Tag Erblasser

Erben sollten wissen, dass sie, nach Eintritt des Erbfalls, Auskunft verlangen können

…. nach § 2027 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

  • von jedem, der etwas aus der Erbschaft erlangt hat und sich fälschlicherweise ein nicht vorhandenes Alleinerbrecht daran anmaßt (also von jedem Erbschaftsbesitzer i.S.v. § 2018 BGB),
    • über den gegenwärtigen Aktivbestand der Erbschaft (gegenwärtiges Barvermögen, persönliche Gegenstände, Immobilien, ggf. der Haushaltsgegenstände, die dem gemeinsamen Haushalt dienten (vgl. § 1932 BGB)) einschließlich der seit dem Erbfall angefallenen Surrogate und Früchte sowie
    • über den Verbleib nicht mehr vorhandener oder nicht mehr auffindbarer Gegenstände; 

…. nach § 2027 Abs. 2 BGB 

  • von jedem, der, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz genommen hat, bevor der Erbe den Besitz daran tatsächlich ergriffen hat,
    • über den Verbleib des Erbschaftsgegenstandes;

…. nach § 2028 Abs. 1 BGB 

  • von jedem, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, darüber,
    • welche erbschaftlichen Geschäfte dieser (seit dem Erbfall) für den Erblasser geführt hat und
    • was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist;

…. nach § 2057 Satz 1 BGB 

  • von Miterben 
    • über die Zuwendungen, die diese nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen haben,
    • also Informationen über eine vom Erblasser erhaltene Ausstattung, wie z.B. 
      • eine Aussteuer (§ 2050 Abs. 1 BGB) oder 
      • Zuschüsse zum Einkommen und Aufwendungen zur Berufsvorbereitung (§ 2050 Abs. 2 BGB) sowie
      • sonstige Zuwendungen, bei denen vom Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet worden ist (§ 2050 Abs. 3 BGB);

…. nach § 2362 Abs. 2 BGB 

  • von jedem, dem ein unrichtiger Erbschein wurde,
    • über den Bestand der Erbschaft und 
    • den Verbleib der Erbschaftsgegenstände;

…. nach § 666 BGB 

…. nach §§ 675, 666 BGB 

  • von dem Geldinstitut bei dem der Erblasser Konten hatte,
    • über Kontostände und
    • kontobezogene Vorgänge aus der Vergangenheit.

Übrigens:
Abgesehen von den Auskünften, die Erben von Miterben 

  • nach § 2057 Abs. 1 BGB, 
  • im Falle des § 2027 BGB oder 
  • wenn ein Miterbe vom Erblasser zur Besorgung von Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt und beauftragt bzw. für die Erbengemeinschaft tätig geworden war, nach § 666 BGB 

verlangen können, besteht keine allgemeine Auskunftspflicht von Miterben untereinander, sondern kann 

  • im Einzelfall 

lediglich ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB in Betracht kommen (OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2012 – 5 U 821/12 –).  

Ein vom Erblasser Bevollmächtigter ist nicht in jedem Fall gegenüber den Erben zur Rechnungslegung

…. über die von ihm (in Vertretung des Erblassers) vorgenommenen Geschäfte verpflichtet.

Mit Urteil vom 08.04.2021 – 9 U 24/20 – hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in einem Fall, in dem der Sohn der Erblasserin zu deren Lebzeiten 

  • ihre Bankgeschäfte 

erledigt, die Erblasserin ihm hierfür 

  • nicht nur eine Bankvollmacht, 
  • sondern auch eine Vorsorgevollmacht für den Fall ihrer Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit 

erteilt und von ihm eine Miterbin 

  • gegenüber der Erbengemeinschaft

Rechnungslegung,

  • d.h. eine übersichtliche und belegte Aufstellung aller von ihm mit der Vollmacht der Erblasserin vorgenommenen Bankgeschäfte,

verlangt hatte, darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für einen solchen Anspruch auf Rechnungslegung nach § 666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, dass 

  • der Sohn der Erblasserin von ihr rechtsverbindlich i.S.v. § 662 BGB mit der Vornahme von Bankgeschäften beauftragt worden war 

und dass 

  • sich ein solcher Auftrag nicht schon aus der Vollmacht ergibt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall gelangte der Senat, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäfte, zu der Überzeugung, dass 

  • von einer Auftragserteilung seitens der Erblasserin auszugehen sei, 

allerdings,

  • weil die Erblasserin von da an ihre Bankgeschäfte nicht mehr selbst habe vornehmen und 
  • die Vornahme durch ihren Sohn auch nicht mehr habe kontrollieren können,

erst ab dem Zeitpunkt, als sie pflege- und betreuungsbedürftig geworden sei.

Für den Sohn der Erblasserin bedeutete das, dass 

Zum Verständnis:
Hat ein vom Erblasser Bevollmächtigter Geschäftsbesorgungen für den Erblasser lediglich 

  • aus Gefälligkeit 

vorgenommen, ist er bezüglich dieser den Erben des Erblassers gegenüber grundsätzlich 

  • nicht auskunftspflichtig.

Hat dagegen zwischen dem Erblasser und seinem von ihm Bevollmächtigten ein 

  • Auftragsverhältnis 

bestanden, ist der aus diesem Auftragsverhältnis dem Erblasser zustehende Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch nach § 666 BGB, 

  • sofern dies vom Erblasser nicht ausdrücklich durch eine entsprechende Anordnung in der Vollmachtsurkunde ausgeschlossen worden ist,

gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf seine Erben übergegangen, so dass der vom Erblasser Bevollmächtigte den Erben gegenüber 

  • nicht nur auskunfts- sowie rechenschaftspflichtig gemäß § 666 BGB, 

sondern, wenn er beispielsweise Geld vom Konto des Erblassers abgehoben hat, auch darlegungs- und beweispflichtig ist, 

  • für die auftragsgemäße Verwendung von erlangtem Geld und 
  • ggf. auch für die auftragsgemäße Herausgabe des erlangten Geldes an den Erblasser gemäß § 667 BGB (vgl. dazu und auch, wonach sich beurteilt, ob vom Vorliegen einer Gefälligkeit oder eines Auftrags auszugehen ist, Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 18.03.2014 – 3 U 50/13 –). 

Wer ein Testament errichtet hat, sollte beachten, dass von ihm daran nachträglich vorgenommene Änderungen

…. immer (auch) der Unterschrift bedürfen.

Mit Beschluss vom 22.07.2020 – 2 Wx 131/20 – hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln in einem Fall, in dem von einer Erblasserin, 

  • die ein handschriftliches Testament verfasst hatte, das sie im Original in einem Bankschließfach verwahrte,

auf einer in ihrer Wohnung aufbewahrten 

  • Kopie

zwei handschriftliche Ergänzungen bzw. Streichungen, 

  • eine mit Unterschrift versehen, 
  • die andere ohne Unterschrift,   

vorgenommen worden waren, entschieden, dass 

  • die mit der Unterschrift der Erblasserin versehene Änderung wirksam und
  • die Änderung, unter der ihre Unterschrift fehlt, unwirksam ist.  

Begründet hat der Senat dies damit, dass 

  • ein formwirksames Testament 

auch dadurch hergestellt werden kann, dass der Testierende 

  • die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments eigenhändig ändert, wenn der im vorhandenen Original und auf der Kopie niedergelegte Text ein einheitliches Ganzes bilden 

und unter dieser Voraussetzung auch 

  • Änderungen in Form von eigenhändigen Durchstreichungen des fotokopierten Textes 

Teil eines formwirksamen Testaments sein können, es jedoch,

  • zur Wahrung der Formerfordernisse des § 2247 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 

erforderlich sei, dass 

  • die Änderungen mit der Unterschrift des Erblassers 

versehen sind (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Wichtig zu wissen für Erben, wenn der Erblasser Teilnehmer eines sozialen Netzwerkes war

Mit Beschluss vom 27.08.2020 – III ZB 30/20 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem 

  • der Betreiber eines sozialen Netzwerkes 

verurteilt worden war, den Eltern einer verstorbenen Teilnehmerin an dem Netzwerk als Erben Zugang 

  • zu dem vollständigen Benutzerkonto und 
  • den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten ihrer Tochter 

zu gewähren, entschieden, dass es zur Erfüllung der Verpflichtung aus einem solchen Urteil nicht ausreicht, dass der Betreiber des sozialen Netzwerkes den Erben 

  • einen USB-Stick übermittelt, der eine PDF-Datei mit einer Kopie der ausgelesenen Daten aus dem von der Verstorbenen geführten Konto enthält,

sondern dass der Betreiber des sozialen Netzwerkes den Erben die Möglichkeit einräumen muss,

  • vom Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Weise Kenntnis zu nehmen und 
  • sich – mit Ausnahme einer aktiven Nutzung – darin so „bewegen“ zu können wie es zuvor die ursprüngliche Kontoberechtigte konnte.  

Dies ergibt sich, wie der Senat ausgeführt hat, aus der Stellung der Erben, auf die der Nutzungsvertrag 

  • zwischen Erblasser (Gläubiger) und Netzwerkbetreiber (Schuldner) 

mit seinen Rechten und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH). 

Übrigens:
Dass, sofern die Vererblichkeit nicht wirksam ausgeschlossen wurde,  

  • beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks 

der Nutzungsvertrag nach § 1922 BGB auf dessen Erben übergeht und dem Zugang der Erben zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten 

  • weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers 
  • noch das Fernmeldegeheimnis oder 
  • das Datenschutzrecht entgegensteht, 

hat der III. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17 – entschieden.

Was Pflichtteilsberechtigte und Erben wissen müssen

  1. …. über die Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten:

Ein Pflichtteilsberechtigter (§§ 2303, 2309 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), der nicht Erbe ist, weil 

  • er entweder vom Erblasser im Testament nicht als Erbe eingesetzt bzw. vom Erbe ausgeschlossen worden ist
  • oder er zwar als (Mit- oder Nach-)Erbe eingesetzt war, aber den Erbteil nach § 2306 BGB gemäß §§ 1945, 1953 BGB ausgeschlagen hat, wegen
    • seiner Beschränkung durch eine Einsetzung als Nacherben, durch die Einsetzung eines anderen als Nacherben, durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers, durch eine Teilungsanordnung oder 

kann nach § 2314 BGB von dem Erben, auf Kosten des Nachlasses, verlangen,

  • Auskunft über den Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses, welches zu enthalten hat, 
    • alle beim Erbfall vorhandenen Aktiva, also alle beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenstände sowie Forderungen, insbesondere auch Konten- und Wertpapierguthaben,
    • alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden), 
    • alle ausgleichspflichtigen Zuwendungen des Erblassers im Sinne der §§ 2025 ff BGB, 
    • alle Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall gemacht hat sowie wann diese jeweils gemacht worden sind, weil diese Schenkungen gemäß § 2325 BGB einen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründen,
    • alle Lebensversicherungen und sonstigen Verträge zugunster Dritter und
    • alle Geschäftsbeteiligungen des Erblassers, gleichviel ob die Gesellschafterstellung vererblich war oder nicht,
  • dass er oder sein Rechtsbeistand bei der Aufnahme des nach § 260 BGB vorzulegenden Bestandsverzeichnisses zugezogen,
  • der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird 

sowie auch,

  • dass das Bestandsverzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

Der Auskunftsanspruch soll es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, sich die 

  • notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs 

zu verschaffen. 

…. über den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB, das Bestandsverzeichnis durch einen Notar aufnehmen zu lassen: 

Die Ansprüche auf Erteilung 

  • eines privaten und 
  • eines notariellen 

Bestandsverzeichnisses kann der Pflichteilsberechtigte 

  • nebeneinander,
  • aber auch hintereinander 

geltend machen.

Dadurch,

  • dass der Erbe bereits ein privates Verzeichnis vorgelegt hat, 

wird der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB 

  • auf Vorlage eines notariellen Verzeichnisses 

nicht berührt.

Der Notar, der in der Ausgestaltung des diesbezüglichen Verfahrens weitgehend frei ist, muss bei einem notariellen Nachlassverzeichnis den Bestand des Nachlasses, 

  • ausgehend von den Angaben des Auskunftspflichtigen, 

selbst und eigenständig 

  • durch Anstellung derjenigen Nachforschungen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde, 

ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses 

  • als von ihm aufgenommen 

zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet.

Die Verpflichtung des Erben 

  • zur Mitwirkung an der Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses 

richtet sich danach, in welchem Umfang diese Mitwirkung im Einzelfall für die ordnungsgemäße Aufnahme des Verzeichnisses erforderlich ist, wobei der Notar 

  • das Wissen des Erben sowie 
  • das in seiner Person vorhandene Aufklärungspotential 

gegebenenfalls in der Weise nutzen darf und muss, dass er den Erben auffordert, eigene Auskunftsansprüche gegenüber Geldinstituten bzw. sonstigen Dritten durchzusetzen und die vom Erben geschuldete Kooperation insoweit auch in der Anweisung an Dritte bestehen kann, 

  • …. darüber ob und wann der Erbe die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigern kann:

Da einem notariell aufgenommenen Verzeichnis eine größere Richtigkeitsgarantie zukommt, kann dem Anspruch (auch bzw. zusätzlich) ein solches vorzulegen, nur in besonderen Einzelfällen, wie jedem anderen Anspruch auch, der Einwand des Rechtsmissbrauchs oder der Schikane entgegenstehen, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Grundsätzlich verweigern kann der Erbe die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses entsprechend § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB dann, 

  • wenn ein Aktivnachlass, aus dem die Kosten für den Notar entnommen werden können, nicht vorhanden ist,
  • wobei den Nachweis der Dürftigkeit dabei der Erbe zu führen hat.

Dem Pflichtteilsberechtigten verbleibt in diesem Fall die Möglichkeit, 

  • eine private Auskunft nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB und 
  • ggf. eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Auskunft 

vom Erben zu verlangen. 

Verwehrt, sich im Hinblick auf die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses auf die Dürftigkeitseinrede zu berufen, ist es dem Erben allerdings, wenn der Pflichtteilsberechtigte 

  • …. darüber ob und ggf. wann, wenn ein notarielles Nachlassverzeichnis vorliegt, ein Anspruch auf Berichtigung oder Ergänzung besteht:

Liegt ein notarielles Nachlassverzeichnis vor, so kann der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich nicht dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. 

  • Vielmehr ist er in diesem Fall, soweit die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB vorliegen, auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung verwiesen.

Allerdings kann ausnahmsweise dann ein Anspruch auf 

  • Ergänzung bzw. Berichtigung 

des Nachlassverzeichnisses bestehen, 

  • wenn in diesem eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen – etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen – nicht aufgeführt ist, 
  • wenn Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen, 
  • wenn die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat, 
  • wenn sich ein Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt oder
  • wenn das notarielle Nachlassverzeichnis wegen unterbliebener Mitwirkung des Erben teilweise unvollständig ist, beispielsweise wegen verweigerter Zustimmung des Erben zu einem Kontendatenabruf des Notars bei einem ausländischen Kreditinstitut (BGH, Urteil vom 20.05.2020 – IV ZR 193/19 –).
  • …. über den Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB:

Der Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB 

  • steht selbstständig neben dem Anspruch auf Auskunft nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB und 

ist vom Pflichtteilsberechtigten ggf. neben dem Auskunftsanspruch gesondert geltend zu machen (OLG München, Urteil vom 08.03.2017 – 20 U 3806/16 –).

  • …. über die Bemessung des Pflichtteilsanspruch: 

Der Pflichtteilsanspruch 

  • ist ein Geldanspruch, 
  • der der Höhe nach in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils besteht.

Da Pflichtteilsberechtigte wirtschaftlich so zu stellen sind, 

berechnen sich Pflichtteilsansprüche gemäß § 2311 Abs.1 BGB grundsätzlich 

  • nach dem realen Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls, 

wobei, wenn der Pflichtteilsberechtigte 

  • vom Erblasser Zuwendungen erhalten hat, die er sich gemäß § 2315 BGB auf den Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen muss, 

ausschließlich bei der Bestimmung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs 

  • der Wert dieser Zuwendungen dem Nachlass zunächst hinzuzurechnen und 
  • von dem daraus errechneten Anspruch wieder abzuziehen ist.  
  • …. über die Besonderheit bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs, wenn zum Nachlass ein Grundstück gehört, das zu Lebzeiten des Erblassers mit einem Nießbrauch belastet wurde und der Nießbrauchberechtigte Alleinerbe des Erblassers wird:

Obwohl in einem solchen Fall mit dem Erbfall der Nießbrauch,  

  • wegen seines Zusammentreffens mit dem Eigentum an dem Grundstück in derselben Person,

gemäß §§ 1072, 1063 Abs. 1 BGB erlischt, ist im Rahmen der für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs erforderlichen Nachlassbewertung das Grundstück 

  • als mit dem Nießbrauch belastet und
  • nicht als unbelastet

zu behandeln (OLG München, Urteil vom 06.02.2019 – 20 U 2890/18 –).

  • …. über den Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Dritten Schenkungen gemacht hat: 

Eine Berücksichtigung von Schenkungen an Dritte, die der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten gemacht hat (fiktiver Nachlass), ist nach dem Gesetz unter den Voraussetzungen des § 2325 BGB vorgesehen. 

Ein Pflichtteilsberechtigter kann danach, 

  • sofern der Erblasser Dritten eine Schenkung gemacht und
  • es sich bei dieser nicht um eine Anstandsschenkung nach § 2330 BGB gehandelt hat,

als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, 

  • um den sich der Pflichtteil erhöht, 
  • wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird,

wobei, 

  • für den Wert des verschenkten Gegenstands maßgebend ist, 
    • bei einer verbrauchbaren Sache, der Wert zur Zeit der Schenkung,
    • bei einem anderen Gegenstand (wie einem Grundstück), 
      • der Wert zur Zeit des Erbfalls,
      • falls jedoch der Wert zur Zeit der Schenkung geringer war, nur dieser geringere Wert, 
  • von diesem Wert berücksichtigt werden, bei Leistung der Schenkung 
    • innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall 100% sowie 
    • innerhalb jeden weiteren Jahres vor dem Erbfall jeweils ein Zehntel weniger, also im zweiten Jahr vor dem Erbfall nur noch 90 %, im dritten Jahr vor dem Erbfall nur noch 80 % usw., 
      • so dass also bei Schenkungen, die mehr als 10 Jahre vor dem Erbfall, bei Schenkungen an den Ehegatten mehr als 10 Jahre vor der Auflösung der Ehe (Scheidung) geleistet wurden, kein Pflichtteilsergänzungsanspruch mehr besteht  
  • und sich Pflichteilsergänzungsberechtigte Eigengeschenke gemäß § 2327 BGB anrechnen lassen müssen.

Eine, einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB begründende Schenkung im Sinne von § 516 BGB liegt vor, bei einer Zuwendung,

  • die den Empfänger aus dem Vermögen des Gebers bereichert und 
  • bei der beide Teile darüber einig sind, dass sie unentgeltlich erfolgt,

wobei eine unbenannte Zuwendung unter Ehegatten einer Schenkung in diesem Sinne auch unabhängig von einer Einigung über ihre Unentgeltlichkeit gleichgestellt ist.

Eine ergänzungspflichtige Schenkung kann danach angenommen werden, 

  • wenn der ohne wirtschaftlichen Gegenwert erfolgte Vermögensabfluss 

beim Erblasser 

Für den Beginn der (obigen) Zehnjahresfrist ist abzustellen, auf den Eintritt des Leistungserfolges,

  • bei Grundstücken also auf die Umschreibung im Grundbuch,

wobei dieser Leistungserfolg erst dann vorliegt, wenn der Erblasser 

  • nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgegeben, 
  • sondern auch darauf verzichtet hat, den verschenkten Gegenstand – sei es aufgrund vorbehaltener dinglicher Rechte oder durch Vereinbarung schuldrechtlicher Ansprüche – im Wesentlichen weiterhin zu nutzen.

Gehindert ist der Fristbeginn für die Zehnjahresfrist bei einer Schenkung danach, solange ein Erblasser, der seine Rechtsstellung formal aufgegeben hat, 

  • wirtschaftlich weiterhin im „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes bleibt,
  • den „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes nach der Schenkung also nicht auch tatsächlich entbehren muss. 

Wird bei einer Schenkung daher 

  • der Nießbrauch uneingeschränkt vorbehalten, 

ist der „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes nicht aufgegeben worden. 

Ob auch dann, wenn sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks 

  • ein Wohnungsrecht an diesem oder Teilen daran vorbehält, 

wie ein Nießbrauch den Fristbeginn des § 2325 Abs. 3 BGB hindert, lässt sich nicht abstrakt beantworten. 

Maßgebend hierfür, ob dies der Fall ist oder nicht, sind die Umstände des Einzelfalles, anhand derer beurteilt werden muss, ob der Erblasser den verschenkten Gegenstand auch nach Vertragsschluss noch im Wesentlichen weiterhin nutzen konnte (BGH, Urteil vom 29.06.2016 – IV ZR 474/15 –).

  • …. wenn zum Nachlass eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen den Pflichtteilsberechtigten gehört:

Gehört eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen einen Pflichtteilsberechtigten zum Nachlass kann der Erbe diese Rückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechnen, mit der Folge, dass 

Hat der Erblasser beispielsweise zu seinen Lebzeiten dem Pflichtteilsberechtigten 

  • ein Darlehen gewährt,
  • den Darlehensgeldbetrag zur Verfügung gestellt und 
  • waren zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers von dem Darlehen 48.000 Euro noch nicht zurückgezahlt,

kann der von dem Erblasser in seinem Testament eingesetzte Erbe,

  • wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen für den Zeitpunkt des Erbfalls errechneten Pflichtteilsanspruch, beispielsweise in Höhe von 44.000 Euro, geltend macht und
  • die Darlehensrückzahlungsforderung nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB fällig ist,

dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber erklären, dass er die Darlehensrückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechne (§§ 387, 388 BGB).

Bei Zugrundelegung der obigen Beispielsbeträge würde die Aufrechnungserklärung bewirken, dass 

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe von 44.000 Euro erloschen ist und 
  • dem Erben gegen den Pflichteilsberechtigten noch ein Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 4.000 Euro (48.000 Euro – 44.000 Euro) zusteht (§ 389 BGB).

Allerdings müssen Erben, die mit einem zum Nachlass gehörenden Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber einem bestehenden Pflichtteilsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten aufrechnen möchten, im Streitfall beweisen können, dass 

  • sich der Pflichtteilsberechtigte und der Erblasser über die Hingabe eines bestimmten Geldbetrages als Darlehen einig waren,
  • der Darlehensbetrag dem Pflichtteilsberechtigten vom Erblasser ausbezahlt worden und
  • der Darlehensrückzahlungsanspruch fällig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2007 – IV ZR 145/07 –).
  1. …. darüber, wann ein Pflichtteilsberechtigter welche Ansprüche gegen einen vom Erblasser zu Lebzeiten Beschenkten hat: 

Hat ein Pflichtteilsberechtigter wegen einer Schenkung einen Pflichtteilsergänzungsanspruch und ist der Erbe selbst zur Ergänzung des Pflichtteiles nicht verpflichtet, 

  • etwa weil kein ausreichender oder nur ein verschuldeter Nachlass vorhanden ist, 

kann der Pflichtteilsberechtigte nach § 2329 BGB von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern, wobei

  • der Beschenkte die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden kann.
  1. …. über mögliche Rechtsfolgen, wenn der Erbe seiner Verpflichtung auf Auskunftserteilung nicht nachkommt:

Kommt der Erbe seiner Verpflichtung auf Auskunftserteilung nicht nach kann der Pflichtteilsberechtigte Stufenklage nach § 254 Zivilprozessordnung (ZPO) erheben auf 

  • Auskunft,
  • eidesstattliche Versicherung, dass der Bestand des Nachlasses nach bestem Wissen so vollständig angegeben worden ist, als er – der Erbe – dazu imstande ist (§ 260 Abs. 2 BGB) und
  • (zunächst unbeziffert) Zahlung des Pflichtteils aus dem Betrag, der sich aus der zu erteilenden Auskunft errechnet (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2014 – 8 U 187/13 – sowie OLG Bamberg, Beschluss vom 24.03.2020 – 1 W 13/20 – dazu, wann bei einer Stufenklage ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegt).
  1. …. wie ein gegen den Erben ergangenes Urteil auf Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses vollstreckt werden kann:  

Bei der Verpflichtung des Erben zur Auskunftserteilung  

  • über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 BG 

gegenüber einem Pflichtteilsberechtigten handelt es sich auch dann, wenn der Erbe 

  • gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB zur Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Bestandsverzeichnisses, bei dessen Aufnahme der Pflichtteilsberechtigte hinzuzuziehen ist, 

verurteilt worden ist, insgesamt, 

  • weil der Notar ohne Mitwirkung des Erben das Verzeichnis nicht aufnehmen, er vielmehr darauf angewiesen ist, dass ihm der Erbe die für die Aufnahme des Verzeichnisses erforderlichen Informationen übermittelt, 

um eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist, so dass der Pflichtteilsberechtigte, 

  • wenn der Erbe seiner Auskunftsverpflichtung nicht nachkommt und 
  • die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO vorliegen, 

beim Prozessgericht des ersten Rechtszuges beantragen kann, den Erben zur Auskunftserteilung durch die Festsetzung 

  • von Zwangsgeld und 
  • für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Zwangshaft oder 
  • von Zwangshaft 

anzuhalten.

Ein schutzwürdiges Interesse des Pflichtteilsberechtigten an einer 

  • wiederholten

Zwangsmittelfestsetzung ist nur bzw. erst wieder gegeben, wenn das zuvor angeordnete Zwangsgeld gegen den Erben entweder gezahlt oder vollstreckt ist. 

Nacherben sollten wissen, dass und wann im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung die Erbfallkostenpauschale

…. nicht nur dem Vorerben, sondern auch ihnen gewährt werden muss.

Mit Urteil vom 24.10.2019 – 3 K 3549/17 – hat der 3. Senat des Finanzgerichts (FG) Münster entschieden, dass,

  • wenn ein Erblasser in seinem Testament als Erben einen Vor- und einen Nacherben eingesetzt hat,

der Pauschbetrag gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.H.v. 10.300 Euro (sog. Erbfallkostenpauschale) auch dem Nacherben dann zu gewähren ist, wenn dieser

  • zwar nicht die Kosten der Beerdigung des Erblassers, aber andere

(geringfügige) mit der Abwicklung des Erbfalls entstandene Aufwendungen getragen hat.

Dass einem Nacherben in einem solchen Fall im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung auf Antrag der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG i.H.v. 10.300 Euro (sog. Erbfallkostenpauschale) gewährt werden muss, hat das FG damit begründet, dass es sich erbschaftssteuerrechtlich bei der Vor- und Nacherbschaft um zwei Erwerbsvorgänge handelt,

  • um den Erwerb des Vorerben beim Tod des Erblassers und um den Erwerb des Nacherben beim Tod des Vorerben,
  • die beiden Erwerbsvorgänge jeweils einen Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellen, mit der Folge, dass beide Erwerbsvorgänge in ihrer zeitlichen Abfolge getrennt der Besteuerung unterliegen,

wegen dieser zwei voneinander getrennt zu beurteilenden Erbfälle somit die Erbfallkostenpauschale für den Vorerbfall sowie den Nacherbfall je einmal in Anspruch genommen werden kann, § 10 Abs. 5 Nr. 3 Sätze 1 und 2 ErbStG

  • neben den Kosten der Bestattung des Erblassers, den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal und den Kosten für die übliche Grabpflege

auch die unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung und Regelung des Erwerbs entstandenen Kosten,

  • zu denen u. a. die Kosten für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen und die Kosten für die Erteilung des Erbscheins zählen,

umfasst und Voraussetzung, dass für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 Euro ohne Nachweis abgezogen wird, lediglich ist, dass

  • dem Erwerber derartige Kosten entstanden sind und
  • nur die Höhe nicht nachgewiesen hat.

Danach liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Pauschbetrags vor, wenn

  • ein Nacherbe beispielsweise durch Vorlage einer entsprechenden Rechnung nachweisen kann, dass ihm für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen, für die Beantragung und Erteilung des Erbscheins, Kosten entstanden sind,
  • selbst wenn es sich dabei im Verhältnis zum Pauschbetrag lediglich um geringe Kosten handelt

und scheidet ein Abzug des Pauschbetrags nur dann aus, wenn

  • Kosten im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG nicht entstanden sind.

Wer in seinem Testament verfügt, dass Erben seine Abkömmlinge sein sollen, sollte wissen, dass

…. der Begriff Abkömmlinge

  • neben den Kindern

auch die Enkel und Urenkel umfasst.

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hingewiesen und mit Urteil vom 11.09.2019 – 3 U 24/18 – entschieden, dass, wenn Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament,

  • sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen sowie

verfügen, dass

  • Erben des Letztversterbenden „unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen“ sein sollen,

Erben des Letztversterbenden werden

  • alle zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Abkömmlinge der Eheleute – ob Kinder, Enkel oder Urenkel – zu gleichen Anteilen.

Danach ist der Begriff „Abkömmlinge“ nicht allein auf Kinder beschränkt,

  • sondern sind darunter auch die Enkel, Urenkel usw. zu verstehen (vgl. § 1924 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),

so dass,

  • wenn nur die Kinder gemeint sein sollen,

Erblasser den Begriff „Kinder“ wählen müssen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Was man wissen sollte, wenn nach dem Tod des Erblasser ein von ihm eigenhändig errichtetes Testament

…. nicht (mehr) auffindbar ist.

Ein nicht mehr vorhandenes Testament ist nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig.

Auch besteht im Falle der Unauffindbarkeit eines Testamentes keine Vermutung dafür, dass es

  • vom Erblasser vernichtet worden und deshalb gem. § 2255 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

als widerrufen anzusehen ist

  • Denn auch (Original-) Testamente werden unbeabsichtigt verlegt oder entsorgt und es ist auch nicht lebensfremd, dass Testamente oder Kopien von Testamenten auch bei sorgfältiger Suche nach dem Tod einer Person zunächst nicht, später aber zufällig an einem Ort gefunden werden, wo mit einem Testament oder einer Kopie eines Testamentes nicht unbedingt zu rechnen war.

Demzufolge gilt:

Ist ein Testament nicht mehr auffindbar, muss derjenige, der sich auf dieses unauffindbare Testament beruft,

  • die formgültige Errichtung (§§ 2247 Abs. 1, 2265 BGB) und den Inhalt des Testaments beweisen

und

  • trägt insoweit im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins die Feststellungslast.

Bewiesen werden kann die formgerechte Errichtung des Testaments und dessen Inhalt

  • mit allen zulässigen Beweismitteln,

wobei allerdings an diesen Nachweis,

  • wegen der für die Errichtung des Testaments geltenden Formvorschriften,

strenge Anforderungen zu stellen sind.

Ausreichen als Nachweis kann

  • eine Kopie des Originaltestamentes,

wenn mit ihr

  • und ggf. einem graphologischem Gutachten

die formgerechte Errichtung des Originaltestamentes nachgewiesen werden kann.

Ist nachgewiesen, dass

  • ein Testament ursprünglich wirksam in der Form der §§ 2247 Abs. 1, 2265 BGB errichtet wurde,

hat derjenige,

  • der aus dem Widerruf des Testaments Rechte herleiten will,

diesen Widerruf zu beweisen,

  • entweder mit Beweismitteln, mit denen sich der Widerruf direkt beweisen lassen kann, wie insbesondere etwa die zerstörte Urkunde
  • oder mittels Indizien, die den Schluss auf einen Widerruf zulassen.

Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit des Originaltestaments besagt für sich allein nämlich noch nicht und begründet insbesondere

  • keine tatsächliche Vermutung oder
  • einen Erfahrungssatz,

dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist.

Denn die Vermutung,

  • dass mit der Vernichtung eines Testaments dessen Aufhebung beabsichtigt ist (§ 2255 S. 2 BGB),

setzt ihrerseits voraus, dass

  • eine Vernichtung des Testaments festgestellt ist.

Übrigens:
Auch bei einem gemeinschaftlichen Testament steht den Testatoren für den Widerruf ihres Testaments die Form des § 2255 BGB zur Verfügung, so dass ein gemeinschaftliches Testament grundsätzlich auch durch Vernichtung aufgehoben werden kann.

Allerdings gilt dabei Folgendes:

Der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen in einem Ehegattentestament (§ 2271 BGB) durch Vernichtung der Urkunde gemäß § 2255 BGB setzt voraus, dass

  • beide Ehegatten mit Testier- und Widerrufswillen an der Vernichtung der Urkunde mitgewirkt haben.

Da somit

  • eine einseitige Aufhebung wechselbezüglicher Verfügungen in der Form des § 2255 BGB oder
  • eine spätere „Genehmigung“ einer einseitigen Zerstörung

nicht möglich sind, setzt der Nachweis des Widerrufs insbesondere voraus, dass die Möglichkeit,

  • dass ein Ehegatte die Urkunde ohne Kenntnis und Mitwirkung des anderen vernichtet hat,

ausgeschlossen werden kann (Oberlandesgericht (OLG) München, Beschluss vom 31.10.2019 – 31 Wx 398/17 –, OLG Köln, Beschluss vom 02.12.2016 – 2 Wx 550/16 –).

BFH entscheidet wann Kinder des Erblassers eine von diesem bewohnte Immobilie steuerfrei erben können

Erwerben Kinder

  • – im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 gemäß § 15 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) –

eines Erblassers von diesem von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbstG durch

  • Erbfall (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)) oder
  • Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB)

ein zum Nachlass gehörendes,

  • in Deutschland oder einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union gelegenes, mit einem Haus oder einer Wohnung bebautes Grundstück,

ist dieser Erwerb von Todes wegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG dann erbschaftssteuerfrei, wenn

  • die Wohnfläche des Hauses bzw. der Wohnung nicht mehr als 200 qm beträgt,
  • der Erblasser das Haus bzw. die Wohnung bis zum Erbfall
    • zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder
    • an der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken aus zwingenden Gründen gehindert war

und

  • das Kind des Erblassers das von Todes wegen erworbene Haus bzw. die Wohnung
    • unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB)
    • zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmt.

Darauf hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28.05.2019 – II R 37/16 – hingewiesen und dazu entschieden, dass ein von dem Kind geerbtes Wohnhaus bzw. eine Wohnung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim), wenn

  • das Kind die Absicht hat, das Wohnhaus bzw. die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und
  • diese Absicht auch tatsächlich umsetzt, was erfordert, dass das Kind
    • in die Wohnung einzieht, sie als Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt und dort den Mittelpunkt seines Lebensinteresses hat,
    • es sich also nicht nur um eine Zweit- oder Ferienwohnung handelt,

sowie dass dies dann als unverzüglich anzusehen ist, wenn

  • innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach dem Erbfall

die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses gefasst und tatsächlich umgesetzt worden ist.

Wird die Selbstnutzung des Hauses bzw. der Wohnung

  • erst nach Ablauf von sechs Monaten

aufgenommen, muss zur Erlangung der Steuerbefreiung das Kind darlegen und glaubhaft machen können,

  • zu welchem Zeitpunkt es sich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat,
  • aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und
  • warum es diese Gründe nicht zu vertreten hat.