Tag Pferd

OLG Celle entscheidet: Wird ein Tier verletzt, kann der Schädiger verpflichtet sein, dem Tiereigentümer die tierärztlichen Behandlungskosten auch dann

…. zu ersetzen, wenn diese den Wert des Tieres um ein Vielfaches übersteigen. 

Mit Urteil vom 15.02.2023 – 20 U 36/20 – hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts OLG) Celle in einem Fall, in dem ein 24 Jahre alter Wallach, 

  • in sehr gutem Zustand, jedoch mit einen wirtschaftlichen Wert von nur noch etwa 300 €, der für andere Pferde auf der Weide noch als „Gesellschafter“ diente,

vor einem auf die Pferdekoppel laufenden Hund geflohen, von dem Hund

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OLG Oldenburg entscheidet: Pferdehalter muss für einen auf einen Reitfehler beruhenden Unfall des Reiters nicht haften

Mit Urteil vom 19.10.2021 – 2 U 106/21 – hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg die Klage einer noch nicht sehr reiterfahrenen 

  • Reiterin

abgewiesen, die, von einem, ihr nicht gehörendem Pferd, 

  • das sie an diesem Tag erstmals geritten hatte, 

gestürzt war, 

  • dabei ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten 

und deswegen die Eigentümerin und Halterin des Pferdes auf Zahlung von Schmerzensgeld verklagt hatte.

Grund für die Klageabweisung war, dass der Senat nicht feststellen konnte, dass der Sturz der Reiterin vom Pferd,

  • wie von ihr behauptet,

auf ein Durchgehen des Pferdes und damit auf eine Verwirklichung der 

  • sogenannten Tiergefahr 

zurückzuführen war, sondern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme es auch möglich war, dass die Reiterin  

  • durch ein aus Unsicherheit erfolgtes Anpressen der Beine 

dem Pferd den

  • – eigentlich nicht gewollten –

Befehl zum Galopp gegeben, diesem Befehl das Pferd 

  • lediglich gehorcht 

hatte, deshalb 

  • vom Trab normal in den Galopp 

übergegangen, dabei die Reiterin vom Pferd gestürzt war und der Unfall somit auf einem 

  • Reitfehler der Reiterin

beruhte (Pressemitteilung OLG Oldenburg).

Pferdehalter sollten wissen, dass eine Reitbeteiligung per se weder einen Haftungsausschluss untereinander beinhaltet,

…. noch etwas an ihrer alleinigen Haltereigenschaft ändert.

Mit Urteil vom 17.12.2020 – 20 O 2974/19 – hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts (LG) München I in einem Fall, in dem eine Reiterin, 

  • die mit der Halterin eines Pferdes eine Reitbeteiligung vereinbart hatte, 

von dem Pferd erheblich verletzt worden war,

  • als dieses, während sie es im Stall striegelte, mit dem linken Hinterfuß schräg nach vorne ausschlug,

entschieden, dass für ihre 

  • durch den Tritt des Pferdes erlittenen 

Verletzungen, die Pferdehalterin aus § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haften muss 

  • und sich nicht auf einen (stillschweigenden) Haftungsausschluss berufen kann. 

Danach ist ein Haftungsausschluss eines Pferdehalters, 

  • sofern er in einem Reitbeteiligungsvertrag nicht ausdrücklich vereinbart worden ist,

wegen der weitreichenden Konsequenzen,

  • nur im Ausnahmefall 

anzunehmen, wobei, wenn 

  • beispielsweise vorgesehen ist, dass der Reitbeteiligte in die Haftpflichtversicherung der Pferdehalterin mit aufgenommen wird, 

das klar gegen und wenn

  • der Reitbeteiligte eine Unfallversicherung für das Risiko „Reiten“ abschließen soll,

auch dies nicht für einen Haftungsausschluss auf Seiten der Pferdehalterin spricht, nachdem 

  • der Abschluss einer solchen Unfallversicherung auch neben der Halterhaftung durchaus sinnvoll ist.

Übrigens:
Ein Mitverschulden, 

  • das einen Reitbeteiligten, der zum Zeitpunkt des Unfalls Tieraufseher ist, nach § 834 BGB treffen kann, 

lag hier deshalb nicht vor, weil,

  • laut dem von der Kammer gehörten Sachverständigen, 

es sich bei dem Tritt des Pferdes, um eine 

  • plötzliche, nicht zu erwartende 

Reaktion des Tieres gehandelt hatte (Quelle: Pressemitteilung des LG München I). 

Fazit:
Pferdehaltern, die mit anderen eine Reitbeteiligung abschließen wollen, sollten,

  • wenn die Reitbeteiligung nicht von ihrer Haftpflichtversicherung erfasst ist, 

unbedingt einen ausdrücklichen Haftungsausschluss vereinbaren.

Wer ein (lebendes) Tier, beispielsweise ein (Reit)Pferd kauft oder verkauft, sollte wissen für welchen (Gesundheits-)Zustand

…. des Tieres der Verkäufer einzustehen hat, also

  • wann beispielsweise eine erlittene Vorverletzung des Tieres einen Sachmangel begründet und
  • wann nicht.

Der Verkäufer eines Tieres hat,

  • sofern eine diesbezügliche anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht getroffen worden ist,

(lediglich) dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang

  • nicht krank ist und
  • sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass
    • es alsbald erkranken wird und
    • infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einzusetzen ist.

Auch gehört es nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres, dass es in jeder Hinsicht einer

  • biologischen oder
  • physiologischen

„Idealnorm“ entspricht.

Denn der Käufer eines lebenden Tieres kann redlicherweise nicht erwarten, dass er

  • – ohne besondere (Beschaffenheits-)Vereinbarung –

ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhält, sondern muss,

  • da es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und die – anders als Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind,

im Regelfall damit rechnen, dass

  • das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind.

Die damit verbundenen Risiken für die spätere Entwicklung des Tieres sind für Lebewesen typisch und stellen für sich genommen ebenfalls

  • noch keinen vertragswidrigen Zustand dar,

so dass der Verkäufer eines Tieres auch nicht haftet

  • für den Fortbestand des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustands.

Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für

  • folgenlos überstandene Krankheiten und
  • Verletzungen, wie beispielsweise eine ausgeheilte Rippenfraktur eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig ist.
    • wobei es insoweit auch nicht darauf ankommt, worauf die vollständig ausgeheilte Rippenfraktur beruht.

Demgemäß wird die Eignung eines beispielsweise klinisch unauffälligen Pferdes für

  • die gewöhnliche oder
  • die vertraglich vorausgesetzte

Verwendung

  • als Reitpferd

nicht schon dadurch beeinträchtigt,

  • dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht,
  • dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.

Darauf

  • und dass die Verletzung eines Tieres somit jedenfalls nicht in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden kann,

hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 30.10.2019 – VIII ZR 69/18 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem nach dem Erwerb eines Reitpferdes bei diesem erlittene Vorverletzungen in Form von Rippenfrakturen festgestellt worden waren und
  • der Käufer deswegen den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte,

entschieden, dass

  • vollständig ausgeheilte Rippenfrakturen

bei einem als Reittier verkauften Pferd,

  • ohne anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung

nicht geeignet sind einen Sachmangel zu begründen, sondern

die Wirksamkeit des von dem Käufer erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag davon abhängt, ob

  • bei Gefahrübergang bei dem Pferd ein Zustand von nicht vollständig ausgeheilter Rippenfraktur vorhanden war und
  • dieser noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung fortbestanden hat.

Was Eigentümer eines Reit- und Sportpferdes, die es u.a. für den Fall einer erforderlich werdenden Nottötung versichert

…. haben oder versichern wollen, wissen sollten.

Mit Urteil vom 06.03.2019 – 32 C 1479/18 – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main darauf hingewiesen, dass, wenn bei einer

  • u.a. für den Fall einer erforderlich werdenden Nottötung

abgeschlossenen Pferdelebensversicherung die Versicherungssumme an den Versicherungswert (d.h. den Wert des Pferdes unmittelbar vor dem Vorfall der die Nottötung ausgelöst hat) gekoppelt ist,

  • es also in den Versicherungsbedingungen etwa heißt, dass die Versicherungssumme dem Wert des Tieres entsprechen soll,

bei

  • dauernder Lahmheit und
  • Schlachtuntauglichkeit

des Reit- und Sportpferdes dessen Versicherungswert auf Null sinken,

  • eine Versicherungsleistung also gegebenenfalls entfallen kann.

Ein Fall,

  • in dem der Versicherungswert Null beträgt,

liegt – bei einer solchen Koppelung der Versicherungssumme an den Versicherungswert – nach Auffassung des AG vor, wenn ein Pferd nach einem Zusammenbruch medikamentös eingeschläfert werden muss und es zuvor beispielsweise

  • wegen arthrosebedingter Lahmheit medikamentös mit Phenylbutazon behandelt worden sowie
  • aufgrund der Arthrose zum Reiten und Fahren nicht mehr brauchbar war,

weil das Pferd dann schon vor dem (die Nottötung auslösenden) Zusammenbruch

  • nicht nur bereits dauernd Lahm gewesen ist,
  • sondern nach der Phenylbutazongabe auch nicht mehr zur Schlachtung zugelassen werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des AG Frankfurt am Main).

Hinweis:
Die Entscheidung des AG bedeutet, dass, wenn

  • bei einer u.a. für den Fall einer erforderlich werdenden Nottötung eines Reit- und Sportpferdes abgeschlossenen Pferdelebensversicherung,
  • bei der die Versicherungssumme an den Versicherungswert gekoppelt ist,

der Versicherungswert des Pferdes bei der Nottötung nicht Null betragen soll,

  • entweder das Pferd vor einem zur Nottötung führenden Vorfall gesund und reittüchtig gewesen sein muss
  • oder es vor dem zur Nottötung führenden Vorfall nicht mit einem zur Schlachtunfähigkeit führendem Medikament behandelt worden sein darf.

Wichtig zu wissen für Reiter, die ein Pferd, das leicht zu handhaben sein soll, kaufen möchten

Mit Urteil vom 01.02.2018 – 1 U 51/16 hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden, dass eine Reiterin/ein Reiter, die/der ein Pferd gekauft hat,

  • das gemäß der zwischen den Kaufvertragsparteien getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung als umgängliches, leichttrittiges sowie lektionssicheres Lehrpferd geeignet sein sollte,

vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn sich in der Folgezeit herausstellt,

  • dass das Pferd nicht einfach zu handhaben ist,
  • sondern es sich um ein sehr sensibles Tier handelt, für dessen Handhabung besondere Erfahrungen notwendig und das für einen Reitanfänger ungeeignet ist und
  • dies der Reiterin/dem Reiter vor Abschluss des Kaufvertrages nicht aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist.

Begründet hat das OLG dies damit, dass in einem solchen Fall das Pferd nicht der getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung entspricht und

  • da die Parteien sich auf den Verkauf dieses bestimmten Pferdes und nicht auf die Lieferung eines quasi „austauschbaren“ Pferdes geeinigt haben,

dem Verkäufer auch keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden muss (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 18.06.2018).

BGH entscheidet, wann einem selbstständigen Reitlehrer und Pferdeausbilder, der ein Dressurpferd verkauft, die Unternehmereigenschaft fehlt

…. und der Käufer sich ihm gegenüber deshalb nicht auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen kann.

Mit Urteil vom 18.10.2017 – VIII ZR 32/16 – hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass ein Reitlehrer und Pferdetrainer, der ein Dressurpferd verkauft,

  • ohne Hinzutreten besonderer Umstände,

dann nicht als Unternehmer anzusehen ist,

  • wenn er das Pferd zuvor ausschließlich für private Zwecke erworben und ausgebildet hat und

dass in einem solchen Fall, wenn streitig ist, ob ein Mangel des Pferdes, wie beispielsweise „Rittigkeitsprobleme“ (Lahmheit, Schmerzen, Widersetzlichkeit)

  • bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden war oder
  • erst danach aufgetreten ist, hervorgerufen etwa durch eine falsche reiterliche Behandlung auf Seiten des Käufers,

der Käufer sich deswegen auch nicht auf die Beweislastumkehrvorschrift des § 476 BGB berufen kann,

  • da diese nur für Verbrauchsgüterkäufe, d.h. Verträge durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer bewegliche Sachen kauft, gilt.

Begründet hat der Senat die fehlende Unternehmereigenschaft in einem solchen Fall damit, dass ein selbständiger Reitlehrer und Pferdeausbilder, wenn er ein Pferd verkauft,

  • das von ihm zuvor ausschließlich zu privaten Zwecken ausgebildet und trainiert worden ist,

bei dem Verkauf des Pferdes nicht „in Ausübung“ seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt,

  • sondern der Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit allenfalls äußerlicher Natur ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 18.10.2017 – Nr. 161/2017 –).