Tag Vorsorgevollmacht

Betreuungsbedürftige Volljährige können grundsätzlich selbst entscheiden, wer vom Gericht als ihr Betreuer zu bestimmen ist

Ist für eine volljährige Person, weil sie auf Grund 

  • einer psychischen Krankheit oder 
  • einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung 

ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht (mehr) besorgen kann und für diesen Fall 

erteilt hat, die 

  • Bestellung eines Betreuers 

durch das Amtsgericht (AG) – Betreuungsgericht – erforderlich (vgl. § 1896 BGB), ist 

  • gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB 

grundsätzlich die Person zum Betreuer zu bestellen, die 

  • der Betroffene wünscht bzw. 
  • als Betreuer vorschlägt.

Ein solcher Wunsch bzw. Vorschlag des Betroffenen, der schon vor dem Betreuungsverfahren, beispielsweise 

  • in einer Betreuungsverfügung oder 
  • in einer wegen Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen unwirksamen Vorsorgevollmacht 

zum Ausdruck gebracht bzw. niedergelegt, aber auch erst 

  • bei der gerichtlichen Anhörung vor einer Betreuerbestellung 

geäußert werden kann, erfordert

  • weder Geschäftsfähigkeit 
  • noch eine natürliche Einsichtsfähigkeit.

Es genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden.

Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung.

Darauf sowie dass

  • der Wille bzw. Wunsch des Betroffenen nur dann unberücksichtigt bleiben darf, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft und 
  • dies das Bestehen der konkreten Gefahr voraussetzt, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen 
    • kann oder 
    • will,  

hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) erneut mit Beschluss vom 18.082021 – XII ZB 151/20 – hingewiesen. 

Wichtig zu wissen, wenn eine Betreuung erforderlich ist und die/der Betroffene eine bestimmte Person

…. als Betreuer/in vorschlägt bzw. wünscht.   

Ist für eine volljährige Person, weil sie 

  • auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung 

ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht (mehr) besorgen kann und für diesen Fall 

erteilt hat, die Bestellung eines Betreuers durch das Amtsgericht (AG) – Betreuungsgericht – erforderlich (vgl. § 1896 BGB), ist 

  • gemäß § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB 

grundsätzlich die Person zum Betreuer zu bestellen, die 

  • der Betroffene wünscht bzw. 
  • als Betreuer vorschlägt.

Ein solcher Wunsch bzw. Vorschlag des Betroffenen, 

  • der auch schon vor dem Betreuungsverfahren geäußert bzw. zum Ausdruck gebracht worden sein kann, beispielsweise 
    • in einer Betreuungsverfügung oder 
    • in einer wegen Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen unwirksamen Vorsorgevollmacht,

erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. 

  • Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. 
  • Auch die Motivation des Betroffenen ist für die Frage, ob ein betreuungsrechtlich beachtlicher Vorschlag vorliegt, ohne Bedeutung.
  • In einem solchen Fall steht dem AG bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen zu, sondern es ist dann grundsätzlich die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betreute wünscht. 

Der Wille des Betreuten kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung 

  • der vorgeschlagenen Person 

dem Wohl des Betreuten zuwiderliefe. 

Dies setzt voraus, dass sich 

  • aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände 

Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die 

  • gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. 

Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen,

  • auch für die Zukunft und 
  • bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis,

nicht zu dessen Wohl 

Ein vom Erblasser Bevollmächtigter ist nicht in jedem Fall gegenüber den Erben zur Rechnungslegung

…. über die von ihm (in Vertretung des Erblassers) vorgenommenen Geschäfte verpflichtet.

Mit Urteil vom 08.04.2021 – 9 U 24/20 – hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Fall, in dem der Sohn der Erblasserin zu deren Lebzeiten 

  • ihre Bankgeschäfte 

erledigt, die Erblasserin ihm hierfür 

  • nicht nur eine Bankvollmacht, 
  • sondern auch eine Vorsorgevollmacht für den Fall ihrer Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit 

erteilt und von ihm eine Miterbin 

  • gegenüber der Erbengemeinschaft

Rechnungslegung,

  • d.h. eine übersichtliche und belegte Aufstellung aller von ihm mit der Vollmacht der Erblasserin vorgenommenen Bankgeschäfte,

verlangt hatte, darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für einen solchen Anspruch auf Rechnungslegung nach § 666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, dass 

  • der Sohn der Erblasserin von ihr rechtsverbindlich i.S.v. § 662 BGB mit der Vornahme von Bankgeschäften beauftragt worden war 

und dass 

  • sich ein solcher Auftrag nicht schon aus der Vollmacht ergibt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall gelangte der Senat, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäfte, zu der Überzeugung, dass 

  • von einer Auftragserteilung seitens der Erblasserin auszugehen sei, 

allerdings,

  • weil die Erblasserin von da an ihre Bankgeschäfte nicht mehr selbst habe vornehmen und 
  • die Vornahme durch ihren Sohn auch nicht mehr habe kontrollieren können,

erst ab dem Zeitpunkt, als sie pflege- und betreuungsbedürftig geworden sei.

Für den Sohn der Erblasserin bedeutete das, dass 

Zum Verständnis:
Hat ein vom Erblasser Bevollmächtigter Geschäftsbesorgungen für den Erblasser lediglich 

  • aus Gefälligkeit 

vorgenommen, ist er bezüglich dieser den Erben des Erblassers gegenüber grundsätzlich 

  • nicht auskunftspflichtig.

Hat dagegen zwischen dem Erblasser und seinem von ihm Bevollmächtigten ein 

  • Auftragsverhältnis 

bestanden, ist der aus diesem Auftragsverhältnis dem Erblasser zustehende Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch nach § 666 BGB, 

  • sofern dies vom Erblasser nicht ausdrücklich durch eine entsprechende Anordnung in der Vollmachtsurkunde ausgeschlossen worden ist,

gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf seine Erben übergegangen, so dass der vom Erblasser Bevollmächtigte den Erben gegenüber 

  • nicht nur auskunfts- sowie rechenschaftspflichtig gemäß § 666 BGB, 

sondern, wenn er beispielsweise Geld vom Konto des Erblassers abgehoben hat, auch darlegungs- und beweispflichtig ist, 

  • für die auftragsgemäße Verwendung von erlangtem Geld und 
  • ggf. auch für die auftragsgemäße Herausgabe des erlangten Geldes an den Erblasser gemäß § 667 BGB (vgl. dazu und auch, wonach sich beurteilt, ob vom Vorliegen einer Gefälligkeit oder eines Auftrags auszugehen ist, Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 18.03.2014 – 3 U 50/13 –). 

Wichtig zu wissen sowohl für die, die eine (Vorsorge)Vollmacht errichten (möchten), als auch die Vorsorgebevollmächtigten

Mit Beschluss vom 12.11.2020 – V ZB 148/19 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) darauf hingewiesen, dass eine Vorsorgevollmacht auch vorliegt, wenn sie im 

  • Außenverhältnis

unbedingt (unbeschränkt) erteilt ist und aus der Vollmachtsurkunde, 

  • beispielsweise durch die Überschrift „Vorsorgevollmacht“ oder 
  • dadurch, dass sie für den Vorsorgefall charakteristische Befugnisse umfasst, wie etwa die Einwilligung in ärztliche Behandlungen oder zur Aufenthaltsbestimmung, 

erkennbar ist, dass die Vollmacht zur Vermeidung einer Betreuung erteilt wurde, 

  • also im Innenverhältnis nur für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit bzw. des Eintritts des Vorsorgefalls gelten soll,

dass der Vollmachtgeber die zeitlichen Grenzen der Bevollmächtigung und damit auch das Erlöschen der Vorsorgevollmacht regeln, also auch bestimmen kann, 

  • dass die Vorsorgevollmacht über seinen Tod hinaus gültig sein soll,

dass, wenn nach der Bestimmung des Vollmachtgebers die Vorsorgevollmacht über seinen Tod hinaus gelten soll, 

  • nach dem Tod des Vollmachtgebers der Bevollmächtigte die Erben (bei der Nachlassabwicklung) vertreten kann, bis zum Widerruf der Vollmacht durch sie,

dass man

die Unterschriften auf einer Vorsorgevollmacht durch die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde 

  • öffentlich beglaubigen 

lassen kann und dass eine solche Beglaubigung auch den Anforderungen des § 29 Grundbuchordnung (GBO) genügt, 

  • also geeignet ist den diesbezüglichen Nachweis der Vertretungsmacht gegenüber dem Grundbuchamt zu führen.

Übrigens:
Infos über die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung finden Sie hier. 

OLG Frankfurt entscheidet: Hat ein bevollmächtigter Ehepartner von einem Versicherungsvertrag des anderen keine Kenntnis,

…. kann eine verspätete Anzeige eines Versicherungsfalles durch ihn unverschuldet und die Versicherung rückwirkend leistungspflichtig sein.

Mit Urteil vom 11.11.2020 – 7 U 36/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem es in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer 

  • von einer Frau (im Folgenden: Versicherungsnehmerin) für den Fall der Schwerstpflegebedürftigkeit (Pflegestufe III) abgeschlossenen 

Pflegetagegeldversicherung hinsichtlich der Leistungserbringung u.a. hieß, dass

  • bei Stellung des Antrags nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, der Leistungsanspruch vom Beginn des Monats der Antragstellung gegeben ist und
  • bei einer unverschuldet verspäteten Anzeige des Versicherungsfalls die Leistungen jedoch rückwirkend erbracht werden,

die Versicherungsnehmerin 

  • nach einem schweren Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung, vollständigem Verlust der Sprachfähigkeit sowie erheblichen Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens 

die Pflegestufe III erhalten hatte und zwei Jahre später vom Ehemann der Versicherungsnehmerin,

  • der von ihr eine Vorsorgevollmacht hatte, 

der Versicherungsfall gemeldet sowie eine Leistungserbringung für die Versicherungsnehmerin, 

  • ab Erhalt der Pflegestufe III, 

beantragt worden war, entschieden, dass 

  • die verspätete Anzeige des Versicherungsfalles unverschuldet war und deswegen

die Versicherung zur rückwirkenden Leistung verpflichtet ist.

Wie das OLG ausgeführt hat, war die verspätete Anzeige des Versicherungsfalls durch den Ehemann der Versicherungsnehmerin hier deshalb unverschuldet, weil die Versicherungsnehmerin,  

  • die den Versicherungsfall grundsätzlich selbst hätte anzeigen müssen,

aufgrund der gesundheitlichen Folgen ihres Schlaganfalls 

  • weder selbst zu der Anzeige, 
  • noch zu einer Information ihres Ehemanns über die bestehende Versicherung 

in der Lage war, sie auch nicht 

  • im Sinne einer vorausschauenden Verhaltenspflicht 

ihren Ehemann vor dem Eintritt des Versicherungsfalls 

  • über das Bestehen des Versicherungsvertrages 

hatte informieren müssen, von dem bevollmächtigten Ehemann der Versicherungsnehmerin selbst auch nicht 

  • schuldhaft und 
  • in einer der Versicherungsnehmerin zuzurechnenden Weise 

eine frühere Anzeige des Versicherungsfalls unterlassen worden ist, dieser

  • vielmehr unverschuldet keine Kenntnis vom Bestehen dieses Vertrages hatte und 

aufgrund der ihm bekannten monatlichen Abbuchungen der Versicherungsbeiträge i.H.v. 20 Euro/pM nicht vom Bestehen einer derartigen Versicherung ausgehen musste,

  • zumal sich aus dem Buchungstext nicht die Art der Versicherung ergeben hat, 
  • sondern nur, dass irgendein Versicherungsvertrag bestanden hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt).  

Was ist eigentlich, wenn die Wirksamkeit einer erteilten Vorsorgevollmacht von Dritten in Zweifel gezogen wird?

…. Muss dann ein Betreuer bestellt werden?

Liegt eine Vorsorgevollmacht vor, ist 

  • gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

eine Betreuung grundsätzlich nicht erforderlich. 

Das gilt auch, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Erteilung der Vorsorgevollmacht bestehen.

  • Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht vom Betreuungsgericht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung. 

Ob eine bestehende Vollmacht 

  • dann, wenn sie in Zweifel gezogen wird, 

dem Bevollmächtigten ermöglicht, 

  • die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie durch einen Betreuer zu besorgen, 

ist eine nachgeordnete Frage, die sich erst stellt, wenn 

  • die Frage der Wirksamkeit der Vollmacht ausermittelt ist und 

nicht positiv festgestellt werden kann, ob sie 

  • wirksam oder 
  • unwirksam

ist. 

Bleiben Bedenken, kommt es darauf an, ob die 

  • Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr 

eingeschränkt ist, 

  • entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese Bedenken zurückgewiesen haben 
  • oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist.

Unabhängig davon kann 

  • trotz erteilter Vorsorgevollmacht 

eine Betreuung dann erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte 

  • ungeeignet ist, 

die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil 

Übrigens:
Infos nicht nur über die Vorsorgevollmacht, sondern auch über die Patientenverfügung findet man hier

Infos über die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung

In einer Vorsorgevollmacht können Volljährige,

  • solange sie geschäftsfähig sind,

regeln, 

  • welche ihrer rechtlichen Angelegenheiten wer besorgen soll, 

wenn sie krankheitsbedingt hierzu nicht mehr selbst in der Lage sind und 

  • dadurch vermeiden, dass im Betreuungsfall, der beispielsweise nach einem Verkehrsunfall oder einem Schlaganfall eintreten kann, vom Gericht ein Betreuer, den sie möglicherweise nicht wollen, bestellt wird.

In einer Patientenverfügung können Volljährige 

  • für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit, 

schriftlich bestimmen, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe 

  • einwilligen oder 
  • sie untersagen.

Wichtige weitere Informationen dazu finden Sie u.a. in folgenden unserer Blogs,

Was, wer eine Vorsorgevollmacht erteilt oder erteilt bekommen hat, über die Voraussetzungen der Bestellung

…. eines Kontrollbetreuers zur Kontrolle des Vorsorgebevollmächtigten und die Übertragung des Aufgabenkreises des Widerrufs einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht, wissen sollte.

Nach § 1896 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Betreuer auch

  • zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten

bestellt werden.

Mit dieser so genannten Kontrollbetreuung kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht

  • für eine Kontrolle des Bevollmächtigten

gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber

  • aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung

nicht mehr in der Lage ist,

  • den Bevollmächtigten zu überwachen und
  • gegebenenfalls die Vollmacht zu widerrufen.

Eine Kontrollbetreuung darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist.

Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall erteilt (hat), dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann,

  • um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden,

kann das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung nicht allein damit begründet werden, dass

  • der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen.

Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB).

  • Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen.

Notwendig ist der konkrete,

  • d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte

Verdacht, dass

  • mit der Vollmacht

dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird.

Dies kann der Fall sein,

  • wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist,

oder

  • wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen.

Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich.
Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt.

Soll dem Kontrollbetreuer

  • auch der Aufgabenkreis Vollmachtwiderruf

übertragen werden, setzt dies

  • zusätzlich tragfähige Feststellungen

voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht

  • eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und
  • in erheblicher Schwere

befürchten lässt.

Sind

  • behebbare Mängel bei der Vollmachtausübung

festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch,

  • durch einen zu bestellenden (Kontroll-)Betreuer

auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken,

  • insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) sowie
  • die Ausübung bestehender Weisungsrechte.

Nur wenn

  • diese Maßnahmen fehlschlagen oder
  • es aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheint, drohende Schäden auf diese Weise abzuwenden,

ist die Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf,

  • der die ultima ratio darstellt,

verhältnismäßig (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.01.2020 – XII ZB 368/19 –).

Volljährige sollten, solange sie noch dazu in der Lage – also (noch) geschäftsfähig – sind, eine Vorsorgevollmacht erstellen

…. weil für sie ansonsten im Betreuungsfall,

  • der jederzeit, beispielsweise nach einem Unfall eintreten kann,
  • wenn man krankheitsbedingt nicht mehr entscheidungsfähig ist,

vom Amtsgericht ein Betreuer bestellt werden muss und wird,

  • der dann für sie die anstehenden Entscheidungen trifft.

Ohne entsprechende Bevollmächtigung können nämlich

  • auch Angehörige, wie Ehe-, Lebenspartner oder Kinder

keine Entscheidungen für einen entscheidungsunfähigen Volljährigen treffen und dürfen weder Krankenunterlagen einsehen, noch erhalten sie Auskünfte von den behandelnden Ärzten.

In einer Vorsorgevollmacht können Volljährige regeln, wer,

  • das kann der Ehe-, Lebenspartner, ein Kind, ein sonstiger Angehöriger oder eine andere Vertrauensperson sein,

für den Fall, dass sie selbst krankheitsbedingt hierzu nicht mehr selbst in der Lage sein sollten, ihre rechtlichen Angelegenheiten besorgen soll, also beispielsweise

  • alle Angelegenheiten der Gesundheitssorge sowie der Pflege,
  • die Behörden, Versicherungen, Renten-und Sozialleistungs- sowie
  • die Vermögenangelegenheiten usw.

Handeln muss ein Bevollmächtigter stets im wohlverstandenen Interesse des Vollmachtgebers. Er darf und muss sich dabei an einen ihm vom Vollmachtgeber (in der Vorsorgevollmacht) erteilten Auftrag und damit verbundene Weisungen halten.

Erforderlich werden kann, trotz Vorliegens einer Vorsorgevollmacht, eine Betreuerbestellung durch das Amtsgericht (ausnahmsweise) nur dann,

  • wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmachterteilung oder am Fortbestand der Vollmacht bestehen, die geeignet sind, die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr und damit die Wahrnehmung von Rechten des Betroffenen durch den Bevollmächtigten zu beeinträchtigen

oder

  • wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch den Bevollmächtigten eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet

oder

  • wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Geeignetheit oder Redlichkeit als ungeeignet erscheint.

Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür,

  • dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt,

kann nach § 1896 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten bestellt werden (Kontrollbetreuer),

Übrigens:

  • Solange ein Volljähriger geschäftsfähig ist, kann er eine erteilte Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen.
  • Seine Unterschrift auf einer Vorsorgevollmacht kann und sollte man bei der Betreuungsbehörde (bei der Stadt bzw. dem Landratsamt) öffentlich beglaubigen lassen. Die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde ist dazu nach § 6 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger (Betreuungsbehördengesetz – BtBG) befugt (vgl. hierzu Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2015 – 11 Wx 71/15 –).
  • Wünschen Volljährige in bestimmten, künftig möglicherweise eintretenden Lebens- bzw. Behandlungssituationen eine bestimmte ärztliche Behandlung oder wünschen sie eine solche nicht (mehr), wie etwa (weitere) lebenserhaltende Maßnahmen, sollten sie – neben einer Vorsorgevollmacht – auch eine Patientenverfügung erstellen.
  • Privatschriftliche Vorsorgevollmachten (aber auch in Zusammenhang damit erstellte Patientenverfügungen) können der Bundesnotarkammer zur Eintragung in das Zentrale Vorsorgeregister übermittelt werden.
    Von dieser Möglichkeit sollte Gebrauch gemacht werden, weil damit sichergestellt ist, dass Gerichte rechtzeitig erfahren, ob und ggf. was ein Betroffener in betreuungsrechtlicher Hinsicht verfügt hat.