Tag Abgasskandal

Dieselgate: OLG Hamm verurteilt (auch) die Audi AG wegen Einsatzes illegaler Software zum Schadensersatz

Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.08.2020 – 45 U 22/19 – hat der 45. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in einem Fall, in dem ein Käufer im Februar 2014 bei einem Autohaus zu einem Kaufpreis von 16.385 Euro einen gebrauchten Audi A 1, 1.6 TDI, 

  • der mit einem von der VW AG entwickelten und vom sog. Abgasskandal betroffenen Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet war,

erworben hatte und bei dem im März 2017 ein Software-Update, 

  • das dafür sorgen sollte, dass das Fahrzeug im Normalbetrieb die öffentlich-rechtlichen Abgasgrenzwerte einhält, 

durchgeführt werden musste, entschieden, dass, 

  • gesamtschuldnerisch neben der VW AG, 

auch die Audi AG

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

dem Fahrzeugkäufer

  • als Schadensersatz 

den Kaufpreis, 

  • unter Abzug einer Nutzungsentschädigung sowie 
  • gegen Rückgabe des Fahrzeugs, 

erstatten muss.

Dass neben der VW AG auch die Audi AG zum Nachteil des Fahrzeugkäufers eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begangen hat, ist vom Senat u.a. damit begründet worden, dass, 

  • nachdem das bei der Audi AG vorhandene Compliance-Systems vorsieht, dass für jedes Detail eines zu produzierenden Pkw das Einverständnis zumindest eines Vorstandsmitglieds eingeholt werden müsse,

es nicht vorstellbar sei, 

  • dass kein Vorstandsmitglied der Audi AG von dem Einsatz der illegalen Software gewusst habe 

und es der Audi AG auch nicht gelungen sei, Umstände darzulegen, 

Dieselgate: Verkäufer eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeuges kann zur Ersatzlieferung eines Neuwagens der Folgegeneration

…. verpflichtet sein.

Darauf hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln hingewiesen und mit Urteil vom 02.04.2020 – 18 U 60/19 – in einem Fall, in dem ein Käufer

  • bei einem Autohaus

einen neuen PKW VW Touran

  • der ersten Generation

erworben hatte, in dem eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut war,

  • aufgrund der das Fahrzeug lediglich im Testmodus die gesetzlichen Vorgaben für Abgase erfüllte,
  • nicht aber im Betriebsmodus,

entschieden, dass das Autohaus den,

  • wegen des Fahrzeugmangels nach §§ 434 Abs. 1 Nr. 1, 437 Nr.1, 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestehenden

Anspruch des Käufers auf Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs

  • durch Lieferung eines Nachfolgemodells erfüllen kann und ggf. muss,

wenn

Begründet hat der Senat dies damit,

  • dass Nachfolgemodelle, da diese in der Regel technisch fortschrittlicher seien, von Fahrzeugkäufern als nacherfüllungstauglich angesehen würden,
  • dass auch dann, wenn Ausstattungsmerkmale des ursprünglich erworbenen Fahrzeuges nicht zur Serienausstattung des Nachfolgemodells gehören, dies nicht bedeute, dass die Beschaffung eines so ausgestatteten Fahrzeuges grundsätzlich nicht möglich sei

und dass sich das Autohaus darauf,

  • dass die Kosten für die Ersatzbeschaffung eines Nachfolgemodells gegenüber der Nachbesserung durch Aufspielen eines Software-Updates unverhältnismäßig im Sinne von § 439 Abs. 4 BGB seien,

nicht berufen könne, da

  • nicht ausgeschlossen werden könne, dass mit dem Software-Update Folgeprobleme verbunden seien, wie sie derzeit jedenfalls in der Fachöffentlichkeit diskutiert würden und somit

die grundsätzliche Geeignetheit des Software-Updates zur Mangelbeseitigung nicht feststehe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Dieselgate: OLG München verurteilt die VW AG dazu, den Käufern von vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadensersatz nach §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu zahlen.

Die VW AG ist mit der Begründung, dass sie

  • aus Gewinnmaximierungsgründen Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen zur Abgasteuerung in den Verkehr gebracht,
  • die Käufer dieser Fahrzeuge darüber getäuscht und
  • dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat,

von der 21. Zivilkammer des Oberlandesgerichts (OLG) München am 06.04.2020 – 21 U 4179/18, 21 U 4851/19, 21 U 3039/19 – verurteilt worden, den Käufern

  • eines PKW Golf Plus Life TDI,
  • eines PKW VW Amarok sowie
  • eines Pkw VW Golf VI

deren Fahrzeuge mit einer manipulierten Motorsteuerungssoftware ausgestattet worden waren, die jeweils gezahlten Kaufpreise,

  • abzüglich einer nach der Formel Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer : voraussichtliche Restlaufleistung (Gesamtlaufleistung abzüglich Kilometerstand beim Kauf) zu berechnenden Entschädigung für die gezogenen Nutzungen,

zu erstatten, Zug um Zug gegen

  • Herausgabe des Fahrzeugs.

OLG Dresden verurteilt VW AG dazu, den Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadensersatz zu zahlen.

Mit Urteil vom 07.04.2020 – 9a U 2423/19 – hat der 9a. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden in einem Fall, in dem ein Käufer einen

  • mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten

VW Touran TDI erworben hatte, entschieden, dass die VW AG,

  • weil von ihr durch das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit manipulierter Motorsteuerungssoftware die Käufer dieser Fahrzeuge getäuscht und vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sind,

dem Käufer des VW Touran TDI den Kaufpreis erstatten muss, Zug um Zug gegen

  • Rückgabe des Fahrzeugs und
  • Anrechnung der nach der Formel Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer : voraussichtliche Restlaufleistung (Gesamtlaufleistung abzüglich Kilometerstand beim Kauf) zu berechnenden Gebrauchsvorteile (Quelle: Pressemitteilung des OLG Dresden).

Dieselgate: OLG Bremen entscheidet, dass Käufer von vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen von der VW AG

…. vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sind und ihnen deswegen aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die VW AG ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht.

Mit Urteil vom 06.03.2020 – 2 U 91/19 – hat das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) in Bremen in einem Fall, in dem ein Käufer

  • zu einem Kaufpreis von 13.300 Euro

einen gebrauchten Pkw VW Golf Diesel der Schadstoffklasse Euro-5 erworben hatte, der von der VW AG ausgestattet worden war mit einem Motor des Typs EA 189,

  • der nur auf dem Prüfstand einen normgerechten Schadstoffausstoß aufwies,
  • während aufgrund einer unzulässigen „Abschalteinrichtung“ im Normalbetrieb die Normwerte nicht erreicht wurden,

entschieden, dass der Fahrzeugkäufer

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB

von der VW AG,

  • Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs,

Erstattung des Kaufpreises,

  • abzüglich einer Nutzungsentschädigung,

verlangen kann,

Übrigens:
Die Nutzungsentschädigung in Euro, die der Käufer sich abziehen lassen muss, errechnet sich nach folgender Formel:

  • Gezahlter Kaufpreis für das Fahrzeug x Kilometer, die der Käufer mit dem Fahrzeug gefahren ist : zu erwartende Restlaufleistung des Fahrzeugs in Kilometern.

Die zu erwartende Restlaufleistung des Fahrzeugs in Kilometern

  • ist die zu erwartende durchschnittliche Gesamtlaufleistung eines Fahrzeugs der gekauften Art,
    • die bei einem Pkw VW Golf Diesel bei 300.000 Kilometer liegt,

abzüglich der Kilometer,

  • die das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses bereits auf dem Tacho hatte.

Dieselgate: OLG Düsseldorf entscheidet, dass Porsche aufgrund Abgasmanipulation dem Käufer eines Porsche Cayenne

…. mit Dieselmotor Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zahlen muss.

Mit Urteil vom 30.01.2020 – I-13 U 81/19 – hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf in einem Fall, in dem ein Käufer am 19.02.2016 zum Preis von 70.754,19 Euro einen Porsche Cayenne,

  • in dem ein Dieselmotor des Herstellers Audi 3.0 l EU 6 mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbaut war,

erworben hatte, entschieden, dass

  • die Porsche AG als Fahrzeugherstellerin

dem Fahrzeugkäufer

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

die Schäden ersetzen muss, die

  • aus der Manipulation der Abgas- und Motorsteuerungssoftware und
  • der damit in Zusammenhang stehenden Auswirkungen für das Fahrzeug resultieren.

Danach hätte die Porsche AG als Fahrzeugherstellerin,

  • nachdem sie Ende 2015 von der US-Umweltbehörde auf Abgasmanipulationen hingewiesen worden war,

im Kontext der längeren Vorgeschichte, des Ausmaßes sowie der Reichweite des Abgasskandals Anlass gehabt,

  • aktiv zu prüfen, ob die von ihr in ihre Fahrzeuge eingebauten Fremdmotoren den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und
  • nicht davor die Augen verschließen dürfen.

Übrigens:
Ein Leasingnehmer,

  • der ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug geleast hat und
  • dem gegen den Fahrzeughersteller ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zusteht,

kann von dem Fahrzeughersteller die Erstattung

  • der an den Leasinggeber geleisteten Anzahlung,
  • der Leasingraten und
  • der Gebühr für die Nichtausübung der Kaufoption

verlangen, unter Anrechnung der Gebrauchsvorteile.

Das hat der 13. Zivilsenat des OLG Hamm mit Urteil vom 10.12.2019 – 13 U 86/18 – entschieden (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm).

Dieselgate: OLG Oldenburg entscheidet, dass Schadensersatzansprüche gegen die VW AG bei Klageerhebung im Jahr 2019 nicht verjährt waren

Mit Urteil vom 30.01.2020 – 1 U 131/19, 1 U 137/19 – hat der erste Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg entschieden, dass die Schadensersatzansprüche von Käufern von vom Abgas-Skandal betroffenen Dieselfahrzeugen

  • gegen die VW AG

aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

  • nicht bereits mit Ablauf des Jahres 2018 sondern

erst mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt, mit dem Schluss des Jahres, in dem

  • der Anspruch entstanden ist und
  • der Geschädigte Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste,
    • von den den Anspruch begründenden Umständen (auf deren Grundlage eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klageerhebung zumutbar ist) sowie
    • der Person des Schuldners,

und die Geschädigten Kenntnis erlangt haben

  • von der Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge zwar schon im Jahr 2015, weil
    • von VW im September 2015 mitgeteilt worden war, dass es bei dem Motor EA 189 „eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb“ gebe,
  • von den Umständen, aufgrund derer eine hinreichend aussichtsreiche Klageerhebung wegen vorsätzlicher sittenwidrigen Schädigung zumutbar war, jedoch erst im Jahr 2016, weil
    • der Konzern bestritten hatte, dass der VW-Vorstand oder andere Personen in verantwortlicher Stellung davon gewusst hätten und
    • der Umfang des Gesamtkomplexes erst im Laufe des Jahre 2016 durch die Medien, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwälte aufgeklärt worden ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Dieselgate: VW zahlt wegen der Wertminderung der vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugen der österreichischen Polizei

…. Entschädigung an Österreich.

Erstaunlich was mit dem Staat Österreich, aber nicht oder nur sehr schwer mit den VW Kunden in Deutschland möglich ist.

  • Laut Medienberichten hat sich VW, wegen der etwa 2100 im Fuhrpark der österreichischen Polizei vom Abgasskandal betroffenen Dieselfahrzeuge, mit dem österreichischen Staat auf die Zahlung einer Entschädigung geeinigt.

Ein entsprechender Vergleich ist zwischen dem österreichischen Importeur Porsche Austria GmbH und dem Staat Österreich geschlossen worden.

  • Mit der Entschädigung, über deren Höhe stillschweigen vereinbart worden ist – Österreich hatte ursprünglich 2,6 Millionen Euro gefordert – ist die an den Fahrzeugen durch die Abgasmanipulation eingetretene Wertminderung abgegolten worden (Quellen: LTO Legal Tribune Online, NDR, ntv sowie Handelsblatt vom 30.12.2019).