Tag Beziehung

Was biologische Väter, die die (bestehende) rechtliche Vaterschaft eines anderen anfechten und die eigene Vaterschaft

…. feststellen lassen wollen, wissen müssen. 

Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann die Vaterschaft eines Mannes, 

  • der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war (§ 1592 Nr. 1 BGB),
  • dessen Vaterschaft, weil das Kind innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung der Ehe durch Tod des Mannes geboren wurde gemäß § 1593 BGB besteht oder
  • der die Vaterschaft anerkannt hat (§1592 Nr. 2 BGB), 

wenn zwischen diesem rechtlichen Vater und dem Kind 

  • keine sozial- familiäre Beziehung besteht oder 
  • im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat (vgl. §§ 1600 Abs. 2 und Abs. 3 BGB),

angefochten werden von dem Mann, der 

  • an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben und
  • leiblicher (biologischer) Vater des Kindes ist.

Der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, die für das 

  • Recht

zur Anfechtung der Vaterschaft,

eine notwendige Verfahrensvoraussetzung ist, um Anfechtungen durch jedermann zu vermeiden, bedarf es dabei, 

  • wie der 6. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken mit Beschluss vom 08.04.2021 – 6 UF 19/21 – entschieden hat,

dann ausnahmsweise nicht, wenn  

  • aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens der Beteiligten 

die biologische Vaterschaft des Anfechtenden unterstellt werden kann.

Begründet hat der Zivilsenat dies damit, dass, wenn 

  • die Beteiligten des Verfahrens und 
  • insbesondere die Kindesmutter 

übereinstimmend von der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers ausgehen, die Vorlage einer Versicherung an Eides statt als Schutz vor einer Anfechtung ins Blaue hinein nicht erforderlich ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Zweibrücken).

Übrigens:
Zum Beginn der Anfechtungsfrist vgl. 

und dazu, unter welchen Voraussetzungen biologische Väter, solange die rechtliche Vaterschaft eines anderen besteht, ein Recht auf Umgang erlangen können, vgl.

Was leibliche Väter, die die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anfechten und ihre eigene Vaterschaft feststellen lassen

…. wollen, über den Beginn der Anfechtungsfrist wissen sollten.

§ 1592 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) knüpft die 

  • rechtliche

Vaterschaft an 

  • die Ehe mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes, 
  • die Vaterschaftsanerkennung oder 
  • die erfolgreiche Feststellung der Vaterschaft in einem Gerichtsverfahren an. 

Biologische und rechtliche Vaterschaft für ein Kind können also auseinanderfallen. 

Ist das der Fall, kann der leibliche Vater, wenn 

  • er an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) 

und

die Vaterschaft des rechtlichen Vaters binnen

  • zwei Jahren (§ 1600b Abs. 1 BGB)

anfechten, wobei 

  • die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem 
    • der Anfechtende von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft des rechtlichen Vaters sprechen, 
    • frühestens jedoch mit der Geburt des Kindes 

und

  • das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs.2 erste Alternative BGB den Lauf der Frist nicht hindert.

Die für den Beginn der Frist zur Anfechtung einer Vaterschaft entscheidende Kenntnis von Umständen,

  • die gegen die Vaterschaft des rechtlichen Vaters sprechen, 

hat der Anfechtende dann, wenn 

  • er in der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit der Mutter des Kindes hatte 

und ihm Tatsachen bekannt werden, die bei sachlicher Beurteilung geeignet sind, 

  • Zweifel an der Vaterschaft des rechtlichen Vaters zu wecken sowie 
  • die nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Nichtvaterschaft des rechtlichen Vaters zu begründen,

Opferrente nach dem OEG i.V.m. dem BVG wegen eines Schockschadens nach einer Gewalttat kann auch

…. noch nach Jahren erfolgreich beantragt werden.

Mit Urteil vom 17.12.2020 – L 10 VE 79/17 – hat der 10. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem Fall, in dem zu Weihnachten 2004 der Vater einer Frau 

  • von ihrem psychisch kranken Bruder mit der Axt erschlagen worden war, 

und die Frau 

  • bei Erhalt der Nachricht vom Vatermord einen schweren Schock mit Blackout erlitten hatte,

aber nicht zum Arzt gegangen war, sondern erst 

  • sechs Jahr später 

Opferrente beantragt hatte, 

  • nach Einholung eines umfassenden medizinischen Gutachtens,

bei der Tochter des Ermordeten das Vorliegen einer 

  • posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) 

als Folge des 

  • aufgrund der Übermittlung der Nachricht vom gewaltsamen Tod des Vaters 

erlittenen Schocks anerkannt und festgestellt, dass ihr 

  • wegen dieser erlittenen gesundheitlichen Schädigung 

Leistungen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) i.V.m. § 30 ff. Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu bewilligen sind.

Danach sind auch 

  • Sekundäropfer

in den Schutzbereich des § 1 Abs. 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) einbezogen, wenn, 

  • ebenso wie bei Primäropfern, 

ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen 

  • dem Schädigungstatbestand und 
  • der schädigenden Einwirkung i.S. einer engen, untrennbaren Verbindung beider Tatbestandselemente 

besteht. 

Sekundäropfer müssen dabei,

  • durch Wahrnehmung des das Primäropfer schädigenden Vorgangs, also durch Wahrnehmung des Vatermordes oder 
  • durch eine sonstige Kenntnisnahme davon 

geschädigt worden sein, darüber hinaus müssen 

  • die psychischen Auswirkungen der Gewalttat beim Sekundäropfer 

bei wertender Betrachtung aufgrund 

  • zeitlicher, örtlicher und/oder personaler Nähe bzw. 
  • enger personaler Beziehung zum Primäropfer 

mit der Gewalttat so eng verbunden sein, dass beide eine natürliche Einheit bilden und der (Schock)Schaden muss 

  • unmittelbar auf dem schädigenden Vorgang als solchem 

beruhen, 

  • d.h. es darf nicht zu einer initialen Schädigung erst aufgrund von Ereignissen gekommen sein, die das Primäropfer nach Abschluss des schädigenden Vorgangs erfasst haben (Quelle: Pressemitteilung des LSG Celle-Bremen).

Biologische, aber nicht rechtliche Väter sollten wissen, dass ein bestehender Familienverband ihrem Interesse

…. an der Anerkennung (auch) der rechtlichen Vaterschaft vorgehen kann.

Nach der aktuell geltenden gesetzlichen Regelung ist ein 

  • biologischer Vater 

nur dann berechtigt die (rechtliche) Vaterschaft 

  • des Ehemanns der Mutter oder 
  • eines anderen Mannes, der die Vaterschaft anerkannt hat, 

zu beseitigen, wenn eine 

  • sozial-familiäre Beziehung 

zwischen 

  • dem rechtlichen Vater und 
  • dem Kind 

nicht (mehr) besteht.

§ 1600 Abs. 2, 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) schließt nämlich,

  • solange zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine sozial-familiäre Bindung besteht,

eine Anfechtung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater aus. 

  • Darauf, ob auch zwischen dem leiblichem Vater und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht, kommt es bei Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater nicht an. 

Bei Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater ist ein Antrag des leiblichen Vaters auf Anfechtung der Vaterschaft stets unbegründet.

Voraussetzung für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung nach § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB zwischen Kind und rechtlichem Vater ist, dass der rechtliche Vater 

  • für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt, 
  • d.h. er sich um die Pflege und Erziehung des Kindes kümmert, 

wobei, wenn der rechtliche Vater 

  • mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder 
  • mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat, 

nach § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung in der Regel vorliegt.   

  • Das Zusammenleben in einem Haushalt ist allerdings keine Voraussetzung einer sozial-familiären Beziehung. 

Die Übernahme tatsächlicher Verantwortung kann vielmehr auch in anderer Form erfolgen, etwa indem der rechtliche Vater 

  • wesentliche Betreuungsleistungen für das Kind erbringt, ohne mit diesem dauerhaft in einem Haushalt zu leben oder
  • nach Trennung der rechtlichen Eltern regelmäßige Kontakte zu dem Kind unterhält und sich hierbei um die Pflege und Erziehung des Kindes kümmert.

Denn die sozial-familiäre Beziehung muss 

  • nur zwischen rechtlichem Vater und Kind 

bestehen und setzt nicht voraus, dass gleichzeitig eine entsprechende Beziehung des rechtlichen Vaters zur Mutter besteht. 

Fazit:
Der leibliche Vater ist somit, wenn 

  • eine sozial-familiäre Beziehung zwischen seinem leiblichen Kind und dessen rechtlichem Vater (noch) besteht oder 
  • im Zeitpunkt des Todes des rechtlichen Vaters bestanden hat und

ihm nicht ein Umgangsrecht gemäß § 1685 Abs. 2 BGB aufgrund einer früheren sozial-familiären Beziehung zusteht, darauf angewiesen,

Wichtig zu wissen für Eltern, die ihrem Kind und dem Lebensgefährten ihres Kindes Geld zur Finanzierung des Erwerbs

…. einer zum gemeinsamen Wohnen vorgesehenen Immobilie schenken möchten bzw. bereits geschenkt haben.

Scheitert die Lebensgemeinschaft nachfolgend können die Eltern von dem ehemaligen Lebensgefährten ihres Kindes,

  • da einem Beschenkten, sofern die Schenkung nicht unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung oder mit einer Auflage erfolgt, das Geschenkte zur freien Verfügung überlassen wird,
  • der Beschenkte somit allenfalls Dank, aber keine Gegenleistung schuldet und
  • die Schenker mit einem Scheitern der Beziehung rechnen müssen,

das Geschenkte nicht stets zurückfordern, sondern nur dann, wenn die Geldschenkungen (nachweisbar) in der Erwartung erfolgt sind, dass

  • die Beziehung zwischen ihrem Kind und seinem Lebenspartner andauern werde,
  • diese Lebensgemeinschaft nicht nur für kurze Zeit fortgesetzt wird

und

  • wider Erwarten sich die Partner nach kurzer Zeit, beispielsweise weniger als zwei Jahren nach der Schenkung, trennen.

In einem solchen Fall ist,

  • weil sich ihr Kind und dessen Lebenspartner schon weniger als zwei Jahre nach der Schenkung getrennt haben und sich die für die Schenkung konstitutive Annahme damit als unzutreffend erwiesen hat, die Partner würden die Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit fortsetzen,

die Geschäftsgrundlage der Schenkung weggefallen und

  • kann dem Schenker regelmäßig nicht zugemutet werden, sich an der Zuwendung festhalten lassen zu müssen, und
  • ist dem Beschenkten, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, seinerseits zuzumuten, das Geschenk (vollständig) zurückzugeben.

Das hat der für das Schenkungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 18.06.2019 – X ZR 107/16 – entschieden (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 18.06.2019).

Wichtig zu wissen für (Ex)Eheleute, die sich nach der Trennung und Scheidung nicht einigen können, wer den Hund bekommt, der

…. während der Ehe gemeinsam von ihnen angeschafft worden ist.

Mit Beschluss vom 16.08.2018 – 11 WF 141/18 – hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem

  • sich Eheleute während der Ehe gemeinsam einen Hund angeschafft hatten,
  • das Tier nach der Trennung bei dem Mann verblieben war und

die Frau über zwei Jahre später gegen ihren Exmann Klage auf Herausgabe des Hundes erheben wollte, die Gewährung der von ihr für diese Klage beantragte Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, dass

  • der Mann sich zur Hauptbezugsperson des Hundes entwickelt und
  • die beabsichtigte Rechtsverfolgung deswegen keine Aussicht auf Erfolg habe.

Denn, so der Senat, auch wenn

  • der Hund grundsätzlich als „Hausrat“ einzuordnen und demzufolge gemäß § 1361a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach Billigkeit zu verteilen sei,

müsse bei der Zuteilung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass

  • es sich um ein Lebewesen handle und
  • Hunde Beziehungen zu Menschen aufbauen sowie unter dem Verlust eines Menschen leiden können.

Abzustellen sei daher darauf, so der Senat weiter, wer den Hund in der Vergangenheit überwiegend versorgt, gepflegt und beschäftigt habe, wer also

  • unabhängig von der Frage, wer sich während der Ehezeit besonders um den Hund gekümmert hatte,

nunmehr die Hauptbezugsperson des Tieres sei und da

  • sich zwischenzeitlich der Mann zur Hauptbezugsperson des Hundes entwickelt habe und
  • auch Mängel in der Versorgung des Hundes nicht erkennbar seien,

widerspräche eine Trennung des Hundes von seiner Hauptbezugsperson,

  • also eine Herausgabe an die Frau,

dem Wohl des Tieres (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 29.11.2018).

BGH entscheidet: Die Vaterschaft eines rechtlichen Vaters kann von dem biologischen Vater nur dann erfolgreich angefochten werden, wenn

…. zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung im Sinne von § 1600 Abs. 2 und 3 BGB besteht oder im Zeitpunkt des Todes des rechtlichen Vaters bestanden hat.

  • Darauf, ob auch zwischen dem leiblichem Vater und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht, kommt es bei Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater nicht an.

Bei Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater ist ein Antrag des

  • nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Anfechtung der Vaterschaft berechtigten

leiblichen Vaters auf Anfechtung der Vaterschaft vielmehr stets unbegründet.

Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 15.11.2017 – XII ZB 389/16 – entschieden.

Voraussetzung für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung nach § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB zwischen Kind und rechtlichem Vater ist, dass der rechtliche Vater

  • für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt,
  • h. er sich um die Pflege und Erziehung des Kindes kümmert,

wobei, wenn der rechtliche Vater

  • mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder
  • mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat,

nach § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung in der Regel vorliegt.

  • Das Zusammenleben in einem Haushalt ist, so der Senat weiter, allerdings keine Voraussetzung einer sozial-familiären Beziehung.

Die Übernahme tatsächlicher Verantwortung kann vielmehr auch in anderer Form erfolgen, etwa indem der rechtliche Vater

  • wesentliche Betreuungsleistungen für das Kind erbringt, ohne mit diesem dauerhaft in einem Haushalt zu leben oder
  • nach Trennung der rechtlichen Eltern regelmäßige Kontakte zu dem Kind unterhält und sich hierbei um die Pflege und Erziehung des Kindes kümmert.

Denn die sozial-familiäre Beziehung muss nur zwischen rechtlichem Vater und Kind bestehen und setzt nicht voraus, dass gleichzeitig eine entsprechende Beziehung des rechtlichen Vaters zur Mutter besteht.

  • Auch bei regelmäßigen Umgangskontakten zwischen rechtlichem Vater und Kind ist mithin grundsätzlich vom Bestehen einer sozial-familiären Beziehung auszugehen.

Fazit:
Der leibliche Vater ist somit, wenn

  • eine sozial-familiäre Beziehung zwischen seinem leiblichen Kind und dessen rechtlichem Vater (noch) besteht oder
  • im Zeitpunkt des Todes des rechtlichen Vaters bestanden hat und

ihm nicht ein Umgangsrecht gemäß § 1685 Abs. 2 BGB aufgrund einer früheren sozial-familiären Beziehung zusteht, darauf angewiesen,

  • Umgangskontakte nach § 1686 a BGB mit seinem leiblichen Kind zu erwirken.