Tag Mietrecht

Ist auch ein überhöhter Kaltwasserverbrauch des Mieters mit einer Nebenkostenpauschale abgegolten?

Ist in einem Mietvertrag für die Nebenkosten eine Pauschale vereinbart, kann der Vermieter grundsätzlich keine gesonderte Forderung geltend machen, wenn der Kaltwasserverbrauch des Mieters

  • in einem Jahr deutlich höher ist als in den anderen Jahren oder
  • deutlich höher ist als bei den übrigen Mietern.

Nur dann, wenn ein Mieter

  • auf Kosten des Vermieters und nicht mehr gerechtfertigt durch eine übliche Nutzung das Kaltwasser über die Maßen in Anspruch nimmt und
  • er hierbei schuldhaft gehandelt – beispielsweise den Vermieter über einen erkannten Defekt nicht unverzüglich informiert – hat,

steht dem Vermieter ein Schadensersatzanspruch zu.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 27.02.2015 – 411 C 17290/14 – in einem Fall entschieden, in dem der überhöhte Kaltwasserverbrauch eines Mieters auf einen defekten Spülkasten in der Toilette der Mietwohnung zurückzuführen war (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 27.05.2016 – 41/16 –).

Darf ein Wohnungsmieter auf dem Balkon der Wohnung eine Parabolantenne installieren?

Das Amtsgericht (AG) München hat mit Urteil vom 22.10.2015 – 412 C 11331/15 – darauf hingewiesen, dass

  • das Aufstellen einer Parabolantenne auf dem Balkon ein zulässiger Mietgebrauch ist, wenn dadurch die Rechte des Vermieters nicht nennenswert beeinträchtigt werden und

in einem Fall,

  • in dem ein Wohnungsmieter auf dem Balkon der im 5. Stock eines Hochhauses gelegenen Wohnung eine Parabolantenne installiert und
  • der Vermieter vom Mieter mit der Begründung, dass er das Breitbandkabelnetz benutzen, über das Internet ausländische Sender empfangen sowie sein Informationsbedürfnis ausreichend über andere Informationsmedien abdecken könne und durch die Parabolantenne das Haus baulich und optisch beeinträchtige werde, die Entfernung der Parabolantenne verlangt hatte,

die Klage des Vermieters abgewiesen, nachdem das AG durch die Inaugenscheinnahme von Fotos festgestellt hatte,

  • dass die Antenne ohne Substanzverletzung nach innen in den Balkon hinein in der Art von Blumenkästen befestigt worden war,
  • die Antennenschüssel in der Fassadenfront nur mit Mühe wahrnehmbar ist und
  • der Gesamteindruck der Fassade durch die Parabolantenne für den Betrachter nur in vernachlässigender Weise gestört wird.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 06.05.2016 – 36/16 – mitgeteilt.

Nicht immer müssen Wohnungsmieter geplante Modernisierungsmaßnahmen dulden

Soll Mieter wegen der vorzunehmenden Arbeiten aus der Wohnung ausziehen kann dieser Umstand der Duldungspflicht entgegenstehen.

Plant ein Vermieter umfassende Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen mit einer Bauzeit von zwölf Monaten muss ein Mieter diese dann nicht dulden, wenn er

  • aufgrund des Umfangs der in Aussicht genommenen Arbeiten
  • monatelang nicht in seiner Wohnung verbleiben kann.

Darauf hat die 65. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin mit Urteil vom 17.02.2016 – 65 S 301/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein Vermieter den Mieter einer großen Wohnung mit ca. 166 m² auf Duldung von umfangreichen Arbeiten in Anspruch nehmen wollte.

Zwar ist, wie die Kammer ausgeführt hat, ein Wohnungsmieter nach §§ 555b, 555c, 555d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) grundsätzlich verpflichtet, vom Vermieter rechtzeitig angekündigte Modernisierungsmaßnahmen zu dulden.

Wird vom Mieter allerdings wegen der vorzunehmenden Arbeiten

  • nicht nur die Räumung einzelner Zimmer für einen Zeitraum von einigen wenigen Wochen verlangt,
  • sondern das Verlassen seiner gesamten Wohnung für mehrere Monate,

kann dies für den Mieter eine auch unter Würdigung der in § 555d Abs. 2 BGB genannten Interessen und Belange nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten, die, wenn sie vom Mieter innerhalb der Frist des § 555d Abs. 3 BGB geltend gemacht wird, der Duldungspflicht entgegenstehen kann.
Denn das Mietrecht schützt den vertragstreuen Mieter vor einem vollständigen, auch zeitlich beschränkten Entzug der Wohnung, die als privater Rückzugsbereich besondere Bedeutung für ihn hat, weitreichend und erlaubt dies nur im Ausnahmefall (Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Berlin vom 22.04.2016).

Kann Vermieter ein Mietverhältnis wegen Überbelegung der Wohnung kündigen?

Amtsgericht (AG) München verurteilt Familie zur Räumung, weil die vom Familienvater angemietete Wohnung für die Familie zu klein war.

Zwar ist ein Mieter grundsätzlich berechtigt seine Kinder und seinen Ehegatten in die Wohnung aufzunehmen.
Allerdings darf dadurch keine Überbelegung eintreten, die nach einer Faustregel dann (noch) nicht vorliegt, wenn

  • auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils ca. 12 qm entfällt oder
  • durchschnittlich 10 qm pro Person bei der Unterbringung von Familien gegeben sind.

Sind diese Richtwerte unterschritten, liegt

  • eine Überbelegung der Wohnung vor,

die, wenn der Mieter auf entsprechende Aufforderung des Vermieters die in der Wohnung lebenden Personen nicht reduziert,

  • den Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigen kann und
  • zwar auch dann, wenn die eigenen Kinder des Mieters der Grund für die Überbelegung sind.

Darauf hat das AG München mit Urteil vom 29.04.2015 – 415 C 3152/15 – hingewiesen und einer Räumungsklage des Vermieters, mit einer Räumungsfrist von allerdings fünf Monaten, in einem Fall stattgegeben, in dem

  • der beklagte Familienvater am 10.02.2011 in München für eine monatliche Kaltmiete von 270 Euro eine Erdgeschoßwohnung mit einem Wohnraum, einer Küchenzeile, einem Bad mit Toilette und einem Kellerabteil angemietet hatte, bei der die Wohnfläche 25,88 Quadratmeter betrug, wovon auf den Wohnraum etwa 16 Quadratmeter entfielen,
  • aufgrund der geringen Größe der Wohnung er laut Mietvertrag nicht berechtigt war, abgesehen von der Ehefrau, eine weitere Person auf Dauer in die Wohnung aufzunehmen und
  • in der Wohnung dann aber nicht nur er mit seiner Ehefrau, sondern auch mit seinen 2010 und 2013 geborenen Kindern lebte.

Dass der Vermieter zur ordentlichen Kündigung berechtigt war, begründete das AG damit, dass

  • nach den obigen Richtwerten bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags sowie Einzug mit Frau und einem Kind in die Wohnung eine Überbelegung vorgelegen habe, die durch das 2013 geborene Kind nur noch erhöht worden sei,
  • nunmehr auf jedes der vier in der Einzimmerwohnung lebenden Familienmitglieder gerade einmal rund 4 Quadratmeter Wohnfläche komme, also die Richtwerte weit unterschritten seien und

der Mieter durch diese Überbelegung der Wohnung gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen habe (Quelle: Pressemitteilung des Amtsgerichts München vom 22.04.2016 – 32/16 –).

Wenn Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB mit einem beigefügten Gutachten begründet wird

Der Pflicht des Vermieters zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens nach § 558 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist im Falle der Beifügung eines Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigens nach § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB grundsätzlich Genüge getan,

  • wenn das Gutachten Angaben über Tatsachen enthält, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet wird, und
  • zwar in einem Umfang, der es dem Mieter gestattet, der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest ansatzweise selbst überprüfen zu können.

 

Der Sachverständige muss somit

  • eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffen und
  • die zu beurteilende Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordnen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 12.12.2007 – VIII ZR 11/07 – und vom 19.05.2010 – VIII ZR 122/09 –).

 

Dagegen führen etwaige kleinere Mängel des Gutachtens nicht zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens aus formellen Gründen und eine Darstellung über die Entwicklung der Mieten in den letzten vier Jahren muss das Gutachten auch nicht enthalten.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 03.02.2016 – VIII ZR 69/15 – hingewiesen.

Wie der Senat ausgeführt hat, dient die Begründung des Mieterhöhungsverlangens nämlich nicht dazu,

  • bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen oder
  • dem Mieter ein etwaiges Prozessrisiko abzunehmen.

 

Vielmehr soll das Begründungserfordernis den Mieter lediglich in die Lage versetzen,

  • der Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens nachzugehen und
  • dieses zumindest ansatzweise nachzuvollziehen (BGH, Beschluss vom 08.04.2014 – VIII ZR 216/13 – und Urteil vom 28.03.2012 – VIII ZR 79/11 –).

 

Sind bei Wohnraummiete die Kosten der Pflege von Außenanlagen umlagefähige Betriebskosten?

Betriebskosten, die durch Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter auf den Mieter übertragen werden können, sind nach § 556 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten

  • durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder
  • durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks

 

laufend entstehen.

Danach gehören zu den umlagefähigen Betriebskosten auch die Kosten die anfallen für die Beseitigung einer Verunreinigung von Garten- oder Rasenflächen (als Kosten der Gartenpflege), wobei es unerheblich ist,

  • ob Verunreinigungen, die der Vermieter im Rahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundstücks beseitigen lässt, durch Mieter oder Dritte verursacht worden sind,
  • ob das Verhalten des Mieters oder des Dritten als „rechtswidrige Handlung“ zu qualifizieren ist und
  • ob solche Verunreinigungen nur gelegentlich oder in unregelmäßigen Abständen anfallen,

 

da eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks eine regelmäßige Pflege der Außenanlagen sowie eine wiederkehrende Beseitigung von Müll voraussetzt und zwar auch von dem, für den Dritte verantwortlich sind (vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.01.2010 – VIII ZR 137/09 –)

Allerdings können die Kosten der Pflege für Garten- oder Parkflächen dann nicht als Betriebskosten den Wohnraummietern angelastet werden, wenn diese  

  • durch bauplanerische Bestimmungen oder
  • durch den Vermieter selbst (was ggf. nach dem Gesamteindruck, aus der Sicht eines verständigen Dritten zu beurteilen ist),

 

für die Nutzung der Öffentlichkeit gewidmet sind.

Denn liegt eine derartige Widmung zugunsten der Öffentlichkeit vor,

  • so dass jedermann die Nutzung von zu einer Wohnanlage gehörenden Flächen gestattet ist,
  • unabhängig davon, ob er eine Wohnung in der Wohnanlage angemietet hat,

 

fehlt bzw. geht der erforderliche Bezug zur Mietsache, der über das in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltene Merkmal des bestimmungsgemäßen Gebrauchs für die Umlegung von Betriebskosten vorausgesetzt ist, verloren.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.02.2016 – VIII ZR 33/15 – hingewiesen.

 

Betriebskosten in der Wohnraummiete – Wie können sie auf den Mieter übertragen werden?

In der Wohnraummiete genügt zur Übertragung der Betriebskosten auf den Mieter die – auch formularmäßige – Vereinbarung,

  • dass dieser „die Betriebskosten“ zu tragen hat.
  • Auch ohne Beifügung des Betriebskostenkatalogs oder ausdrückliche Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und die Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003 (BGBl. I. S. 2347) ist damit die Umlage der in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB definierten und in der Betriebskostenverordnung erläuterten Betriebskosten vereinbart.

 

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 10.02.2016 – VIII ZR 137/15 – hingewiesen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der Begriff der Betriebskosten seit langem gesetzlich definiert und durch die Aufzählung der einzelnen Betriebskostenarten in einer hierzu ergangenen Verordnung und dem darin enthaltenen Betriebskostenkatalog erläutert ist.
Zudem ist es auch – sowohl im preisfreien als auch im preisgebundenen Wohnraum – seit Jahrzehnten allgemein üblich, in Mietverträgen die Umlage sämtlicher Betriebskosten zu vereinbaren und abzurechnen, die nach den genannten Definitionen umlagefähig sind.
Angesichts dessen bedarf der Begriff der „Betriebskosten“ in der Wohnraummiete grundsätzlich keiner Erläuterung oder Aufschlüsselung, da er als bekannt vorausgesetzt werden kann und für den durchschnittlichen Mieter hinreichend klar und verständlich (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ist.

Nach Auffassung des Senats

  • erscheint die Möglichkeit, dass der Verwender sich ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume verschaffen könnte, angesichts der gesetzlichen Definition und Aufzählung der einzelnen Betriebskostenarten im Betriebskostenkatalog ausgeschlossen und
  • käme eine andere Beurteilung allenfalls dann in Betracht, falls durch Zusätze oder weitere Bestimmungen im Mietvertrag unklar würde, ob „die Betriebskosten“ im Sinne sämtlicher umlegbarer Betriebskosten oder nur einzelner Betriebskostenarten gemeint sind.

 

Unbefugte Überlassung der Mietwohnung kann den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigen

Der Vermieter kann einem Mieter, der eine Wohnung gemietet und erklärt hat, in diese einziehen zu wollen, fristlos kündigen, wenn

  • der Mieter in die Wohnung nicht selbst einzieht,
  • sondern diese ohne Erlaubnis des Vermieters an dritte Personen überlässt.

 

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 29.09.2015 – 432 C 8687/15 –hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die Beklagten die gemietete Wohnung nicht selbst genutzt,
  • sondern in dieser regelmäßig immer wieder mehrere sogenannte Medizintouristen aus dem arabischen Raum untergebracht hatten,

 

entschieden,

  • dass die, wegen dieser unbefugten Gebrauchsüberlassung an Dritte, vom Vermieter erklärte außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt war und die Beklagten die Wohnung räumen müssen.

 

Wie das AG ausgeführt hat stellt eine solche (gewerbliche oder auch nicht gewerbliche) Überlassung der Mieträume an Dritte einen derart schwerwiegenden Pflichtverstoß dar, dass dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 19.02.2016 – 15/16 – mitgeteilt.

 

Die sich zu Lasten eines Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind nach ihrem

  • objektiven Inhalt und
  • typischen Sinn

 

einheitlich so auszulegen, wie sie

  • von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 03.12.2014 – VIII ZR 224/13 – und vom 09.04.2014 – VIII ZR 404/12 –).
     

Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18.07.2012 – VIII ZR 337/11 –; vom 17.04.2013 – VIII ZR 225/12 – und vom 09.04.2014 – VIII ZR 404/12 –).

Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist

  • in erster Linie ihr Wortlaut (vgl. BGH, Urteile vom 18.07.2007 – VIII ZR 227/06 –; vom 08.04.2009 – VIII ZR 233/08 – und vom 17.04.2013 – VIII ZR 225/12 –).

 

Legen die Parteien allerdings der Klausel übereinstimmend eine von ihrem objektiven Sinn abweichende Bedeutung bei, ist diese maßgeblich (vgl. BGH, Urteile vom 16.06.2009 – XI ZR 145/08 – und vom 29.05.2009 – V ZR 201/08 –).

Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten

  • Zweifel verbleiben und
  • zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind,

 

kommt die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Anwendung (BGH, Urteile vom 05.05.2010 – III ZR 209/09 –; vom 09.05.2012 – VIII ZR 327/11 – und vom 03.12.2014 – VIII ZR 224/13 –).

  • Hierbei bleiben allerdings Verständnismöglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kommen (BGH, Urteile vom 05.05.2010 – III ZR 209/09 –; vom 09.05.2012 – VIII ZR 327/11 – und vom 18.07.2012 – VIII ZR 337/11 –).

 

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 20.01.2016 – VIII ZR 152/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • in einer von einem Vermieter in einem Wohnraummietvertrag gestellten Formularklausel bestimmt war,
  • dass „….. spätestens am 30. Juni eines jeden Jahres über die vorangegangene Heizperiode abzurechnen ist…….“,

 

entschieden, dass

  • diese Klausel, bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze, nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass ihr im Fall einer verspäteten Abrechnung eine Ausschlusswirkung zukommt.  

 

Wenn ein Wohnungsmietvertrag zwei Mieter ausweist, aber nur von einem unterschrieben ist

Bei einem schriftlichen Mietvertrag kommt es bei einer Personenmehrheit auf Mieterseite grundsätzlich darauf an,

  • wer im Kopf der Vertragsurkunde als Mieter aufgeführt ist und
  • wer den Vertrag unterzeichnet hat.

Ist ein schriftlicher Wohnraummietvertrag, der im Kopf der Vertragsurkunde zwei volljährige Mieter ausweist, nur von einem Mieter  – ohne ausdrücklichen Vertretungszusatz etwa durch „i.V.“ –  unterschrieben,

  • verbietet sich der rechtliche Schluss auf ein Vertreterhandeln des die Unterschrift leistenden Mieters, wenn es nach den Umständen des Sachverhalts ebenso plausibel ist, dass die Einholung der zweiten Unterschrift schlicht vergessen wurde.
  • In einem solchen Fall fehlt es an der erforderlichen Annahmeerklärung desjenigen, der den Vertrag nicht unterzeichnet hat, was zur Folge hat, dass dieser nicht als (Mit-)mieter Vertragspartei des Vermieters geworden ist.

Darauf hat das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 11.12.2015 – 10 S 112/15 – hingewiesen.

Ob auch derjenige, der den Mietvertrag nicht unterschrieben hat, Vertragspartei des Mietvertrags geworden ist, bestimmt sich, wie das LG ausgeführt hat, nach den allgemeinen Regeln der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung, §§ 164 ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB (Handeln (auch) in fremdem Namen und Vertretungsmacht).

Demzufolge muss ein Vermieter, der Ansprüche aus dem Mietvertrag gegen die im Mietvertrag genannte Person geltend machen will, die den Vertrag nicht unterzeichnet hat, zunächst schlüssig vortragen,

  • welche Tatsachengrundlage den Schluss rechtfertigen kann, dass der Mieter, der den Vertrag unterzeichnet hat,
  • diesen konkludent zugleich auch im Namen des anderen geleistet hat.

In den Fällen, in denen im Kopf der Vertragsurkunde beispielsweise Eheleute als Mieter aufgeführt sind, wird mitunter angenommen, dass der andere Ehegatte auch ohne eigene Unterschrift Vertragspartei wird, wenn

  • der Unterzeichnende den Mietvertrag zugleich als bevollmächtigter Vertreter des anderen Ehegatten unterzeichnet (§ 164 BGB) oder
  • der Unterzeichnende als vollmachtloser Vertreter gehandelt hat und der andere Ehegatte dieses Handeln in der Folgezeit genehmigt (§§ 177 Abs. 1, 182, 184 BGB).

Fehlt es hieran, kommt der Vertrag

  • entweder gar nicht oder
  • – falls dem Vermieter die Zahl seiner Vertragspartner gleichgültig ist – nur mit einem Ehegatten zustande.

Auch wird bei der Wohnungsmiete die Auffassung vertreten, dass der unterzeichnende Ehegatte

  • zugleich in Vertretung und
  • mit Vollmacht des anderen Ehegatten unterschrieben hat,
    • was insbesondere dann gelten soll, wenn bei den Vertragsverhandlungen deutlich wird, dass beide Ehegatten Mieter werden sollen, und
    • wenn insbesondere auch der nicht unterzeichnende Teil an den Vertragsverhandlungen beteiligt worden ist.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Frage für die Wohnungsmiete soweit erkennbar noch nicht entschieden, allerdings im Urteil vom 07.05.2008 – XII ZR 69/06 – u.a. ausgeführt, dass bei formbedürftigen Mietverträgen über Gewerberäume und bei formbedürftigen Pachtverträgen die Schriftform nur gewahrt ist, wenn die Urkunde erkennen lässt, dass der unterschreibende Ehegatte zugleich im Namen des anderen tätig geworden ist.
Für Wohnungsmietverträge wird deshalb auch die Ansicht vertreten, dass sich auch hier die Vertretungsabsicht aus der Vertragsurkunde selbst ergeben muss, etwa durch den Zusatz „i.V.“. Anderenfalls könne der Zweck der Schriftform nicht erreicht werden, weil Unklarheit darüber bestehe, wer Vertragspartner geworden sei.
Für die Annahme einer Vertretungssituation bestehe nur dann eine Vermutung, wenn eine typische Vertretungssituation vorliege, wenn etwa ein Ehegatte aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert sei.