Tag Eltern

Corona-Schutzimpfung: Was ist, wenn gemeinsam sorgeberechtigte Eltern uneinig darüber sind, ob ihr Kind geimpft werden soll

…. oder nicht?

Die (Schutz)Impfung eines Kindes ist eine 

  • Angelegenheit von erheblicher Bedeutung 

für das Kind.

Die Entscheidung darüber, 

  • ob ihr Kind geimpft werden soll oder nicht, 

muss von 

  • gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, auch dann, wenn sie getrennt leben, 

im gegenseitigen Einvernehmen getroffen werden. 

Können sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern darüber, 

  • ob ihr Kind geimpft werden soll oder nicht, 

nicht einigen, kann 

  • jeder der Elternteile 

beim Familiengericht nach § 1628 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beantragen, ihm die 

  • Entscheidungsbefugnis bezüglich der Impfung 

zu übertragen. 

Das Familiengericht trifft in einem solchen Fall 

  • nicht die Entscheidung anstelle der Eltern, 

sondern hat den im Rahmen der Sorgerechtsausübung aufgetretenen Konflikt der Eltern über die Impfung bzw. die Nichtimpfung dadurch zu lösen, dass es die 

  • Entscheidungsbefugnis dem Elternteil 

überträgt, dessen Lösungsvorschlag dem

  • Wohl des Kindes

besser gerecht wird (§ 1697a BGB). 

So der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), der mit Beschluss vom 03.05.2017 – XII ZB 157/16 – in einem Fall, in dem Eltern uneinig darüber waren, 

  • ob bei ihrem Kind eine sog. Standard- oder Routineschutzimpfung (gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps und Röteln) durchgeführt werden soll,

entschieden hat, dass die Entscheidungsbefugnis über die Impffrage dem Elternteil, der die Impfung des Kindes 

  • entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (im Folgenden: STIKO)

befürwortet, jedenfalls dann übertragen werden kann, 

  • wenn bei dem Kind keine besonderen Impfrisiken vorliegen.

Begründet ist dies vom Senat damit worden, dass aufgrund der 

  • als medizinischer Standard anerkannten Empfehlungen der STIKO 

davon ausgegangen werden kann, dass 

  • der Nutzen der Impfungen 
  • deren Risiken 

überwiegt.

Wichtig zu wissen für gemeinsam sorgeberechtigte, aber getrennt lebende Eltern, wenn sie eine Kindesangelegenheit

…. unterschiedlich regeln wollen. Wer darf dann wann was entscheiden?

Leben Eltern, 

  • denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht,

nicht nur vorüber getrennt, hat der Elternteil, bei dem sich das Kind 

  • mit Einwilligung des anderen Elternteils oder 
  • auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung 

gewöhnlich aufhält, 

  • nach § 1687 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in 

  • Angelegenheiten des täglichen Lebens
  • d.h. in solchen Angelegenheiten, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.

Hält sich das Kind 

  • mit Einwilligung dieses Elternteils oder 
  • auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung 

bei dem 

  • anderen 

Elternteil auf, hat 

  • dieser solange 

die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der 

  • tatsächlichen Betreuung (§ 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB). 

Ist allerdings eine Einzelangelegenheit zu regeln, die für das Kind von 

  • erheblicher Bedeutung 

ist,

  • was beispielsweise der Fall ist, wenn es geht, 
    • um eine Änderung des Familiennamens bei dem gemeinsamen Kind, 
    • um die Durchführung einer Schutzimpfung bei dem gemeinsamen Kind oder
    • um eine Urlaubsreise mit dem gemeinsamen Kind in einen vor Anschlägen nicht sicheren Staat,   

ist hierfür das

  • gegenseitige Einvernehmen der Eltern 

erforderlich (§ 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB). 

Ist bei der Regelung einer Einzelangelegenheit, 

  • die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, 

eine Entscheidung im gegenseitigen Einvernehmen

  • nicht möglich,
  • können sich die Eltern also nicht einigen, 

kann jeder der Elternteile 

  • beim Familiengericht nach § 1628 Satz 1 BGB 

beantragen, dass ihm die Entscheidung in dieser Angelegenheit übertragen wird. 

Das Familiengericht darf in einem solchen Fall 

  • nicht die Entscheidung anstelle der Eltern treffen,

sondern hat dann den im Rahmen der Sorgerechtsausübung aufgetretenen Konflikt der Eltern dadurch zu lösen, dass es

  • entweder die gegenseitige Blockierung der Eltern durch Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil überträgt
  • oder durch Zurückweisung des Antrags die Angelegenheit beim gegenwärtigen Zustand belässt   

wobei sich die vom Gericht zu treffende Entscheidung gemäß §1697 a BGB nach 

  • dem Kindeswohl 

richtet, 

Übrigens:
In der Zeit der Corona-Pandemie können Entscheidungen, die 

  • vor der Pandemie noch als alltägliche Entscheidungen 

angesehen worden sind, jedenfalls temporär 

  • erhebliche Bedeutung 

gewinnen und somit nunmehr der Zustimmung beider Elternteile bedürfen, wie beispielsweise die Entscheidung 

Ehemalige Lebenspartnerin der Kindsmutter kann nach der Trennung auch gegen deren Willen Umgangsrecht mit

…. während der Lebenspartnerschaft geborenen Kindern bekommen. 

Mit Beschluss vom 05.10.2020 – 2 UF 185/19 – hat der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Fall, in dem während einer Lebenspartnerschaft im Wege von 

  • beiden Lebenspartnerinnen gemeinsam beschlossener 

Fremdinseminationen die Kindsmutter zwei Söhne geboren hatte, 

  • die nach der Trennung der Lebenspartnerinnen bei ihr verblieben waren, 

entschieden, dass die ehemalige Lebenspartnerin der Kindsmutter 

  • auch gegen den Willen der Kindsmutter

ein Recht auf regelmäßigen Umgang mit den Söhnen hat.

Wie der Senat ausgeführt hat, gilt, weil 

  • anders als bei einem Kind, das in einer Ehe geboren wird, 

zwischen einem Kind und einer eingetragenen Lebenspartnerin, die nicht die Kindesmutter ist, keine rechtliche Eltern-Kind-Beziehung begründet wird,

  • vielmehr eine solche nach den geltenden Vorschriften ausschließlich durch eine Adoption herbeigeführt werden kann,

für das Umgangsrecht der ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter nach einer Trennung die Vorschrift des § 1685 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nach der sie als „sozialer“ Elternteil den Umgang (nur) dann verlangen kann, wenn 

  • sie als Bezugsperson zu qualifizieren ist und 
  • der Umgang dem Kindeswohl dient. 

Diese Voraussetzungen lagen in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nach Auffassung des Familiensenats vor, der das damit begründete, dass 

  • im Rahmen eines Zusammentreffens der ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter und der Kinder bei Gericht deutlich erkennbar war, dass 

die ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter für beide Kinder eine enge Bezugsperson darstellt, sie 

  • während der Lebenspartnerschaft 

durch die Betreuung der Kinder tatsächliche Verantwortung für diese übernommen hatte und der Umgang,

  • weil dadurch die Bindung zu der ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter erhalten 
  • sowie den Kindern ermöglicht wird, im Sinne einer Identitätsfindung Klarheit über ihre Familienverhältnisse sowie über ihre eigene Herkunft und Entstehung zu erlangen, an der die Lebenspartnerin maßgeblich beteiligt gewesen ist, 

auch dem Kindeswohl dient (Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig).

LG Frankfurt entscheidet: Reiseveranstalter muss 5-jährigem Kind wegen vertaner Urlaubsfreude Entschädigung zahlen

Mit Urteil vom 05.12.2019 – 2-24 S 50/19 – hat die 24. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main entschieden, dass ein Anspruch auf 

  • angemessene Entschädigung wegen vertaner Urlaubsfreude nach § 651n Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)  

auch 

  • einem zum Reisezeitpunkt 5-jährigen Kind zustehen kann, 

jedoch nicht 

  • einem zum Reisezeitpunkt erst 2-jährigen Kind.   

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem Eltern für sich und ihre 2 und 5 Jahre alten Kinder 

  • einen Urlaub in einer Clubanlage im Ausland gebucht hatten und

der Reiseveranstalter wegen Vereitelung der Reise

  • von allen 4 Familienmitgliedern 

auf Zahlung von Schadensersatz wegen vertaner Urlaubsfreude verklagt worden war, hat die Kammer 

  • den Klagen der Eltern und ihres 5-jährigen Kindes stattgegeben, 
  • die Klage des 2-jährigen Kindes dagegen abgewiesen.   

Dass neben den Eltern 

  • auch ihrem 5-jährigen Kind, 
  • nicht dagegen ihrem 2-jährigen Kind 

ein Entschädigungsanspruch wegen vertaner Urlaubsfreude nach § 651n Abs. 2 BGB zusteht, hat die Kammer damit begründet, dass 

  • ein Urlaub in einer Clubanlage in einem fremden Land 

von einem 5-jährigen Kind 

  • als etwas „Besonderes“ nicht nur wahrgenommen, sondern beispielsweise wegen des besonderen Essens, der verschiedenen ausgedehnten Spielmöglichkeiten usw. auch erlebt wird und 
  • der Erlebniswert (nicht zwangsläufig der Erholungswert) dieser Urlaubszeit auch für Kinder dieses Alters bei einer Reisevereitelung eingeschränkt ist,

während der gesetzgeberische Zweck, entgangene Urlaubsfreuden als immateriellen Schaden auszugleichen, bei einem erst 2-jährigen Kind deswegen (noch) nicht zum Tragen kommt, weil in diesem Alter 

  • die Nähe zu den Eltern, nicht der Ort, an dem die Nähe erlebt wird, im Vordergrund steht und
  • ein Urlaub als solcher gar nicht bewusst wahrgenommen wird.

Was Eltern eines behinderten Kindes, die ein Testament errichten wollen, wissen sollten

Eltern eines behinderten Kindes können mit einem 

  • sog. Behindertentestament 

die Nachlassverteilung durch 

  • eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie 
  • einer mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen Dauertestamentsvollstreckung 

so gestalten, dass das Kind 

  • zwar Vorteile aus dem Nachlassvermögen erhält, 
  • die Sozialhilfeträger auf dieses aber nicht zurückgreifen können, 
    • weil ein der dauerhaften Testamentsvollstreckung unterliegender Nachlass kein verwertbares Vermögen i.S.v. § 90 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ist.

Ein solches Testament ist, 

  • auch wenn die Eltern sehr vermögend sind,

nicht sittenwidrig, sondern 

Durch die angeordnete (Dauer)Testamentsvollstreckung wird dabei die Verfügungsbefugnis des behinderten Kindes gemäß § 2211 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eingeschränkt. 

  • Demgemäß können sich Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlassgläubigern gehören, nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände halten, § 2214 BGB. 

In den Verwaltungsanweisungen kann der Erblasser bestimmen, 

  • für welche Zwecke (etwa als Taschengeld, für Urlaubsreisen, Besuche von Verwandten, Ausflüge usw.) 
  • welche Mittel (in welcher Höhe beispielsweise pro Jahr)

dem behinderten Kind aus seinem Erbteil vom Testamentsvollstrecker zur Verfügung gestellt werden soll (dazu, dass die einem in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe Untergebrachten testamentarisch zugewiesenen Mittel aus einem sogenannten Behindertentestament der Gewährung des Barbetrages gemäß § 27b Abs. 2, 3 SGB XII bei Zweckidentität entgegen stehen können, vgl. Sozialgericht (SG) Stuttgart, Entscheidung vom 05.06.2019 – S 11 SO 4131/17 –).

  • Darauf, dass der Testamentsvollstrecker die vom Erblasser getroffenen Verwaltungsanordnungen im Sinne des § 2216 Abs. 2 BGB umsetzt, hat das Kind als Erbe einen durchsetzbaren Anspruch.

Der 10. Zivilsenat des OLG Hamm hat beispielsweise mit Urteil vom 27.10.2016 –10 U 13/16 – in einem Fall, in dem 

  • ein behindertes Kind in einem Behindertenwohnheim lebte und 
  • im Rahmen der stationären Eingliederungshilfe staatliche Sozialleistungen erhielt, 

ein von den Eltern errichtetes privatschriftliches gemeinschaftliches Testament für wirksam erachtet, in dem diese 

bestimmt hatten, dass   

  • „dieses zu einem Anteil des 1,1 fachen seines Pflichtteils nach dem Tod eines Elternteils jeweils nicht befreiter Vorerbe werden soll,
  • für diese Erbteile des behinderten Kindes jeweils Dauertestamentsvollstreckung bis zum Eintritt des Nacherbfalls angeordnet wird, 
    • der Testamentsvollstrecker dem behinderten Kind nur so viele Mittel – zur Finanzierung persönlicher Interessen und Bedürfnisse – zur Verfügung stellen soll, dass ihm andere Zuwendungen, insbesondere staatliche Leistungen nicht verloren gehen, 
    • wenn Zuwendungen des Testamentsvollstreckers gegen dessen Willen insbesondere auf staatliche Leistungen angerechnet werden sollten, er seine Zuwendungen einzustellen und
    • das behinderte Kind keinen Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses sowie von Nachlassgegenständen und Nachlasserträgen hat“. 

Zwar kann auch in einem solchen Fall 

  • das behinderte Kind bzw. ein für Erbangelegenheiten des Kindes bestellter Pfleger durch Ausschlagung der durch die Testamentsvollstreckung und die Nacherbfolge beschränkten Erbschaft 

den Pflichtteilsanspruch erhalten (vgl. § 2306 BGB) und dadurch dem Sozialhilfeträger den Zugriff auf den Pflichtteilsanspruch eröffnen. 

  • Eine solche Ausschlagung muss jedoch nicht erfolgen und es besteht auch keine Verpflichtung hierzu.

Haben Sie Fragen hierzu? Der Rechtsanwalt Ihres Vertrauens wird Ihnen diese gerne beantworten.

Was für gemeinsam sorgeberechtige, getrennt lebende Eltern in der Zeit der Corona-Pandemie zu wissen wichtig ist

Mit Urteil vom 30.07.2020 – 2 UF 88/20 – hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Fall in dem 

  • Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zustand und 

der eine Elternteil 

  • der von dem anderen Elternteil getrennt lebte,

in den Ferien eine Flugreise 

  • nach Mallorca 

mit dem gemeinsamen Kind gebucht hatte,

  • hiermit der andere Elternteil aber nicht einverstanden war, 

entschieden, dass 

  • in der Zeit der Corona-Pandemie

für Flugreisen mit dem Kind ins Ausland 

  • gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). 

das gegenseitige Einvernehmen der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern erforderlich ist.

Dass in der Zeit der Corona-Pandemie es sich bei einer Flugreise mit dem gemeinsamen Kind ins Ausland um eine Angelegenheit 

  • von erheblicher Bedeutung 

für das Kind handelt und nicht mehr, 

um eine Angelegenheit des täglichen Lebens gemäß § 1687 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB, 

  • die der Alleinentscheidungskompetenz des Elternteils unterfällt, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung aufhält,   

hat der Senat damit begründet, dass die Ausbreitung von Covid-19, 

  • auch wenn keine Reisewarnung für das Urlaubsziel besteht, weiterhin 

zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens führen kann, Lockerungen der Beschränkungen nur auf Probe erfolgt seien und bezüglich eines gebuchten Rückfluges keine Planungsverlässlichkeit gewährleistet sei, so dass, 

  • sollte es erneut zu staatlich notwendigen Reaktionen auf Ausbrüche des Virus kommen, 

die Gefahr längerer Quarantänen oder eines Festsitzens im Ausland bestehe, 

  • was zu einer erheblichen Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kindes führen könne 

und es überdies weiterhin Unsicherheiten über die Infektionswege des Coronavirus gebe, 

Das bedeutet: 

  • Eine Flugreise ins Ausland muss in der Zeit der Corona-Pandemie durch beide sorgeberechtigten Elternteile gemeinsam entschieden werden.
  • Können gemeinsam sorgeberechtigte Eltern sich nicht einigen, kann gemäß § 1628 Satz 1 BGB, §§ 49 ff. FamFG jeder der beiden Elternteile beim Familiengericht beantragen, ihm die diesbezügliche alleinige Entscheidungsbefugnis zu übertragen.  
  • Das Familiengericht darf in einem solchen Fall nicht die Entscheidung anstelle der Eltern treffen, sondern nur einem Elternteil die Entscheidungskompetenz übertragen, wobei sich die vom Gericht zu treffende Entscheidung gemäß §1697 a BGB nach dem Kindeswohl richten muss, also dem Elternteil die Entscheidungskompetenz zu übertragen ist, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird (Bundesgerichtshofs (BGH), Beschluss vom 09.11.2016 – XII ZB 298/15 –).

Übrigens:
Hingewiesen wird auch auf unseren Blog

Corona-Pandemie: Wichtig zu wissen für Eltern, deren Kind über einen Kita-Platz verfügt, die Kita aber

…. wegen der Corona-Pandemie noch nicht wieder besuchen kann. 

Mit Beschluss vom 17.06.2020 – RO 14 S 20.1002 – hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Regensburg auf Antrag der Eltern eines über einen Kindergartenplatz verfügenden vierjährigen Kindes, 

  • das derzeit wegen der anlässlich der Corona-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege den Kindergarten nicht besuchen kann, 
  • weil es nicht unter die in der Allgemeinverfügung vorgesehenen Ausnahmen fällt,

im vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass die Allgemeinverfügung aufgrund der 

  • die regulären Betreuungsangebote an allen gebäudebezogenen Kindertageseinrichtungen (noch bis 30.06.2020) grundsätzlich entfallen, 

nicht mehr verhältnismäßig ist und dem Antrag der Eltern 

  • auf Zulassung ihres Kindes zum Kindergartenbesuch 

stattgegeben.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass 

  • die Corona-Pandemie zwar noch keinesfalls überstanden und 
  • Schutzmaßnahmen weiterhin erforderlich seien, 

das in der Allgemeinverfügung 

  • verfügte Entfallen der regulären Betreuungsangebote und 
  • das Verbot des Betretens von Kindertageseinrichtungen, 

angesichts

  • der langen Dauer der Schließung sowie des gegenwärtigen Infektionsgeschehens und
  • der nicht ihrem Gewicht entsprechenden Berücksichtigung der Rechte des Kindes und seiner Eltern,

voraussichtlich als nicht mehr verhältnismäßig anzusehen seien und somit im Infektionsschutzgesetz keine hinreichende gesetzliche Grundlage mehr finde,

  • zumal auch weniger einschneidende Maßnahmen, wie Verhaltens- und Hygieneregeln, geeignet und derzeit ausreichend seien, das Infektionsrisiko einzudämmen und die Ziele der Allgemeinverfügung zu erreichen (Quelle: Pressemitteilung des VG Regensburg).  

Wichtig zu wissen für Eltern, wenn nach der Scheidung das gemeinsame Kind anstelle des Nachnamens des einen Elternteils, den es

…. während der Ehe getragen hat, 

  • den Nachnamen des anderen Elternteils erhalten soll und 
  • der Elternteil, dessen Nachnamen das Kind trägt, mit der Namensänderung nicht einverstanden ist.

Mit Beschluss vom 12.11.2019 – 3 UF 145/19 – hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem ein Kind, 

  • das nach der Scheidung der Eltern bei dem Vater und dessen neuer Ehefrau in deren Haushalt lebte, 

den Nachnamen des Vaters bekommen wollte,

  • die Mutter, deren Nachnamen das Kind während der Ehe trug, damit aber nicht einverstanden war,

darauf hingewiesen, dass die Zustimmung des seine Zustimmung zur Namensänderung verweigernden Elternteils (§ 1618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) nur gerichtlich ersetzt werden kann, wenn 

  • zwischen diesem Elternteil und dem Kind eine tragfähige Beziehung nicht mehr besteht 
    • – weil andernfalls, also bei einer noch bestehenden tragfähigen Beziehung zwischen dem Kind und dem Elternteil, dessen Zustimmung ersetzt werden soll, eine Namensänderung grundsätzlich ausscheidet –

und

  • dem Kind durch die Annahme des neuen Namens nicht nur Unannehmlichkeiten erspart werden, sondern 

die Annahme des neuen Namens (Einbenennung) zum Wohl des Kindes erforderlich ist, 

  • um konkret drohende Schäden von dem Kind abzuwenden, 
  • etwa weil die Namensdifferenz für das Kind psychisch außerordentlich belastend ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

In einem anderen Fall, in dem eine 

  • in zweiter Ehe verheiratete 

Mutter 

  • einer minderjährigen Tochter aus erster Ehe sowie 
  • einer weiteren Tochter aus zweiter Ehe 

wollte, dass ihre Tochter aus der ersten Ehe, 

  • ebenso wie sie und ihre Tochter aus zweiter Ehe, 

den Familiennamen ihres zweiten Ehemannes trägt und sie

  • nachdem von ihrem geschiedenen Mann, der schon seit Jahren keinen Kontakt mehr mit seiner Tochter hatte, die nach § 1618 Satz 3 BGB dazu nötige Einwilligung verweigert worden war,    

beantragt hatte, 

  • seine Einwilligung in die sog. Einbenennung zu ersetzen, 

hat der 1. Familiensenat des OLG Frankfurt mit Beschluss vom 18.12.2019 – 1 UF 140/19 –  entschieden, dass die Voraussetzung für die gerichtliche Ersetzung der Einwilligung des Vaters erfüllt ist, da

  • die Tochter ausdrücklich eine Namensänderung wünscht,
  • für sie die Namensverschiedenheit mit ihrer Mutter und ihrer Halbschwester außerordentlich belastend ist, 
  • sie mit ihrem Vater keinen Kontakt mehr hat, 

und deswegen hier 

  • die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Erforderlich zum Wohl des Kindes ist die Einbenennung danach 

  • bei jedenfalls außerordentlichen Belastungen des Kindes im Einzelfall, 

die (auch) dann, 

  • wenn die Namensänderung für das Kind solche Vorteile mit sich bringt, dass eine Aufrechterhaltung des Namensbandes zum anderen Elternteil nicht zumutbar erscheint,  

gegeben sind.

OLG Celle verurteilt 8-jähriges Kind zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an eine

…. von dem Kind beim Fahrradfahren verletzte Fußgängerin.

Mit Urteil vom 19.02.2020 – 14 U 69/19 – hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle ein 8-jähriges Kind, weil es beim Fahrradfahren auf einer Strandpromenade in einer Stadt,

  • über einen längeren Zeitraum nach hinten zu seinen in Sicht- sowie Rufweite zu Fuß gehenden Eltern zurückgeschaut hatte, deswegen

auf eine entgegenkommende Fußgängerin zugefahren und diese,

  • bei dem Versuch dem Kind auszuweichen,

gestürzt war und sich dabei verletzt hatte, zur Zahlung von

  • Schadensersatz und Schmerzensgeld

an die Fußgängerin verurteilt.

Begründet hat der Senat dies damit, dass, falls die Verantwortlichkeit von Kindern für anderen zugefügte Schäden nicht nach § 828 Abs. 1 oder Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) deswegen ausgeschlossen ist, weil

  • sie entweder noch keine 7 Jahre alt oder
  • noch keine 10 Jahre alt waren und es sich gehandelt hat um einen bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn dem anderen nicht vorsätzlich zugefügten Schaden,

Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 17 Jahren haftbar sind für solche Schäden, die sie einem anderen zufügen, wenn

  • sie bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besitzen,
  • wozu die Fähigkeit genügt, zu erkennen, dass sie in irgendeiner Weise für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen werden können

und dem hier

  • altersgemäß entwickeltem sowie
  • bereits seit seinem 5. Lebensjahr regelmäßig und auch im Straßenverkehr Fahrrad fahrendem

8-jährigen Kind

  • bewusst gewesen sei, dass es während der Fahrt nach vorne schauen und nicht über einen längeren Zeitraum nach hinten blicken darf,
  • es die Gefährlichkeit dieses Handelns für auf der Promenade befindliche Fußgänger hätte erkennen sowie sich dieser Erkenntnis gemäß verhalten müssen

und

  • das fehlerhafte Verhalten des Kindes auch nicht aufgrund einer plötzlich auftretenden Situation reflexhaft ausgelöst worden sei (wie z.B. das Nachlaufen hinter einem Ball auf die Fahrbahn).

Übrigens:
Eine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern,

  • die noch versucht hatten, ihr Kind durch Rufe zu warnen

lag nach Auffassung des Senats nicht vor, so dass Schadens- und Schmerzensgeldanspruch der verletzten Fußgängerin

  • gegen die Eltern des Kindes

nicht bestehen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle).

Was Eltern, die für ihr Kind einen Betreuungsplatz in einer Kita mit erweiterten Öffnungszeiten benötigen, wissen sollten

Mit Beschluss vom 05.02.2020 – 12 B 1324/19 – hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entschieden, dass Kinder im Alter von einem Jahr bis drei Jahren, die

  • wegen der Arbeitszeit ihrer Eltern

auf einen Betreuungsplatz

  • mit Betreuungszeiten bis mindestens 18:00 Uhr angewiesen sind,

aber,

  • weil in der einzigen wohnortnahen Kindertageseinrichtung mit entsprechenden Öffnungszeiten kein Platz mehr Verfügung steht,

auf eine andere Tageseinrichtung mit Betreuungszeiten lediglich bis 16:30 Uhr verwiesen werden, weder Anspruch haben darauf,

  • dass die Kapazität der Tageseinrichtung mit den Öffnungszeiten bis 18:00 Uhr erhöht wird,

noch darauf,

  • dass das Betreuungsangebot der zugewiesenen Kindertageseinrichtung von 16.30 Uhr auf 18.00 Uhr ausgeweitet wird.

Dies hat der Senat damit begründet, dass der Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung,

  • auch wenn diesem im Grundsatz nicht entgegengehalten werden könne, dass die Kapazitäten erschöpft seien,

nicht beinhalte,

  • dass die Öffnungszeiten an die jeweiligen individuellen Bedürfnisse angepasst werden müssen,

sondern lediglich,

  • dass von dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein auf den Gesamtbedarf beschränktes Angebot von Betreuungsplätzen vorzuhalten sei.

Wichtig zu wissen für Eltern in diesem Zusammenhang ist aber auch Folgendes, das ihnen möglicherweise helfen könnte:
Der Senat erachtet es nämlich nicht für ausgeschlossen, dass

  • zur Abdeckung eines individuellen Bedarfs und
  • zur Betreuung des Kindes in Randzeiten,

Eltern

  • neben einer Kita

auch (zusätzlich) die Kindertagespflege in Anspruch nehmen können,

  • die als Form der frühkindlichen Förderung nach der gesetzlichen Konzeption gleichrangig neben der Kindertagespflege steht (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle).