Tag Minderwert

Dieselgate: BGH entscheidet, dass Käufer eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs, die das Fahrzeug behalten wollen, Anspruch auf

…. Ersatz des „Minderwerts“ haben können.

Mit Urteil vom 06.07.2021 – VI ZR 40/20 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass Käufer, die einen neuen oder gebrauchten PKW mit Dieselmotor erworben haben, der von der Fahrzeugherstellerin mit einer 

  • Steuerungssoftware

ausgestattet wurde, die erkennt, 

  • ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befindet 

und bewirkt, dass die zulässigen Abgasgrenzwerte 

  • nur auf dem Prüfstand, 
  • nicht aber im normalen Straßenverkehr eingehalten werden

bzw. dass das Fahrzeug im Prüfstandsbetrieb 

  • weniger Stickoxid ausstößt als im Betrieb auf der Straße.

von der Fahrzeugherstellerin 

  • durch das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit einer solchen Abschalteinrichtung (Prüfstanderkennungssoftware) 

vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sind und 

  • nach § 826 BGB 

entweder Zug um Zug gegen Übertragung des Fahrzeugs 

  • Erstattung des Kaufpreises abzüglich der Nutzungsvorteile auf der Grundlage der gefahrenen Kilometer (sogenannter großer Schadensersatz)

oder stattdessen das Fahrzeug behalten und den

  • Betrag ersetzt verlangen können, um den sie das Fahrzeug – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben haben (sogenannter kleiner Schadensersatz).

Übrigens:
Maßgeblich für die Bemessung dieses 

  • kleinen Schadensersatzes 

ist zunächst der Vergleich der Werte von 

  • Leistung (Fahrzeug) und 
  • Gegenleistung (Kaufpreis) 

im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, wobei, sollte das 

  • von der Fahrzeugherstellerin zur Beseitigung der unzulässigen Prüfstanderkennungssoftware entwickelte 

Software-Update

  • aufgespielt worden sein und 
  • das Fahrzeug aufgewertet haben 

dies im Rahmen der Vorteilsausgleichung insoweit zu berücksichtigen ist, dass in die Bewertung des Vorteils 

  • etwaige mit dem Software-Update verbundene Nachteile 

einzubeziehen sind. 

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall ist 

  • im Wege des Grundurteils 

der Anspruch des Fahrzeugkäufers auf Ersatz des Minderwerts für 

  • gerechtfertigt

erklärt worden und muss nun vom Oberlandesgericht (OLG) im Betragsverfahren festgestellt werden, 

  • ob und 
  • in welchem Umfang 

eine Differenz zwischen 

  • dem objektiven Wert des Fahrzeugs und 
  • dem Kaufpreis im Zeitpunkt des Kaufs 

bestand und 

  • ob und inwieweit sich durch das Software-Update diese Wertdifferenz reduziert hat.

Ferner hat der Senat darauf hingewiesen, dass, nachdem in dem so zu bemessenden Minderwert

  • Nachteile, die mit der Prüfstanderkennungssoftware oder dem Software-Update (als etwaiger Vorteil) verbunden sind, bereits „eingepreist“ sind, 

auf Feststellung der Ersatzpflicht der Fahrzeugherstellerin für diesbezügliche weitere Schäden kein Anspruch besteht (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Wer ein Auto geleast und damit einen fremdverschuldeten Unfall hat, der den vereinbarten Restwert des Leasingfahrzeugs mindert, sollte

…. wissen, dass Zahlungen des Schädigers oder dessen Haftpflichtversicherers ihm zugute kommen müssen. 

Ein Leasingnehmer, der mit einem für einen bestimmten Zeitraum geleasten Auto einen Unfall hat, der den 

  • mit dem Leasinggeber vereinbarten

Restwert des Leasingfahrzeugs mindert, muss die

  • nach Ablauf des Leasingvertrages vorhandene 

Differenz ausgleichen.

Allerdings ist der Leasinggeber, der 

  • für den bei einem Verkehrsunfall an dem Leasingfahrzeug erlittenen Schaden 

von dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer Zahlungen auf den Fahrzeugschaden erhält, verpflichtet, diese ihm als Fahrzeugeigentümer aus dem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen 

  • dem Leasingnehmer 

zugutekommen zu lassen, indem er 

  • sie für die Reparatur oder Wiederbeschaffung des Fahrzeugs verwendet oder 
  • diese bei Vertragsende auf den Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch anrechnet,

so dass eine Zahlung, die der Leasinggeber 

  • als Minderwertausgleich von dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer 

erhalten hat, 

  • – unabhängig davon, ob der Leasinggeber von einem vertraglich vereinbarten Andienungsrecht Gebrauch macht oder das Fahrzeug verwertet – 

zumindest bei der Abrechnung am Ende in der Weise berücksichtigt werden muss, dass die Zahlung den Anspruch 

  • des Leasinggebers 

auf Restwertausgleich mindert. 

Das hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 30. 09.2020 – VIII ZR 48/18 – entschieden.

Dieselgate: OLG Koblenz entscheidet, dass Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung den Wert des Fahrzeugs mindert

…. und schätzt die Höhe dieser Wertminderung auf etwa 10% des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises.

Mit Urteil vom 16.09.2019 – 12 U 61/19 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Fall, in dem ein Käufer

  • zum Preis von 25.700 Euro

einen gebrauchten VW Golf erworben hatte und nach Bekanntwerden, dass das Fahrzeug

  • von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet worden war, die VW AG

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

u.a. auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, in Anspruch genommen hatte, entschieden, dass

  • der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung den Wert des Fahrzeugs mindert

und deswegen dem Käufer nicht nur

  • der – um den Nutzungsvorteil gekürzten – Kaufpreis zu erstatten ist,

sondern der Käufer auch Anspruch hat, auf

  • Verzinsung des Wertminderungsbetrags – den der Senat auf etwa 10% des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises schätzt – ab Zahlung des Kaufpreises.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • die VW AG den Fahrzeugkäufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe,
  • der Schaden des Fahrzeugkäufers im Kauf eines nicht ordnungsgemäß ausgerüsteten Pkws liege, dem, wegen des Einbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung das Risiko der Stilllegung anhaftete,
  • deswegen der Fahrzeugkäufer von der VW AG die faktische Rückabwicklung des Vertrages verlangen könne

und dies neben

nach § 849 BGB auch

  • die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises in Höhe des manipulationsbedingten Minderwerts des Fahrzeugs ab Datum der Kaufpreiszahlung umfasse (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz).

Dieselgate: OLG Karlsruhe weist darauf hin, dass, wer ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug erworben hat

…. und dieses

  • nicht gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben, sondern

behalten will, gegen den Fahrzeug- bzw. Motorhersteller einen Schadensersatzanspruch wegen Wertminderung haben kann, wenn,

  • was durch Einholung eines Gutachtens geklärt werden muss,

nach Aufspielen des Software-Updates (noch) ein Fahrzeugminderwert besteht.

Mit Beschluss vom 29.10.2019 – 17 U 102/18 – hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem eine Käuferin eines gebrauchten Audi A 3,

  • den sie bei einem Autohändler für 22.500 Euro erworben hatte,
  • der mit einem von der VW AG hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet war und
  • bei dem sie nach Fristsetzung durch die Zulassungsstelle das vom Kraftfahrbundesamt (KBA) zugelassene Software-Update hat aufspielen lassen,

das Fahrzeug behalten will und von der VW AG,

  • mit der Begründung, dass das von ihr erworbene Fahrzeug, wegen der in der Motorsteuerung installierten unzulässigen Software zur Abgassteuerung, zum Zeitpunkt des Kaufs mindestens 25% weniger wert gewesen sei,

Ersatz des Minderwertes verlangt, darauf hingewiesen,

  • dass ein Anspruch auf Ersatz eines Minderwertes grundsätzlich in Betracht kommen kann.

Zwar sei, so der Senat, nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass

  • bei Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung das Fahrzeug nicht gekauft worden wäre,

jedoch könne, wenn

  • das Fahrzeug behalten wird und
  • bei diesem – was durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden müsse –
    • durch die Software zur Abgassteuerung eine Wertminderung eingetreten und
    • nach Aufspielen des Software-Updates verblieben sei,

auch dieser Wertminderungsbetrag

  • als Schadensersatz wegen sittenwidriger, vorsätzlicher Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

verlangt werden (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

Dieselgate – Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeugbesitzer sollten beachten, dass mit Ablauf des 31.12.2018

…. bestehende Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller des Fahrzeugs, beispielsweise die VW AG, verjähren, wenn nicht noch im Jahr 2018 Klage erhoben wird.

Dass, wenn von Fahrzeugherstellern Dieselkraftwagen, unter Verschweigen in den Verkehr gebracht worden sind,

  • dass sie in diese eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 installiert haben, die erkennt, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird oder sich auf der Straße befindet und entsprechend das „Verhalten“ des Motors in Bezug auf die Abgase so verändert, dass der Motor
    • während des Prüfstandtests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte einhält,
    • während unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr das Fahrzeug anderweitig, nämlich mit einer geringeren Abgasrückführungsrate betrieben wird und die im Prüfstand erzielten Stickoxidwerte überschritten werden,

der Erwerber eines solchen Fahrzeugs

  • von dem Hersteller wegen sittenwidriger Schädigung

Ersatz der ihm aus dem Fahrzeugkauf entstanden Schäden verlangen kann, haben u.a. entschieden, das Landgericht (LG) Hildesheim mit Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16 –, das LG Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 26.01.2017 – 9 O 7324/16 –, das LG Karlsruhe mit Urteil vom 22.03.2017 – 4 O 118/16 –, das LG Kleve mit Urteil vom 31.03.2017 – 3 O 252/16 –, das LG Paderborn mit Urteil vom 07.04.2017 – 2 O 118/16 – , das LG Baden-Baden mit Urteil vom 27.04.2017 – 3 O 163/16 –, das LG Offenburg mit Urteil vom 12.05.2017 – 6 O 119/16 –, das LG Arnsberg mit Urteil vom 14.06.2017 – 1 O 25/17 –, das LG Osnabrück mit Urteil vom 28.06.2017 – 1 O 29/17 –, das LG Krefeld mit Urteil vom 19.07.2017 – 7 O 147/16 – sowie vom 04.10.2017 – 2 O 19/17 – und das LG Würzburg mit Urteil vom 23.02.2018 – 71 O 862/16 –.

Übrigens:
Die 2. Zivilkammer des LG Ravensburg hat mit Urteil vom 09.01.2018 – 2 O 171/17 – darauf hingewiesen,

  • dass im Falle einer solchen Abgasmanipulation, der infolge dessen bei der Auslieferung des Fahrzeugs bestehende Mangel durch ein Software-Update nicht vollständig beseitigt wird, weil dem Fahrzeug weiterhin ein merkantiler Minderwert anhaftet

und mit Beschluss vom 21.09.2017 – I-4 U 87/17 – hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf darauf hingewiesen,

  • dass für Schadensersatzklagen gegen die Volkswagen-AG hinreichende Erfolgsaussichten bestehen und Rechtsschutzversicherer für solche Klagen eine Deckungszusage erteilen müssen.

Dieselgate – Besitzer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs sollten wissen, dass durch ein Software-Update

…. der bei Auslieferung des Fahrzeugs bestehende Mangel

  • auch dann nicht vollständig beseitigt wird,

wenn das Fahrzeug aus technischer Sicht durch das Update so aufgerüstet werden kann bzw. worden ist, dass es

  • einerseits nunmehr sämtlichen gesetzlichen Vorschriften entspricht,
  • andererseits aber die Motorleistung dennoch so gut ist wie bei der Auslieferung, und
  • es durch die Software auch nicht zu Schäden am Abgasrückführungssystem, am Partikelfilter oder am Motor kommen kann.

Darauf hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Ravensburg mit Urteil vom 09.01.2018 – 2 O 171/17 – hingewiesen.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass die ursprüngliche Manipulationssoftware sich – trotz nachträglichem Update – negativ auf die Verkäuflichkeit des Fahrzeugs auswirkt, so dass ihm weiterhin ein merkantiler Minderwert anhaftet, der,

  • da der Verkauf zur gewöhnlichen Verwendung des Fahrzeugs gehört,

einen selbständigen Mangel gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt.

Die Tatsache, dass Fahrzeughersteller überhaupt zu dem Mittel gegriffen hat, eine unzulässige Software in Hunderttausende von Fahrzeugen einzubauen, lasse, so die Kammer, nämlich Raum für den Verdacht,

  • dass es mit einem bloßen Software-Update nicht getan sein kann, wenn das Fahrzeug alle Vorschriften erfüllen soll und gleichwohl die Leistung und Haltbarkeit des Fahrzeugs absolut gleichwertig sein soll zum ursprünglichen Auslieferungszustand

und dieser fortbestehende Verdacht verborgener Qualitätsmängel drücke sich,

  • ungeachtet des Software-Updates,

in einem niedrigeren Verkaufspreis aus, der auf dem Gebrauchtwagenmarkt für ein solches Fahrzeug zu erzielen ist.

Auch werde einen durchschnittlich informierten Käufer, so die Kammer weiter,

  • weder eine mögliche Bestätigung des Kraftfahrbundesamtes (KBA), dass die Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der mit dem Update versehenen Fahrzeuge herzustellen,
  • noch eine schriftliche Bestätigung des Herstellers, dass bei dem Fahrzeug nach Installation des Software-Updates keine qualitativen Einbußen vorliegen,

beruhigen, weil ihm dies keine Sicherheit gebe, dass das Fahrzeug

  • nach dem Update der Software tatsächlich die gleiche Leistung und Haltbarkeit aufweist,
  • wie sie das Fahrzeug in der ursprünglichen Konfiguration hatte.

Hinzu komme, dass

  • wegen des sehr breiten Echos in den Medien, das der Einbau der Manipulationssoftware gefunden habe und
  • der Diskussion über mögliche Fahrverbote,

vom Abgasskandal betroffene Fahrzeuge tendenziell vorzeitig verkauft werden,

  • deshalb auf längere Zeit ein Überangebot derartiger Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt bestehen wird und
  • dies den Preis zusätzlich nach unten drückt.

LG Heilbronn entscheidet, dass Käufer eines PKW Audi Q 3, EURO-Norm 5, mit dem Dieselmotor EA 189

…. vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen kann, jedoch im Rahmen der Rückgabe eine Nutzungsentschädigung zu berücksichtigen ist.

Mit Urteil vom 15.8.2017 – 9 O 111/16 – hat die 9. Kammer des Landgerichts (LG) Heilbronn entschieden, dass Käufer eines neuen PKW Audi Q3, EURO-Norm 5, mit einem Dieselmotor EA 189, berechtigt sind – ohne dass es hierzu einer vorherigen Aufforderung zur Nachbesserung bedarf –

  • vom Kauf zurückzutreten und
  • vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages zu verlangen,

da

  • der Motor dieses Fahrzeugs mit einer Umschaltsoftware ausgestattet ist, die die Abgasrückführung in zwei verschiedenen Modi betreibt, je nachdem, ob es sich auf dem Prüfstand (Modus 1) oder im realen Fahrbetrieb (Modus 0) befindet und
  • bei dem die mit Hilfe dieser Vorrichtung auf dem Prüfstand erzielten Abgaswerte damit nicht nur deshalb von denjenigen im realen Fahrbetrieb abweichen, weil der durchgeführte Fahrzyklus nicht dem realen Fahrbetrieb entspricht, sondern weil die Abgasrückführungsrate im Prüfbetriebsmodus (Modus 1) höher ist, als auf der Straße (Modus 0)

und

  • diese beim Kauf eingebaut gewesene Software zu einem merkantilen Minderwert führt,
  • der nicht nachgebessert werden kann.

Zur Begründung ausgeführt hat die Kammer, dass ein bei der Übergabe mit einer solchen Umschaltsoftware ausgestattetes Fahrzeug nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten konnte und demzufolge mit einem nicht nur unerheblichen Sachmangel behaftet ist, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

  • Der Durchschnittskäufer eines Neufahrzeuges darf nämlich objektiv erwarten, dass in dem von ihm erworbenen Fahrzeug eine solche, auf Täuschung der zuständigen Kontrollinstanzen angelegte und vorschriftswidrige Vorrichtung nicht vorhanden ist.

Beworben wurden die Fahrzeuge vom Hersteller, so die Kammer, mit den Abgaswerten, die sie im Testbetrieb (Modus 1) erreicht hatten. Dieses ist eine Beschaffenheitsgarantie im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB, da auch dem Verkäufer diese Werte bekannt waren.

  • Beim Käufer wurde dadurch nicht nur der Eindruck erweckt, dass diese Fahrzeuge im Realbetrieb zumindest ähnliche Werte erreichen – es wurde vor allem der Eindruck erweckt, die Motoren dieser Fahrzeuge würden im Realbetrieb betreffend die Abgasreinigung genauso betrieben, wie im Testbetrieb.

Dass dem nicht so war, ist eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit.

Ferner zeigt nach Auffassung der Kammer ein einfaches Gedankenexperiment, dass auch nach einem Software-Update das Fahrzeug die beim Verkauf zugesagte Beschaffenheit nicht erreicht und warum ein merkantilen Minderwert bei dem Fahrzeug verbleibt:

  • Die Ingenieure der Motorenentwicklung hätten, wenn sie durch das jetzige Update die Möglichkeit gesehen hätten, die zugesagten Abgaswerte zu erreichen, dieses Update gleich bei der Produktion des Motors eingebaut – sie hätten sich also die Entwicklung und Programmierung des Modus 0 schlicht erspart und die Fahrzeuge im Modus 1 hergestellt und ausgeliefert.
    Dass jemand zusätzlichen Aufwand betreibt um das zu erreichen, was er ohne vorherigen Aufwand bereits hatte, ist in der auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Automobilbranche nicht vorstellbar.
    Es wurde vielmehr „geschummelt“, um den Test zu bestehen, sodann das Fahrzeug mit den bei einem korrekten Test nicht erreichbaren Abgaswerten beworben und damit auch mit dieser – nicht erreichbaren – Beschaffenheit verkauft.
    Um diese Unkorrektheit bei Nachprüfungen zu verheimlichen, wurde weiter entschieden, diese „Schummel-Software“ in alle Fahrzeuge einzubauen und nicht nur in die Fahrzeuge, die offiziell getestet wurden.
  • Genau dieses System kann nur als flächendeckendes Betrugssystem bewertet werden, das zu einem so erheblichen Vertrauensverlust gegenüber Dieselmotoren des Herstellers VW führt, dass ein nicht nachbesserbarer merkantiler Minderwert nach den Gesetzen des freien Marktes offensichtlich gegeben ist.
    Die betroffenen Fahrzeuge sind auf dem Gebrauchtwagenmarkt nur mit erheblichem Abschlag zu veräußern.
  • Das tief sitzende Misstrauen der Kunden zeigt sich insbesondere in den rückläufigen Zulassungszahlen für neue Dieselfahrzeuge, obwohl diese der EURO-6-Norm entsprechen sollen.
    Dieses hat negative Auswirkung auf die Preisentwicklung der gebrauchten EURO-5-Diesel, wie dem streitgegenständlichen. Nach einem Bericht der Zeitschrift „Der Spiegel“ in der Ausgabe vom 05.08.2017 (dort Seite 15) sind die Preise für gebrauchte Dieselfahrzeuge um bis zu 25 % gefallen und sind die Zulassungszahlen für Dieselfahrzeuge im Vergleich zum Vorjahresmonat um 13 % gesunken.

Eine im Rahmen eines Fernabsatzvertrages gekaufte Matratze darf getestet werden

Schläft der Verbraucher eine Nacht auf der Matratze und widerruft er danach den Kaufvertrag schuldet er dem Händler keinen Ersatz für einen dadurch eventuell eingetretenen merkantilen Minderwert.

Das hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 15.04.2016 – 7 C 273/15 – in einem Fall entschieden, in dem

  • ein Verbraucher im Rahmen eines Fernabsatzvertrages nach § 312b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von einem Händler eine Kaltschaum-Matratze mit dem Härtegrad H3 gekauft,
  • auf dieser eine Nacht geschlafen,
  • danach den Kaufvertrag wirksam gemäß §§ 312d Abs. 1 Satz 1, 355 Abs. 1 BGB widerrufen sowie die Matratze gemäß § 357 Abs. 1 BGB zurückgegeben hatte (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.03.2016 – VIII ZR 146/15 – zur Unbeachtlichkeit der Motivlage beim Widerruf) und

von dem Händler für die Nutzung der Matratze ein Wertverlustentgelt verlangt worden war.

Die Klageabweisung hat das AG damit begründet, dass im Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages

  • ein Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz für einen Wertverlust der Ware nach § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB voraussetzt, dass der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war und
  • ein evtl. durch die Nutzung für eine Nacht eingetretener Wertverlust hier auf die nur notwendige und noch moderate „Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Matratze“ zurückzuführen wäre.

Denn, so das AG, mit der Nutzung der Matratze nur über eine Nacht gehe noch keine übermäßige Nutzung im Sinne des § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB einher.
Das dem Verbraucher zustehende Prüfungsrecht beinhalte nämlich die Berechtigung des Verbrauchers, die Ware auszuprobieren sowie zu testen und zwar auch dann, wenn damit eine Ingebrauchnahme verbunden ist.
Solange sich der Verbraucher im Rahmen der berechtigten Prüfung bewege, schulde er auch dann keinen Wertersatz, wenn die Ware einen vollständigen Wertverlust erleidet, wie z.B. beim Aufbau von Möbeln oder beim Befüllen eines Wasserbettes (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 03.11.2010 – VIII ZR 337/09 – sowie AG Köln Urteil vom 04.04.2012 – 119 C 462/11 –).

Im Übrigen hat das AG darauf hingewiesen, dass auch ein Test der Matratze über 2 Nächte noch vom Prüfungsrecht umfasst gewesen wäre.