Tag Umgangsrecht

Ehemalige Lebenspartnerin der Kindsmutter kann nach der Trennung auch gegen deren Willen Umgangsrecht mit

…. während der Lebenspartnerschaft geborenen Kindern bekommen. 

Mit Beschluss vom 05.10.2020 – 2 UF 185/19 – hat der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Fall, in dem während einer Lebenspartnerschaft im Wege von 

  • beiden Lebenspartnerinnen gemeinsam beschlossener 

Fremdinseminationen die Kindsmutter zwei Söhne geboren hatte, 

  • die nach der Trennung der Lebenspartnerinnen bei ihr verblieben waren, 

entschieden, dass die ehemalige Lebenspartnerin der Kindsmutter 

  • auch gegen den Willen der Kindsmutter

ein Recht auf regelmäßigen Umgang mit den Söhnen hat.

Wie der Senat ausgeführt hat, gilt, weil 

  • anders als bei einem Kind, das in einer Ehe geboren wird, 

zwischen einem Kind und einer eingetragenen Lebenspartnerin, die nicht die Kindesmutter ist, keine rechtliche Eltern-Kind-Beziehung begründet wird,

  • vielmehr eine solche nach den geltenden Vorschriften ausschließlich durch eine Adoption herbeigeführt werden kann,

für das Umgangsrecht der ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter nach einer Trennung die Vorschrift des § 1685 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nach der sie als „sozialer“ Elternteil den Umgang (nur) dann verlangen kann, wenn 

  • sie als Bezugsperson zu qualifizieren ist und 
  • der Umgang dem Kindeswohl dient. 

Diese Voraussetzungen lagen in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nach Auffassung des Familiensenats vor, der das damit begründete, dass 

  • im Rahmen eines Zusammentreffens der ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter und der Kinder bei Gericht deutlich erkennbar war, dass 

die ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter für beide Kinder eine enge Bezugsperson darstellt, sie 

  • während der Lebenspartnerschaft 

durch die Betreuung der Kinder tatsächliche Verantwortung für diese übernommen hatte und der Umgang,

  • weil dadurch die Bindung zu der ehemaligen Lebenspartnerin der Kindsmutter erhalten 
  • sowie den Kindern ermöglicht wird, im Sinne einer Identitätsfindung Klarheit über ihre Familienverhältnisse sowie über ihre eigene Herkunft und Entstehung zu erlangen, an der die Lebenspartnerin maßgeblich beteiligt gewesen ist, 

auch dem Kindeswohl dient (Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig).

Getrennt lebende Eltern sollten wissen, dass von einem gerichtlich geregelten Umgang mit dem Kind ein Elternteil einseitig

…. ohne gerichtliche Änderungsentscheidung nicht abweichen darf, 

  • auch nicht unter Hinweis auf die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 08.07.2020 – 1 WF 102/20 – in einem Fall, in dem nach der Entscheidung des Familiengerichts zu Gunsten eines 

  • gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigten 

Vaters 

  • ein regelmäßiger Wochenendumgang sowie 
  • ein Ferienumgang 

mit dem 10-jährigen, bei der Mutter wohnendem, Kind der Eltern bestand und bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegen diese Regelungen ein Ordnungsgeld 

  • bis zu 25.000 Euro 

angeordnet werden konnte, dem Vater von der Mutter 

  • Ende März 2020

mitgeteilt worden war, dass sie,

  • weil sie selbst zu einer Risikogruppe gehöre und 
  • das Kind mit seinen ebenfalls zu Risikogruppen gehörenden Großeltern in einem Mehr-Generationenhaus wohne,

den direkten Umgang zwischen dem Vater und dem Kind aussetze und der Vater nur noch mit dem Kind telefonieren und es auf dem Balkon sehen könne, entschieden, dass

  • darin eine von der Mutter zu vertretende Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Umgangsregelung liegt, 
  • die mit Ordnungsgeld belegt werden kann.

Danach ist ein umgangsverpflichteter Elternteil, wie hier die Mutter,

  • ohne Einverständnis 

des umgangsberechtigten Elternteils, wie hier des Vaters, grundsätzlich nicht befugt, 

  • entgegen einer familiengerichtlichen Regelung 

über die Ausgestaltung und das Stattfinden des Umgangsrechts zu disponieren und lässt allein 

der Umstand, 

  • dass sich der umgangsverpflichtete Elternteil irrtümlich hierzu berechtigt gefühlt hat,

sein Verschulden nicht entfallen.

Übrigens:
Klargestellt hat das OLG auch, dass

  • die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus zu keinem Zeitpunkt dazu geführt haben, dass Umgangskontakte von Elternteilen mit ihren Kindern nicht mehr stattfinden können bzw. konnten,
  • die Empfehlungen, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, sich nicht auf die Kernfamilie, zu der auch Eltern in verschiedenen Haushalten gehörten, bezogen haben,
  • der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem Kind zum absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte gehöre und damit einem Ausnahmetatbestand unterfalle

sowie, dass,

  • wenn das Kind einer freiwilligen Quarantäne unterstellt werden soll, diese Entscheidung von den Eltern gemeinsam im Rahmen ihrer Sorgerechtsbefugnis getroffen werden muss (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main). 

Hinweis:
Dazu, „Was für gemeinsam sorgeberechtige, getrennt lebende Eltern in der Zeit der Corona-Pandemie zu wissen wichtig ist“, vgl. unseren gleichnamigen Blog.

Was Eheleute, die im Scheidungsverfahren um den Hund streiten, wissen sollten

Die Zuweisung eines Hundes anlässlich der Scheidung richtet sich,

  • da auf Tiere gemäß § 90a Satz 3 BGB grundsätzlich die für Sachen geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden sind,

nach der für Haushaltsgegenstände geltenden Vorschrift des § 1568b Abs. 1 BGB, wonach jeder Ehegatte verlangen kann, dass

  • ihm der andere Ehegatte die im gemeinsamen Eigentum stehenden Haushaltsgegenstände überlässt und übereignet, wenn
    • er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder
    • dies aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.

Danach ist eine gerichtliche Überlassung an einen Ehepartner nur möglich, wenn der Hund gemeinsames Eigentum der Ehegatten ist.

Demzufolge ist, wenn der Hund im Alleineigentum eines Ehepartners steht,

  • beispielsweise weil dieser das Tier vor der Heirat erworben und von diesem mit in die spätere Ehe gebracht worden ist,

eine Zuteilung an den anderen Ehepartner nicht möglich und zwar auch dann nicht,

  • wenn dieser sich während der Ehe allein um den Hund gekümmert haben will.

Aber auch dann,

  • wenn der Hund gemeinsames Eigentum der Ehegatten ist,

kann aus Kontinuitätsgründen in Fällen,

  • in denen der Hund seit der Trennung bereits längere Zeit bei einem Ehepartner lebt,

ein Herausgabeverlangen des anderen Ehepartners daran scheitern, dass eine Aufenthaltsveränderung des Hundes nicht tierwohladäquat ist.

Übrigens:
Auf die Regelung eines Umgangsrechtes mit dem Hund besteht kein gesetzlicher Anspruch, da sich ein derartiges Recht weder aus der Hausratsverordnung noch aus den gesetzlichen Regelungen zum Umgangsrecht mit Kindern herleiten lässt(so Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, Beschluss vom 16.04.2019 – 18 UF 57/19 – laut Pressemitteilung vom 30.04.2019).

OLG Oldenburg entscheidet wann das Umgangsrecht eines Elternteils mit dem Kind eingeschränkt werden muss

…. und wann ein Elternteil das Kind nicht mehr allein sehen darf.

Auch wenn Eltern getrennt leben haben sie grundsätzlich beide das Recht auf Umgang mit den gemeinsamen Kindern.
Allerdings kann dieses Recht eingeschränkt werden.
Beispielsweise kann das Familiengericht einen „begleitetem Umgang“ anordnen, d.h. anordnen, dass der Umgang nur unter Aufsicht des Jugendamts wahrgenommen werden darf.

Eine solche Einschränkung muss erfolgen, wenn dies für das Wohl der Kinder, insbesondere ihre seelische und körperliche Entwicklung, erforderlich ist (§ 1684 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).

Besteht etwa die konkrete Gefahr, dass ein Elternteil seine nach der Trennung der Eltern bei dem anderen Elternteil verbliebenen 8 und 5 Jahre alten Kinder mit seiner abwertenden Haltung gegenüber dem anderen Elternteil konfrontiert und hält er die Kinder zu wahrheitswidrigen Behauptungen gegenüber Behörden an, wird zum Schutz der Kinder vor Manipulationen durch diesen Elternteil vom Familiengericht ein begleiteter Umgang anzuordnen sein.

Darauf hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 17.01.2017 – 4 UF 5/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 15.03.2017 – Nr. 19/2017 –).

OLG Oldenburg entscheidet wann verheiratete Kindsmutter nach Seitensprung eine Abstammungsuntersuchung dulden muss

…. und wie ein „noch vielleicht“ leiblicher Vater bei Bestehen der rechtlichen Vaterschaft eines anderen Mannes ein Umgangsrecht erreichen kann.

Möchte ein Mann,

  • weil er mit einer verheirateten Frau Geschlechtsverkehr hatte und möglicherweise der biologische Vater des von ihr während ihrer Ehe geborenen Kindes ist,

ein Umgangsrecht mit dem Kind haben, kann er,

  • auch wenn die Kindsmutter und ihr Ehemann, der rechtliche Vaters des Kindes, gegen den Umgang sind,

jedenfalls dann,

  • wenn der Ehemann der Kindsmutter Kenntnis von dem ganzen Verfahren hat und der Kindesmutter dadurch keine zusätzlichen Belastungen für das Familienleben drohen,

verlangen,

  • dass die Mutter eine Abstammungsuntersuchung duldet, durch die die Vaterschaft geklärt wird.

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 14.02.2017 – 13 WF 14/17 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass in einem solchen Fall,

  • weil nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind hat, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient,

zunächst die biologische Vaterschaft zu klären ist.

  • Sollte die Untersuchung die biologische Vaterschaft des Mannes bestätigen, müsse anschließend in einem zweiten Schritt, nach Unterrichtung des Kindes in kindgerechter Art und Weise, geklärt werden, ob ein Umgang dem Kindeswohl dient,
  • während diese weiteren Ermittlungen dann nicht mehr erforderlich seien, wenn die Untersuchung eine Vaterschaft nicht bestätigen sollte (Quelle: Presseinformation des OLG Oldenburg vom 08.03.2017 – Nr. 16/2017 –)

Was leibliche Väter wissen sollten, wenn die rechtliche Vaterschaft eines anderen besteht und sie ein Recht auf Umgang möchten

Solange die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes besteht,

  • beispielsweise gemäß § 1592 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), weil dieser zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet war,

hat der leibliche Vater,

  • der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat,

nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB

  • ein Recht auf Umgang mit dem Kind,
  • wenn der Umgang dem Kindeswohl dient.

Zulässig ist der Antrag auf Einräumung eines Umgangsrechts nur dann, wenn der Antragsteller, dessen biologische Vaterschaft (noch) nicht feststeht, an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (§ 167 a Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)).

Erfolg hat ein Umgangsantrag, wenn

  1. feststeht, dass der Antragsteller der leibliche Vater ist,
    • wobei zur Klärung seiner leiblichen Vaterschaft der Antragsteller die erforderlichen Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden hat, es sei denn, dass die Untersuchung nicht zugemutet werden kann (§ 167a Abs. 2 FamFG),
  1. das Gericht dem antragstellenden leiblichen Vater ein ernsthaftes Interesse an dem Kind zubilligt, wofür mögliche Kriterien sind,
    • ob er sein Kind zeitnah nach der Geburt kennenlernen wollte,
    • ob er sich um (weiteren) Kontakt mit dem Kind bemüht hat,
    • ob er den Wunsch nach Umgang wiederholt artikuliert und gegebenenfalls Pläne entwickelt hat, wie er seinen Kontaktwunsch im Hinblick auf Wohnort und Arbeitszeiten realisieren kann,
    • ob er sich vor und nach der Geburt zu dem Kind bekannt hat oder
    • ob er die Bereitschaft geäußert hat, Verantwortung für das Kind – gegebenenfalls auch finanziell – zu übernehmen und
  1. der Umgang nach Überzeugung des Gerichts dem Kindeswohl dient.

Im Rahmen der Kindeswohldienlichkeit prüft das sachverständig beratene Gericht,

  • ob und gegebenenfalls inwieweit Umgangskontakte mit einem „gewissermaßen zweiten, ausschließlich auf der biologischen Abstammung beruhenden Vater“ für das Kind eine seelische Belastung darstellen,
  • ob das Kind dadurch in einer dem Kindeswohl abträglichen Weise verunsichert wird,
  • inwieweit die Kindesmutter und der biologische Vater gegebenenfalls ihre Konflikte nach der Trennung begrenzen können und
  • wie der Umgang im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung des Kindes zu bewerten ist.

Dabei wird je nach familiärer Situation,

  • Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands,
  • Beziehungskonstellation bzw. Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen,
  • Alter und psychischer Widerstandsfähigkeit des Kindes,
  • Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern,
  • Dauer der Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters etc.

die Frage der Kindeswohldienlichkeit unterschiedlich zu beurteilen sein.

Das Kind ist im Verfahren nach § 1686 a BGB sowohl zur Sachaufklärung, als auch um ihm rechtliches Gehör zu gewähren, grundsätzlich persönlich anzuhören (vgl. § 159 FamFG).

Entbehrlich ist die Anhörung des Kindes nur dann,

  • wenn der Antrag des Antragstellers (ausschließlich) als unzulässig oder wegen fehlenden ernsthaften Interesses zurückzuweisen ist,
  • wenn die Abstammungsuntersuchung ergibt, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater ist oder
  • wenn das Kind sich nicht zu seinem Willen und seinen Beziehungen äußern kann, weil es noch sehr jung oder aufgrund besonderer Umstände in seinen Fähigkeiten erheblich eingeschränkt ist.

Da der Umgang zwischen dem leiblichen Vater und dem Kind jedenfalls ab einem bestimmten Alter die Kenntnis des Kindes von seiner wahren Abstammung voraussetzt, ist eine Unterrichtung des Kindes hierüber in den Fällen, in denen es ein Alter erreicht hat, das es ihm ermöglicht zu verstehen, dass sein rechtlicher und sein leiblicher Vater personenverschieden sind, grundsätzlich unerlässlich.

Deshalb haben, wenn die Voraussetzungen für eine Unterrichtung erfüllt sind, die (rechtlichen) Eltern ihr Kind spätestens während des Umgangsverfahrens über seine wahre Abstammung zu informieren.

Unterlassen sie das, hat das Gericht

  • den (rechtlichen) Eltern eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer sie ihr Kind entsprechend unterrichten können und
  • wenn sie diese nicht nutzen, eine entsprechende Unterrichtung des Kindes auf andere Weise sicherzustellen.

Übrigens:
Ein Umgangsrecht nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB erlangen kann der leibliche Vater nur beim Bestehen der (rechtlichen) Vaterschaft eines anderen Mannes.
Fehlt es hieran, kann der leibliche Vater

  • die Vaterschaft entweder gemäß § 1594 BGB anerkennen oder
  • bei fehlender Zustimmung der Mutter nach § 1600 d BGB gerichtlich feststellen lassen.

Er hat dann alle Rechte, also auch ein Umgangsrecht nach § 1684 BGB, aber auch die Pflichten eines rechtlichen Vaters.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 05.10.2016 – XII ZB 280/15 – hingewiesen.