Tag Persönlichkeitsrecht

Wann liegt eine Meinungsäußerung und wann eine Tatsachenbehauptung vor?

Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage und insbesondere bedeutsam, wenn darüber gestritten wird, ob einem Betroffenen Unterlassungsansprüche aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog zustehen.

  • Während die Zulässigkeit einer Tatsachenbehauptung von deren Wahrheit abhängt,
  • sind Meinungsäußerungen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) geschützt und deshalb nicht schon dann unzulässig,
    • wenn sie das Persönlichkeitsrecht eines anderen verletzten,
    • sondern nur dann, wenn der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des anderen rechtswidrig ist, was davon abhängt, ob die in einem solchen Fall vorzunehmende Abwägung des durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Interesses des Betroffenen am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht auf Meinungsfreiheit ergibt, dass das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 15.09.2015 – VI ZR 175/14 –; vom 28.07.2015 – VI ZR 340/14 – und vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 –).

 

Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert.
Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt.

  • Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist.
  • Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. BGH, Urteile vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14 – und vom 28.07.2015 – VI ZR 340/14 –).

 

Sofern eine Äußerung,

  • in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen,
  • durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist,

 

wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt.
Das gilt insbesondere dann, wenn

  • eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. BGH, Urteile vom 29.01.2002 – VI ZR 20/01 –; vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14 –; vom 28.07.2015 – VI ZR 340/14 – und vom 24.01.2006 – XI ZR 384/03 –).

 

Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (BGH, Urteil vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14 –).

  • Die zutreffende Einstufung einer Äußerung als Wertung oder Tatsachenbehauptung setzt die Erfassung ihres Sinns voraus (vgl. BGH, Urteile vom 11.03.2008 – VI ZR 7/07 –; vom 22.09.2009 – VI ZR 19/08 – und vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14 –).

 

Bei der Sinndeutung ist von dem Verständnis auszugehen, das ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum dem Begriff unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs zumisst (BGH, Urteil vom 11.03.2008 – VI ZR 7/07 –).
Dabei ist die Äußerung stets in dem Zusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. BGH, Urteile vom 30.01.1996 – VI ZR 386/94 –; vom 27.05.2014 – VI ZR 153/13 – und vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14 –).

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.01.2016 – VI ZR 302/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein Verein, der sich für Belange des Tierschutzes einsetzt, auf seiner Internetseite, verbunden mit der Darstellung der Haltungsbedingungen von Tieren, eine Bank aufgefordert hatte, das Konto eines Interessenverbandes der Tierzüchter zu kündigen,

 

entschieden,

  • dass diese Aufforderung ein mit einer Meinungsäußerung verbundener zulässiger Boykottaufruf sein kann.

 

Darf man auf seinem Grundstück eine Überwachungskamera anbringen?

Die Herstellung von Bildnissen einer Person, insbesondere die Filmaufzeichnung mittels einer Videokamera, auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, etwa auf einem öffentlichen Weg, kann einen unzulässigen Eingriff in das von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen gemäß Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auch geschütze Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen, selbst wenn keine Verbreitungsabsicht besteht, wobei die Frage, ob ein derartiger rechtswidriger Eingriff anzunehmen ist, nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer die (verfassungs-) rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigenden Güter- und Interessenabwägung beantwortet werden kann.

Der Schutzbereich des Grundrechts auf informatielle Selbstbestimmung umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen.

Bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss deshalb sichergestellt sein, dass

  • weder der angrenzende öffentliche Bereich
  • noch benachbarte Privatgrundstücke oder
  • der gemeinsame Zugang zu diesen

 

von den Kameras erfasst werden, außer

 

Die Befugnis, den eigenen räumlichen Bereich mit Videokameras zu überwachen, steht in verfassungsrechtlicher Hinsicht unter dem Schutz des Eigentumsgrundrechts des Art. 14 I GG.
Deshalb ist eine Videoüberwachung zulässig,

  • die sich auf den eigenen privaten Bereich der überwachenden Person beschränkt,
  • der nur für diese selbst (und ggf. für ihre Familienangehörigen) zugänglich ist.

 

Ein Eigentümer eines von ihm selbst bewohnten Einfamilien-Wohnhauses darf deshalb eine Überwachungskamera installieren, sofern diese ausschließlich auf sein eigenes Grundstück gerichtet ist.

Allerdings kann auch bei der Ausrichtung von Überwachungskameras allein auf das eigene Grundstück des Grundstückseigentümers das Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigt sein.

  • Dies ist dann der Fall, wenn Dritte eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen.
  • Eine solche Befürchtung ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarstreit oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Umstände.

 

Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch eine Videokamera beeinträchtigt das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, hingegen nicht. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteile vom 16.03.2010 – VI ZR 176/09 – und vom 21.10.2011 – V ZR 265/10 –).

Liegt ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter vor und ergibt die vorzunehmende Abwägung, dass das Interesse des Betreibers der Anlage das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen nicht überwiegt, hat der Betroffene einen Anspruch auf Unterlassung bzw. Beseitigung (vgl. auch AG Brandenburg, Urteil vom 22.01.2016 – 31 C 138/14 – zu Grenzen und Zulässigkeit der Videoüberwachung im Nachbarrecht; AG Lemgo, Urteil vom 24.02.2015 – 19 C 302/14 – dazu, wann bei Installation einer Videoüberwachungsanlage auf dem Nachbargrundstück ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorliegt; AG München, Urteil vom 20.03.2015 – 191 C 23903/14 – wonach die Videoüberwachung des privaten Grundstückseingangs und eines schmalen Gehwegstreifens unmittelbar davor in der Regel dann nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der zufällig miterfassten Passanten verletzt, wenn Sachbeschädigungen an dem Anwesen stattgefunden haben, weil in einem solchen Fall die Interessen des Grundstückeigentümers am Schutz seines Eigentums das allgemeine Persönlichkeitsrecht der zufällig miterfassten Passanten überwiegen; LG Berlin, Urteil vom 23.07.2015 – 57 S 215/14 – zum Anspruch auf Beseitigung einer auf dem Nachbargrundstück installierten Videokamera, wenn hierdurch eine Überwachung ernsthaft befürchtet werden muss; AG Dinslaken, Urteil vom 05.03.2015 – 34 C 47/14 – zum Beseitigungsanspruch gegen die Installation von sog. Dome-Videoüberwachungskameraattrappen an einem Nachbarhaus; AG Frankfurt, Urteil vom 14.01.2015 – 33 C 3407/14 (93) – dazu, dass die Anbringung der Attrappe einer Video-Überwachungskamera im Eingangsbereich eines Wohnhauses das allgemeinen Persönlichkeitsrechts der in dem Haus wohnenden Mieter verletzt; AG Neukölln, Urteil vom 16.07.2014 – 20 C 295/13 – sowie AG Köpenick, Urteil vom 27.08.2013 – 2 C 7/13 – dass ein Mieter in einer Mehrhausanlage keinen Anspruch auf Beseitigung einer im Fahrradkeller installierten Videokamera hat, wenn er keinen Anspruch auf Nutzung des Fahrradkellers hat).

 

Hat der Erbe eines Verstorbenen Anspruch auf Zugang zu dessen Facebook-Account?

Die Eltern einer minderjährig Verstorbenen können als deren Erben von Facebook die Zugangsdaten zu dem Benutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter herausverlangen.

Das hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin mit Urteil vom 17.12.2015 in einem Fall entschieden,

  • in dem die Tochter der Klägerin mit 15 Jahren unter ungeklärten Umständen durch eine in einen Bahnhof einlaufende U-Bahn tödlich verletzt worden war,
  • vom Fahrer der U-Bahn, die die Verstorbene erfasst hatte, gegen die Erben Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche wegen Verdienstausfalls geltend gemacht worden waren und
  • Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook) der Klägerin, die sich erhoffte, über den Facebook-Account ihrer Tochter und die dort ausgetauschten Nachrichten und Posts mehr über den Tod ihrer Tochter zu erfahren, insbesondere auch, ob es sich um einen Selbstmord gehandelt haben könnte, die Zugangsdaten zu dem in einen Gedenkzustand versetzten Account verweigert hatte.

 

Auf die von der Klägerin gegen Facebook erhobenen Klage verurteilte die 20. Zivilkammer des LG Berlin Facebook dazu, den Eltern der Verstorbenen, als deren Erben, Zugang zu dem Benutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter und dessen Kommunikationsinhalten zu gewähren.

Diese (noch nicht rechtskräftige) Entscheidung ist von der Kammer u.a. damit begründet worden,

  • dass ein zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossener Vertrag wie jeder andere schuldrechtliche Vertrag auf die Erben übergehe,
  • eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des „analogen“ Vermögens des Erblassers nicht gerechtfertigt sei, da dies dazu führen würde, dass persönliche Briefe und Tagebücher unabhängig von ihrem Inhalt vererblich wären, E-Mails oder private Facebook-Nachrichten hingegen nicht,
  • auch das Datenschutzrecht keine andere Beurteilung gebiete, da vertrauliche Briefe, die ein Dritter verschickt habe, nach dem Tod des Empfängers von den Erben gelesen werden können, ohne dass ein Eingriff in die Rechte dieser Dritten vorliege und für digitale Daten nichts Anderes gelte sowie ferner
  • weder schutzwürdige Interessen von Facebook noch das postmortale Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen einer Zugangsgewährung entgegenstünden, nachdem Erziehungsberechtige für den Schutz des Persönlichkeitsrechtes ihrer minderjährigen Kinder, auch nach deren Ableben zuständig und jedenfalls dann, wenn besondere Umstände wie hier die ungeklärte Todesursache der Tochter vorliegen, die Eltern als Erben berechtigt seien, sich Kenntnis darüber zu verschaffen, was ihre Tochter im Internet geäußert hat.

 

Auf die Gedenkzustands-Richtlinie, wie sie Facebook vor 2014 verwandt hat, konnte sich Facebook nicht berufen, weil diese nach Ansicht der Kammer wegen unangemessene Benachteiligung der Nutzer bzw. deren Erben unwirksam ist.

Das hat die Pressestelle des Kammergerichts Berlin am 07.01.2016 mitgeteilt.

 

Wenn ein Partner vom anderen intime Bildaufnahmen auf elektronischen Speichermedien besitzt

Fertigt im Rahmen einer intimen Beziehung ein Partner vom anderen mit dessen Einverständnis intime Bild- oder Filmaufnahmen,

  • kann dem Abgebildeten gegen den anderen nach dem Ende der Beziehung ein Löschanspruch wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zustehen,
  • wenn er seine Einwilligung in die Anfertigung und Verwendung der Aufnahmen auf die Dauer der Beziehung – konkludent – beschränkt hat.

 

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 13.10.2015 – VI ZR 271/14 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der Beklagte während einer intimen, mittlerweile aber beendeten Liebesbeziehung mit der Klägerin von dieser zahlreiche Bild- und Filmaufnahmen erstellt hatte, auf denen diese unbekleidet und teilweise bekleidet sowie vor, während und nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten zu sehen ist und die sich auf elektronischen Speichermedien des Beklagten befinden,

 

entschieden, dass der Klägerin hinsichtlich der Aufnahmen mit Intimbezug Löschungsansprüche aus § 823 Abs. 1, § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) zustehen.

Begründet hat der Senat die Entscheidung u.a. damit,  

  • dass bei der Klägerin, da sie die fraglichen Aufnahmen in intimsten Situationen zeigen, aus dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ihr Recht auf Bildnisschutz und – mit diesem verknüpft – ihre absolut geschützte Intimsphäre berührt sind und
  • dass über die bloße Berührung des Schutzbereichs hinaus ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin – in seiner bildnis- und Intimsphäre schützenden Funktion – darin liegt, dass der Beklagte die Verfügungsmacht über die vorbeschriebenen, die Klägerin zeigenden Aufnahmen gegen deren Willen weiterhin ausübt.

 

Zwar könne, wie der Senat weiter ausgeführt hat, der Schutz des Persönlichkeitsrechts entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von sich aus öffnet, be- stimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt.
Denn niemand kann sich auf den Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BGH, Urteile vom 26.05.2009 – VI ZR 191/08 –; vom 25.10.2011 – VI ZR 332/09 – und vom 20.12.2011 – VI ZR 261/10 –).

So liegt der Fall aber nicht, wenn eine Frau nicht der Öffentlichkeit sondern nur dem Partner Einblick in ihre Intimsphäre gewährt bzw. ihm Aufnahmen zum Teil selbst überlassen hat und diese Einwilligung konkludent begrenzt auf die Dauer ihrer Beziehung zu dem Partner war.
Eine Einwilligung kann nämlich grundsätzlich im privaten Bereich konkludent und auch formlos beschränkt oder unbeschränkt erteilt werden, die Beschränkung kann etwa in räumlicher oder zeitlicher Hinsicht oder im Hinblick auf einen bestimmten Zweck oder für bestimmte Medien erfolgen, wobei die Reichweite einer Einwilligung durch Auslegung nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln ist (vgl. zu § 22 Satz 1 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG) BGH, Urteil vom 28.09.2004 – VI ZR 305/03 –).

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt,

  • dass die Bilder im privaten Bereich und nur im Rahmen dieser Liebesbeziehung ohne vertragliche Vereinbarungen und unentgeltlich entstanden, nur zu persönlichen bzw. privaten Zwecken gefertigt und nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt waren und
  • die Einwilligung in die Nutzung zeitlich auf die Dauer der zwischen den Parteien bestehenden Beziehung beschränkt war.

 

„No-Reply“ Bestätigungsmails mit Werbezusätzen müssen nicht geduldet werden

Mit Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15 – hat der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen,

  • dass gegen den erklärten Willen eines Verbrauchers übersandte E-Mail Schreiben mit werblichem Inhalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen.

 

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte ein Verbraucher beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit ihm, dem Kläger, ohne sein Einverständnis per E-Mail Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, weil er,

  • nachdem er sich ursprünglich mit der Bitte um Bestätigung einer von ihm ausgesprochenen Kündigung per E-Mail an die Beklagte gewandt,
  • von dieser eine automatisierte Antwort mit darin enthaltener Werbung erhalten,
  • daraufhin beanstandet hatte, dass die automatische Antwort Werbung enthalten habe, mit der er nicht einverstanden sei und
  • auf diese Beanstandung sowie eine nachfolgende Sachstandsanfrage hin, von der Beklagten erneut automatische Empfangsbestätigungen mit wiederum darin enthaltener Werbung bekommen hatte.

 

Der VI. Zivilsenat des BGH hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz auf die Sachstandsanfrage des Klägers diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt habe, weil sie gegen seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt sei.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 16.12.2015 – Nr. 205/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn in Internetbewertungsportalen Ärzte von Patienten bewertet werden

Bringt ein Patient im Internet auf einem Bewertungsportal für Ärzte

  • seine Unzufriedenheit bezüglich einer durchgeführten Arztbehandlung
  • in Form einer Meinungsäußerung, die keine schwerwiegende Auswirkung auf das Persönlichkeitsrecht des Arztes hat, zum Ausdruck,

 

hat der Arzt keinen Anspruch darauf, dass die veröffentlichte Patientenbewertung von dem Bewertungsportal gelöscht wird.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Beschluss vom 11.08.2015 – 161 C 7001/15 – hingewiesen und entschieden, dass in einem solchen Fall

  • das Recht auf Kommunikationsfreiheit der Portalbetreiberin gemäß Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG),
  • das Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung, das heißt das Recht, selbst zu bestimmen, was über einen verbreitet wird, überwiegt.

 

Begründet hat das AG dies damit,

  • dass ein Bewertungsportal in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit im Sinne von Art. 5 GG einbezogen ist und die Pflicht zur Löschung von Einträgen dessen Tätigkeit in nicht unerheblicher Weise einschränken würde,
  • während ein Arzt
    • durch die Meinungsäußerung eines Patienten, mit der dieser seine Unzufriedenheit bezüglich einer durchgeführten Arztbehandlung zum Ausdruck bringt, nur in seiner beruflichen Sozialsphäre berührt wird,
    • in diesem Bereich sich jeder einzelne wegen der Auswirkungen, die seine Tätigkeit für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch die breite Öffentlichkeit und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen muss und
    • im Rahmen der Sozialsphäre Meinungsäußerungen mit negativen Sanktionen nur im Falle von schwerwiegenden Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verknüpft werden können, wie beispielsweise im Fall von Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung oder wenn der Betroffene dadurch an den Pranger gestellt wird.

 

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 11.12.2015 – 84/15 – mitgeteilt.

 

Wenn von Videokamera auf privatem Grundstück auch ein öffentlicher Bereich erfasst wird

Bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem privaten Grundstück muss, da durch die Aufzeichnung einer Person mit einem Videogerät in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Person eingegriffen werden kann, grundsätzlich sichergestellt sein, dass

  • weder der öffentliche Bereich,
  • noch das private Nachbargrundstück oder
  • der gemeinsame Zugang hierzu erfasst werden.

 

Dies gilt nur dann nicht, wenn der Aufsteller der Videokamera

  • ein höherrangiges Interesse an der Überwachung geltend machen kann.

 

Wird von einer von dem Grundstückseigentümer angebrachten Kamera neben dem privaten Grundstückseingang auch ein schmaler Streifen des Gehwegs vor dem Grundstück erfasst, kann ein solches höherrangiges Interesse des Grundstückseigentümers beispielsweise dann bestehen, wenn an seinem Haus, ohne dass der Täter ermittelt werden konnte, mutwillig Fensterscheiben beschädigt worden sind und die Videokamera deshalb von ihm angebracht worden ist.
In einem solchen Fall wird das Interesse des Aufstellers der Kamera am Schutz seines Eigentums überwiegen und deshalb in der Regel das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Passanten nicht verletzt werden.

Allerdings kann ein Anspruch auf Entfernung einer von einem Grundstückseigentümer angebrachten Kamera dann bestehen, wenn eine Person, beispielsweise ein Nachbar,

  • ernsthaft befürchten muss, mit der Videokamera überwacht zu werden und
  • dies (auch) mit ausreichenden Tatsachen belegen kann.   

 

Die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung allein, reicht dazu nicht aus.  

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 20.03.2015 – 191 C 23903/14 – hingewiesen und in einem Fall, in dem die Klägerin von ihrem Nachbarn, dem Beklagten, die Entfernung einer Videokamera verlangt hatte,

  • die den Eingangsbereich des Grundstücks des Beklagten und einen schmalen Streifen des Gehwegs vor ihrem Grundstück erfasste und
  • die von dem Beklagten am Dachgauben-Fenster seines Hauses angebracht worden war, weil an seinem Haus, ohne dass der Täter ermittelt werden konnte, mutwillig eine Fensterscheibe beschädigt worden war,

 

entschieden, dass die Kamera nicht entfernt werden muss.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts am 27.11.2015 – 80/15 – mitgeteilt. 

 

Wegen Veröffentlichung von pornografischen Fotomontagen im Internet

Ein Mann muss seiner Schwägerin, wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts, 15.000,- € Schmerzensgeld zahlen, weil er im Internet Fotomontagen veröffentlicht hatte, auf denen das Gesicht seiner Schwägerin und die teil- oder vollständig entblößten Körper nackter Frauen in pornografischen Posen zu sehen waren.

Das hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 02.03.2015 – 5 O 3400/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Klägerin, nachdem sie darauf aufmerksam gemacht worden war, dass pornografische Darstellungen ihrer Person auf verschiedenen Websites im Internet veröffentlicht seien, ihren Schwager, den Beklagten, verdächtigt und gegen ihn Strafanzeige erstattet sowie Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben.

Konkrete Beeinträchtigungen infolge der pornografischen Internetveröffentlichung  (z.B. Telefonanrufe oder Klingeln an der Haustür), die ein 15.000,- € übersteigendes Schmerzensgeld hätten rechtfertigen können, waren der Klägerin (glücklicherweise) erspart geblieben.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 19.10.2015 mitgeteilt.

 

Wenn Fotos ohne Namensnennung des Fotografen ins Internet gestellt werden

Wer eine Fotografie eines anderen nutzt, indem er sie ins Internet einstellt, muss grundsätzlich auch den Fotografen nennen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 24.06.2015 – 142 C 11428/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein Profi-Fotograf für ein Honorar von knapp 1000 Euro von einem Hotel im Auftrag von dessen Geschäftsführer 19 Fotografien gemacht,

  • der Geschäftsführer nachfolgend davon 13 auf der Webseite des Hotels sowie auf sechs Hotelportalseiten im Internet verwendet hatte,
  • ohne den Namen des Fotografen zu nennen und

 

von dem Fotografen daraufhin die Unterlassung sowie Schadensersatz verlangt und nachdem das Hotel lediglich auf seiner Internetseite den Fotografenhinweis ergänzte, aber die Zahlung von Schadensersatz ablehnte, Klage auf Schadensersatz erhoben hatte.

Das AG verurteilte das Hotel zur Zahlung von 655,96 Euro an den Fotografen und begründete die Verurteilung damit, dass das Hotel dadurch, dass es die Fotos auf der eigenen Internetseite öffentlich zugänglich gemacht hatte, gegen das Namensnennungsrecht des Fotografen verstoßen hat.

  • Das Recht zu bestimmen, ob die Fotos mit seiner Namensnennung zu versehen sind oder nicht, steht nämlich nach § 13 des Gesetzes über die Urheberrechte und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz-UrhG) allein dem Fotografen zu und
  • auf dieses Recht hatte der Fotograf bei dem Vertragsschluss mit dem Hotel weder verzichtet, da die Einräumung der „unbeschränkten Nutzungsrechte“ einen solchen Verzicht nicht beinhaltet,
  • noch hatte das Hotel eine abweichende Übung in der Branche von dem Namensnennungsrecht nachweisen können.

 

Daher hätte das Hotel prüfen und sich erkundigen müssen, ob die Bilder ohne Nennung des Fotografen benutzt werden dürfen.

Die Höhe des dem Fotografen durch die Nutzung der Fotografien ohne seine Namensnennung entstandenen Schadens bestimmte das Gericht, indem es von dem vereinbarten Honorar für die Nutzung der 19 Bilder ausging und den davon auf die 13 Bilder entfallenden Teilbetrag ansetzte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München – 62/15 – mitgeteilt.

 

Dürfen Fotos von Personen ohne deren Einwilligung von der Presse veröffentlicht werden?

Ob Bildveröffentlichungen zulässig sind oder wegen der Veröffentlichung ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 1004 und § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG) besteht,

 

Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG).

Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn

  • das Bild dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) oder
  • einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist, es sich also handelt, um Bilder auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG), um Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) bzw. um Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG)

 

und

  • berechtigte Interessen des Abgebildeten, oder falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

 

Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, eine Abwägung

  • zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 8 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) einerseits und
  • den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits vorzunehmen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 19.06.2007 – VI ZR 12/06 –).

 

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 21.04.2015 – VI ZR 245/14 – hingewiesen und in einem Fall, in dem die Klägerin den Herausgeber einer Zeitung wegen unzulässiger Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch genommen hatte,

  • das im Rahmen einer Berichterstattung über einen bekannten Fußball-Star in einer Print-Ausgabe der Zeitung, den Fußball-Star am Strand von El Arenal auf Mallorca und im Hintergrund sie, die Klägerin, in Badekleidung (Bikini) auf einer Liege zeigte,
  • einen Unterlassungsanspruch der Klägerin mit der Begründung bejaht, dass das veröffentlichte Foto die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation zeigte, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis stand (vgl. – zu einer ähnlichen Fallgestaltung – BGH, Urteil vom 19.06.2007 – VI ZR 12/06 –) und deshalb die Veröffentlichung des Fotos durch den Anlass der Berichterstattung nicht gerechtfertigt war.

 

Denn außer dem zufälligen Zugegensein bestand keine Verknüpfung zwischen der als „Urlauberin“ gezeigten Klägerin und dem – unterstellt – als Ereignis der Zeitgeschichte zu qualifizierenden Bericht über den Nationalspieler und im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einem Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis müssen die Interessen von unbekannten Personen, die zufällig mit abgebildet werden, nicht stets zurücktreten.
Vielmehr ist auch in solchen Fällen grundsätzlich eine Interessenabwägung erforderlich, bei der insbesondere der Informationswert für die Öffentlichkeit, die berechtigten Erwartungen des Betroffenen und die Möglichkeiten einer das Persönlichkeitsrecht wahrenden Modifikation des Fotos zu berücksichtigen sind.
Dies steht, wie der Senat weiter ausgeführt hat, in Einklang mit seiner Rechtsprechung, nach der selbst die Abbildung von Begleitpersonen nicht ohne Weiteres zulässig ist.

Der Antrag der Klägerin auf Zahlung einer Geldentschädigung hatte dagegen keinen Erfolg, weil

  • eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung nur begründet, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (BGH, Urteile vom 05.10.2004 – VI ZR 255/03 -; vom 24.11.2009 – VI ZR 219/08 -; vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 -; Beschluss vom 30.06.2009 – VI ZR 340/08 –) und
  • der Senat eine solche schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin unter Würdigung der besonderen Umstände des Streitfalles verneint hat.