Tag Reiserecht

Luftfahrtunternehmen dürfen bei Buchung vollständige Zahlung des Flugpreises verlangen

Luftfahrtunternehmen dürfen bereits unmittelbar bei Abschluss des Luftbeförderungsvertrags – unabhängig von der Höhe des Flugpreises oder dem zeitlichen Abstand zwischen Buchung und Flugantritt – die vollständige Bezahlung des Flugpreises verlangen.

Das hat der für das Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat mit Urteilen vom 16.02.2016 – X ZR 97/14, X ZR 98/14, X ZR 5/15 – entschieden.

Entsprechende Vorauszahlungsklauseln in den Beförderungsbedingungen benachteiligen die Fluggäste danach nicht unangemessen und sind deshalb auch nicht unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Begründet hat der Senat seine Entscheidung u.a. damit, dass die Verpflichtung des Fluggasts, das Beförderungsentgelt bei Vertragsschluss zu entrichten, nicht wesentlichen Grundgedanken des Personen(Luft)beförderungsrechts widerspricht, da, auch wenn der Personenbeförderungsvertrag grundsätzlich als Werkvertrag zu qualifizieren ist, dieser nicht derart von den Regelungen zur Fälligkeit der werkvertraglichen Vergütung nach §§ 641, 646 BGB und zur Einrede des nichterfüllten Vertrags nach § 320 BGB geprägt ist, dass Vorauszahlungsklauseln als unvereinbar mit dem gesetzlichen Gerechtigkeitsmodell anzusehen wären, nachdem bei der Personenbeförderung kein Sicherungsrecht für den Vergütungsanspruch des Unternehmers besteht, der einerseits ungesichert der Gefahr von Zahlungsausfällen in erheblicher Größenordnung ausgesetzt, aber andererseits kraft Gesetzes zur Beförderung verpflichtet wäre.

Auch hat es der Senat nicht für erforderlich erachtet, eine Vorauszahlung auf eine Anzahlung bei Vertragsschluss (in Höhe von regelmäßig maximal 20 % des Flugpreises) und eine (höchstens 30 Tage vor Flugantritt fällige) Restzahlung zu beschränken, entsprechend seiner Rechtsprechung zum Reisevertragsrecht (hierzu: BGH, Urteil vom 09.12.2014 – X ZR 85/12 –).

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 16.02.2016 – Nr. 41/2016 – mitgeteilt.

 

Wenn Pauschalreisende am Urlaubsort Ausflugsprogramme buchen

Für die Frage, ob ein Reiseunternehmen bei der Buchung eines Ausflugs am Urlaubsort nur als Vermittler tätig wird oder die eigenverantwortliche Stellung als Vertragspartner einnimmt, kommt es auf den Gesamteindruck an, den der Reisende bei der Vertragsanbahnung gewinnt.

Darauf hat der unter anderem für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 12.01.2016 – X ZR 4/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die Kläger bei der Beklagten eine Pauschalreise gebucht,
  • am Urlaubsort von der Beklagten eine Begrüßungsmappe mit einem Blatt erhalten hatten, auf dem unter dem Logo der Beklagten und der Überschrift „Ihr Ausflugsprogramm“ verschiedene Veranstaltungen, unter anderem eine „Berg und Tal: Geländewagen-Tour“ angeboten und
  • unter der Auflistung, in kleinerer Schriftgröße darauf hingewiesen worden war, dass die Beklagte lediglich als Vermittler für die von der örtlichen Ausflugsagentur organisierten Ausflüge fungiert und die Ausflüge auch per SMS oder per E-Mail reserviert werden können, gefolgt von der fettgedruckten Aufforderung „Reservieren Sie bei Ihrer V.-Reiseleitung!“,

 

entschieden, dass

  • nach dem von den Klägern gewonnenem Gesamteindruck bei der Buchung ihrer „Geländewagen-Tour“ bei dem Reiseleiter der Beklagten, die Beklagte die eigenverantwortliche Stellung als ihr Vertragspartner eingenommen hat. 

 

Begründet hat der Senat seine Entscheidung u.a. damit, dass

  • das Einfügen des Ausflugsprogramms in eine Begrüßungsmappe der Beklagten, dessen Aufmachung mit dem Logo „V.“ der Beklagten und die Überschrift „Ihr Ausflugsprogramm“ auf ein Angebot der Beklagten, das diese als fakultativen Bestandteil der Gesamtreiseleistung zusammengestellt und eigenverantwortlich organisiert hat, hingewiesen haben und darüber hinaus auch
  • die Aufforderung, einen Ausflug bei der Reiseleitung zu buchen, auf die Beklagte als Vertragspartner hingedeutet hat, da die für eine weitere Buchungsmöglichkeit angegebene Mailadresse mit einer auf Bulgarien hinweisenden Top-Level-Domain und einem vom Namen der Beklagten abweichenden Domainnamen für den Reisenden jedenfalls nicht eindeutig einen anderen Vertragspartner als die Beklagte für die Ausflüge hat erkennen lassen.

 

Der Hinweis auf die Vermittlerrolle der Beklagten trat nach Auffassung des Senats demgegenüber wegen der dafür gewählten kleinen Schriftgröße und seiner inhaltlichen Einbettung in den Text zurück.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem die Kläger von der Beklagten, weil es bei der von ihnen gebuchten „Geländewagen-Tour“ zu einem Unfall gekommen war, bei dem sie verletzt wurden, Schmerzensgeld verlangen, muss das Berufungsgericht nunmehr den Unfallhergang und die –folgen aufklären.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 12.02.2016 – Nr. 4/2016 – mitgeteilt.

 

Minderung des Reisepreises wegen fehlendem Galadinner an Heiligabend?

Fehlt entgegen dem Reisevertrag das Galadinner an Weihnachten kann dies zu einer Reisepreisminderung von 15 Prozent berechtigen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 01.12.2014 – 213 C 18887/14 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem einem Ehepaar, das bei einem Reiseveranstalter für die Zeit vom 10.12.2013 bis 27.12.2013 eine Flugpauschalreise nach Dubai zum Gesamtpreis von 3196 Euro gebucht hatte, in dem für das an Weihnachten obligatorisch zu buchendes Galadinner der Festzuschlag von 350 Euro pro Person bereits enthalten war,

 

den Reiseveranstalter zur (Rück)Zahlung von 1179,40 Euro an die Eheleute verurteilt,

  • weil diesen an Heiligabend lediglich ein Dinner-Büffet angeboten worden war, für das sie im Hotel knapp 400 Euro hatten zahlen müssen (185 Euro für das Buffet, den Rest für Getränke).

 

Die Entscheidung begründete das AG damit,

  • dass, da ein Galadinner an Heiligabend Bestandteil des Reisevertrags gewesen sei und darunter nach dem objektiven Empfängerhorizont, schon wegen des Preiszuschlages von 350 Euro pro Person hierfür, ein im festlichen Rahmen serviertes mehrgängiges Menü verstanden werde,
  • die nach dem Reisevertrag geschuldigte Leistung vom Reiseveranstalter nicht vollständig erfüllt worden sei und wegen der Nichtgewährung dieses „Reisehighlights“ darüber hinaus eine Reisemangel vorliege,

 

so dass, neben der vorzunehmenden Minderung von 700 Euro, auch eine Minderung in Höhe von 15 Prozent bezogen auf den Gesamtreisepreis angemessen sei, was einem Betrag von 479,40 Euro entspricht.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 08.01.2016 – 2/16 – mitgeteilt.

 

Einbruch in Hotelzimmer ist kein Reisemangel

Ein Einbruch in ein Hotelzimmer, bei dem Geld aus dem Safe entwendet wird, stellt in der Regel keinen Reisemangel dar, auch wenn dadurch der Erholungserfolg beeinträchtigt wird.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 06.08.2015 – 275 C 11538/15 – hingewiesen und die Klage eines Reisenden abgewiesen, der bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise in die Dominikanische Republik gebucht hatte und von diesem,

  • weil bei einem Einbruch sein Hotelzimmer aus dem Safe 666 Euro und 108 US-Dollar in bar entwendet worden waren und er, wie er behauptete, aus Angst vor weiteren Einbrüchen den Urlaub nicht mehr habe genießen können,

 

Schadensersatz für das entwendete Geld und darüber hinaus auch wegen des vertanen Urlaubs in Höhe von 20 Prozent des Reisetagespreises für sechs Tage verlangt hatte.

Nach der Entscheidung des AG München handelt es sich bei einem Einbruchsdiebstahl um eine Störung, die aus dem allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden herrührt.
Ein Organisationsverschulden des Reiseveranstalters, der einen Reisemangel begründet, soll danach nur dann vorliegen,

  • wenn es ein Reiseveranstalter bei einem Hotel, das, wie er weiß, besonders sicherheitsgefährdet ist, unterlässt, geeignete Maßnahmen zur Sicherheit der Hotelgäste zu ergreifen und
  • sicherheitsgefährdet soll ein Hotel erst sein, wenn es aufgrund eines Sicherheitsfehlers schon vorher wiederholt zu Einbrüchen in dem Hotel gekommen ist, was der Kläger nicht hatte beweisen können.

 

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 04.12.2015 – 82/15 – mitgeteilt.

 

Wann muss Auslandskrankenversicherung Kosten für Rücktransport nach Deutschland tragen?

Ein Versicherungsnehmer einer Auslandskrankenversicherung, nach deren Versicherungsbedingungen dem Versicherten die durch einen medizinisch notwendigen Rücktransport aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland entstandenen, den üblichen Fahrpreis übersteigenden Kosten erstattet werden, hat,

  • wenn eine gebotene Notoperation im Ausland nicht gewährleistet ist,

 

Anspruch auf die für den außergewöhnlichen Rücktransport entstandenen Kosten abzüglich der üblicher Rücktransportkosten.

Das hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 30.10.2015 – 20 U 190/13 – entschieden und einen Auslandskrankenversicherer verurteilt, einer Versicherten ca. 21.500 Euro für den Rückflug von Portugal nach Deutschland zu erstatten,

  • weil eine dringend gebotene Notoperation der an einer schweren Bauchfellentzündung mit Sepsis, beginnendem Multiorganversagen und entgleisenden Blutsalzen leidenden und in akuter Lebensgefahr schwebenden Versicherten in einem Hospital in Lissabon am Tag ihrer Einlieferung unterblieben war und
  • sich die Versicherte deshalb am nächsten Morgen nach Deutschland hatte fliegen lassen, wo sie in einer Klinik noch am Nachmittag desselben Tages notfallmäßig operiert worden war.

 

Der Ansicht der beklagten Versicherung, dass sich die Versicherte in Lissabon hätte weiter medizinisch behandeln lassen können und sie, die Beklagte, sofern eine medizinisch notwendige Behandlung dort aufgrund eines Behandlungsfehlers unterblieben sein sollte, hierfür nicht eintrittspflichtig sei, folgte der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm nicht.
Vielmehr muss, wie der Senat ausgeführt hat, der Versicherer der Versicherungsnehmerin deshalb die Transportkosten erstatten, weil

  • nach der durchgeführten Beweisaufnahme feststand, dass die gebotene operative Behandlung der Klägerin im Hospital in Lissabon nicht gewährleistet war und
  • ein dem zugrunde liegender möglicher ärztlicher Behandlungsfehler der dortigen Ärzte die Leistungspflicht der Beklagten weder nach dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck ihrer Versicherungsbedingungen in Frage stellt,
  • nachdem es aus Sicht eines Versicherungsnehmers keinen Unterschied macht, ob eine gebotene Behandlung im Ausland unterbleibt, weil sie dort nicht durchgeführt werden kann oder weil die dortigen Ärzte nicht willens sind, sie durchzuführen.

 

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 27.11.2015 mitgeteilt.

 

Berechnung der für die Ausgleichsleistung maßgeblichen Flugentfernung bei mehrgliedriger Flugverbindung

Steht einem Fluggast, der beispielsweise einen Flug von Düsseldorf nach Zürich und sodann weiter von Zürich nach Valencia gebucht hatte, gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung – FluggastrechteVO) zu,

  • weil der durchzuführende Flug von Düsseldorf nach Zürich annulliert, der Fluggast sodann auf die Flüge von Düsseldorf nach Ibiza und von Ibiza nach Valencia umgebucht worden war und den Flughafen Valencia, den er ursprünglich planmäßig um 14:00 Uhr hätte erreichen sollen, erst mit einer Verspätung von 6 Stunden erreicht hatte,

 

ist die Flugentfernung, nach der sich die zu zahlende Entschädigungsleistung richtet,

  • nach der Methode der Großkreisentfernung zu ermitteln (vgl. Art. 7 Abs. 4 FluggastrechteVO)
  • durch Addition der Einzelstrecken von Düsseldorf nach Zürich und von Zürich nach Valencia.

 

Das hat das Amtsgericht (AG) Düsseldorf mit Urteil vom 28.09.2015 – 45 C 21/15 – entschieden.

 

Wenn ein Flug wegen technischer Probleme annulliert wird

Auch wenn Flüge wegen unerwarteter technischer Probleme annulliert werden müssen oder ihr Endziel erst drei Stunden nach der vorgesehenen Ankunftszeit oder noch später erreichen, können Flugunternehmen zur Ausgleichszahlung nach Art 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung – FluggastrechteVO) verpflichtet sein.

Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 17.09.2015 – C-257/14 – in einem Fall entschieden, in dem

  • die Klägerin einen Flug mit KLM von Quito (Ecuador) nach Amsterdam (Niederlande) gebucht hatte und
  • das Flugzeug deshalb mit einer Verspätung von 29 Stunden gelandet war, weil verschiedene Teile unerwartet defekt geworden waren und erst aus Amsterdam geliefert sowie eingebaut werden mussten.

 

Wie der EuGH ausführte, ist ein Luftfahrtunternehmen im Fall der Annullierung eines Fluges nach Art 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 dann nicht zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet, wenn es nachweisen kann,

  • dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht,
  • die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

 

Die Flugunternehmen befreien von ihrer Ausgleichspflicht können danach nur bestimmte technische Probleme, die u.a.

  • aus versteckten Fabrikationsfehlern, die die Flugsicherheit beeinträchtigen,
  • aus Sabotageakten oder
  • aus terroristischen Handlungen resultieren.

 

Dagegen stelle, wie der EuGh weiter ausführte, ein technisches Problem, wie das in Rede stehende,

  • das unerwartet auftritt,
  • das nicht auf eine fehlerhafte Wartung zurückzuführen und
  • auch nicht während einer regulären Wartung festgestellt worden ist,

 

zwar ein unerwartetes Vorkommnis dar, falle aber nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“.
Denn nachdem der Betrieb von Flugzeugen unausweichlich technische Probleme mit sich bringt, sähen sich nämlich Luftfahrtunternehmen im Rahmen ihrer Tätigkeit gewöhnlich solchen Problemen gegenüber.

 

Wenn die Reisroute einer Kreuzfahrt nachträglich geändert wird

Eine nachträgliche Änderung der Reiseroute durch ein Kreuzfahrtunternehmen kann zu einem Minderungsanspruch führen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 26.03.2015 – 275 C 27977/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war von einem klagenden Ehepaar, das über ein Online-Reisebüro bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Schwarzmeer-Kreuzfahrt zum Preis von 2.606,10 Euro gebucht hatte, bei der die Häfen Katakolon (Griechenland), Istanbul (Türkei), Jalta (Ukraine), Odessa (Ukraine), Constanza (Rumänien) sowie Gythion (Griechenland) angelaufen werden sollten, wegen einer Routenänderung eine Reisepreisminderung in Höhe von 30 Prozent des Reisepreises mit der Begründung gefordert worden,

  • dass man ihnen zunächst vor Reiseantritt mit dem Hinweis, dass deswegen eine kostenlose Stornierung oder Umbuchung gemäß der Geschäftsbedingungen (AGB`s) des Veranstalters nicht möglich sei, angekündigt habe, dass aufgrund der aktuellen politischen Situation die Ziele Odessa und Jalta durch Burgas (Bulgarien), Volos (Griechenland) und Izmir (Türkei) ersetzt würden und
  • dann, eine Stunde vor der geplanten Abreise in Istanbul, wegen schlechten Wetterberichts für das Schwarze Meer, die Fahrt dorthin und damit auch die Durchfahrt durch die Dardanellen vollständig gestrichen sei und stattdessen dann die Häfen Marmaris (Türkei) und Dubrovnik (Kroatien) angelaufen worden seien.

 

Die Klage hatte Erfolg.

Da die tatsächlich durchgeführte Kreuzfahrt nicht der von den Klägern ursprünglich gebuchten Schwarzmeer-Kreuzfahrt entsprach, erachtete das AG München die Reise insgesamt als mangelhaft.
Weiter stellte das Gericht fest,

  • dass, wenn eine restliche Reisepreiszahlung, wie im obigen Fall geschehen, nach der Mitteilung, dass eine Stornierung der Reise nicht möglich sei, geleistet werde, diese Zahlung nicht vorbehaltlos erfolgt und
  • dass die von der Beklagten vorgenommene Routenänderung – sowohl die erste wie auch die zweite – hier schon deshalb nicht von den Allgemeinen Reisebedingungen (ARB) der Beklagten abgedeckt war, weil die Kläger bei der Online-Buchung von den ARB der Beklagten keine Kenntnis nehmen konnten, so dass diese, mangels wirksamer Einbeziehung bei Vertragsschluss, somit auch nicht Vertragsbestandteil geworden waren.

 

Wie das AG weiter ausführte, entfiel der Minderungsanspruch auch nicht wegen höherer Gewalt. Denn auch höhere Gewalt beeinträchtige die Einstandspflicht des Reiseveranstalters nicht.

Eine Minderung von 30 Prozent des Reisepreises war nach Auffassung des Gerichts u. a. deshalb berechtigt, weil sich der Gesamtcharakter der Kreuzfahrt dadurch, dass diese nicht wie ursprünglich geplant in das Schwarze Meer führte, sondern stattdessen nur im östlichen Mittelmeer durchgeführt worden war, geändert hatte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 28.08.2015 – 52/15 – mitgeteilt.

 

Wo können Ausgleichsansprüche wegen Flugverspätung gerichtlich geltend gemacht werden?

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in der Rechtssache Rehder mit Urteil vom 09.07.2009 – C-204/08 – entschieden, dass ein Fluggast, der wegen Flugverspätung Ausgleichszahlungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung – FluggastrechteVO) geltend macht, bei einer eingliedrigen Flugverbindung, die vom Vertragspartner des Fluggasts selbst durchgeführt wurde, wählen kann zwischen

  • dem Gericht des Ortes des Abflugs und
  • dem des Ortes der Ankunft des Flugzeugs.

 

Noch nicht entschieden hat der EuGH, wo ein Fluggast klagen kann bzw. muss bei einer mehrgliedrigen Flugverbindung, wenn die gebuchte Flugverbindung also aus mehreren Flügen bestand, der Fluggast beispielsweise

  • bei der Fluggesellschaft Air France eine Flugverbindung von Stuttgart über Paris nach Helsinki gebucht hatte,
  • die Beförderung von Paris nach Helsinki im Wege des Code-Sharing durch Finnair erfolgt war und
  • der Flug auf dieser zweiten Teilstrecke eine Verspätung von über drei Stunden hatte.

 

Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Beschluss vom 18.08.2015 – X ZR 2/15 – gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dem EuGH deshalb folgende zwei Fragen zur Auslegung des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-I-Verordnung) vorgelegt:

  1. Ist Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Brüssel-I-Verordnung dahin auszulegen, dass der Begriff „Ansprüche aus einem Vertrag“ auch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung erfasst, der gegenüber einem ausführenden Luftfahrtunternehmen verfolgt wird, welches nicht Vertragspartner des betroffenen Fluggasts ist?
  2. Soweit Art. 5 Nr. 1 Brüssel-I-VO Anwendung findet:
    Ist bei einer Personenbeförderung auf einer aus mehreren Flügen bestehenden Flugverbindung ohne nennenswerten Aufenthalt auf den Umsteigeflughäfen der Abflugort der ersten Teilstrecke als Erfüllungsort gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich Brüssel-I-VO anzusehen, auch wenn die Flugverbindung von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen durchgeführt worden ist und sich die Klage gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen einer anderen Teilstrecke richtet, auf der es zu einer großen Verspätung gekommen ist?

 

Der X. Zivilsenat des BGB vertritt die Ansicht, dass in dem obigen Beispielsfall ein Gerichtsstand auch am Abflugort der ersten Teilstrecke, also am Flughafen Stuttgart, eröffnet sei, weil

  • zum einen eine Klage auf Ausgleichszahlung auch dann im Gerichtsstand des der Luftbeförderung zugrundeliegenden Vertrags erhoben werden können dürfte, wenn das nach der Fluggastrechteverordnung verpflichtete „ausführende Luftfahrtunternehmen“ nicht zugleich der Vertragspartner des Fluggasts ist, nachdem die Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung eine vertragliche Grundlage der Beförderungsleistung voraussetzen und
  • zum anderen bei einer nach dem Vertrag mehrgliedrigen Flugverbindung ohne nennenswerten Aufenthalt auf den Umsteigeflughäfen der Abflugort der ersten Teilstrecke auch dann als zuständigkeitsbegründender Erfüllungsort anzusehen sein dürfte, wenn die Klageansprüche aus Ereignissen auf einer anderen Teilstrecke resultieren, da dies einer konsequenten Anknüpfung an die vertragliche Grundlage der Beförderungsleistung entspräche.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 18.08.2015 – Nr. 147/2015 – mitgeteilt.

 

Wer in den falschen Fernbus einsteigt ist selbst schuld

Ein Ehepaar aus Lüdenscheid,

  • das im Internet eine Fernbusreise von Hamburg nach Hagen und zurück zum Preis von jeweils 15 Euro gebucht hatte,
  • bei Fahrantritt in den falschen Bus, nämlich den Bus nach Frankfurt gestiegen war,
  • dies in Hannover gemerkt hatte und vom Busfahrer nicht weiter befördert worden war, sondern den Bus hatte verlassen müssen,

 

hatte mit einer Klage gegen das Busunternehmen keinen Erfolg.

Ihre Klage,

  • die von den Eheleuten damit begründet worden war, dass sie beim Einsteigen in den Bus, dem Fahrer ihre Fahrkarten gezeigt hätten und
  • mit der sie die Erstattung des Fahrpreises für den Fernbus sowie die Mehrkosten für ihre Rückfahrt mit Bahn und Taxi von Hannover nach Lüdenscheid in Höhe von insgesamt 135 Euro und eine zusätzliche Entschädigung von 50% des Fahrpreises von 30 Euro vom Fernbusunternehmen verlangt hatten,

 

wies das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 15.06.2015 – 122 C 7088/15 – ab.

Seine Entscheidung begründete das AG damit,

  • dass das Ehepaar keinen Beförderungsvertrag für die von ihnen tatsächlich gewählte Fahrt nach Frankfurt abgeschlossen,
  • die tatsächlich gebuchte Fahrt nach Hagen stattgefunden hatte und planmäßig durchgeführt worden war,
  • anders als bei einer Annullierung das Ehepaar deshalb keinen Ausgleichsanspruch wegen des bezahlten Beförderungsentgeltes habe,
  • seitens des Busunternehmens keine Rechtspflicht bestehe, die Kläger am Einsteigen in einen falschen Fern Bus nach Frankfurt zu hindern und
  • deshalb das Busunternehmen auch die dem Ehepaar entstandenen sonstigen Unkosten nicht ersetzen müsse,
  • zumal den Klägern auch ein beachtliches Mitverschulden beim Einsteigen in den falschen Bus anzulasten sei.

 

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 21.08.2015 – 50/15 – mitgeteilt.