlafen genutzt werden kann,

eine nicht sach- und fachgerechte Nutzung darstelle und

  • somit ein Nutzer auch nicht erwarten könne, allein dauerhaft in der Mitte schlafen zu können (Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz vom 24.08.2018).

Dieselgate: OLG Nürnberg entscheidet, dass ein vom sog. Abgasskandal betroffenes Fahrzeug einen erheblichen Sachmangel aufweist

…. der zum Rücktritt vom Kaufvertrag oder zur Minderung des Kaufpreises berechtigen kann.

Mit Urteil vom 24.04.2018 – 6 U 409/17 –,

  • das nicht nur für Fahrzeuge der VW-AG betrifft,
  • sondern auch für sämtliche Fahrzeugmodelle von allen anderen Fahrzeugherstellern einschlägig sein dürfte,
    • die mit einer Software ausgestattet sind, welche die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtern und
    • deswegen vom Hersteller zur Nachbesserung zurückgerufenwerden,

hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in einem Streitfall über die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags darauf hingewiesen,

  • dass die Verwendung einer unzulässigen Abschaltsoftware, die dazu führt, dass die Stickoxidwerte eines Fahrzeugmotors im realen Fahrbetrieb gegenüber dem Prüfstandlauf (NEFZ) verschlechtert werden, als Sachmangel anzusehen ist,
    • weil der Käufer eines Fahrzeugs für den Verkäufer erkennbar voraussetzt, dass das gelieferte Fahrzeug allen Vorschriften entspricht, die für die Betriebserlaubnis von wesentlicher Bedeutung sind

und

  • dass, wenn der Mangel zu einer Entziehung der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs führen kann, der Rücktritt vom Kaufvertrag auch dann nicht wegen Unerheblichkeit im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist,
    • falls die Mangelbeseitigungskosten weniger als ein Prozent des Kaufpreises betragen sollten.

Was Käufer und Verkäufer einer (gebrauchten) Immobilie wissen sollten, wenn in dem notariellen Kaufvertrag

…. ein allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart ist.

Auf einen solchen, in einem notariellen Kaufvertrag vereinbarten allgemeinen Haftungsausschluss, kann sich der Verkäufer dann nicht berufen, wenn

  • der Immobilie eine vertraglich (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) fehlt

oder

  • der Käufer beweisen kann, dass der Verkäufer einen vorhandenen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB).

Beachtet werden muss hierbei aber,

  • dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, etwa in einem Internetexposé, die in dem notariellen Kaufvertrag keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB führt,

sowie,

  • dass ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 444 BGB eine Aufklärungspflicht des Verkäufers über den Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB voraussetzt,
    • der Verkäufer Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus nur offenbaren muss, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich hält und
    • eine Offenbarungspflicht für Sachmängel dann nicht besteht, wenn diese einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind.

Übrigens:
Auch dann, wenn

  • ein Sachmangel nicht vorhanden ist,
  • ein Verkäufer aber vorsätzlich falsche Angaben über Eigenschaften der Kaufsache gemacht hat,

kann er wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo) ebenso auf Schadensersatz haften, wie bei einem vorsätzlichen Verschweigen von Mängeln.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.02.2018 – V ZR 274/16 – hingewiesen.