Tag Neuwagen

Dieselgate: Was Käufer, die (irgendwann) einen vom sog. Dieselskandal betroffenen Neuwagen erworben haben, wissen sollten, vielen, 

…. insbesondere dann, wenn ihr Kauf schon Jahre zurückliegt, jedoch nicht bekannt sein dürfte. 

Fahrzeugsteller, die Dieselfahrzeuge mit von ihnen entwickelten Motoren ausgestattet haben, die über eine Software verfügen, die erkennt, 

  • ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird 

und in diesem Fall so auf die Motorsteuerung einwirkt, dass der Stickoxidausstoß

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Dieselgate: Wichtig zu wissen für Käufer eines vom Dieselskandal betroffenen Neuwagens, deren Ansprüche aus § 826 BGB

…. verjährt sind und die den Kaufvertrag unmittelbar mit dem Fahrzeughersteller geschlossen haben.

Sie jedenfalls können von dem Fahrzeughersteller gemäß § 852 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch jetzt noch Ersatz ihres Restschadens verlangen.

Mit Urteil vom 25.06.2021 – 12 O 406/20 – hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken in einem Fall, in dem ein Käufer 

  • unmittelbar

bei einem Fahrzeughersteller einen Neuwagen erworben hatte und dem Käufer,  

  • weil die Motorsteuerungssoftware des Fahrzeugs vom Fahrzeughersteller bewusst und gewollt so programmiert worden war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand, nicht jedoch im Straßenbetrieb eingehalten wurden, 

wegen dieser vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, 

  • aufgrund Inverkehrbringens eines Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung,

gegen den Fahrzeughersteller ein Schadensersatzanspruch 

  • aus §§ 826, 31 BGB 

zustand, entschieden, dass dann,

  • wenn dieser Anspruch des Fahrzeugkäufers auf Schadensersatz aus §§ 826, 31 BGB nach §§ 195, 199 I BGB verjährt ist, 
  • diesem Anspruch vom Fahrzeughersteller also mit Erfolg die Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) entgegengehalten werden kann,  

der Fahrzeughersteller dem Fahrzeugkäufer 

  • Restschadensersatz nach § 852 Satz 1 BGB 

schuldet (so auch das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg mit Urteilen vom 22.04.2021 – 14 U 225/20 – und vom 02.03.2021 – 12 U 161/20 – sowie das OLG Stuttgart mit Urteil vom 09.03.2921 – 10 U 339/20 –).

Der Anspruch aus § 852 BGB, nach dem

  • ein Ersatzpflichtiger, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat 
    • – so wie hier den Geldbetrag den der Fahrzeughersteller, der gleichzeitig auch der Fahrzeugverkäufer war, aufgrund des Kaufvertrages erhalten hat – 
  • auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet ist,

wird begrenzt,

  • zum einen durch die Höhe des auf Kosten des Geschädigten erlangten Etwas sowie 
  • zum anderen durch die Höhe des verjährten Anspruchs 
    • – hier aus § 826 BGB –

und verjährt erst in zehn Jahren von seiner Entstehung an.

Das bedeutet,

  • auch nach Verjährung ihres Anspruchs aus § 826 BGB,

haben Fahrzeugkäufer,

  • die ihr Neufahrzeug vom Hersteller erworben haben und 
  • von diesem vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sind,   

nach § 852 BGB Anspruch auf (Rück-)Zahlung des Kaufpreises,

  • abzüglich der gezogenen Nutzungen, Zug um Zug gegen (Rück)Übereignung des Fahrzeugs bzw.,
  • sofern das Fahrzeug weiterveräußert wurde, unter Anrechnung des erzielten Verkaufspreises.

Dieselgate: Verkäufer eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeuges kann zur Ersatzlieferung eines Neuwagens der Folgegeneration

…. verpflichtet sein.

Darauf hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln hingewiesen und mit Urteil vom 02.04.2020 – 18 U 60/19 – in einem Fall, in dem ein Käufer

  • bei einem Autohaus

einen neuen PKW VW Touran

  • der ersten Generation

erworben hatte, in dem eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut war,

  • aufgrund der das Fahrzeug lediglich im Testmodus die gesetzlichen Vorgaben für Abgase erfüllte,
  • nicht aber im Betriebsmodus,

entschieden, dass das Autohaus den,

  • wegen des Fahrzeugmangels nach §§ 434 Abs. 1 Nr. 1, 437 Nr.1, 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestehenden

Anspruch des Käufers auf Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs

  • durch Lieferung eines Nachfolgemodells erfüllen kann und ggf. muss,

wenn

Begründet hat der Senat dies damit,

  • dass Nachfolgemodelle, da diese in der Regel technisch fortschrittlicher seien, von Fahrzeugkäufern als nacherfüllungstauglich angesehen würden,
  • dass auch dann, wenn Ausstattungsmerkmale des ursprünglich erworbenen Fahrzeuges nicht zur Serienausstattung des Nachfolgemodells gehören, dies nicht bedeute, dass die Beschaffung eines so ausgestatteten Fahrzeuges grundsätzlich nicht möglich sei

und dass sich das Autohaus darauf,

  • dass die Kosten für die Ersatzbeschaffung eines Nachfolgemodells gegenüber der Nachbesserung durch Aufspielen eines Software-Updates unverhältnismäßig im Sinne von § 439 Abs. 4 BGB seien,

nicht berufen könne, da

  • nicht ausgeschlossen werden könne, dass mit dem Software-Update Folgeprobleme verbunden seien, wie sie derzeit jedenfalls in der Fachöffentlichkeit diskutiert würden und somit

die grundsätzliche Geeignetheit des Software-Updates zur Mangelbeseitigung nicht feststehe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Ein erworbener neuer PKW wird schon nach 6 Wochen und 3300 km nicht mehr als Neuwagen angesehen

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 10.04.2018 – 9 U 5/18 – hingewiesen.

Danach kann,

  • wenn ein neu erworbenes Fahrzeug bei einem Unfall, 6 Wochen nach der Erstzulassung und mit einer Laufleistung von 3.291 km zum Unfallzeitpunkt, beschädigt und
  • in der Folgezeit zu dem im Gutachten ermittelten Netto-Restwert unrepariert veräußert wird,

der Geschädigte,

  • auch bei einer hinreichend erheblichen Beschädigung seines Fahrzeugs

den entstandenen Fahrzeugschaden

  • nicht mehr auf Neuwagenbasis abrechnen,
  • sondern nur noch auf Wiederbeschaffungsaufwandsbasis,

so dass in einem solchen Fall der Geschädigte

  • nur noch die Differenz zwischen dem Netto-Wiederbeschaffungswert zum Zeitpunkt des Unfalls und dem Netto-Restwert ersetzt verlangen kann.

Der Geschädigte erhält dann also, selbst wenn der Unfallgegner zu 100 % für den Unfallschaden aufzukommen hat, im Wege des Schadensersatzes (nur mehr) die Mittel zur Beschaffung eines mit dem beschädigten Fahrzeug vergleichbaren unfallfreien Fahrzeugs und hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten für die Anschaffung eines höherwertigen Neufahrzeuges.

Dieselgate – LG Hamburg entscheidet: Händler muss manipuliertes Dieselfahrzeug gegen mangelfreien typengleichen Neuwagen eintauschen

…. und zwar auch dann, wenn der Käufer zwischenzeitlich im Zuge der Rückrufaktion das Software-Update hat aufspielen lassen.

Mit (allerdings noch nicht rechtskräftigem) am 07.03.2018 verkündetem Urteil – 329 O 105/17 – hat die 29. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Hamburg einen Autohändler, der dem Kläger einen VW Tiguan verkauft hatte,

  • in dem vom Hersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 eingebaut worden war,
    • die erkannte, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird oder sich auf der Straße befindet und
    • bewirkte, dass bei der Messung der Stickoxidwerte auf dem Prüfstand weniger Stickoxide ausgestoßen wurden als im normalen Fahrbetrieb auf der Straße,

verurteilt, dem Kläger,

  • Zug um Zug gegen Rückübereignung dieses mangelhaften Fahrzeugs,

ein mangelfreies, fabrikneues, typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung, wie der gekaufte VW Tiguan, nachzuliefern.

Dass der Kläger, trotz des zwischenzeitlich aufgespielten Software-Updates, diesen Anspruch auf Nacherfüllung hat, hat die Kammer u.a. damit begründet, dass,

  • weil sich der Hersteller eines unzulässigen Abschaltmechanismus für die Messung der Stickoxid-Werte unter Prüfbedingungen bedient hatte, mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) war,
  • dieser Mangel durch das Aufspielen des Software-Updates, da auch danach jedenfalls ein deutlicher Fahrzeugminderwert verbleibt, nicht ausreichend beseitigt wird,
  • eine Nacherfüllung durch Neulieferung eines Fahrzeugs nicht unverhältnismäßig und
  • durch Überlassung eines Fahrzeugs der aktuellen Baureihe des Tiguan eine Nachlieferung auch möglich ist.

Autokäufer sollten wissen was unter „Neu/Tageszulassung“ und „Werkskilometer“ zu verstehen ist

Wer bei einem Händler einen PKW kauft, kann, wenn im Kaufvertrag bzw. der Auftragsbestätigung

  • als Erstzulassung „Neu/Tageszulassung“ und
  • als Kilometerstand „Werkskilometer“

festgehalten ist,

  • aufgrund der Angabe „Tageszulassung“ davon ausgehen,
    • dass das Fahrzeug bis zur Übergabe nur auf einen Handelsbetrieb zugelassen gewesen ist und
    • die Zulassungsdauer bei maximal 30 Tagen gelegen hat,
      • weil Fahrzeuge mit Tageszulassungen nur formal auf einen Händler zugelassen, aber nicht im Straßenverkehr bewegt werden, so dass sie weiter als Neuwagen angesehen werden können

sowie

  • aufgrund der Angabe „Werkskilometer“ davon,
    • dass das Fahrzeug nach der Produktion nur auf dem Werksgelände gefahren wurde,
    • um daran noch letzte Tests und Abstimmungen vorzunehmen,
      • weil „Werkskilometer“ die zu diesem Zweck zurückgelegte Fahrstrecke bezeichnet, die allerdings auch einige 100 km betragen kann, ohne dass die Neuwageneigenschaft infrage gestellt wird.

Entspricht ein geliefertes Fahrzeug nicht diesen vereinbarten Beschaffenheitsmerkmalen,

  • weil es beispielsweise schon 11 Monate vor Abschluss des Kaufvertrags erstmals zum Straßenverkehr zugelassen, seitdem als Leasingfahrzeug genutzt worden ist und eine Laufleistung von 1.412 km aufweist,

ist es mangelhaft und berechtigt den Käufer

  • zum Rücktritt vom Kaufvertrag oder
  • zur Minderung des Kaufpreises.

Darauf hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 18.05.2017 – 28 U 134/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 14.06.2017).