Tag Verkehrssicherungspflicht

Was, wer Mülltonnen auf einem Radweg zur Leerung bereitstellt oder dort nach der Leerung stehen lässt sowie Radfahrer, die

…. deswegen stürzen, wissen sollten. 

Mit Urteil vom 24.09.2021 – 4 O 25/21 – hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem ein Radfahrer über 

  • auf dem Radweg stehende Mülltonnen 

gestürzt war, sich dabei verletzt und deshalb Schadensersatz- sowie Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht hatte, darauf hingewiesen, dass das 

  • Abstellen von Mülltonnen oder das Stehenlassen nach ihrer Leerung 

auf einem Radweg eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darstellt, weil die Tonnen ein

  • den Verkehrsfluss erheblich beeinträchtigendes 

ruhendes Hindernis sind, Radfahrer, 

  • für die die Tonnen schon von weitem erkennbar sind, 

diesen vorsichtig sowie mit einem ausreichenden Seitenabstand ausweichen müssen und dass, sollte ein Radfahrer  

  • keinen ausreichenden Abstand einhalten und stürzen, 

der Sturz 

  • nicht auf die in dem Hindernis liegende Gefahr, sondern ganz überwiegend 

auf seine eigene grob fahrlässige Fahrweise zurückzuführen ist.

Das bedeutet:
Fährt beispielsweise ein Radfahrer an

  • rechtzeitig für ihn erkennbaren

Mülltonen so knapp vorbei, dass es zu einem Sturz kommen kann, kann dieses 

  • Mitverschulden

bei einem Sturz alle seine etwaigen Ansprüche gegen die 

  • für das Abstellen der Tonnen auf dem Radweg bzw. 
  • für das Stehenlassen der Tonnen nach der Leerung auf dem Radweg 

Verantwortlichen ausschließen (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal).    

OLG Stuttgart verurteilt Bauunternehmen nach Sturz einer Fußgängerin wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

…. zu Schadensersatz und Schmerzensgeldzahlung.

Mit Urteil vom 26.11.2020 – 2 U 437/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem Fall, in dem ein mit Tiefbauarbeiten 

  • an einem öffentlichen Gehweg 

betrautes Bauunternehmen den Belag 

  • auf der rechten Seite des Weges auf einer Breite von 65 cm 

entfernt, die Trag- und die Deckschicht des Teerbelages aber nicht schon wieder durchgängig eben aufgebracht hatte und bei Dunkelheit eine 72-jährige Fußgängerin an der, 

  • in ihrer Laufrichtung inmitten des Gehweges aufgrund der noch fehlenden Deckschicht vorhandenen, ungesicherten  

3-5 cm hohen Absatzkante gestürzt war, entschieden, dass das Bauunternehmen, 

  • wegen schuldhafter Verletzung der Verkehrssicherungspflicht,

für die Sturzverletzungen der Fußgängerin haftet und ihr 

  • Schadensersatz sowie 
  • Schmerzensgeld

zahlen muss.

Begründet hat das OLG dies damit, dass eine, inmitten eines Gehweges, 

  • wegen des durch die noch fehlende Deckschicht gegebenen unterschiedlichen Höhenniveaus, 

vorhandene Absatzkante von jedenfalls 3 cm eine für Fußgänger, 

  • insbesondere bei Dunkelheit, 

nicht ohne weiteres erkennbare, 

  • eine Sturzgefahr auslösende 

Gefahrenstelle darstellt, mit der Passanten, 

  • die den Gehweg benutzen, 

auch nicht rechnen müssen und die deshalb, 

  • um andere Personen vor Schäden zu bewahren,

von dem Bauunternehmen,

  • das die Gefahrenlage geschaffen hat,

bis zur Fertigstellung der Erneuerungsarbeiten hätte abgesichert werden müssen, was ohne große Mühe und Kostenaufwand durch 

  • eine geeignete Warnung (etwa eine Sicherheitsbake oder Warnleuchte), 
  • eine zusätzliche Beleuchtung oder 
  • eine Absperrung 

auch möglich und zumutbar gewesen wäre.

LG Oldenburg spricht Rentnerin, die durch eine automatische Schiebetür zu Fall gebracht worden war und

…. dabei eine Schenkelhalsfraktur erlitten hatte, Schadensersatz und Schmerzensgeld zu.   

Mit Urteil vom 23.02.2021 – 4 O 2137/20 – hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Oldenburg in einem Fall, in dem eine 81-jährige Rentnerin, 

  • im Eingangsbereich eines Bahnhofs, 

beim Durchschreiten der dortigen automatischen Schiebetür,

  • auf die sie in einem sehr spitzen Winkel zugegangen war, 

von der Schiebetür dadurch zu Fall gebracht worden war, dass diese,

  • obwohl die Rentnerin sich im unmittelbaren Schließ- und damit Gefahrenbereich der Schiebetür befand,

den Schließvorgang,

  • trotz der Annäherung der Rentnerin,

fortgesetzt und sie umgestoßen hatte, den Bahnhofsbetreiber 

  • wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

verurteilt, der Rentnerin wegen der erlittenen Schenkelhalsfraktur

  • Schadensersatz zu leisten und 
  • Schmerzensgeld zu zahlen. 

Automatischen Schiebetüren müssen danach so konstruiert sein, dass Personen jeden Alters bei „normalem“ Durchschreiten der Tür von dieser nicht umgestoßen werden, d.h.,

  • der Bewegungsmelder muss bei automatischen Schiebetüren so ausgerichtet sein, dass davon alle auf die Tür zulaufenden Personen erfasst werden, egal aus welchem Winkel sie sich nähern

und

  • automatische Schiebetüren dürfen nicht schließen bzw. einen begonnenen Schließvorgang nicht fortsetzen, wenn und solange eine Person sich noch im unmittelbaren Schließ- und damit Gefahrenbereich befindet (Quelle: Pressemitteilung des LG Oldenburg).

Wer kann wann wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht schadensersatzpflichtig sein?

Derjenige,

  • der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft oder 
  • in dessen Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage eintritt

ist grundsätzlich verpflichtet, die 

  • notwendigen und 
  • zumutbaren

Vorkehrungen zu treffen, um 

  • eine Schädigung anderer 

möglichst zu verhindern. 

Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst dabei diejenigen Maßnahmen, die ein 

  • umsichtiger und 
  • verständiger,
  • in vernünftigen Grenzen vorsichtiger 

Mensch für 

  • notwendig und 
  • ausreichend

hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. 

  • Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre, da eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, im praktischen Leben nicht erreichbar ist, utopisch 

Haftungsbegründend wird eine Gefahr somit erst dann, wenn sich 

  • für ein sachkundiges Urteil 

die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass 

  • Rechtsgüter anderer 

verletzt werden. 

  • Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. 
  • Vielmehr sind nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. 

Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ist genügt, wenn im Ergebnis 

  • derjenige Sicherheitsgrad 

erreicht ist, den 

  • die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält bzw. 
  • der Verkehr erwarten darf.

Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein 

  • verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise 

für ausreichend halten darf, 

  • um andere Personen vor Schäden zu bewahren 

und die den Umständen nach zuzumuten sind.

Kommt es in Fällen, in denen hiernach 

  • keine Schutzmaßnahmen 

getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer 

  • zwar nicht völlig ausgeschlossen, 

aber nur 

  • unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen 

zu befürchten war, 

  • ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, 

so muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – den Schaden selbst tragen.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.01.2021 – VI ZR 194/18 – hingewiesen. 

Schwimmbadbetreiber muss Kind, das sich auf durch Sonneneinstrahlung aufgeheizter Metallplatte die Füße verbrannt hat,

…. Schadensersatz sowie Schmerzensgeld zahlen.

Mit Urteil vom 30.11.2020 – 1 O 62/20 – hat das Landgericht (LG) Koblenz in einem Fall, in dem ein 17 Monate altes Kind, 

  • während es mit seiner Mutter ein öffentliches Schwimmbad besuchte, 

sich auf einer durch Sonneneinstrahlung stark aufgeheizten, im Boden eines 

  • zu den sanitären Einrichtungen führenden 

Fußweges befindlichen Metallplatte, 

  • auf die es barfuss, vor der Mutter gehend, getreten war, 

die Fußsohlen verbrannt hatte, den Schwimmbadbetreiber, 

  • wegen fahrlässiger Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, 

verurteilt, an das Kind Schadensersatz sowie Schmerzensgeld zu zahlen. 

Begründet hat das LG dies damit, dass Besucher eines Schwimmbades, 

  • nachdem unter diesen üblicherweise auch Kinder seien,

nicht damit rechnen müssen, 

  • dass sich in Bereichen, die uneingeschränkt genutzt werden dürfen, im Boden eine Metallplatte befindet, die sich bei Sonneneinstrahlung dermaßen erhitzt, dass man sich daran Verbrennungen an den Fußsohlen zuziehen kann, 

sie sich vielmehr grundsätzlich darauf verlassen können müssen, 

  • dass allgemein zugängliche Bereiche gefahrlos betreten werden können    

und deshalb Schwimmbadbetreiber verpflichtet seien, Schwimmbadbesucher vor Gefahren,

  • die von durch Sonneneinstrahlung erhitzten, am Boden von allgemein zugänglichen Bereichen befindlichen Metallplatten ausgehen,

durch ihm zumutbare Vorkehrungen zu warnen bzw. zu schützen,  

  • wie etwa durch eine besondere Kennzeichnung oder eine Absperrung an besonders heißen Tagen (Quelle: juris Das Rechtsportal).

Supermarktbetreiber muss Kundin, die nach maschinellen Bodenreinigungsarbeiten gestürzt war, Schmerzensgeld zahlen

Mit Urteil vom 16.07.2020 – 24 O 76/18 – hat das Landgericht (LG) Coburg in einem Fall, in dem eine Kundin zwischen dem Kassenbereich und der Ausgangstür eines Supermarktes, 

  • unmittelbar nachdem dort ein Mitarbeiter des Supermarktes den Boden mit einer Reinigungsmaschine gesäubert hatte, 

auf dem Feuchtigkeitsfilm,

  • der bei Verwendung einer Reinigungsmaschine stets für kurze Zeit zurückbleibt,

ausgerutscht sowie gestürzt war und sich dabei verletzt hatte, der Klage der Kundin gegen den Supermarktbetreiber 

  • auf Zahlung von Schmerzensgeld 

stattgegeben.

Schadensersatzpflichtig,

  • wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht,

hat sich der Supermarktbetreiber danach deswegen gemacht, weil die Rutschgefahr an der Sturzstelle,

  • infolge des bei der maschinellen Bodenreinigung für kurze Zeit zurückbleibenden Feuchtigkeitsfilms

erhöht war, damit die Kundin, 

  • selbst wenn sie die Reinigungsarbeiten wahrgenommen hatte, mangels Kenntnis der Funktionsweise einer Reinigungsmaschine, 

nicht rechnen musste, 

  • zum Schutz der Kunden vor dieser erhöhten Rutschgefahr, 

entweder 

  • der betroffene Bereich hätte gesperrt

oder zumindest

  • Warnschilder hätten aufgestellt werden müssen 

und nach Auffassung des LG das Unterlassen dieser Sicherungsmaßnahmen für den Sturz der Kundin 

  • ursächlich

war (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg).

Interessant zu wissen für Saunabesucher und Saunabetreiber

Mit Urteil vom 15.11.2019 – 2-30 O 214/18 – hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main die Klage einer Saunabesucherin abgewiesen, die beim Verlassen der Sauna gestürzt war, 

  • sich dabei eine mediale Schenkelhalsfraktur und eine distale Radiusfraktur zugezogen hatte 

und von dem Saunabetreiber 

  • Schadensersatz sowie Schmerzensgeld 

mit der Begründung verlangt hatte, dass nach einem Aufguss 

  • in der länglichen Aufgussstelle inmitten des Saunaraumes zwischen den Sitzbänken und der Tür, 

der Durchgangsbereich feucht und rutschig gewesen und sie deshalb gestürzt sei.

Begründet hat das LG die Klageabweisung damit, dass eine Verletzung der dem Saunabetreiber obliegenden Verkehrssicherungspflicht weder 

  • in dem Aufstellen der Aufgussstelle in der Mitte der Sauna 

liege, noch darin, dass 

  • der Boden im Durchgangsbereich zur Tür der Sauna feucht gewesen sei 

Zwar erhöhe sich, so das LG, 

  • bei einer zentralen Positionierung der Aufgussstelle 

nach der allgemeinen Lebenserfahrung grundsätzlich 

  • die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts (beispielsweise durch Wärme oder durch Glätte) 

im Vergleich etwa zu einer Positionierung am Rand der Sauna. 

Allerdings müsse andererseits auch berücksichtigt werden, dass die Durchführung des Aufgusses für viele Besucher den Höhepunkt eines Besuchs in der Sauna darstelle, was dafür spreche, den Saunaofen entsprechend zentral zu positionieren, 

  • um den Besuchern die Gelegenheit zu geben, um den Saunaofen herum zu sitzen 

und dass eine solche Positionierung, 

  • die für viele Saunabesucher die Attraktivität eines Saunabesuches steigere, 

nicht unüblich sei.

Auch könnten sich, so das LG weiter, Besucher von Saunen, wie auch in Schwimmbädern, nicht darauf verlassen, dass der Boden trocken ist, sondern müssten sich 

  • grundsätzlich selbst gegen die typischen Gefahren schützen, die mit der Benutzung einer solchen Einrichtung verbunden sind sowie 
  • auf Bodenfeuchtigkeit durch eine besondere vorsichtige Gehweise einstellen

und dass Ursache des Sturzes der Klägerin eine für sie nicht ohne weiteres erkennbare und über das übliche Risiko eines Saunabesuchs hinausgehende Gefahr war, 

  • vor der der Saunabetreiber Besucher hätte schützen müssen, 

sei nicht feststellbar gewesen.

Wichtig zu wissen für Fahrgäste, die ein Schienenfahrzeug, wie einen Zug, eine Straßen- oder U-Bahn benutzen

Wird

  • bei dem Betrieb einer Schienenbahn 

ein Fahrgast verletzt, ist 

  • der Bahnbetreiber 

dem Fahrgast gegenüber zum Schadensersatz sowie zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet,

  • aus – verschuldensunabhängiger – Gefährdungshaftung nach §§ 1 Abs. 1, 6 Haftpflichtgesetz (HaftpflichtG), 
    • sofern der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht worden ist (vgl. § 1 Abs. 2 HaftpflichtG) 

sowie

  • aus §§ 823, 831, 249 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. §§ 611 ff., 280, 278, 249 ff. BGB, wenn 
    • eine schuldhafte Verkehrssicherungsverletzung des Bahnbetreibers oder 
    • eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit des Bahnführers vorgelegen hat,

wobei dem Betrieb auch Unfälle zuzuordnen sind, die sich ereignen, 

  • beim mit dem Erfassen der Haltestange, des Türgriffs bzw. mit dem Betreten der ersten Trittstufe beginnenden Einsteigevorgang oder
  • beim Aussteigen. 

Allerdings kann, 

  • auch wenn danach eine Haftung des Bahnbetreibers dem Grunde nach gegeben ist, 

den Fahrgast ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes anspruchsminderndes Mitverschulden (§§ 4 HaftPflichtG, 254 Abs. 1 BGB) treffen und 

  • bei einem ganz überwiegendem Eigenverschulden ein Anspruch (auch) aus – verschuldensunabhängiger – Gefährdungshaftung sogar ganz ausgeschlossen sein.

Darauf hat das Landgericht (LG) München I mit Urteil vom 27.08.2020 – 31 O 1712/20 – hingewiesen und in einem Fall, in dem auf einem Bahnhof ein Fahrgast sich beim Einsteigen in einen Zug,   

  • dadurch, dass er mit dem linken Bein in den 28 cm breiten Spalt zwischen Trittbrett des Schienenfahrzeugs und der Bahnsteigkante geraten war, 

eine Unterschenkelfraktur zugezogen hatte, die Klage des Fahrgastes 

  • auf Schadensersatz und Zahlung von Schmerzensgeld  

gegen den Betreiber des Zuges abgewiesen.

Dass der Fahrgast keine Ansprüche aus seinem vorliegenden Unfall hat, 

  • weder aus §§ 1, 6 Haftpflichtgesetz, 
  • noch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung von Verkehrssicherungspflichten,

hat das LG damit begründet, dass 

  • bei der Nutzung von Schienenfahrzeugen mit einem Abstand von bis zu 33 cm zwischen Bahnsteigkante und Trittbrett des Schienenfahrzeugs gerechnet werden müsse, somit es 

sich bei dem 28 cm breiten Zwischenraum um keinen verkehrswidrigen, d.h. sicherungsbedürftigen Zustand gehandelt sowie dass der Umstand, dass der Fahrgast beim Einsteigen nicht die erforderliche gesteigerte Aufmerksamkeit habe walten lassen, 

  • auf die auch der Betreiber des Schienenfahrzeugs vertrauen darf,

ein überwiegendes,

  • eine Haftung nach dem HaftpflichtG ausschließendes,

Eigenverschulden des Fahrgastes begründe.

Reiseveranstalter muss einer Reisenden wegen Sturz von einer Massageliege Schmerzensgeld und Schadensersatz zahlen

Mit Urteil vom 30.10.2019 – 2-24 O 28/18 – hat die Reiserechtskammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem die Klägerin für sich und ihren Lebensgefährten eine zweiwöchige Pauschalreise nach Teneriffa gebucht hatte, 

  • die auch fünf Massageanwendungen beinhaltete und 

nach der Massage am vierten Urlaubstag beim Absteigen von der von dem Masseur verwendeten 

  • nicht höhenverstellbaren, klappbaren, transportablen 

Massageliege mit der Liege umgekippt war und sich dabei 

  • eine Fraktur am Handgelenk und Prellungen an Kopf und Arm, die zu einem zweiwöchigen Taubheitsgefühl in der linken Körperhälfte führten, 

zugezogen hatte, entschieden, dass der Reiseveranstalter 

  • der Klägerin – unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von ihr von einem Drittel – ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.333,33 € zahlen muss 

und die Klägerin darüber hinaus auch Anspruch 

  • auf Minderung des Reisepreises, 
  • auf Ersatz nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von jeweils 50 % anteilig für die verbleibenden Urlaubstage und 
  • auf Erstattung eines Haushaltsführungsschadens hat, da sie nach ihrer Rückkehr mehrere Wochen ihren Haushalt nicht versorgen konnte.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass die mobile Massageliege

  • zwar für stationäre Anwendungen zugelassen war, aber, 

nachdem sie leicht kippen konnte, zum Schutz der Gäste 

  • Vorkehrungen dagegen 

hätten getroffen werden müssen und 

  • diesen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht 

der Reiseveranstalter sich zurechnen lassen muss.  

Ein Mitverschulden von einem Drittel muss sich die Klägerin deshalb anrechnen lassen, da sie, 

  • weil ihr Oberkörper unbekleidet war, zwar nachvollziehbar das Angebot des männlichen Masseurs, ihr beim Absteigen von der Liege zu helfen, abgelehnt hatte, aber statt dessen 

um Hilfestellung einer weiblichen Mitarbeiterin hätte bitten können (Quelle: Pressemitteilung LG Frankfurt am Main).