Tag Werkvertrag

Wichtig zu wissen für Unternehmer, die von ihrem Besteller auf Schadensersatz wegen mangelhafter Werkleistung eines von ihnen 

…. beauftragen Nachunternehmens erfolgreich in Anspruch genommen wurden.

Mit Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 92/20 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein

  • Besteller

eine

  • Unternehmerin,

die von ihm mit der 

  • Dachaufstockung und energetische Sanierung von neun Wohngebäuden 

beauftragt worden war, nach Fertigstellung wegen

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BGH entscheidet: Bei Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts ist Widerrufsrecht nicht nach

…. § 312g Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 20.10.2021 – I ZR 96/20 – hat der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass, wenn Verbraucher 

  • außerhalb von Geschäftsräumen 

einen Vertrag über die 

  • Lieferung und 
  • Montage

eines Kurventreppenlifts mit Schienen,

  • die individuell an die in ihrem Treppenhaus zu befahrenden Kurven angepasst werden müssen,

abschließen, das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB nicht 

  • gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB 

ausgeschlossen ist und die Verbraucher 

  • nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB 

über ihr bestehendes vierzehntägiges Widerrufsrecht zu informieren sind.

Der Senat hat dies damit begründet, dass der Begriff „Verträge zur Lieferung von Waren“ in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB dahingehend auszulegen ist, dass dazu 

  • Kaufverträge (§ 433 BGB) und 
  • Werklieferungsverträge (§ 650 BGB), 

aber im Regelfall nicht  

  • Werkverträge (§ 631 BGB) 

zählen, es für die Abgrenzung von 

  • Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und 
  • Werkverträgen andererseits 

darauf ankommt, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der 

  • Schwerpunkt

liegt und der Schwerpunkt bei einem Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts

  • nicht auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, 
  • sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene sowie ihrer Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht,

und damit auf der Werkleistung liegt (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

V. Zivilsenat des BGH entscheidet: Im Kaufrecht können weiterhin als Schadensersatz fiktive Mängelbeseitigungskosten verlangt werden

Mit Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19 – hat der unter anderem für den Immobilienkauf zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Käufer eine Eigentumswohnung 

  • unter Ausschluss der Sachmängelhaftung 

erworben, 

  • es im Kaufvertrag geheißen 

hatte, dass 

  • dem Verkäufer bekannt ist, dass es in der Vergangenheit an der Schlafzimmerwand Feuchtigkeit gab und 
  • sich der Verkäufer, sollte es erneut zu einer Feuchtigkeit im Schlafzimmer kommen, verpflichtet, diese auf seine eigenen Kosten zu beheben, 

nach Übergabe der Wohnung 

  • Feuchtigkeit in dem Schlafzimmer aufgetreten, 
  • zur Beseitigung der Verkäufer vom Käufer erfolglos unter Fristsetzung aufgefordert und
  • der Käufer von den Wohnungseigentümern durch Beschluss auch insoweit zur Behebung der Schäden ermächtigt worden war, 
    • als das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, 

entschieden, dass der Käufer

  • im Rahmen des kleinen Schadensersatzes 

von dem Verkäufer gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

  • Ersatz der voraussichtlich erforderlichen (fiktiven) Mängelbeseitigungskosten 

verlangen kann, 

  • wobei es unerheblich ist, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird. 

Das bedeutet, im Kaufrecht kann ein Käufer 

  • der die mangelhafte Kaufsache behalten will, 

ggf. im Rahmen des kleinen Schadensersatzes entweder 

  • Ausgleich des mangelbedingten Minderwertes

oder

  • Ersatz der voraussichtlich erforderlichen (fiktiven) Mängelbeseitigungskosten (ohne Umsatzsteuer) verlangen (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Hinweis:
Wie im 

  • Werkvertragsrecht

ein Besteller, 

  • der nach der Abnahme am Bauwerk Mängel festgestellt hat und 
  • das (mangelhafte) Werk behalten will, 

den ersatzfähigen Schaden bemessen kann und ggf. muss, 

  • falls er den Mangel nicht beseitigen lässt,
  • falls er den Mangel beseitigen lassen will und
  • wenn er den Mangel hat beseitigen lassen,

vgl. die 

Es gibt Meinungsverschiedenheiten am BGH darüber, wie beim Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz)

…. nach §§ 280, 281 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),  

  • bei (noch) nicht erfolgter Mängelbeseitigung, 

der Schaden im Werk- sowie im Kaufvertragsrecht bemessen werden darf.   

Der 

  • für Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen zuständige 

VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 –, unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, entschieden 

dass es 

  • im Werkvertragsrecht 

dann nicht (mehr) zulässig ist, den Anspruch auf Schadensersatz  

  • wegen nach der Abnahme am Bauwerk festgestellter Mängel gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB 

nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu bemessen, wenn der Besteller 

  • das Werk behält und 
  • den Mangel nicht beseitigen lässt bzw. noch nicht hat beseitigen lassen,

vielmehr ein Besteller, der das (mangelhafte) Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, den Schaden bemessen kann und ggf. muss,

  • entweder in der Weise, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz ermittelt,
    • zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und 
    • dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel, 
  • oder in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB auch in der Weise, dass ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung, 
    • der Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten) Mangels geschätzt wird, 
    • wobei Maßstab ist, die durch den Mangel des Werks erfolgte Störung des Äquivalenzverhältnisses,
  • oder, falls der Besteller die durch das Werk geschaffene oder bearbeitete Sache veräußert haben sollte, ohne dass eine Mängelbeseitigung vorgenommen wurde,
    • nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels der Sache,

dass ein Besteller, der das Werk behält und den Mangel beseitigen lassen will, 

  • weiterhin gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB grundsätzlich das Recht hat, Vorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB zu fordern

und dass ein Besteller, der das Werk behält und den Mangel hat beseitigen lassen,

  • die von ihm aufgewandten Mängelbeseitigungskosten als Schaden gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB ersetzt bzw. 
  • vor Begleichung der Kosten Befreiung von den zur Mängelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten 

verlangen kann.

Anderer Auffassung 

  • jedenfalls

für die Bemessung des 

  • kaufvertraglichen Schadensersatzes statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB 

ist der für das Kaufrecht zuständige V. Senat des BGH, der, 

daran festhalten will, dass ein Käufer

  • der die (mangelhafte) Kaufsache behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, 

entweder

  • Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts 

oder 

  • Ersatz der voraussichtlich erforderlichen (fiktiven) Mängelbeseitigungskosten 

verlangen kann.

Hinweis für die Praxis:
Damit kann, wenn 

  • eine mangelhafte Sache behalten, 
  • der Mangel nicht beseitigt und 
  • Schadensersatz nach §§ 281, 280 BGB verlangt wird, 

für die Bemessung des Schadens von Bedeutung sein, ob es sich bei der vom Schuldner übernommenen Pflicht, die nicht wie geschuldet, sondern mangelhaft erbracht wurde, um 

  • eine kauf- oder 
  • eine werkvertragliche 

Pflicht gehandelt hat.  

LG Nürnberg-Fürth entscheidet, dass auch bei der Bestellung eines Treppenlifts ein Widerrufsrecht

…. nach §§ 312g Abs. 1, 355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) besteht und

  • ein Ausschluss des Widerrufsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unzulässig ist.

Mit Urteil vom 08.02.2019 – 7 O 5463/18 – hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth entschieden, dass Verbraucher

  • auch die Bestellung eines Treppenlifts widerrufen können, wenn

sie den Vertrag in der eigenen Wohnung oder zum Beispiel telefonisch oder brieflich abgeschlossen haben.

Dass das Widerrufsrecht bei einem solchen Vertrag nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen ist, hat das LG damit begründet, dass es sich bei einem

  • außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossen

Vertrag über die Lieferung und Montage eines Treppenlifts,

  • da hierbei nicht die Übertragung des Eigentums und Besitzes der Ware, also der Warenumsatz, im Vordergrund stehe,
  • sondern die Herstellung einer funktionierenden Einheit

vorwiegend um einen Werkvertrag handle, die Ausschlussregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB

Was, wer eine Werkleistung in Auftrag gegeben und wegen auf einer mangelhaften Werkleistung

…. beruhender Schäden Ersatz verlangen möchte, wissen und beachten sollte.

Mit Urteil vom 07.02.2019 – VII ZR 63/18 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass,

  • wenn eine Pflichtverletzung des Auftragnehmers in Form einer mangelhaften Werkleistung vorliegt,

mit dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • der an die Stelle der geschuldeten Werkleistung tritt, damit das Leistungsinteresse des Bestellers erfasst und
  • der eine vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung voraussetzt, um dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, ein mangelfreies Werk herzustellen, sofern dies nicht ausnahmsweise entbehrlich ist,

Ersatz für Schäden verlangt werden kann,

  • die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des geschuldeten Werks beruhen,

während mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs.1 BGB,

  • ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung,

Ersatzansprüche für über das Leistungsinteresse hinausgehende mangelbedingte Folgeschäden geltend gemacht werden können, die

  • aufgrund eines Werkmangels an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen entstanden sind und
  • durch eine Nacherfüllung der Werkleistung – weil nach dem Inhalt des Werkvertrages nicht Bestandteil der geschuldeten Werkleistung – nicht beseitigt werden können.

Wird beispielsweise eine Autowerkstatt

  • beauftragt bei einem PKW den Keilrippenriemen auszutauschen,
  • reißt der ausgetauschte Keilrippenriemen, weil er nicht richtig gespannt worden ist und
  • führt das Reißen des Keilriemens zu Schäden an anderen Teilen des Fahrzeugs,

handelt es sich somit bei dem Schadensersatzanspruch gegen den Werkstattbetreiber wegen der Schäden an den anderen Fahrzeugteilen

  • um einen Schadensersatzanspruch neben der Leistung aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB,
  • der eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht erfordert,

weil es hinsichtlich der anderen Fahrzeugteile

  • nicht um die Nacherfüllung des geschuldeten Keilriemenaustausches oder der vereinbarten Austauscharbeiten und hierdurch erforderlich werdende Maßnahmen geht,
  • sondern um die Beseitigung weiterer, aufgrund der mangelhaften Werkleistung eingetretener Schäden am Kraftfahrzeug.

Wer die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer bestimmten Domain in Auftrag gibt, sollte beachten

…. dass er grundsätzlich das Risiko trägt, dass mit der in Auftrag gegebenen Werbemaßnahme die gewünschte Werbewirkung tatsächlich auch erzielt werden kann, wenn

  • er mit dem Auftragnehmer keine vertraglichen Regelungen trifft, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann.

Darauf hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.03.2018 – VII ZR 71/17 – hingewiesen.

Danach ist ein Vertrag,

  • mit dem ein anderer bzw. ein Unternehmen beauftragt wird, unter einer bestimmten Domain eine Werbeanzeige zu platzieren,

in der Regel,

rechtlich als Werkvertrag gemäß § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu qualifizieren, nach dem – vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien – der Auftragnehmer für die Dauer der Vertragslaufzeit als Arbeitsergebnis bzw. Arbeitserfolg lediglich schuldet,

  • die Werbeanzeige in der im Vertrag festgelegten Form durch die Plazierung unter einer bestimmten Domain dem potentiellen Kundenkreis zur Kenntnis zu bringen.

Auftraggeber und Auftragnehmer sollten wissen, dass eine Ohne-Rechnung-Abrede zur Nichtigkeit eines zwischen ihnen

…. geschlossenen Dienst-, Werk- oder Werkleistungsvertrages führt und ihnen dann keine vertraglichen Ansprüche zustehen,

  • also dem Auftraggeber weder Schadensersatzansprüche wegen nicht ordnungsgemäßer Vertragserfüllung,
  • noch dem Auftragnehmer Zahlungsansprüche aus dem Vertrag.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 18.10.2017 – 12 U 115/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem ein Auftraggeber einem Architekten

  • nach der mündlichen Beauftragung mit Architektenleistungen vor Stellung der Schlussrechnung

5.000 Euro ohne Rechnung sowie in bar gezahlt hatte,

  • ohne dass dieser Betrag in die Schlussrechnung aufgenommen wurde,

entschieden, dass der Architekt

  • indem er von dem Architektenhonorar 5.000 Euro in bar und ohne Rechnungsstellung verlangt und entgegengenommen,
  • der Auftraggeber dies erkannt und zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt habe und
  • beiden bewusst gewesen sei, dass für den in bar gezahlten Betrag Umsatzsteuer nicht habe entrichtet werden sollen,

verbotene Schwarzarbeit geleistet hat und

  • der von den Parteien abgeschlossene Architektenvertrag aufgrund dessen wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtig ist.

Denn, so der Senat, ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz),

  • einen Werkvertrag abzuschließen oder Werkleistungen zu erbringen,
  • mit denen ein Unternehmer seine sich aus der Leistung ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,

führe jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn

  • der Unternehmer gegen dieses Verbot vorsätzlich verstoße,
  • der Besteller den Verstoß des Unternehmers kenne und
  • bewusst zum eigenen Vorteil ausnutze.

Dass Parteien zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses noch keine „Ohne-Rechnung-Abrede“ getroffen und damit zunächst einen wirksamen Vertrag abgeschlossen hätten, rechtfertige, so der Senat weiter, keine andere Bewertung, weil die nachträgliche „Ohne-Rechnung-Abrede“ den Vertrag geändert und insgesamt unwirksam gemacht habe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 24.11.2017).

Ein Bauunternehmer, der auf einem Grundstück einen Neubau errichtet, kann schadensersatzpflichtig sein

…. wenn nach seinen Arbeiten am Anwesen des Nachbargrundstücks Risse auftreten.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 15.08.2017 – 12 U 61/16 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem von einem Bauunternehmer bei der Errichtung eines Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage bei den Tiefbauarbeiten zur Sicherung der ausgehobenen Baugrube in einem Abstand von zum Teil nur 60 cm zum Nachbargrundstück mehrere acht Meter lange Eisenträger durch Bohren und mit Hilfe eines großen Rammgeräts in den Boden eingebracht sowie nach Fertigstellung der Tiefbauarbeiten wieder entfernt worden waren und
  • sich nach diesen Arbeiten alte Risse in dem Gebäude auf dem Nachbargrundstück auf teilweise mehrere Zentimeter deutlich verbreitert und die gesamte Hauswand durchdrängt hatten,

entschieden,

  • dass der Bauunternehmer dem Eigentümer des Nachbargrundstücks den diesem durch die Verbreiterung der Risse entstandenen Schaden, der ca. 20.000 Euro betrug, ersetzen muss.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • der zwischen dem Bauherrn des Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage und dem Bauunternehmer geschlossene Werkvertrag Schutzwirkung zugunsten des Eigentümers des Nachbargrundstücks entfalte,
  • diesem gegenüber auch die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten gälten und

der Bauunternehmer durch die Vibrationsarbeiten in unmittelbarer Nähe des Nachbaranwesens gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen habe, da

Wichtig für die Parteien eines Werkvertrags zu wissen: Wann können welche (Mängel) Rechte vom Besteller (schon vor Abnahme) geltend gemacht werden?

Haben Parteien einen Werkvertrag geschlossen,

  • beispielsweise einen Bauvertrag über Terrassen- und Maurerarbeiten,

ist der Unternehmer zur Herstellung des versprochenes Werkes verpflichtet (§ 631 Abs. 1 HS 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und hat er dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 633 Abs. 1 BGB).

Ist das (hergestellte) Werk mangelhaft, kann der Besteller nach § 634 BGB, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

  • gemäß § 634 Nr. 1 BGB nach § 635 BGB Nacherfüllung verlangen,
  • gemäß § 634 Nr. 2 BGB nach § 637 BGB den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
  • gemäß § 634 Nr. 3 BGB nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 BGB von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 BGB die Vergütung mindern und
  • gemäß § 634 Nr. 4 BGB nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

Geltend machen mit Erfolg kann der Besteller diese Mängelrechte nach § 634 BGB aber grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks (unter Vorbehalt seiner Rechte wegen der Mängel, die er kennt; vgl. § 640 Abs. 2 BGB).

  • Vor der Abnahme steht den Besteller der Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB zu, der ebenso wie der Anspruch auf Nacherfüllung aus § 634 Nr. 1 BGB die mangelfreie Herstellung des Werks zum Ziel hat.

Der Besteller kann diesen Hersellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB einklagen und, falls notwendig, im Regelfall nach § 887 Zivilprozessordnung (ZPO) vollstrecken.

Solange der Besteller den Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB geltend macht (und geltend machen kann),

  • verbleibt (auch) die Gefahr des zufälligen Untergangs des Werks beim Unternehmer,
  • wird der Werklohn nicht fällig und
  • geht die Beweislast für das Vorliegen von Mängeln nicht auf den Besteller über.

Auch kann der Besteller vor der Abnahme bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen

  • Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Pflichtverletzung aus dem Schuldverhältnis,
  • Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 281, 280 BGB (bei vergeblicher Fristsetzung zur Erfüllung),
  • Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nach § 280 Abs. 2, § 286 BGB verlangen,
  • den Rücktritt vom Vertrag nach § 323 BGB oder
  • die Kündigung aus wichtigem Grund entsprechend § 314 BGB erklären.

Berechtigt zur Geltendmachung von Mängelrechten nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB

  • ohne vorherige Abnahme des Werkes

ist ein Besteller demnach nur bzw. erst dann, wenn

  • er nicht mehr die (Nach-) Erfüllung des Vertrags verlangen kann und
  • das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist,

was dann der Fall ist,

  • wenn der Unternehmer das (mangelhafte) Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet,
  • jedoch,
    • entweder der Besteller für die Beseitigung des Mangels im Wege der Selbstvornahme von dem Unternehmer (nach § 634 Nr. 2 BGB) einen Vorschuss verlangt und ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen (also eine (Nach) Erfüllung durch den Unternehmer endgültig ablehnt)
    • oder der Besteller nur noch Schadensersatz statt der Leistung (nach §§ 634 Nr. 4, 281 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB) in Form des kleinen Schadensersatzes geltend macht und/oder (nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB) die Minderung erklärt.

Darauf und dass

  • ein faktischer Zwang des Bestellers zur Erklärung der Abnahme für ein objektiv nicht abnahmefähiges Werk entgegen verbreiteter Meinung nicht besteht,

hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteilen vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13; VII ZR 193/15 und VII ZR 235/15 – hingewiesen.