Tag Überwachung

AG München entscheidet, dass eine auf einer Terrasse aufgestellte Wildüberwachungskamera, die von der Terrasse des Nachbarn aus sichtbar ist, wegen

…. Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Nachbarn, entfernt werden muss.

Mit Urteil vom 01.02.2023 – 171 C 11188/22 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem von dem Eigentümer eines Wohngrundstücks 

  • auf seiner Terrasse 

eine, 

  • von der Terrasse des Nachbarn sichtbare, 

Wildüberwachungskamera aufgestellt worden war, es ihm

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Hausbesitzer sollten wissen, wann eine an der Hauswand installierte Überwachungskamera das Persönlichkeitsrecht

…. des Nachbarn verletzen und diesem deshalb ein Anspruch aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB auf Unterlassung und Entfernung der Kamera zustehen kann. 

Mit Urteil vom 16.12.2020 – 2 S 195/19 – hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem zwischen Nachbarn seit vielen Jahren ein erbitterter Nachbarstreit bestand und einer der beiden,

  • weil er u.a. das unbefugte Betreten seines Grundstücks befürchtete, 

an der Giebelwand seines Hauses eine Videokamera montiert hatte und der andere dies,

  • da er unzulässige Einblicke in sein Grundstück und eine Verletzung seiner Privatsphäre befürchtete,

nicht akzeptieren wollte, entschieden, dass die Videokamera (wieder) entfernt werden muss.

Eine Überwachung durch eine Kamera bzw. Videoanlage ist danach zulässig nur, 

  • wenn sie auf das eigene Grundstück beschränkt ist

und unzulässig

  • wegen Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts des Nachbarn 

nicht nur dann, 

  • wenn sie tatsächlich Einsicht in das Grundstück der Nachbarn ermöglicht,

sondern bei zerstrittenen Nachbarn auch dann, wenn 

  • eine Videoanlage zwar (noch) nicht auch auf das Nachbargrundstück ausgerichtet ist,
  • es ohne großen Aufwand aber möglich ist, den Blickwinkel der Videoanlage in Richtung des Nachbargrundstücks zu lenken und
  • der Nachbar eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten muss („Überwachungsdruck“).

Vgl. auch die Entscheidungen

sowie

OLG Frankfurt entscheidet, dass Kommunen Leiharbeitskräfte eines privaten Dienstleisters nicht zur Überwachung des Verkehrs

…. als Hilfspolizisten einsetzten und „Knöllchen“ verteilen lassen dürfen und dass,

  • falls auf der Grundlage einer solchen unzulässigen Verkehrsüberwachung ein Bußgeldbescheid erlassen wird,

das Verfahren auf Einspruch hin, eingestellt werden muss.

Mit Beschluss vom 03.01.2020 – 2 Ss-OWi 963/18 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem

  • die Stadt Frankfurt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs Leiharbeitskräfte eines privaten Dienstleisters, die zu Hilfspolizisten bestellt sowie mit einer Uniform ausgestattet worden waren, auf Basis einer Stundenvergütung eingesetzt und
  • aufgrund der Tätigkeit sowie der Feststellungen einer solchen Leiharbeitskraft wegen unerlaubten Parkens im eingeschränkten Halteverbot gegen einen Betroffenen einen Bußgeldbescheid erlassen hatte,

entschieden, dass Kommunen keine von einer privaten Firma überlassene (Leih)Arbeitskräfte für

einsetzen dürfen, der Einsatz

  • nicht eigener Bediensteter, sondern

privater Dienstleister zur Überwachung und Kontrolle des Verkehrs

  • gesetzwidrig ist

und so ermittelte Beweise

  • einem absoluten Verwertungsverbot unterliegen.

Danach können solche unzulässigen Verkehrsüberwachungen nicht Grundlage eines Bußgeldbescheides sein bzw. muss,

  • sollte auf der Grundlage einer solchen unzulässigen Verkehrsüberwachung dennoch ein Bußgeldbescheid erlassen werden oder worden sein,

das Verfahren auf Einspruch hin eingestellt werden.

Begründet hat das OLG dies damit, dass

  • das Recht, Ordnungswidrigkeiten zu ahnden, ausschließlich dem Staat – hier konkret der Polizei – zugewiesen ist,
  • dieses im Rechtsstaatsprinzip verwurzelte staatliche Gewaltmonopol sich auf die gesamte Verkehrsüberwachung, d.h. sowohl den fließenden als auch den ruhenden Verkehr bezieht und

es sich bei den einer Kommune als Polizeibehörde gesetzlich zugewiesenen Verpflichtungen, den ruhenden Verkehr zu überwachen und Verstöße zu ahnden, um hoheitliche Aufgaben handelt, die

  • mangels Ermächtigungsgrundlage

nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden dürfen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main).

Fazit:
Wer von der Stadt wegen eines Parkverstoßes ein „Knöllchen“ erhält oder erhalten hat, sollte sich im Zweifelsfall also erkundigen, von wem der Strafzettel verteilt worden ist,

  • einer eigenen Bediensteten oder einem eigenen Bediensteten/n der Stadt oder
  • einer Arbeitskraft, die die Stadt von einem privaten Dienstleister ausgeliehen hat.

OLG Karlsruhe entscheidet wann Träger eines Pflegeheim beim Sturz eines (demenzkranken) Bewohners

…. wegen Verletzung der Überwachungs- bzw. Aufsichtspflicht haften und wann nicht.

Mit Urteil vom 18.09.2019 – 7 U 21/18 – hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem eine 83jährige an Demenz erkrankten Bewohnerin eines Pflegeheims,

  • bei der bisher keine Anhaltspunkte für ein Sturzrisiko ersichtlich waren,

bei dem Versuch,

  • bei einem Toilettengang

ohne Hilfe aufzustehen, gestürzt war

  • und dabei eine Oberschenkelhalsfraktur erlitten hatte,

entschieden, dass der Träger des Pflegeheims für die Sturzfolgen nicht haftet.

Begründet hat der Senat dies damit, dass den Pflegekräften des Heims keine Verletzung der Sorgfaltsplichten vorgeworfen werden könne.

Zwar seien, so der Senat, Pflegeheime verpflichtet Bewohner nach Möglichkeit vor Stürzen zu bewahren, jedoch richte sich der Umfang der zu treffenden Sicherungsmaßnahmen danach,

  • ob und inwieweit sich ein Sturzrisiko absehen lasse

und sei insbesondere vor einer lückenloser Überwachung während des Toilettengangs stets abzuwägen,

  • ob diese Beeinträchtigung der Intimsphäre zum Schutz des Bewohners vor einem Sturz auch tatsächlich notwendig ist,

so dass, solange Anhaltspunkte für eine Sturzgefahr bei einem Bewohner

  • weder bei der allgemeinen Fortbewegung im Heim,
  • noch während des Toilettengangs

ersichtlich sind, eine lückenlose Beaufsichtigung auch von Demenzkranken nicht gewährleistet werden muss (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

LG Koblenz entscheidet: Auch Videokamera-Attrappen dürfen nicht auf das Nachbargrundstück ausgerichtet

…. werden, wenn der Nachbar eine Überwachung seines Grundstückes ernsthaft befürchten muss.

Mit Urteil vom 05.09.2019 – 13 S 17/19 – hat das Landgericht (LG) Koblenz einen Grundstückseigentümer, der

  • mit seinem Nachbarn zerstritten war und

auf seinem Grundstück

  • eine Videokamera sowie
  • eine Kamera-Attrappe

angebracht hatte, die auf das Grundstück des Nachbarn ausgerichtet waren, verurteilt,

  • die Videokamera sowie
  • die Kamera-Attrappe

zu entfernen.

Danach steht in einem solchen Fall dem Grundstückseigentümer, auf dessen Grundstück Videokameras,

  • ob funktionstüchtig,
  • funktionsuntüchtig oder
  • reine Attrappe,

ausgerichtet sind, ein Anspruch auf Beseitigung der Kameras sowie der Kamera-Attrappen nach § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu.

Begründet hat das LG dies damit, dass die Videoüberwachung von anderen,

  • ohne deren Einwilligung,
  • wegen Eingriffs in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht – in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts –

unzulässig ist,

  • sofern kein überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage angenommen werden kann,
    • – wie z.B. im Falle einer bestehenden konkreten, besonderen Gefährdung der Sicherheit des Videoüberwachungsanlagenbetreibers –

und deshalb bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem Privatgrundstück in der Regel sichergestellt werden müsse, dass

  • weder angrenzende öffentliche Bereiche,
  • noch benachbarte Privatgrundstücke von Kameras

erfasst werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10 –).

  • Dies gelte, so das LG, im Ergebnis auch für funktionsuntüchtige Kameras und reine Attrappen.

Denn dadurch könne bei einem Nachbarn,

  • wenn dieser, beispielsweise wegen eines schon länger schwelenden Nachbarschaftsstreites, eine Überwachung seines Grundstückes objektiv ernsthaft befürchten müsse,

ein „Überwachungsdruck“ entstehen,

Was, wer eine Videokamera auf seinem Grundstück installieren möchte, wissen und beachten sollte

Grundstückseigentümern ist es gestattet,

  • zum Schutz vor unberechtigten Übergriffen auf ihr Eigentum,

ihren Grundbesitz (auch den eigenen nur für sie und ggf. für ihre Familienangehörigen zugänglichen Hauseingangsbereich) mit Videokameras zu überwachen.

Jedoch muss, da schon allein die Herstellung von Filmaufzeichnungen einer Person mit einer Videokamera,

  • auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen,
  • etwa auf einem öffentlichen Weg,

einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dieser Person darstellen

  • und einen Anspruch der betroffenen Person auf Unterlassung bzw. Beseitigung der Überwachungsanlage begründen

kann, bei der Installation sichergestellt werden, dass die Kamera

  • weder auf den angrenzenden öffentlichen Bereich,
  • noch auf benachbarte Privatgrundstücke oder
  • den gemeinsame Zugang zu diesen

gerichtet ist und von der Kamera

  • ausschließlich Bereiche des eigenen Grundstücks

erfasst werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10 –), außer

  • das berechtigte Überwachungsinteresse überwiegt das Interesse der betroffenen Personen (Nachbarn, Passanten oder Dritten), deren Verhalten mit überwacht wird und
  • die Ausgestaltung der Überwachung trägt unter Berücksichtigung von § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis dieser einzelnen Personen ausreichend Rechnung (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 220/12 – sowie Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 20.03.2015 – 191 C 23903/14 – dazu wann ausnahmsweise bei Erstreckung des Erfassungswinkels auf einen schmalen Streifen des öffentlichen Gehwegs ein überwiegendes Interesse des Betreibers der Videoanlage bejaht werden kann).

Beachtet werden sollte ferner, dass auch dann, wenn

  • die Überwachungskamera allein auf das eigene Grundstück gerichtet ist,

durch die Installation für Dritte aber

  • ein unzulässiger Überwachungsdruck aufgebaut wird,

weil

  • nicht nur die hypothetische Möglichkeit einer Erfassung bzw. Überwachung besteht, sondern

diese

  • aufgrund nachvollziehbarer und verständlich erscheinender konkreter Anhaltspunkte

eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen,

  • etwa aufgrund eines eskalierenden Nachbarstreits oder objektiv Verdacht erregender Umstände,

das Persönlichkeitsrecht dieser Dritten auch

  • bei einer Ausrichtung der Überwachungskamera allein auf das eigene Grundstück

beeinträchtigt sein kann (AG München, Urteile vom 17.04.2018 – 172 C 14702/17 – sowie vom 22.11.2018 – 213 C 15498/18 –).

Übrigens:
Für Wohnungseigentümer gilt das oben Ausgeführte entsprechend. Das bedeutet, die Kamera darf ausschließlich

  • auf Bereiche ausgerichtet sein und
  • Bereiche erfassen,

die dem Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers zugehören (vgl. AG München, Urteil vom 28.02.2019 – 484 C 18186/18 WEG –

  • zur Unzulässigkeit der Videoüberwachung einer Wohnungseigentumsanlage mit einer auf Gemeinschaftsflächen gerichteten Wildcam

sowie BGH, Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 220/12 –

  • dazu wann die Überwachung des Eingangsbereichs einer Wohnanlage mittels Videokamera durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zulässig ist.

Die bloße Möglichkeit, von Überwachungskameras des Nachbarn erfasst zu werden, kann im konkreten Einzelfall auch

…. dann noch zumutbar sein, wenn die Nachbarn seit Jahren miteinander in Streit sind.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 22.11.2018 – 213 C 15498/18 – hingewiesen und in einem Fall, in dem der Beklagte,

  • nachdem sein Anwesen im Bereich des angrenzenden Grundstück der Kläger mehrfach beschädigt worden war,

auf seinem Grundstück zwei Überwachungskameras installiert hatte,

  • die so ausgerichtet waren, dass sie ausschließlich Aufzeichnungen vom eigenen Grundstück des Beklagten fertigten und
  • deren Einstellungsbereich nur manuell geändert werden konnte, wobei
    • der Beklagte hierzu vom Fenster aus die unterhalb der Kamera liegende Dachfläche des dortigen Anbaus betreten und dann stehend die Kamera neu ausrichten müsste,

die Klage der Kläger,

  • von denen geltend gemacht worden war, dadurch, dass der Beklagte jederzeit die Kamera auf Aufzeichnungen ihres Grundstücks umstellen könne, einem „Überwachungsdruck“ ausgesetzt zu sein,

auf Beseitigung der Überwachungskameras abgewiesen.

Begründet hat das AG die Klageabweisung damit, dass

  • bei der Frage, ob allein ein sog. „Überwachungsdruck“ einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen kann, auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt werden müsse und

in einem Fall, wie dem obigen, in dem

  • der Grundstückseigentümer sich vor weiteren Manipulationen durch Dritte schützen wolle sowie
  • eine Änderung der Kameraausrichtung den Klägern auch aufgrund ihrer äußerlichen Wahrnehmbarkeit nicht verborgen bleiben könne,

die Tatsache, dass

  • die Parteien verschiedene Rechtsstreitigkeiten gegeneinander führten und bereits in der Vergangenheit geführt haben,

für sich genommen nicht ausreiche, um einen entsprechenden Überwachungsdruck zu begründen (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 30.11.2018; vgl. dazu, was bei der Installation einer Überwachungskamera zu beachten ist, auch die Blogeinträge,

Wichtig zu wissen, wenn wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schadensersatzansprüche

…. geltend gemacht werden.

Aus § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt sich grundsätzlich für jeden,

  • der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder
  • der in seinem Verantwortungsbereich eine eingetretene Gefahrenlage andauern lässt,

die Verpflichtung, die

  • notwendigen und
  • zumutbaren

Maßnahmen zu treffen, um andere vor Schäden zu bewahren (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.06.2017 – VI ZR 395/16 –).

  • Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. (BGH, Urteil vom 02.10.2012 – VI ZR 311/11 –).

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann.
Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar.

  • Haftungsbegründend wird eine Gefahr deswegen erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil
    • die nahe liegende Möglichkeit ergibt,
    • dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (könnten).

Somit muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden.
Vielmehr sind nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden.

  • Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist dabei genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält.

Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen,

  • die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und
  • die den Umständen nach zuzumuten sind.

Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten,

  • weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen,
  • aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war,

ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – den Schaden selbst tragen (BGH, Urteil vom 09.09.2008 – VI ZR 279/06 –).

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht desjenigen,

  • der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenstelle geschaffen oder
  • hat andauern lassen,

liegt somit vor, wenn nach den obigen Grundsätzen Sicherungsmaßnahmen hätten getroffen werden müssen,

  • aber nicht getroffen worden sind
  • oder die getroffenen Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichend bzw. ungenügend waren.

Steht eine solche objektive Pflichtverletzung fest,

  • spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass die Pflichtverletzung ursächlich für das Schadensereignis war und
  • wird ein Verschulden des Verkehrssicherungspflichtigen vermutet.

Übrigens:
Wird die Verkehrssicherungspflicht

  • von dem Verkehrssicherungspflichtigen auf einen Dritten delegiert oder
  • von einem Dritten faktisch übernommen,

mit der Folge, dass dann der Dritte verantwortlich ist,

  • führt dies nicht zum völligen Wegfall der Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich Verkehrssicherungspflichtigen,
  • sondern bleibt dieser zur Überwachung und Instruktion des Dritten verpflichtet (BGH, Urteil vom 13.06.2017 – VI ZR 395/16 –).

Im Falle des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs wird,

  • wenn dem Geschädigten ein unfallursächliches Mitverschulden zur Last fällt,

der Anspruch des Geschädigten nach § 254 BGB gekürzt.

  • Voraussetzung für ein solches haftungsminderndes Mitverschulden ist, dass der Geschädigte an der Entstehung des Schadens zurechenbar mitgewirkt hat im Sinne eines Verstoßes gegen die gebotene Eigenvorsorge.

Wer diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der Dinge erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, muss nach Treu und Glauben eine Kürzung seines Anspruchs hinnehmen und dies ist dann anzunehmen, wenn der Verletzte diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigener Schäden anzuwenden pflegt (Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 26.09.2018 – 7 U 3118/17 –).

AG München entscheidet: Die Installation einer Videokamera, die (jedenfalls auch) auf die nachbarliche Auffahrt gerichtet ist

…. kann das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn beeinträchtigen.

Mit Urteil vom 17.04.2018 – 172 C 14702/17 – hat das Amtsgericht (AG) München darauf hingewiesen, dass eine (auch) auf ein Nachbargrundstück gerichtete, zur Bildaufzeichnung geeignete Videokamera, das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn

  • nicht nur dann beeinträchtigt, wenn tatsächlich Bilder aufgezeichnet werden,
  • sondern auch schon dann, wenn der Nachbar
    • aufgrund ernsthafter sowie greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte – wie etwa bei einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit oder einem zerrütteten Nachbarschaftsverhältnis – befürchten muss, dass eine Überwachung stattfindet bzw. in naher Zukunft stattfinden wird –
    • für ihn also aufgrund dessen und nicht nur einer hypothetischen Möglichkeit einer Überwachung ein Überwachungsdruck besteht.

Bei der Installation von Anlagen der Überwachung auf einem Privatgrundstück muss,

  • sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen (Nachbarn oder Passanten) überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann,
    • wie beispielsweise in dem vom AG München mit Urteil vom 20.03.2015 – 191 C 23903/14 – entschiedenen Fall, in dem ein Hauseigentümer, weil von Unbekannten Fenster beschädigt worden waren, eine Kamera angebracht hatte, die neben dem privaten Grundstückseingang auch einen schmalen Streifen des Gehwegs vor dem Grundstück erfasste,

deswegen sichergestellt sein, dass von der Kamera

  • weder der angrenzende öffentliche Bereich
  • noch benachbarte Privatgrundstücke oder
  • der gemeinsame Zugang

erfasst werden (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 15.06.2018).