Tag Verwaltungsrecht

Verwaltungsrecht – Verwendungsverbot für Grabmale aus ausbeuterischer Kinderarbeit in städtischer Friedhofssatzung bedarf einer gesetzlicher Regelung nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 16.10.2013 – 8 CN 1.12 – entschieden, dass die Bestimmung in der Friedhofssatzung der Stadt Nürnberg, derzufolge Grabmale „nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit“ hergestellt worden sein müssen, gegen höherrangiges Recht verstößt.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall begehrte die Antragstellerin – ein örtlicher Steinmetzbetrieb – mit ihrem Normenkontrollantrag, diese Satzungsbestimmung für unwirksam zu erklären.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte dem Normenkontrollantrag zunächst stattgegeben.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Mit Urteil vom 06.07.2012 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof daraufhin den Normenkontrollantrag abgelehnt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs geändert und § 28 Abs. 2 der Bestattungs- und Friedhofssatzung der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt.

Der Verwaltungsgerichtshof war in Auslegung und Anwendung von Landesrecht davon ausgegangen, dass Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Bayerischen Gemeindeordnung die Gemeinden und Städte ermächtigt, in Satzungen die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen und damit auch die Friedhofsnutzung zu regeln. Der sachliche Zusammenhang mit dem Friedhofszweck und auch der spezifisch örtliche Bezug seien in rechtlich einwandfreier Weise hergestellt, da es im Interesse der Würde des Ortes der Totenbestattung liegen könne, dass dort keine Grabmale aufgestellt werden, deren Material in einem weltweit geächteten Herstellungsprozess gewonnen worden ist.

Die bundesverfassungsgerichtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) steht einer solchen Auslegung der Bayerischen Gemeindeordnung nicht entgegen. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich zu. Das schließt indes nicht aus, dass der Gesetzgeber den Gemeinden darüber hinausgehende Aufgaben zuweist.

Die angegriffene Satzungsbestimmung schränkt jedoch die Berufsausübung von Steinmetzen ein. Die Verwendung von Grabmalen auszuschließen, die unter ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt wurden, ist ein verfassungsrechtlich legitimer Zweck.
Den Steinmetzen den dahingehenden Nachweis aufzubürden, beeinträchtigt deren Berufsausübungsfreiheit unzumutbar, solange nicht zugleich bestimmt wird, wie dieser Nachweis geführt werden kann.
Außerdem erlaubt Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Dabei muss der Gesetzgeber selbst alle wesentlichen Entscheidungen treffen. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 der Gemeindeordnung sowie Art. 8 und 9 des Bayerischen Bestattungsgesetzes reichen dafür nicht aus.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 16.10.2013 – Nr. 72/2013 – mitgeteilt.

 

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Verwaltungsrecht – Fantasy-League-Spiel „Super-Manager“ ist kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 16.10.2013 – 8 C 21.12 – entschieden, dass das im Internet veranstaltete und beworbene Fantasy-League-Spiel „Super-Manager“ kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags ist.

In dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Fall war von dem klagenden Medienunternehmen im Internet für die Bundesliga-Saison 2009/2010 das Fantasy-League-Spiel „Super-Manager“ angeboten worden.
Die Teilnehmer konnten gegen Zahlung von 7,99 € unter Einsatz eines Spielbudgets eine fiktive Fußballmannschaft aus 18 Spielern der Bundesliga zusammenstellen, die Aufstellung zu jedem Spieltag der Bundesliga neu festlegen und auf der Grundlage einer Jury-Bewertung der Leistung dieser Spieler Tabellenplätze in drei fiktiven Ligen erringen. Ein Teilnehmer durfte höchstens zehn Teams aufstellen, von denen jedes dritte kostenlos war. An die Bestplatzierten wurden Geld- und Sachgewinne ausgeschüttet. Der Super-Manager der Saison 2009/2010 gewann 100 000 € in bar.

Das Regierungspräsidium K. verbot der Klägerin das Veranstalten und Bewerben dieses Spiels sowie sonstiger Glücksspiele im Internet.

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

Im Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof die Untersagungsverfügung aufgehoben und festgestellt, das „Super-Manager“-Spiel falle nicht unter den Glücksspielstaatsvertrag.

Die Revision des beklagten Landes hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Danach ist das „Super-Manager“-Spiel nicht als Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) einzuordnen.
Diese Vorschrift setzt neben der Zufallsabhängigkeit des Gewinns voraus, dass im Rahmen des Spiels ein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance verlangt wird. Dazu muss es sich in Anlehnung an den strafrechtlichen Glücksspielbegriff um einen Einsatz handeln, aus dem sich die Gewinnchance ergibt. Hingegen genügt nicht, dass eine bloße Teilnahmegebühr („Eintrittsgeld“) gefordert wird. Sie vermittelt lediglich die Berechtigung zum Mitspielen, ohne im Zusammenhang mit der Gewinnchance zu stehen.
Das Entgelt für das „Super-Manager“-Spiel stellt lediglich eine solche Teilnahmegebühr dar. Es gestattet nur, am Spiel überhaupt teilzunehmen. Erst an die Zusammenstellung des Teams, an die allwöchentliche Aufstellung der Mannschaft und deren Erfolg knüpft sich die Gewinnchance.
Eine weitere Auslegung des Glücksspielbegriffs in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV widerspräche auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes und dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit. Die weitgehenden Beschränkungen des Glücksspiels durch den Glücksspielstaatsvertrag sollen der Suchtbekämpfung, dem Jugend- und Spielerschutz und der Kriminalitätsbekämpfung dienen. Sie sind verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, soweit sie zur Bekämpfung dieser Gefahren geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sind. Das ist nicht der Fall bei Spielen, deren Gefährlichkeit allenfalls gering ist und durch weniger einschneidende Regelungen beherrscht werden kann.
So liegt es nach den – zwischen den Beteiligten unstreitigen – Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bei dem „Super-Manager“-Spiel. Insbesondere lassen die Spielregeln es nicht zu, während der Laufzeit des Spiels weitere Geldbeträge aufzuwenden in der Erwartung, erlittene Misserfolge auszugleichen. Verbleibenden Gefahren kann im Rahmen des Gewerberechts begegnet werden.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 16.10.2013 – Nr. 73/2013 – mitgeteilt.

 

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Fahrtenbuchauflage – Zu den Voraussetzungen unter denen die Anordnung unverhältnismäßig sein kann.

Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr kann nach Vergehen eines erheblichen Zeitraums seit der Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit bzw. der Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens unverhältnismäßig sein.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg mit Beschluss vom 23.08.2013 – 12 LA 156/12 – hingewiesen.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wurde mit dem auf den Kläger zugelassenen Pkw am 06.08.2009 die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h um 25 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten.
Mit Verfügung vom 16.03.2011 ordnete der Beklagte nach Anhörung des Klägers für das genannte Fahrzeug oder ein Ersatzfahrzeug das Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten an, weil der verantwortliche Fahrzeugführer bei dem Verkehrsverstoß nicht habe ermittelt werden können. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren war am 05.11.2009 eingestellt worden.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Fahrtenbuchauflage gerichtete Klage abgewiesen.

Der gegen dieses Urteil gerichtete Zulassungsantrag des Klägers, der geltend machte, die Fahrtenbuchanordnung sein nicht mehr zulässig gewesen, da zwischen dem Verkehrsverstoß bzw. der Einstellung des Bußgeldverfahrens und dem angefochtenen Bescheid mehr als 15 Monate verstrichen seien, blieb ohne Erfolg.

In seinem Beschluss hat das OVG Lüneburg ausgeführt, in Fällen, in denen wegen der Erhebung der Klage gegen den Bescheid und ggf. des anschließenden Rechtsmittelverfahrens ein erheblicher Zeitraum seit Tatbegehung bis zur endgültigen Entscheidung verstreicht, werde die weiter bestehende Verhältnismäßigkeit insbesondere damit begründet, dass es anderenfalls der Kläger in der Hand hätte, allein durch das Ausschöpfen von Rechtsmitteln die streitige Anordnung zu Fall zu bringen.

Der zwischen der Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit/Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens und der Anordnung der Fahrtenbuchauflage verstrichene Zeitraum könne dagegen für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage relevant sein und dazu führen, dass eine Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr nach Vergehen eines erheblichen Zeitraums als unverhältnismäßig angesehen werden müsse.

Dieses sei aber (noch) nicht der Fall, wenn wie hier zwischen der Begehung des mit einem Punkt zu wertenden Verkehrsverstoßes (06.08.2009) und dem angefochtenen Bescheid (16.03.2011) gut 19 Monate und zwischen der Einstellung des Bußgeldverfahrens (05.11.2009) und der Fahrtenbuchanordnung gut 16 Monate liegen.

Ein solcher zeitlicher Abstand halte sich vielmehr im Rahmen dessen, was der Senat in vergleichbaren Konstellationen als (noch) verhältnismäßig angesehen hat.

Der Umstand, dass es innerhalb dieses Zeitraums offenbar nicht zu einem weiteren vergleichbaren Vorfall gekommen ist, erlaube nicht die Annahme, das Führen des Fahrtenbuchs sei funktionslos (geworden).

Auch eine Verwirkung mit Blick auf den Vertrauensgrundsatz komme vorliegend nicht in Betracht. Der bloße Zeitablauf vermag eine Verwirkung nicht zu begründen. Vielmehr muss neben das Zeitmoment ein schutzwürdiges Vertrauen begründendes Umstandsmoment treten. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte aber kein Verhalten gezeigt, aus dem der Kläger den Schluss ziehen konnte, es solle von einer Fahrtenbuchauflage abgesehen werden.

 

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Klage auf Zuweisung eines Kitaplatzes abgewiesen – Halbe Stunde Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur angebotenen Einrichtung ist zumutbar.

Die 18. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München hat mit Urteil vom 18.09.2013 – M 18 K 13.2256 – die Klage eines knapp 13 Monate alten Kindes auf Zuweisung eines Platzes in einer städtischen bzw. freigemeinnützigen Kindertageseinrichtung abgewiesen.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die beklagte Landeshauptstadt München für das Kind Betreuungsplätze in freigemeinnützigen Kindertagesstätten angeboten, die dieselben Gebühren wie die städtischen Kindertagesstätten erheben.
Diese Einrichtungen sind von der elterlichen Wohnung mit öffentlichen Verkehrsmitteln jeweils in ca. einer halben Stunde erreichbar. Der Weg von diesen Tagesstätten bis zum Arbeitsplatz der Eltern, die beide in Vollzeit arbeiten, beträgt ebenso ca. eine halbe Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Diesen zeitlichen Aufwand hat das Gericht im konkreten Einzelfall als zumutbar erachtet, so dass der Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung (§ 24 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Achtes Buch (SGB VIII)) durch die angebotenen Plätze hätte erfüllt werden können.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Zeit, die die Eltern für das Bringen und Abholen des Kindes zu bzw. von den angebotenen Kindertageseinrichtungen aufbringen müssen, für beide Elternteile gleich ist und sie sich dabei entsprechend ihrer eigenen Planung abwechseln können. Der zeitliche Aufwand der Eltern, der für sie mit der Betreuung des Kindes in einer der angebotenen Kindertageseinrichtungen verbunden ist, wird dadurch auf beide Elternteile verteilt und insofern für den einzelnen Elternteil reduziert.

Gegen diese Entscheidung ist vom Bayerischen Verwaltungsgerichts München die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen worden.

Das hat die Pressestelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München am 19.09.2013 mitgeteilt.

 

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Magnetschmuck darf in Apotheken nicht verkauft werden.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat mit Urteil vom 19.09.2013 – 3 C 15.12 – entschieden, dass Magnetschmuck, also mit Magneten versehene Schmuckstücke, nicht zu den apothekenüblichen Waren gehört und deshalb in Apotheken nicht angeboten und verkauft werden darf.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wandte sich der Kläger, selbstständiger Apotheker, gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihm die beklagte Stadt den weiteren Verkauf von Magnetschmuck aus seiner Apotheke untersagt hatte.
Zur Begründung hatte die Beklagte darauf abgestellt, dass in Apotheken außer Arzneimitteln und Medizinprodukten (z.B. ärztliche Instrumente, Verbandstoffe, Stützstrümpfe, Gehhilfen, Kontaktlinsen u.ä.) nur die in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) als apothekenüblich bezeichneten Waren in den Verkehr gebracht werden dürften; Magnetschmuck zähle nicht dazu.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg.

Das BVerwG hat auch die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Danach hat die Beklagte den Verkauf von Magnetschmuck zu Recht untersagt, weil das Produkt nicht zum zulässigen Warensortiment einer Apotheke gehört. Es ist weder Arzneimittel noch Medizinprodukt und erfüllt auch nicht die Voraussetzung einer apothekenüblichen Ware.
Als apothekenüblich bestimmt die Apothekenbetriebsordnung u.a. „Gegenstände, die der Gesundheit von Menschen unmittelbar dienen oder diese fördern“ (§ 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO 2012). Das Produkt muss objektiv geeignet sein, die menschliche Gesundheit positiv zu beeinflussen. Das ist der Fall, wenn es zur Erhaltung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes beitragen kann. Ob einem Produkt ein solcher Gesundheitsbezug beigemessen werden kann, beurteilt sich nach der Verkehrsauffassung am Maßstab eines verständigen Verbrauchers.
Gemessen hieran ist Magnetschmuck keine apothekenübliche Ware. Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen lässt sich die behauptete positive Wirkung auf die menschliche Gesundheit nicht nachvollziehen. Danach gibt es keine wissenschaftlich tragfähige Erklärung oder belastbare, aussagekräftige Erkenntnisse, die jenseits eines Placebo-Effekts eine Wirksamkeit von Magnetschmuck belegen könnten.
Die Untersagungsanordnung verletzt den Kläger auch nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit. Die Begrenzung des in Apotheken neben Arzneimitteln und Medizinprodukten zulässigen Warensortiments auf apothekenübliche Waren ist durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig. Die Beschränkung bezweckt mit Blick auf den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags der Apotheke, eine Entwicklung der Apotheken zum „drugstore“ zu verhindern, und schützt zudem das Vertrauen der Kunden, in der Apotheke Erzeugnisse mit einem tatsächlichen gesundheitlichen Nutzen zu erhalten.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 19.09.2013 – Nr. 68/2013 – mitgeteilt.

 

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Zum Anspruch auf Aufwendungsersatz für selbstbeschafften Krippenplatz.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat mit Urteil vom 12.09.2013 – 5 C 35.12 – entschieden, dass ein Kind, dessen Rechtsanspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes nicht erfüllt wird, unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch darauf hat, dass die Aufwendungen der Eltern für seine Unterbringung in einer privaten Kindertagesstätte ersetzt werden.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall ging es um den Ersatz der Aufwendungen, die durch die Unterbringung der damals zweijährigen Tochter in der Kinderkrippe einer privaten Elterninitiative von April bis Oktober 2011 entstanden sind.
Die Eltern ließen die Tochter dort betreuen, weil die beklagte Stadt während dieser Zeit keinen Krippenplatz zur Verfügung stellen konnte.
Das in diesem Fall anwendbare Kindertagesstättengesetz Rheinland-Pfalz sieht vor, dass Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten haben.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, die in dem genannten Zeitraum entstandenen Aufwendungen für die private Kinderkrippe in Höhe von ca. 2 200 € zu erstatten.
Dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis bestätigt. Die Beklagte habe den nach Landesrecht bestehenden und von der Mutter rechtzeitig geltend gemachten Anspruch auf einen Kindergartenplatz nicht erfüllt. Deshalb müsse sie die Kosten des selbst beschafften Ersatzplatzes in einer privaten Kinderkrippe übernehmen.

Die hiergegen eingelegte Revision der Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Danach hat das Oberverwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass im Fall der Nichterfüllung des landesrechtlichen Anspruchs auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für einen selbstbeschafften Platz besteht.
Soweit das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, das Bundesrecht sehe einen entsprechenden Anspruch vor und das Landesrecht folge dem, ist dies nicht zu beanstanden. Der bundesrechtliche Anspruch ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 36a Abs. 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch. Dieser verleiht einen Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn bestimmte Ansprüche auf Jugendhilfeleistungen nicht erfüllt werden.
Der Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen setzt voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf rechtzeitig in Kenntnis gesetzt hat, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorgelegen haben und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
Ob im vorliegenden Einzelfall die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs vorliegen, entzieht sich der revisionsgerichtlichen Kontrolle, weil es sich insoweit um die Anwendung von Landesrecht handelt.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgericht am 12.09.2013 – Nr. 66/2013 – mitgeteilt.

 

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Unterrichtsbefreiung von Schülern aus religiösen Gründen nur in Ausnahmefällen

Verstößt der Inhalt einer schulischen Unterrichtsveranstaltung aus Sicht einzelner Schüler bzw. ihrer Eltern gegen für sie maßgebliche religiöse Vorgaben, so rechtfertigt dies im Regelfall keinen Anspruch auf Unterrichtsbefreiung.

Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig mit Urteil vom 11.09.2013 – 6 C 12.12 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall gehörten die Kläger der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas an. Ihr Sohn besuchte die 7. Klasse eines Gymnasiums. Im Deutschunterricht wurde das Buch „Krabat“ von Ottfried Preußler besprochen. Ferner sollte als Unterrichtsveranstaltung der Film „Krabat“ des Regisseurs Marco Kreuzpaintner besucht werden. Der Film zeigt unter anderem Praktiken schwarzer Magie.
Die Kläger beantragten, ihren Sohn von dieser Unterrichtsveranstaltung zu befreien. Sie beriefen sich auf religiöse Gründe: Ihr Glaube verbiete ihnen, sich mit schwarzer Magie zu befassen.
Die Schule lehnte die Befreiung ab. Der Sohn der Kläger nahm dennoch an der Filmvorführung nicht teil.
Die Kläger haben Klage erhoben, mit der sie die Feststellung begehren, dass die Ablehnung der Befreiung vom Unterricht rechtswidrig gewesen ist.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat ihrer Klage im Berufungsverfahren stattgegeben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Revision des beklagten Landes stattgegeben.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts verstieß die Schule mit der Filmvorführung nicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot, bei Ausgestaltung des Unterrichts Neutralität in religiöser Hinsicht zu wahren.
Sonstige Beeinträchtigungen religiöser Vorstellungen sind grundsätzlich als typische, von der Verfassung von vornherein einberechnete Begleiterscheinung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags und der seiner Umsetzung dienenden Schulpflicht hinzunehmen. Eine Unterrichtsbefreiung kann nur ausnahmsweise verlangt werden. Regelmäßig ist hierfür erforderlich, dass den religiösen Belangen des Betroffenen eine besonders gravierende Beeinträchtigung droht und der schulische Wirkungsauftrag im Vergleich hierzu lediglich nachrangig berührt wird. Jedenfalls die letztgenannte Voraussetzung war im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das von den Klägern geltend gemachte religiöse Tabuisierungsgebot läuft der schulischen Aufgabe, die nachwachsende Generation vorbehaltlos und möglichst umfassend mit Wissensständen der Gemeinschaft und ihrem geistig-kulturellen Erbe vertraut zu machen, in ihrem Kern zuwider.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 11.09.2013 – Nr. 62/2013 – mitgeteilt.

 

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Verkehrsrecht – Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem (derzeit noch geltenden) Punktsystem.

Welche Maßnahmen die Fahrerlaubnisbehörde nach dem Punktsystem gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis zu ergreifen hat, ist in § 4 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt. Nach Satz 1 Nr. 3 dieser Vorschrift gilt ein Betroffener als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn sich für ihn 18 oder mehr Punkte ergeben; die Fahrerlaubnisbehörde, die dabei an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden ist, hat in diesem Fall die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG gestützten Entziehungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt, in dem sich zulasten des Fahrerlaubnisinhabers im Verkehrszentralregister erstmals 18 (oder mehr) Punkte ergeben haben und zwar unabhängig von später – vor oder nach Erlass der Entziehungsverfügung – eintretenden Punktetilgungen.
Für die Beantwortung der Frage, wann sich 18 Punkte im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG ergeben haben, kommt es auf den Tag der Begehung der letzten, zum Erreichen dieser Punkteschwelle führenden Tat (sog. Tattagprinzip) und nicht auf den Zeitpunkt deren rechtskräftiger Ahndung an.

Darauf hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf mit Beschluss vom 21.02.2013 – 14 L 223/13 – hingewiesen.

Wie Punkte von Betroffenen (derzeit noch) abgebaut werden können ist in § 4 Abs. 4 StVG geregelt.
Der Gesetzgeber beabsichtigt das bisherige Punktsystem zu reformieren. Er will ein vereinfachtes Punktesystem. Punkte soll es danach nur noch für sicherheitsrelevante Verstöße geben. Statt wie bisher von 1 bis 7 Punkten, soll es künftig je nach Schwere der Tat 1,2 oder 3 Punkte geben. Die bisherigen Punkte sollen nach dem neuen System umgerechnet werden. Der Führerschein soll bereits ab 8 Punkten entzogen werden.
Dieser vom Bundestag bereits beschlossenen Reform der Flensburger Verkehrssünderdatei hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 07.06.2013 aber die Zustimmung verweigert und den Vermittlungsausschuss angerufen. Ob und wann es zu einem Kompromiss zwischen dem Bund und den Ländern kommt und wie ein solcher Kompromiss letztlich ausschauen wird, ist damit offen.

 

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Öffentliches Baurecht – Anfechtungsklage eines Grundstücksmieters gegen eine dem Eigentümer des Nachbargrundstücks erteilte Baugenehmigung ist unzulässig.

Wird einem Grundstückseigentümer eine beantragte Baugenehmigung erteilt, kann diese von einem Mieter eines Nachbargrundstücks nicht angefochten werden.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. mit Urteil vom 30.08.2012 – 8 K 456/12.F – entschieden.

Danach fehlt Mietern eines Nachbargrundstücks für eine Anfechtung der Baugenehmigung die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach dieser Bestimmung ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt (= die erteilte Baugenehmigung) in seinen Rechten verletzt zu sein. Ein derartiges Abwehrrecht steht den Mietern eines Nachbargrundstücks nicht zur Seite. Dies ergibt sich einerseits daraus, dass die grundstücksbezogenen Bestimmungen des öffentlichen Baurechts nur dem Eigentümer oder dem sonstigen in eigentumsähnlicher Weise dinglich Berechtigten individuellen Nachbarrechtsschutz gewähren. Dies beruht darauf, dass das Bebauungsrecht grundstücks- und nicht personenbezogen ist. Aufgabe des Bebauungsrechts ist es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Indem es in dieser Weise auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte zielt, bestimmt es zugleich den Inhalt des Grundeigentums. Demgemäß beruht baurechtlicher Nachbarschutz auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Grundstücksnachbarn durchsetzen.
Der Mieter oder der sonstige obligatorisch Berechtigte hat aus dieser Rechtsposition grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht, da er sein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet. Er kann seine Rechtsposition lediglich privat-rechtlich gegenüber dem Eigentümer geltend machen. Der Mieter ist somit auf seine Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Vermieter (Eigentümer) verwiesen und kann aus dem Mietvertrag verlangen, dass der Vermieter öffentlich-rechtliche Abwehransprüche gegen eine Beeinträchtigung des Mietobjektes geltend macht.

 

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Fahrerlaubnis auf Probe – Wann wird die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet?

Nach § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ordnet die Fahrerlaubnisbehörde die Teilnahme an einem Aufbauseminar u.a. an, wenn gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe

  • wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, die nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG in das Verkehrszentralregister einzutragen ist, und
  • er eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat.

Welche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe als schwerwiegende oder weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen eingestuft werden, richtet sich nach Anlage 12 zu § 34 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).

Nicht mehr zum Nachteil eines Betroffenen verwertet werden dürfen allerdings solche während der Probezeit begangenen Zuwiderhandlungen, deren Eintragung über die gerichtliche Entscheidung im Verkehrszentralregister bereits getilgt oder nach § 29 StVG tilgungsreif sind.
War im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung eine solche im Verkehrszentralregister eingetragene rechtskräftige Entscheidung bereits getilgt oder Tilgungsreife eingetreten, kann und darf darauf die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht (mehr) gestützt werden.

Darauf hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Beschluss vom 05.02.2013 – 10 S 2292/12 – hingewiesen.

 

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