Tag Verwaltungsrecht

Herumstreunende Katzen sind keine Fundtiere

Wer herumstreunende Katzen, um die sich niemand kümmert und die sich in schlechtem Zustand befinden, einfängt und im Tierheim behandeln lässt, kann die ihm in Rechnung gestellten Kosten für die tierärztliche Behandlung nicht von der Kommune erstattet verlangen. 

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Gießen mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 02.03.2016 – 4 K 84/15.GI – in einem Fall entschieden, in dem die Klägerin

  • mehrere, auf einem verlassenen Gehöft lebende Katzen, um die sich niemand kümmerte, wegen deren aus ihrer Sicht schlechtem Zustand eingefangen sowie im Tierheim hatte behandeln, kastrieren sowie chippen lassen und
  • anschließend die ihr hierfür in Höhe von 1215. 59 € in Rechnung gestellten Kosten von der Stadt mit der Begründung verlangt hatte, dass ihr der Betrag als Aufwendungsersatzanspruch zustehe, weil sie mit der Unterbringung und Behandlung der Tiere im Tierheim eine Aufgabe der Gemeinde wahrgenommen habe.

 

Das VG Gießen hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass der Klägerin

  • kein Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) zusteht und
  • auch kein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 970 BGB nach dem Fundrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, weil es sich bei den Katzen nicht um Fundtiere gehandelt habe.

 

Voraussetzung für eine Qualifizierung als Fundtier sei nämlich, wie das VG ausgeführt hat, dass die Katze aufgefunden werde,

  • entweder an einem für Katzen ungewöhnlichen Ort oder
  • einem fremden Ort oder
  • in hilfloser Lage

 

und ein solcher Fall habe hier nicht vorgelegen, was schon die Tatsache belege, dass die Katzen hätten eingefangen werden müssen, um in ihren Besitz zu gelangen.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Gießen am 07.03.2016 – Nr. 04/2016 – mitgeteilt.

 

Wenn die Grundstückserschließungsstraße den Namen „Am Lusthaus“ erhält

Eine Grundstückseigentümerin, die sich dadurch, dass die an ihr Grundstück erschließende Straße den Straßennamen „Am Lusthaus“ erhalten hatte, in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sah und mit der Begründung, dass sie durch diese Anschrift in einen anstößigen Zusammenhang gebracht werde, gegen die Straßenbenennung Klage erhoben hatte, hatte damit keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln wies die Klage mit Urteil vom 03.03.2016 – 20 K 3900/14 – ab.

Nach Auffassung des VG berührt eine Straßenbenennung – insbesondere eine Erstbenennung – regelmäßig nicht die Persönlichkeitsrechte der dort wohnenden Menschen, da es

  • zum einen allein darum gehe, dass eine öffentliche Sache, nämlich eine Straße, benannt werde und
  • zum anderen der für die Straßenbenennung zuständigen Bezirksvertretung ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe, der nicht überschritten worden sei.

 

Diesbezüglich wies das VG darauf hin, dass hier bei der Straßenbenennung die Gewannbezeichnung d. h. die alte Gebietsbezeichnung aufgegriffen worden sei, die einen historischen Bezug zu einem früher in unmittelbarer Nähe gelegenen Herrensitz habe.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Köln am 03.03.2016 mitgeteilt.

 

Folge des Konsums einer Kräutermischung kann Untersagung des Führens von Fahrzeugen sein

Wer eine Kräutermischung konsumiert, in der dem Betäubungsmittelgesetz unterfallende psychoaktiv wirkende Stoffe enthalten sind, muss damit rechnen, dass die Fahrerlaubnisbehörde

  • die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnet und
  • ihm, wenn er das Gutachten nicht fristgerecht vorlegt, das Führen von Fahrzeugen (z. B. Mofas und Fahrräder) untersagt wird.

 

Darauf hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom 21.01.2016 – 3 L 1112/15.NW – hingewiesen.

Wie das VG ausgeführt hat, ist Rechtsgrundlage für die Untersagung des Führens von Fahrzeugen in einem solchen Fall § 6 Abs. 1 Nr.1y des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).
Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen,

  • wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet hierzu erweist.

 

§ 3 Abs. 2 FeV verweist für den Fall des Bestehens von Eignungszweifeln auf die entsprechende Anordnung der Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV.
Dass diese Vorschriften nur entsprechend anwendbar sind beruht darauf,

  • dass die Regelungen der §§ 11 bis 14 FeV dem Wortlaut nach nur auf die (Erst-)Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis Anwendung finden und
  • bei fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen eine Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis nicht erforderlich ist (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 20.06.2013 – 3 B 102/12 –; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 28.12.2010 – 11 CS 10.2095 –).

 

Ist zu klären, ob Jemand, bei dem der Konsum von Betäubungsmitteln im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes oder die missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen nachgewiesen worden ist, diese weiterhin einnimmt, ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen.

Die Fahrerlaubnisbehörde legt dabei

  • nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls sowie unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV in der Anordnung fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen eines (Kraft-)Fahrzeugs zu klären sind und
  • teilt dem Betroffenen mit
    • unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist (die ausschließlich nach der Zeitspanne zu bemessen ist, die eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung zur Erstattung des Gutachtens voraussichtlich brauchen wird) auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat,
    • er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (§ 11 Abs. 6 Satz 2 FeV) sowie
    • dass, wenn das geforderte Gutachten nicht beigebracht wird, auf die Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen geschlossen werden kann (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV).

 

Die Regelung, dass, falls sich ein Betroffener weigert, sich untersuchen zu lassen, oder er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 FeV – auch bei fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen – auf die Nichteignung des Betroffenen schließen darf, hat ihren wesentlichen Grund in der Mitwirkungspflicht desjenigen, der durch sein Verhalten Anlass zu Bedenken an seiner Fahreignung gegeben hat. Er muss den notwendigen Teil zur Klärung von berechtigten Eignungszweifeln beitragen.

  • Kommt er dieser Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, so darf der Eignungsmangel, der Gegenstand der Ermittlungsmaßnahme war, als erwiesen angesehen werden.

 

Diese Schlussfolgerung ist Ausfluss eines auch im Prozessrecht geläufigen allgemeinen Rechtsgedankens (vgl. § 444 Zivilprozessordnung (ZPO)), wonach im Rahmen der freien Beweiswürdigung der zu beweisende Umstand als erwiesen angesehen werden kann, wenn die Beweisführung vereitelt wird.

Allerdings darf die Schlussfolgerung aus der Nichtbeibringung oder nicht fristgerechten Vorlage eines geforderten Gutachtens auf die fehlende Fahreignung des Betroffenen zum Führen von Fahrzeugen nur dann gezogen werden, wenn die formellen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Gutachtensbeibringung erfüllt sind und die Beibringung eines Gutachtens zu Recht angeordnet wurde.

Stellt sich die Untersagung des Führens von Fahrzeugen danach als rechtmäßig dar, ist für die Wiedererlangung der Fahreignung der Nachweis einer einjährigen Drogenabstinenz erforderlich (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV).

 

Kein Fahrerlaubnisentzug wegen Schwerhörigkeit

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt hat mit Beschluss vom 28.01.2016 – 3 L 4/16.NW – im Fall

  • eines 85-jährigen Fahrerlaubnisinhabers, der von der Fahrerlaubnisbehörde deshalb, weil er wegen Beeinträchtigung der Hörfähigkeit ein Hörgerät trug, aufgefordert worden war, ein ärztliches Gutachten über seine Fahrtauglichkeit beizubringen,

 

entschieden,

  • dass diesem, wenn er sich weigert das Gutachten beizubringen, die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden darf.

 

Begründet hat die Kammer ihre Entscheidung damit, dass die Gutachtensanordnung materiell rechtswidrig war, weil

  • aus der Nichtvorlage eines geforderten Gutachtens auf die Nichteignung eines Betroffenen nur dann geschlossen werden kann, wenn die Gutachtensanordnung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen sowie verhältnismäßig war und (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 11.06.2008 – 3 B 99/07 –) und
  • hier keine Tatsachen vorlagen, die klärungsbedürftige Zweifel an der Kraftfahreignung des Antragstellers aufwarfen.

 

Zur Klärung der Eignung eines Betroffenen zum Führen eines Kraftfahrzeuges kann die Fahrerlaubnisbehörde nach §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) ein Gutachten nämlich nur anordnen,

  • wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken dagegen begründen, dass die nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV an einen Fahrerlaubnisbewerber bzw. -inhaber zu stellenden notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen nicht erfüllt sind, insbesondere eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zu §§ 11, 13 und 14 FeV vorliegt,
  • nach Nr. 2 der Anlage 4 zu §§ 1, 13 und 14 FeV aber bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) ein- oder beidseitig sowie bei Gehörlosigkeit ein- oder beidseitig eine Fahreignung für Fahrerlaubnisinhaber sowohl der Gruppe 1 als auch der Gruppe 2 besteht, wenn nicht gleichzeitig andere schwerwiegende Mängel (z. B. Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen) vorliegen und
  • damit also selbst eine hochgradige Schwerhörigkeit oder gar Gehörlosigkeit allein nicht als Mangel gilt, der generell und allein für das Führen von Fahrzeugen ungeeignet macht.

 

Grund dafür, dass auch bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) ein- oder beidseitig sowie bei Gehörlosigkeit ein- oder beidseitig eine Fahreignung für Fahrerlaubnisinhaber sowohl der Gruppe 1 als auch der Gruppe 2 besteht, wenn nicht gleichzeitig andere schwerwiegende Mängel (z. B. Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen) vorliegen, ist,

  • dass die Orientierung im motorisierten Straßenverkehr überwiegend über das optische System erfolgt, da verkehrsrelevante Informationen maßgeblich über visuelle Signale vermittelt werden und
  • weil durch eine vorhandene Hörminderung eine Steigerung anderer sensorischer Leistungen erreicht werden kann, hörgeminderte oder gehörlose Fahrer in der Lage sind, durch besondere Umsicht, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.

 

Wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines Gutachtens über eine medizinisch-psychologische Untersuchung verlangt

Verlangt die Fahrerlaubnisbehörde von einem Fahrerlaubnisinhaber oder –bewerber die Vorlage eines Gutachtens über eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) mit dem Hinweis, dass bei Nichtvorlage des Gutachtens die Entziehung der Fahrerlaubnis droht bzw. der Antrag auf (Wieder)Erteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt wird, handelt es sich dabei um eine lediglich vorbereitende Verfahrenshandlung der Fahrerlaubnisbehörde zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn Zweifel an der Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen, beispielsweise wegen des Verdachts auf Drogenkonsum oder Alkoholmissbrauch,

  • die nicht selbständig,
  • sondern nur zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung der Behörde, d. h. hier mit der Entscheidung über die Fahrerlaubnis, anfechtbar ist.

 

Demzufolge muss ein Betroffener, der die Vorlage des Gutachtens verweigert,

  • die, nachdem in einem solchen Fall die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt sind, voraussichtlich negative Entscheidung, beispielsweise über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis abwarten und
  • kann erst hiergegen gerichtlich vorgehen.

 

In diesem gerichtlichen Verfahren wird dann allerdings auch (mit)geprüft, ob die Anordnung der MPU gegenüber dem Kläger in der Sache rechtmäßig war, d.h., ob die medizinisch-psychologische Untersuchung zu Recht von dem Betroffenen verlangt worden ist.

Darauf hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt mit Urteil vom 20.01.2016 – 1 K 936/15.NW – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt vom 02.02.2016 – Nr. 6/16 –).

 

Unterrichtsauschluss wegen beleidigender „What’s App“-Äußerung gegen Schulleiterin rechtmäßig

Ein Schüler, der sich über „What’s App“ im Klassenchat beleidigend über die Schulleiterin äußert kann für fünfzehn Tage vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart mit Urteil vom 01.12.2015 – 12 K 5587/15 – in einem Fall entschieden, in dem ein 14-jähriger in Klassenstufe 7 beschulter Schüler, der bereits in der Vergangenheit durch immer wiederkehrendes Fehlverhalten („Angrinsen der Lehrkräfte“, „permanente Provokation“, „Nichterscheinen zum Nachsitzen“ etc.) aufgefallen war, bezüglich der Schulleiterin folgendes geäußert hatte,

  • gegenüber einem Mitschüler „Die kleine Hure soll sich abstechen“ sowie
  • zuvor schon über „What’s App“ im Klassenchat:
    • „Fr v muss man schlagen <zuschlagende Faust>“, „Ich schwör Fr v soll weg die foatze“ und – „Also du hast ja nur gesagt das fr v scheise ist“ – „ja ich weis gebe ich auch zu aber nicht das ich sie umbringen möchte“.

 

Nach der Entscheidung des VG Stuttgart handelt es sich bei diesen Äußerungen um ein schweres und wiederholtes Fehlverhalten, das das Persönlichkeitsrecht der Schulleiterin verletzt und den schulischen Frieden gestört hat und das eine Schule nicht dauerhaft hinnehmen müsse.
Vielmehr dürfe die Schule, auch zum Schutze des Schulfriedens, in solchen Fällen kosequent durchgreifen, so wie das mit dem fünfzehntägigen Unterrichtsausschluss geschehen sei.

Darauf hingewiesen hat das VG ferner, dass bei einer solchen Sachlage auch die gleichzeitige Androhung des Ausschlusses aus der Schule rechtmäßig und insbesondere verhältnismäßig ist.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Stuttgart am 14.12.2015 mitgeteilt.

 

Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach strafrechtlicher Entziehung wegen Trunkenheit

Ein Betroffener,

  • der wegen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a Strafgesetzbuch (StGB)), Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) oder Vollrausches (§ 323a StGB) infolge des Genusses alkoholischer Getränke

 

zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt und dem daneben vom Strafgericht die Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 4 StGB entzogen worden ist, hat, wenn er nach Ablauf der Sperrfrist die Neuerteilung der Fahrerlaubnis beantragt,

  • seine Kraftfahreignung darzulegen (§ 2 Abs. 6 Nr. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG)),
  • wobei er den Nachteil ihrer Nichterweislichkeit trägt.

 

Eine Eignungsvermutung besteht nicht (Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, Beschluss vom 04.07.2007 – 16 B 666/07 –).
Das Begehren eines Betroffenen die Führerscheinbehörde zur Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis zu verpflichten, kann daher nur Erfolg haben, wenn sich die Eignung zweifelsfrei positiv feststellen lässt.

Rechtsgrundlage für das Begehren eines Betroffenen auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ist in einem solchen Fall § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 StVG i.V.m. §§ 20 Abs. 1, 11 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV).

Nach § 20 Abs. 1 FeV gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung die Vorschriften für die Ersterteilung.

  • Nach §§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG, 11 Abs. 1 FeV muss der Bewerber um eine Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein.

 

Geeignet in diesem Sinne ist nach § 2 Abs. 4 StVG, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt.

  • Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV erfüllt ein Bewerber diese Anforderungen insbesondere dann nicht, wenn ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 der FeV vorliegt, der die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt.
  • Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist die Eignung ausgeschlossen im Falle von Alkoholmissbrauch, wenn also das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann.

 

Gemäß § 2 Abs. 7 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde zu ermitteln, ob der Fahrerlaubnisbewerber u.a. geeignet ist.
Die diesbezüglichen Ermittlungsmaßnahmen werden in § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. §§ 11 ff. FeV bezeichnet.
Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. d FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung einer Fahrerlaubnis an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist,

  • wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c der Vorschrift genannten Gründen entzogen worden ist.

 

Die Vorschrift des § 13 Satz 1 Nr. 1 lit. a, 2. Var. FeV regelt u.a. eine Pflicht der Behörde zur Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens,

  • wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen.

 

Folglich ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten vor der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis anzuordnen,

 

Dies schließt, wie die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin mit Beschluss vom 22.12.2014 – 4 L 298.14 – entschieden hat, strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehungen ein.
Danach verdichtet sich,

  • wenn ein Strafvorwurf sich wesentlich darauf gründet, dass der Betroffene ein Fahrzeug führte, obwohl er infolge Alkoholgenusses nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen und der Strafrichter bei der Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB von der Ungeeignetheit des Betroffenen überzeugt war,
  • auch eine einmalige Alkoholfahrt bei einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille durch die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung zu einem aufklärungsbedürftigen Eignungsmangel, der nur durch die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgeräumt werden kann.

 

Schon nach einmaligem Betäubungsmittelkonsum (ausgenommen Cannabis) ist Führerschein weg

Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV)  i. V. m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV genügt bereits ein einmaliger nachgewiesener Konsum eines Betäubungsmittels im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) zum Nachweis der fehlenden Fahreignung.
Das bedeutet, dass unabhängig davon,

  • wann und in welchem Umfang ein solcher Konsum von z. B. Amphetamin oder Ecstasy oder Kokain erfolgt ist und
  • auch dann, wenn der Betreffende nicht unter Drogeneinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat,

 

ihm in einem solchen Fall, sofern er Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV von der Fahrerlaubnisbehörde zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen ist,

 

In einem vom VG Neustadt mit Urteil vom 18.11.2015 – 1 K 338/15.NW – entschiedenen Fall, in dem einen Betroffenen die Fahrerlaubnis entzogen worden war, weil zwei Urinproben von ihm in einem kurzen zeitlichen Abstand positive Amphetaminwerte aufgewiesen hatten und nach einem toxikologischen Gutachten damit die Aufnahme von Amphetamin belegt war, nützte dem Betroffenen auch sein Einwand, nichts, dass die positiven Werte durch Erkältungsmittel, andere Medikamente oder Appetitzügler verursacht worden sein könnten, die er eingenommen habe und die amphetaminähnliche Wirkstoffe enthielten.
Das VG schenkte dieser Einlassung nämlich deshalb keinen Glauben, da

  • der Betroffene im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Erklärungsversuche für die positiv ausgefallenen Urinproben abgegeben hatte,
  • Ephedrine oder Pseudoephedrine, die in bestimmten Erkältungsmitteln enthalten sind, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zwar unter bestimmten Laborbedingungen positive Metamphetaminwerte im Urin erzeugen können, eine artifizielle Bildung von Amphetamin bei der Analyse aber nicht möglich ist und
  • es das VG auch nicht plausibel erschien, dass der Betroffene, das von ihm genannte Präparat „AN1“, auch als „Amphetaminil“ bezeichnet, das nicht als frei verkäuflicher Appetitzügler gehandelt, sondern als Psychopharmakon charakterisiert und schon seit langem auch als Rausch- und Partydroge missbraucht wird, völlig arglos zum Abnehmen eingenommen hat.

 

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Neustadt am 27.11.2015 – Nr. 45/15 – mitgeteilt.

Übrigens:
Voraussetzung für eine Wiedererlangung der nach einem Betäubungsmittelkonsum verloren gegangenen Fahreignung ist eine

  • mindestens einjährige, nachgewiesene Betäubungsmittelabstinenz.

 

Hinzu kommen muss eine Prognose,

  • dass die Verhaltensänderung von Dauer ist,

 

was sich nur bejahen lässt,

  • wenn zu einer positiven Veränderung der körperlichen Befunde ein stabiler, tiefgreifender Einstellungswandel hinzutritt, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhalten wird.
     

Um einen solchen inneren Wandel eruieren zu können, bedarf es – gegebenenfalls neben ärztlichen Feststellungen – einer psychologischen Bewertung (VG Ansbach, Beschluss vom 26.09.2012 – AN 10 S 12.001517 –).

 

Herausgabe von Steuerkontoauszügen an Insolvenzverwalter verletzt nicht das Steuergeheimnis

Insolvenzverwalter können vom Finanzamt regelmäßig Einsicht in die den insolventen Schuldner betreffenden steuerlichen Unterlagen verlangen, ohne dass das Steuergeheimnis dem entgegensteht.

Darauf hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster hat mit Urteilen vom 24.11.2015 – 8 A 1032/14, 8 A 1073/14, 8 A 1074/14, 8 A 1126/14 – in vier Fällen hingewiesen, in denen

  • Insolvenzverwalter unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) bei dem jeweils für den Insolvenzschuldner zuständigen Finanzamt beantragt hatten,
  • ihnen die Steuerkontoauszüge des Schuldners zu näher bezeichneten Zeiträumen zur Verfügung zu stellen, weil sie mit deren Hilfe ermitteln wollten, ob Zahlungen auf Steuerschulden gegebenenfalls der Insolvenzanfechtung unterliegen.

 

Der Offenbarung der steuerlichen Verhältnisse des insolventen Schuldners gegenüber dem Insolvenzverwalter, soweit diese die Insolvenzmasse betreffen, aufgrund des in derartigen Fällen nach dem IFG NRW bestehenden Informationsanspruchs, steht, wie der 8. Senat des OVG Münster ausgeführt hat, das Steuergeheimnis nach § 30 Abgabenordnung (AO) nicht entgegen, weil durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

  • das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergeht (§ 80 Insolvenzordnung – InsO),
  • das auch die Verfügungsbefugnis über Informationen bzw. „Geheimnisse“ einschließt, deren Kenntnis zur Verwaltung der Insolvenzmasse und sachgerechten Wahrung der Gläubigerrechte erforderlich ist und
  • nach § 97 InsO der Schuldner ohnehin verpflichtet ist, dem Insolvenzverwalter über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben.

 

Das hat die Pressestelle des Oberverwaltungsgerichts Münster am 24.11.2015 mitgeteilt.

 

Wenn im Strafurteil eine isolierte Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB angeordnet worden ist

Der Lauf einer Sperrfrist im Fall einer isolierten Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis beginnt mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung (§ 69a Abs. 5 Satz 1 Strafgesetzbuch (StGB)).
Satz 2 dieser Vorschrift ist im Fall einer isolierten Sperre (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) nicht anwendbar, auch nicht analog.

Darauf hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg mit Beschluss vom 19.11.2015 – 12 PA 150/15 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem mit Strafbefehl eine isolierte Sperrfrist angeordnet worden war und
  • der Kläger die nach Erlass des Strafbefehls verstrichene Zeit mit der Begründung in die Sperrfrist eingerechnet haben wollte,
  • dass in der nach seinem Einspruch gegen den Strafbefehl anberaumten Hauptverhandlung und im (weiteren) Rechtsmittelverfahren keine gerichtliche Prüfung mehr stattgefunden habe, ob er weiterhin zum Führen von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr als ungeeignet anzusehen sei, sondern es allein darum gegangen sei, ob sein Nichterscheinen im Hauptverhandlungstermin erster Instanz als entschuldigt anzusehen war.

 

Mit seiner Entscheidung ist der Senat der seit langem herrschenden Meinung (vgl. nur OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.10.1986 – Ws 824/86 – und Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig, Beschluss vom 13.07.2004 – 6 B 297/04 –) darin gefolgt, dass eine analoge Anwendung von § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB,

  • wonach in die Frist die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet wird, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten,

 

auf Fallgestaltungen in denen eine isolierte Sperre verhängt wurde, nach dem klaren, an eine vorläufige Entziehung bzw. Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 i. V. m. § 94 Strafprozessordnung (StPO)) anknüpfenden Wortlaut der Vorschrift und angesichts des Regelungsgehalts des § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB ausscheidet, so dass es bei der Regel bleibt, wonach die Sperre mit der Rechtskraft des Urteils oder dementsprechend des Strafbefehls beginnt (§ 69a Abs. 5 Satz 1 StGB).

Die in § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB vorgesehene Anrechnung findet ihre Rechtfertigung darin, dass der Fortbestand der vorläufigen Entziehung bzw. – gemäß § 69a Abs. 6 StGB – der Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins nach Maßgabe des § 94 StPO in der Zeit zwischen Verkündung und Rechtskraft des Urteils weiterhin maßregelnd auf den Verurteilten einwirkt.
Demgegenüber wirken in Fällen der isolierten Sperrfrist keine den in § 69a Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 StGB genannten Maßnahmen vergleichbaren Umstände auf den Verurteilten ein, so dass eine Einrechnung der seit Urteilserlass verstrichenen Zeit allein durch den Zeitablauf bedingt wäre.
Aus dem Regelungsgefüge des Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 des § 69a StGB ergibt sich aber unmissverständlich, dass bloßer Zeitablauf an sich nicht zu einem Beginn der Sperre vor Rechtskraft führen soll (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.09.2009 – 1 B 430/09 –).