Tag Verwaltungsrecht

Verwaltungsrecht – Lässt die Polizei ein Kfz zur Eigentumssicherung auf einen (amtlichen) Verwahrplatz abschleppen muss der Kfz-Halter die Kosten der Abschleppmaßnahme tragen.

Veranlasst die Polizei, nachdem sie bei einem geparkten Fahrzeug feststellt hat, dass eine Seitenscheibe vollständig heruntergelassen ist, sich Wertgegenstände im Fahrzeuginneren befinden und es nicht möglich ist, das Seitenfenster zu verschließen, zur Eigentumssicherung das Abschleppen des Kfz auf den (amtlichen) Verwahrplatz, muss der Kfz-Halter die Kosten für die Abschleppmaßnahme tragen.
Allerdings ist bei einer solchen Abschleppmaßnahme (Sicherstellung) zur Eigentumssicherung schon unter Berücksichtigung des Zwecks der Maßnahme und des in Art. 2 Abs. 2 Polizeiaufgabengesetz (PAG) zum Ausdruck kommenden Subsidiaritätsgrundsatzes in der Regel eine vorhergehende Benachrichtigung des Kfz-Halters oder jedenfalls deren Versuch erforderlich, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seine privaten Rechte selbst zu wahren.

Darauf hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit Urteil vom 11.12.2013 – 10 B 12.2569 – hingewiesen.

Gemäß Art. 9 Abs. 2 S. 1 PAG erhebt die Polizei für die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme von dem für die Störung (nach Art. 7 oder 8 PAG) Verantwortlichen die Kosten (Auslagen und Gebühren; zu dieser Rechtsgrundlage für die Auferlegung von Abschleppkosten vgl. z. B. BayVGH, Urteil vom 22.10.2008 – 10 B 08.1984 –).

Die Voraussetzungen der unmittelbaren Ausführung (Art. 9 Abs. 1 S. 1 PAG) einer Sicherstellung eines Fahrzeugs nach Art. 25 Nr. 2 PAG sind gegeben, wenn

  • im Zeitpunkt der Durchführung der Abschleppmaßnahme ein Sachverhalt vorliegt, bei dem eine polizeiliche Sicherstellungsanordnung nach Art. 25 Nr. 2 PAG (Grundverfügung) selbst rechtmäßig gewesen wäre und
  • der Zweck der Maßnahme durch die Inanspruchnahme des Kfz-Halters als nach Art. 7 oder Art. 8 PAG Verantwortlichen nicht bzw. jedenfalls nicht rechtzeitig erreicht werden konnte.

Gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG kann die Polizei – im Rahmen der ihr gemäß Art. 2 Abs. 2 PAG (subsidiär) obliegenden Aufgabe des Schutzes privater Rechte – ein Kraftfahrzeug sicherstellen, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung zu schützen.
Die Anwendung dieser Befugnisnorm kann insbesondere in Betracht kommen, wenn eine wertvolle Sache dem direkten Zugriff Dritter ungeschützt ausgesetzt ist.
Das Tätigwerden der Polizei ist in diesem polizeilichen Aufgabenbereich allerdings stets subsidiär gegenüber möglichen eigenen Schutzmaßnahmen des betroffenen Privaten.

In dem vom BayVGH entschiedenen Fall durften bzw. mussten die Polizeibeamten nach den gesamten Umständen zum Zeitpunkt ihres Handelns davon ausgehen,

  • dass der Eintritt eines Schadens im Sinne des Art. 25 Nr. 2 PAG hinreichend wahrscheinlich war,
  • die Sicherstellung des Kfz demzufolge auch dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten (Kfz-Halter) diente, weil sie dessen objektiven Interesse entsprach (zu dieser Voraussetzung vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 03.05.1999 – 3 B 48.99 –),
  • dem Kfz-Halter weniger beeinträchtigende geeignete Sicherungsmaßnahmen am Kfz nicht möglich waren (s. Art. 4, Art. 5 Abs. 2 PAG) und
  • der Kfz-Halter als Eigentümer bzw. rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt des gegen den unberechtigten Zugriff Dritter nicht hinreichend gesicherten Kfz auch nicht in der Lage war, den drohenden Schaden zu verhindern.

Bei der von den Polizeibeamten zu treffenden Prognose, dass in der konkreten Situation bei Nichteingreifen eine Beeinträchtigung des Eigentums oder (rechtmäßigen) Besitzes des vom Kläger in der W-straße abgestellten Kfz durch Verlust (Diebstahl) oder Beschädigung hinreichend wahrscheinlich ist, sind maßgebend die der Polizei zum Zeitpunkt ihres Handelns zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten.
Eine „gegenwärtige Gefahr“ wie nach Art. 25 Nr. 1 PAG ist darüber hinaus nicht zu fordern (zum Begriff der gegenwärtigen Gefahr vgl. BayVGH, Urteil vom 16.01.2001 – 24 B 99.1571 –).

Ob die zum Schutz des Eigentümers oder des rechtmäßigen Inhabers der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG – im Rahmen der Ermessensausübung (s. Art. 5 Abs. 1 PAG) – getroffene polizeiliche Sicherstellungsmaßnahme dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.05.1999 – 3 B 48.99 –) beurteilt sich nicht danach, ob sich die polizeiliche Maßnahme als „nützlich“ oder „unerwünscht“ darstellt, sondern vielmehr danach, ob sie dem objektiven Interesse des Berechtigten entspricht, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann der Fall ist, wenn jeder Eigentümer sie bei besonnener Betrachtung als sachgerecht beurteilt hätte.  

Gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 4 PAG) verstößt die Maßnahme dann nicht, wenn den Beamten keine einfacheren Mittel zur Sicherung des Kfz zur Verfügung standen (s. Art. 4 Abs. 1 PAG) und die Sicherstellung auch nicht durch eine sofortige Benachrichtigung des Klägers vermieden werden konnte (vgl. BayVGH, Urteil vom 16.01.2001 – 24 B 99.1571 –).
Unabhängig von der Frage, welchen Aufwand die Polizei mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 4 PAG) im Einzelnen sonst zur Ermittlung des Fahrzeugführers oder Fahrzeughalters betreiben muss, bevor sie das betroffene Fahrzeug abschleppen lassen darf, ist in den (Sonder-)Fällen der Eigentumssicherung schon unter Berücksichtigung des Zwecks der Maßnahme und des in Art. 2 Abs. 2 PAG zum Ausdruck kommenden Subsidiaritätsgrundsatzes in der Regel eine vorhergehende Benachrichtigung des Halters oder jedenfalls deren Versuch erforderlich, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seine privaten Rechte selbst zu wahren.
Ob dies einschränkend nur für Fälle gilt, in denen der Halter „geradezu in greifbarer Nähe erscheint“ (so noch BayVGH, Urteil vom 16.01.2001 – 24 B 99.1571 –), musste der BayVGH hier nicht abschließend entscheiden.

 

Verwaltungsrecht – Erhebung von Abschleppkosten für Leerfahrt?

Die Kosten für eine Leerfahrt sind dem vor dem eingeleiteten Abschleppvorgang erschienenen Störer ohne Weiteres zuzurechnen, wenn das Abschleppfahrzeug konkret für sein Fahrzeug angefordert worden ist.
Kosten für eine Leerfahrt dürfen jedoch ausnahmsweise dann nicht erhoben werden, wenn das Abschleppfahrzeug ohne Einbußen für eine effektive Aufgabenerfüllung auf Kosten eines anderen Pflichtigen unmittelbar anderweitig eingesetzt werden kann.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster mit Beschluss vom 10.07.2013 – 5 A 1687/12 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall sollte – auf Veranlassung des Ordnungsamtes – das Fahrzeug des Klägers aus einem absoluten Halteverbot abgeschleppt werden. Noch bevor der Abschleppvorgang eingeleitet worden war, erschien der Kläger und fuhr das Fahrzeug weg.
Der angeforderte Abschleppwagen wurde daraufhin im Auftrag des Ordnungsamtes dazu eingesetzt, ein anderes, ebenfalls im absoluten Halteverbot geparktes Fahrzeug abzuschleppen.

Gegen den nachfolgend erlassenen Leistungsbescheid mit dem vom Kläger für die Leerfahrt (Anfahrt) durch das Abschleppunternehmen Kosten in Höhe von 54,57 Euro gefordert wurden, erhob der Kläger Klage.

Das Verwaltungsgericht (VG) wies die Klage ab.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hatte jedoch Erfolg.

Zwar sind, wie das OVG Münster ausgeführte, die Kosten für eine Leerfahrt dem vor dem eingeleiteten Abschleppvorgang erschienenen Störer ohne Weiteres zuzurechnen, wenn das Abschleppfahrzeug konkret für sein Fahrzeug angefordert worden ist. Bereits hierdurch tritt die Kostenpflicht des Fahrzeughalters ein, die grundsätzlich nachträglich nicht entfällt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 18.2.2003 – 5 A 4183/03 –).
Trotz einer derart konkreten Zuordnung eines Abschleppfahrzeugs zu einem abzuschleppenden Fahrzeug können Kosten für eine Leerfahrt jedoch ausnahmsweise dann nicht erhoben werden, wenn das Abschleppfahrzeug ohne Einbußen für eine effektive Aufgabenerfüllung auf Kosten eines anderen Pflichtigen unmittelbar anderweitig eingesetzt werden kann (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 20.12.2012 – 5 A 2802/11 –).
Dann erweist sich die zusätzliche Berechnung von Kosten für eine Leerfahrt nämlich nachträglich im Einzelfall als nicht mehr erforderlich, weil die Anfahrt des Abschleppfahrzeugs dem Verantwortlichen für das benachbart geparkte, unmittelbar anschließend tatsächlich abgeschleppte Fahrzeug zugute kommen und diesem gegenüber in Rechnung gestellt werden kann.
Im Rahmen grundsätzlich zulässiger Abschleppmaßnahmen müssen Kostenpflichten – auch hinsichtlich solcher Kosten, die bereits angefallen sind – abgewendet werden, wenn dies offensichtlich ohne nennenswerte Beeinträchtigung praktikabler Verwaltungsabläufe möglich ist. So darf etwa für ein abzuschleppendes Fahrzeug kein Abschleppfahrzeug beauftragt werden, wenn an Ort und Stelle bereits ein Schleppwagen vorhanden ist, der zwar für ein anderes Fahrzeug bestellt worden ist, hierfür aber nicht mehr benötigt wird. Dieser kann den Abschleppvorgang zudem schneller durchführen als ein Abschleppfahrzeug, das erst zum Einsatzort gerufen werden muss.

 

Bloße Teilnahmegebühr macht Poker-Turnier noch nicht zum entgeltlichen Glücksspiel.

Ein Poker-Turnier in der Variante „Texas Hold’em“ ist jedenfalls dann kein Glücksspiel im Sinne des § 284 Strafgesetzbuch (StGB ) und des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag, wenn von den Spielern lediglich eine Teilnahmegebühr von 15 € verlangt wird, die allein die Veranstaltungskosten deckt.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 22.01.2014 – 8 C 26.12 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall veranstaltete die Klägerin Poker-Turniere in der Variante „Texas Hold’em“.
Sie wollte im Juni 2010 ein sog. Qualifikationsturnier durchführen, das jedermann zur Teilnahme offen stand und dessen Gewinnern – abgesehen von geringwertigen Pokalen – die unentgeltliche Teilnahme zu weiteren Turnieren eröffnete, bei denen größere Gewinne in Aussicht gestellt wurden.

Die beklagte Stadt untersagte das Turnier mit der Begründung, es handele sich um ein verbotenes Glücksspiel.

Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie unter anderem vortrug, die Teilnehmer hätten über eine Teilnehmergebühr i.H.v. 15 € hinaus keinen geldwerten Einsatz zu leisten, weshalb es sich nur um ein Unterhaltungsspiel handele.

Das Verwaltungsgericht (VG) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, auch eine bloße Teilnahmegebühr sei ein Entgelt für die Erlangung einer Gewinnchance, weil damit der Weg zur Erlangung von Gewinnen eröffnet werde.

Auf die Sprungrevision der Klägerin hat das BVerwG dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das VG zurückverwiesen.
Zwar liegt ein Glücksspiel vor, wenn von den Teilnehmern ein Entgelt für die Erlangung einer Gewinnchance abverlangt wird.
Hierfür genügt jedoch nicht jede Geldzahlung, erforderlich ist vielmehr, dass das Entgelt gerade für die Gewinnchance gefordert wird, dass also zwischen der Zahlung und der Gewinnchance ein notwendiger Zusammenhang besteht.
Daran fehlt es bei einer bloßen Teilnahmegebühr jedenfalls dann, wenn damit ausschließlich oder doch ganz überwiegend die Veranstaltungskosten gedeckt werden.
Weil das VG bislang nicht geklärt hat, ob die von der Klägerin verlangte Zahlung diese Voraussetzungen erfüllt, wurde die Sache an das VG zurückverwiesen.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 22.01.2014 – Nr. 5/2014 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Verwaltungsrecht – Stilllegung einer Biogasanlage.

Nach § 20 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG) soll die zuständige Behörde anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen ist.
Eine wesentliche Änderung einer Anlage im Sinne dieser Norm liegt vor, wenn die Beschaffenheit der Anlage oder die Art und Weise des Anlagenbetriebs in erheblicher Weise von der vorhandenen Genehmigung abweicht.

Der zuständigen Behörde ist durch § 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG ein nur eingeschränktes Ermessen eingeräumt; sie soll bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Stilllegungsanordnung treffen.
Die Behörde muss demnach in der Regel gegen eine ungenehmigte Errichtung, einen ungenehmigten Betrieb und eine ungenehmigte wesentliche Änderung einer Anlage einschreiten und darf nur bei Vorliegen besonderer Gründe, also eines atypischen Falls, davon absehen.

Ein atypischer Fall liegt vor, wenn die Behörde begründeten Anlass für die Annahme hat, die Anlage entspreche, so wie sie betrieben wird, den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen.
Dabei braucht die Behörde allerdings von sich aus keine umfangreichen und zeitraubenden Ermittlungen über die materielle Genehmigungsfähigkeit der Anlage anzustellen.
Zweifel gehen wegen der hohen Bedeutung eines geordneten Genehmigungsverfahrens und zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen zu Lasten des Anlagenbetreibers.

Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Stilllegungsanordnung können hiernach allenfalls durchgreifen, wenn der Betreiber alles unternimmt, um eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung alsbald zu erlangen und die Genehmigungsfähigkeit der Anlage offensichtlich ist.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg mit Beschluss vom 12.12.2013 – 12 ME 194/13 – hingewiesen.

 

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Verwaltungsrecht – Haar- und Barterlass der Bundeswehr ist rechtmäßig.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 17.12.2013 – 1 WRB 2.12 – entschieden, dass der sogenannte Haar- und Barterlass, der die Haar- und Barttracht der Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr regelt, rechtmäßig ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Antragsteller ein Wehrpflichtiger, der ab Januar 2009 den Grundwehrdienst in einem Ausbildungsregiment leistete. Er trug bei Antritt des Wehrdienstes rund 40 cm lange Haare, die offen getragen auf den Rücken fielen. Im Dienst sicherte er die Haare zunächst mit mehreren Haargummis, so dass sie einen langen, über den Uniformkragen hinaus bis zu den Schulterblättern reichenden Pferdeschwanz ergaben; später trug er die Haare hochgebunden.
Seine Disziplinarvorgesetzten befahlen dem Antragsteller mehrfach, sich mit einer Frisur zum Dienst zu melden, die den Bestimmungen des Haar- und Barterlasses entspricht. Dieser sieht für männliche Soldaten vor, dass das Haar am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein muss, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden; das Haar muss so getragen werden, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.

Der Antragsteller befolgte die Befehle nicht und erhob gegen zwei dieser Befehle Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung.
Er sah sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) verletzt und verlangte Gleichbehandlung mit Soldatinnen, denen das Tragen längerer Haare, ggf. mit einem Haarnetz, gestattet sei.

Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Truppendienstgericht zurückgewiesen. Auch die wegen Divergenz zugelassene Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht blieb ohne Erfolg.

Der 1. Wehrdienstsenat hat entschieden, dass der Bundesminister der Verteidigung befugt ist, im Zusammenhang mit der Uniform der Soldaten auch deren Haar- und Barttracht zu regeln. Mit dem geltenden Erlass hat er dabei den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Der spezifische Auftrag und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte sind unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt. Einschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Haartracht sind deshalb durch das Regelungsziel eines – für das Selbstverständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden – einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags im In- und Ausland gerechtfertigt.
Im Hinblick auf die auch den Soldaten in weitem Umfang gewährleisteten Freiheiten zur individuellen Lebensgestaltung stellt die im Äußerlichen bleibende Regelung der Haartracht ein verhältnismäßiges Mittel dar, zumal keine „Einheitsfrisur“ verordnet, sondern lediglich äußere Grenzen gesetzt werden.
Eine Ausnahme für Grundwehrdienstleistende (im Rahmen der bis zum 30. Juni 2011 geltenden allgemeinen Wehrpflicht) war nicht geboten, weil diese wegen ihrer großen Zahl und ihrer Verteilung auf nahezu sämtliche Truppengattungen und Tätigkeitsbereiche das Gesamtbild der Bundeswehr maßgeblich mitprägten.
Die Regelung über die Haartracht von Soldatinnen, die diesen auch das Tragen längerer Haare gestattet, stellt eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar, die die striktere Regelung der Haartracht für männliche Soldaten nicht in Frage stellt.
Im Anschluss an die allgemeine Öffnung der Bundeswehr für Frauen im Januar 2001 und bei einem Anteil der Frauen in den Streitkräften von derzeit rund 10 % hat sich für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwartungshaltung innerhalb der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 17.12.2013 mitgeteilt.

Der Haar- und Barterlass (Anlage 1 zu der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 10/5) lautet wie folgt:

„Die Haar- und Barttracht der Soldaten

Die Erfordernisse des militärischen Dienstes hinsichtlich Funktionsfähigkeit, Unfallverhütung, Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, Disziplin und Hygiene stellen grundsätzliche Anforderungen an die Haartracht der Soldatinnen sowie die Haar- und Barttracht der Soldaten.

1. Die Haar- und Barttracht muss sauber und gepflegt sein. Modische Frisuren sind erlaubt; ausgenommen sind Frisuren, die in Farbe, Schnitt und Form besonders auffällig sind (z. B. Punkerfrisuren, Irokesenschnitte, grell gefärbte Haarsträhnen, Ornamentschnitte).

2. Das Haar von Soldaten muss am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden. Nicht erlaubt sind besonders ausgefallene Haarschnitte (z. B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren).
Bärte und Koteletten müssen kurz geschnitten sein. Wenn sich der Soldat einen Bart wachsen lassen will, muss er dies während seines Urlaubs tun. Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann Ausnahmen genehmigen.

3. Die Haartracht von Soldatinnen darf den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern. Zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und bei bestimmten Diensten (z. B. Gefechtsausbildung, Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen) kann die oder der Disziplinarvorgesetzte bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befehlen.

4. Auch für Angehörige der Reserve , die Wehrübungen leisten, muss die Haar- und Barttracht sauber und gepflegt sein. Unabhängig davon soll die bzw. der Disziplinarvorgesetzte das Tragen eines Haarnetzes befehlen, wenn das Haar in Farbe, Schnitt und Form den vorgenannten Forderungen nicht entspricht.

Soweit besondere Verhältnisse Abweichungen von den o.a. Bestimmungen erforderlich machen oder für bestimmte Personengruppen (z.B. Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen, fliegendes Personal, Soldatinnen und Soldaten im protokollarischen Dienst, Pflegepersonal in Bundeswehrkrankenhäusern) Sonderregelungen erforderlich sind, sind diese zu befehlen. Zuständig sind die Inspekteure der Teilstreitkräfte, der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und der Inspekteur der Streitkräftebasis. Die Befugnis kann delegiert werden“.

 

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Verwaltungsrecht – Zum Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis bei nicht sorgfältiger Verwahrung von Waffen und Munition.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG) ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen, ohne dass der Behörde Ermessen eingeräumt wäre, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.
Einen solchen Versagungsgrund normiert § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, wonach die Erlaubnis voraussetzt, dass der eine waffenrechtliche Erlaubnis Beantragende die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinn von § 5 WaffG und die persönliche Eignung gemäß § 6 WaffG besitzt.
Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG beschreibt insoweit im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich so bedenklich, nämlich in hohem Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sog. absolute Unzuverlässigkeit).

Bei der auf der Grundlage von festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.
Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzliche Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss.

Vorsichtig und sachgemäß im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle Sicherungsmöglichkeiten ausgenutzt werden. Die Anforderungen, die für die sorgfältige Verwahrung von Waffen zu erfüllen sind, folgen aus § 36 WaffG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung hat ein Waffenbesitzer die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen oder Munition abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG schreibt insoweit weiter vor, dass Schusswaffen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden dürfen, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis erfolgt, das mindestens der Norm DIN/EN1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand: 1997) oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen Mitgliedstaates des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Mitgliedstaat) entspricht.

Ein einmaliger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 und 2 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit.
Bei den Aufbewahrungsvorschriften handelt es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften, welche der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes dienen, nämlich das Abhandenkommen, das unbefugte An-sich-nehmen von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, darf ein Restrisiko nicht hingenommen werden.
Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinn bereits einmal versagt, ist schon allein dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihm gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder aber ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose angestellt werden kann, existiert nicht. Im Übrigen ist im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG nicht etwa der Nachweis erforderlich, der Betreffende werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Zukunft erneut Waffen oder Munition nicht ordnungsgemäß aufbewahren.
Angesichts des möglichen Schadens bei Nicht-Bewährung und des präventiven ordnungsrechtlichen Charakters der Forderung nach einer besonderen Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen und Munition genügt es vielmehr, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Ausübung des Erlaubnis pflichtigen Umgangs mit Waffen und Munition verbleibt.

Darauf hat der 21. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) mit Beschluss vom 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 – hingewiesen.

 

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Verwaltungsrecht – Klage eines Journalisten auf Einsicht in Unterlagen des BND über Uwe Barschel abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 27.11.2013 – 6 A 5.13 – die Klage eines Journalisten abgewiesen, der vom Bundesnachrichtendienst (BND) die Nutzung der dort vorhandenen Unterlagen zu Uwe Barschel in Form von Einsicht und Herstellung von Kopien begehrt hatte.

Nach dieser Entscheidung ermöglicht das Bundesarchivgesetz, auf das der Kläger seinen Anspruch in erster Linie gestützt hatte, zwar jedermann eine Benutzung von Unterlagen auch dann, wenn die aktenführende Stelle diese Unterlagen noch nicht dem Bundesarchiv als Archivgut angedient hat.
Dies gilt jedoch nur für Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind. Das Bundesarchivgesetz sieht eine Verkürzung dieser Frist nicht vor. Die Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes zu Uwe Barschel sind nicht älter als 30 Jahre. Sie unterfallen schon deshalb nicht dem jedermann zustehenden Recht auf Einsichtnahme, unabhängig davon, ob für sie darüber hinaus speziell geregelte Gründe vorliegen, die ihre Benutzung durch jedermann aus öffentlichen Interessen an ihrer Geheimhaltung ausschließen.
Das Grundrecht der Pressefreiheit verpflichtet die Behörden zwar grundsätzlich, Pressevertretern auf deren Fragen Auskunft zu geben.
Dieser Informationsanspruch führt aber nicht zu einem Recht des Klägers auf Nutzung der Akten, die deshalb nicht zur Einsicht und zur Anfertigung von Kopien vorgelegt werden müssen.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 27.11.2013 – Nr. 82/2013 – mitgeteilt.

 

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Verwaltungsrecht – Mischkonsum von Cannabis und Alkohol rechtfertigt die Annahme mangelnder Fahreignung auch wenn er nicht im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr steht.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 14.11.2013 – 3 C 32.12 – entschieden, dass der Mischkonsum von Cannabis und Alkohol selbst dann regelmäßig eine mangelnde Fahreignung begründet, wenn die Einnahme der Substanzen nicht im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr steht.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall wandte sich der Kläger gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis, die die Behörde ausgesprochen hatte, weil bei ihm ausweislich eines fachärztlichen Gutachtens ein gelegentlicher Cannabis-Konsum und Hinweise auf einen Mischkonsum mit Alkohol vorlagen, was nach der Regelbewertung der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zum Verlust der Fahreignung führe.
Zwar habe er angegeben, seit einiger Zeit auf den Konsum von Cannabis verzichtet zu haben. Da er aber der Aufforderung, seine möglicherweise wiedergewonnene Fahreignung mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen, nicht nachgekommen sei, könne nach § 11 Abs. 8 FeV auf eine mangelnde Fahreignung geschlossen werden.

Das Verwaltungsgericht (VG) hat die Klage abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat der Berufung des Klägers im Wesentlichen stattgegeben und die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben.
Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, dass die genannte Bestimmung der Anlage zur Fahrerlaubnis-Verordnung einschränkend ausgelegt werden müsse. Für die Annahme mangelnder Fahreignung sei zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erforderlich, dass in der Person des Betroffenen Besonderheiten bestünden, die befürchten ließen, dass gerade bei ihm im Falle des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol ein fehlendes Trennungsvermögen zwischen dem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zu befürchten sei. Anhaltspunkte dafür seien beim Kläger nicht ersichtlich, so dass es der Behörde verwehrt gewesen sei, den Kläger zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens aufzufordern. Demzufolge habe sie aus der Nichtvorlage des Gutachtens nicht auf eine fehlende Fahreignung schließen dürfen.

Das BVerwG ist dem nicht gefolgt.
Nach Auffassung des BVerwG durfte der Verordnungsgeber der durch die kombinierte Rauschwirkung von Cannabis und Alkohol hervorgerufenen stärkeren Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit unabhängig davon Rechnung tragen, ob – wie der VGH angenommen hatte – die Bereitschaft des Mischkonsumenten, zwischen Drogenkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen, nicht hinter der des gelegentlichen Cannabiskonsumenten zurücksteht.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 14.11.2013 – Nr. 78/2013 – mitgeteilt.

 

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Verwaltungsrecht – Bestehen Anhaltspunkte für hohes Aggressionspotenzial kann Fahreignung überprüft werden.

Nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) angeordnet werden zur Klärung von Eignungszweifeln bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen.
Die Straftaten, die Anlass zur Eignungsbegutachtung geben können, müssen nicht rechtskräftig abgeurteilt sein, vielmehr genügt es, wenn sich ihr Vorliegen aus Feststellungen etwa der Polizei oder aus anderen Erkenntnissen in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hinreichend zuverlässig ergibt.
Insbesondere können hiernach auch Vorfälle berücksichtigt werden, in denen die strafrechtlichen Verfahren im Stadium vor einer rechtskräftigen Verurteilung eingestellt worden sind oder gem. §§ 154, 154 a Strafprozessordnung (StPO) von der Erhebung einer öffentlichen Klage abgesehen bzw. die Strafverfolgung auf andere Gesetzesverletzungen beschränkt worden ist.
Nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 FeV müssen die Straftaten – ausdrücklich im Unterschied zu den Gründen für eine Eignungsüberprüfung nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nrn. 4 und 5 FeV – nicht in Zusammenhang mit Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften und nicht in Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen.
Die weiter erforderlichen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial müssen hinreichend konkret sein und den entsprechenden Eignungsmangel des Fahrerlaubnisinhabers als naheliegend erscheinen lassen.
Typischerweise kommen für Eignungsüberprüfungen nach § 11 Abs. 3 S. 1 Nrn. 6 und 7 FeV, die einen Zusammenhang mit der Kraftfahreignung, insbesondere bei Anhaltspunkten für ein hohes Aggressionspotenzial verlangen, solche Straftaten in Betracht, die sich durch Aggression gegen Personen oder Sachen ausdrücken wie etwa eine schwere oder gefährliche Körperverletzung, Raub, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Nötigung oder Sachbeschädigung.
Das Aggressionspotenzial muss aber nicht bereits als vorhanden festgestellt worden sein. Denn für die Feststellung des Vorliegens des Eignungsmangels soll gerade die medizinisch-psychologische Begutachtung nach § 11 Abs. 3 Nr. 7 FeV erst angefordert werden.

Darauf hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel mit Beschluss vom 13.02.2013 – 2 B 189/13 – hingewiesen.

 

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Verwaltungsrecht – Gesundheitliche Eignung von Probebeamten.

Eine Beamtin auf Probe, die ihre Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit anstrebt, ist gesundheitlich nicht nur dann ungeeignet, wenn ihre vorzeitige Pensionierung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze überwiegend wahrscheinlich ist.
Ihr fehlt die zum Abschluss der Probezeit erforderliche gesundheitliche Eignung auch dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Annahme rechtfertigen, sie werde bis zur Pensionierung häufige und erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweisen.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig mit Urteil vom 30.10.2013 – 2 C 16.12 – entschieden.

Damit hat es im Anschluss an Urteile vom 25.07.2013 – BVerwG 2 C 12.11 und BVerwG 2 C 18.12 – den zugunsten der Bewerber abgesenkten generellen Prognosemaßstab auch auf solche chronischen Erkrankungen angewendet, die zwar nicht zur vorzeitigen Zurruhesetzung führen, wohl aber regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten zur Folge haben.

In dem dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Fall befand sich die im Dezember 1997 zur Beamtin auf Probe ernannte Klägerin von Anfang 1999 bis Februar 2005 wegen ihrer beiden Kinder im Mutterschutz, Erziehungsurlaub und anschließend in der Elternzeit.
Von Februar 2005 bis Ende 2006 war die Klägerin infolge von Bandscheibenerkrankungen dienstunfähig erkrankt.
Im Hinblick hierauf wurde ihre Probezeit bis Ende September 2007 verlängert.
Im Januar 2007 leistete die Klägerin teilweise Dienst, ab April 2007 in Vollzeit.
Mit der Begründung, die Klägerin sei gesundheitlich ungeeignet, entließ die Behörde die Klägerin.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat die Entlassungsverfügung der Behörde aufgrund einer eigenen Beweisaufnahme bestätigt.
Die prognostische Einschätzung der Behörde hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung der Klägerin sei nicht zu beanstanden. Die Bandscheibenerkrankungen der Klägerin sowie das damit zusammenhängende chronifizierte Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert stünden einer positiven gesundheitlichen Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit entgegen.

Das BVerwG hat auf die Revision der Klägerin das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das OVG zurückverwiesen.
Dieses wird insbesondere erneut darüber zu entscheiden haben, ob die Klägerin nach dem neuen Prognosemaßstab zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit gesundheitlich ungeeignet war.
Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung steht der Verwaltung – anders als bei der Beurteilung der fachlichen Eignung – kein nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
Leidet eine Beamtin an einer chronischen Erkrankung und ist damit zu rechnen, sie werde über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen, so schließen diese Ausfallzeiten die gesundheitliche Eignung erst aus, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass sie deswegen eine erheblich geringere Lebensdienstzeit leisten wird.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 30.10.2013 – Nr. 76/3013 – mitgeteilt.

 

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