Tag WEG-Recht

Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Notwendiger Inhalt des Wirtschaftsplans – Art der Ausweisung der Hausgeldvorschüsse.

Der notwendige Inhalt eines Wirtschaftsplans wird in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 WEG festgelegt. Der Plan hat zunächst die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu enthalten (Nr. 1). Sie müssen in übersichtlicher und nachprüfbarer Weise nach Grund und Höhe aufgeführt sein.
Diese Einnahmen-Ausgaben-Kalkulation bildet den Gesamtwirtschaftsplan, während die erforderliche Darstellung der anteilsmäßigen Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung (Nr. 2) die Pflicht zur Erstellung von Einzelwirtschaftsplänen betrifft.
Die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung (Nr. 3) sind sowohl im Gesamt- als auch in den Einzelwirtschaftsplänen gesondert aufzuführen.
Der Gesamt- und der Einzelwirtschaftsplan können zusammengefasst werden.

Zu den voraussichtlichen Einnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG gehören zunächst alle Zuflüsse zu dem Vermögen der Gemeinschaft, die die Vorschussverpflichtung der Wohnungseigentümer mindern.
Soweit daraus der Schluss gezogen wird, dass die Summe der im kommenden Wirtschaftsjahr zu leistenden Hausgeldvorschüsse nicht zu den Einnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG gehört kann dem nicht gefolgt werden. Zutreffend ist allerdings, dass der Finanzierungsbedarf der Gemeinschaft nur durch Schätzung der voraussichtlichen Ausgaben und der voraussichtlichen Erträge, die nicht aus laufenden Hausgeldzahlungen bestehen, ermittelt werden kann. Indessen kann aus der vorzunehmenden Berechnungsmethode noch nicht auf eine teleologische Einschränkung des weiten Begriffs der Einnahmen in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG geschlossen werden. Der Wirtschaftsplan zielt nicht allein auf den Ausweis der anteiligen Vorschussverbindlichkeit des einzelnen Wohnungseigentümers. Vielmehr muss er auch erkennen lassen, ob die Liquidität der Gemeinschaft gewährleistet ist. Daher müssen auch die voraussichtlichen Hausgeldeinnahmen der Gemeinschaft aus dem Wirtschaftsplan hervorgehen. Sie sind das Gegenfinanzierungsmittel für die gemeinschaftlichen Lasten und Kosten und unter diesem Aspekt Einnahmen der Gemeinschaft.

Damit ist jedoch noch keine Aussage über die Art der Ausweisung der Hausgeldvorschüsse im Wirtschaftsplan getroffen.

Hinsichtlich der Gestaltung des Wirtschaftsplans ist es nicht zu beanstanden, wenn die Hausgeldvorschüsse nicht ausdrücklich als erwartete Einnahmen bezeichnet werden. Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, dass die durch die sonstigen Vermögenszuflüsse nicht gedeckten voraussichtlichen Ausgaben durch Hausgeldvorschüsse aufgebracht werden sollen. Letzteres versteht sich in aller Regel von selbst, da der Wirtschaftsplan gerade das Ziel hat, die erforderlichen finanziellen Mittel durch die Belastung der Wohnungseigentümer entsprechend den geltenden Verteilungsschlüsseln aufzubringen.

Weitergehende Angaben im Wirtschaftsplan sind nicht erforderlich. Auch müssen weder alle Einzelwirtschaftspläne an sämtliche Wohnungseigentümer versandt werden, noch muss eine Vorschussliste erstellt werden, aus der sich ergibt, welche Hausgeldvorschüsse jeder einzelne Wohnungseigentümer jährlich und monatlich zu zahlen hat.

Der Wirtschaftsplan dient der Ermittlung und Festsetzung der Beitragsverpflichtung der Wohnungseigentümer und damit der Aufbringung der für eine ordnungsgemäße Verwaltung der Wohnungseigentümer erforderlichen finanziellen Mittel. Seine eigentliche Bedeutung liegt darin, dass er die Belastung der Wohnungseigentümer mit Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 WEG verbindlich regelt und deren Zahlungsverpflichtung erst entstehen lässt.
Daher kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die aus dem Wirtschaftsplan ersichtliche Deckungslücke zwischen den voraussichtlichen Ausgaben und den sonstigen Vermögenszuflüssen der Gemeinschaft, die entweder ausdrücklich als Summe genannt wird oder sich durch Addition der einzelnen Posten ermitteln lässt, durch die Belastung der Wohnungseigentümer mit Hausgeldvorschüssen ausgeglichen werden soll. Für den einzelnen Wohnungseigentümer können – auch wenn dieser nur die Höhe des auf ihn entfallenden Hausgeldes erfährt – keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass nicht nur er, sondern auch die anderen Wohnungseigentümer nach den im Wirtschaftsplan erläuterten Verteilungsschlüsseln belastet werden und das Kostendeckungsprinzip gewahrt ist.

Die Mitteilung der auf die anderen Wohnungseigentümer konkret entfallenden Hausgeldvorschüsse ist auch nicht deshalb erforderlich, weil Hausgeldansprüche bei einzelnen Wohnungseigentümern auf Dauer uneinbringlich oder im betreffenden Wirtschaftsjahr mutmaßlich nicht einbringbar sein können.
Die Einnahmenseite darf in diesem Fall nicht gekürzt werden, da dies nicht zu einer ausgeglichenen Liquiditätsplanung führen würde. Vielmehr muss auch ein insolventer Wohnungseigentümer in den Wirtschaftsplan einbezogen werden, da er andernfalls nicht zur Zahlung des Hausgeldes verpflichtet würde. Die Uneinbringlichkeit von Hausgeldern ist vor diesem Hintergrund ausgabenerhöhend zu berücksichtigen und muss sich aus dem Gesamtwirtschaftsplan ergeben.

Darauf und dass ein Wirtschaftsplan der diesen Maßstäben genügt nicht zu beanstanden ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 07.06.2013 – V ZR 211/12 – hingewiesen.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Umfang der Vertretungsmacht des Verwalters bei Beschlussanfechtungsklage.

Mit Urteil vom 05.07.2013 – V ZR 241/12 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass nach Erhebung einer Beschlussanfechtungsklage (§ 43 Nr. 4 WEG) der Verwalter die beklagten Wohnungseigentümer aufgrund der gesetzlichen Vertretungsmacht gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG im Außenverhältnis umfassend vertreten und (auch) einen Rechtsanwalt für sie beauftragen kann.

Im Innenverhältnis nehmen die in § 27 WEG geregelten Befugnisse des Verwalters den Wohnungseigentümern jedoch nicht ihre Entscheidungsmacht und ihre gemeinschaftliche Geschäftsführungsbefugnis; die Wohnungseigentümer sind deshalb nicht gehindert, die Einberufung einer Eigentümerversammlung zu verlangen und dem Verwalter Weisungen zu erteilen.
Zudem können einzelne Wohnungseigentümer (für sich) selbst auftreten oder einen eigenen Prozessbevollmächtigten bestellen.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Wenn Ladung eines Wohnungseigentümers ohne Verschulden des Verwalters misslingt oder unterbleibt.

Wirksam geladen zu einer Wohnungseigentümerversammlung ist ein Wohnungseigentümer nur dann, wenn ihm die Ladung zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )). Unterbleibt die Ladung einzelner Wohnungseigentümer, kann dies zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse führen.

Teilt ein Wohnungseigentümer seine ladungsfähige Anschrift aber nicht oder falsch mit und misslingt seine Ladung zu der Eigentümerversammlung aus diesem Grund ohne Verschulden der Verwaltung, muss er sich die unterbliebene Ladung als Folge seiner Obliegenheitsverletzung zurechnen lassen; in der Versammlung gefasste Beschlüsse können dann nicht wegen der unterbliebenen Ladung angefochten werden, und zwar auch nicht durch andere Wohnungseigentümer.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 05.07.2013 – V ZR 241/12 – hingewiesen.

Erfolgt die Ladung an einen Wohnungseigentümer, der sein Wohnungseigentum mittlerweile an einen Sondernachfolger veräußert hat und ist dieser bereits als Wohnungseigentümer anzusehen, ohne dass der Verwalter der Übertragung zustimmen musste und ohne dass diese Veränderungen dem Verwalter angezeigt worden sind, ist die Nichtladung des neuen Wohnungseigentümers ausnahmsweise unschädlich und gleichwohl gefasste Beschlüsse sind jedenfalls aus diesem Grunde nicht anfechtbar.

Das hat das Landgericht (LG) München I mit Beschluss vom 20.02.2013 – 36 T 1970/13 – entschieden.

Danach ist es in einem solchen Fall Sache des jeweiligen Wohnungseigentümers, durch Übersendung eines Grundbuchauszuges an die Verwaltung sicherzustellen, dass er oder sein Sondernachfolger geladen werden können. Es würde den Pflichtenkreis der Hausverwaltung überspannen zu verlangen, dass vor jeder Eigentümerversammlung ein Grundbuchauszug erholt wird, mag dies auch vereinzelt, den Verwaltern in der Literatur empfohlen werden.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Beschluss über den Einbau und den Betrieb einer Videoanlage zur Überwachung des Eingangsbereichs der Wohnanlage?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Herstellung von Filmaufzeichnungen einer Person mit einer Videokamera, auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, etwa auf einem öffentlichen Weg, einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen, selbst wenn keine Verbreitungsabsicht besteht. Ob ein derartiger rechtswidriger Eingriff anzunehmen ist, ergeben eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und eine die (verfassungs-)rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigende Güter- und Interessenabwägung.

Da der Einzelne grundsätzlich selbst entscheiden darf, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden und wann und unter welchen Voraussetzungen seine persönlichen Daten preisgegeben und verwendet werden sollen, muss bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann.

Diese Rechtsprechung hat der 5. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander übertragen. 
Danach darf der Wohnungseigentümer sein Sondereigentum überwachen, wenn sich die Überwachung hierauf beschränkt und benachbartes Sondereigentum oder öffentliche Flächen nicht erfasst. 
Sollen unter der Regie und Aufsicht der Gemeinschaft Teile des Gemeinschaftseigentums mittels einer Videoanlage überwacht und das Geschehen aufgezeichnet werden, ist eine solche Videoüberwachung zulässig,

  • wenn das Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht wird, überwiegt und
  • wenn die Ausgestaltung der Überwachung unter Berücksichtigung von § 6 b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des Einzelnen ausreichend Rechnung trägt.

Da die Videoüberwachung von Teilen des Gemeinschaftseigentums in erster Linie eine Maßnahme zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums ist, nämlich zum Schutz der Wohnanlage und ihrer Bewohner, muss

  • die Überwachung nach § 21 Abs. 4 WEG den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen und
  • der Einbau der entsprechenden technischen Anlagen als bauliche Maßnahme die für solche Maßnahmen geltenden Anforderungen des § 22 Abs. 1 WEG erfüllen.

Der Einbau einer Videoüberwachungsanlage ist danach nur zulässig, wenn alle Wohnungseigentümer zustimmen, die von dieser baulichen Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. 
Bei der Prüfung, ob eine solche Beeinträchtigung vorliegt, ist einerseits zu berücksichtigen, dass die technischen Anlagen zur Videoüberwachung keinem eigenständigen baulichen oder ästhetischen Zweck dienen, sondern allein der Überwachung. Eine über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehende Beeinträchtigung liegt deshalb vor, wenn die Überwachung selbst dem Maßstab ordnungsmäßiger Verwaltung und in diesem Rahmen den Vorgaben des § 6b BDSG nicht entspricht.
Daraus folgt aber nicht, dass eine solche Beeinträchtigung stets fehlt, wenn die Überwachung an sich den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und mehrheitlich beschlossen werden kann. Denn der Einbau der für die Videoüberwachung vorgesehenen technischen Anlagen kann – unabhängig von der mit ihm ermöglichten Videoüberwachung – als bauliche Maßnahme Nachteile haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehen und dazu führen, dass ihm alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen. Diese können nämlich auch in einer erheblichen optischen Veränderung des Gebäudes bestehen. Dann scheitert eine an sich zulässige Videoüberwachung an den optisch-baulichen Wirkungen der vorgesehenen Geräte, wenn nicht alle Wohnungseigentümer zustimmen.

Eine angestrebte Überwachung entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung,

  • wenn sie die für eine Überwachung bestehenden gesetzlichen Vorgaben einhält und
  • wenn sie nicht nur dem Interesse der Mehrheit an der Effizienz der Verwaltung entspricht, sondern auch dem mit § 14 Nr. 1 WEG einfachrechtlich und durch Art. 2 Grundgesetz (GG) auch verfassungsrechtlich geschützten Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und betroffener Dritter an dem Schutz ihrer Privatsphäre Rechnung trägt.

Das gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümer die Videoüberwachung einstimmig beschließen. Denn von einem solchen Beschluss werden nicht nur die gegenwärtigen Wohnungseigentümer, sondern nach § 10 Abs. 4 Satz 1 WEG auch ihre Rechtsnachfolger und an der Beschlussfassung nicht beteiligte Personen betroffen, die sich als Besucher, Lieferanten usw. in der Anlage aufhalten.

Für den Betrieb einer Videoüberwachung müssen deshalb das Gemeinschaftsinteresse an der Überwachung mit den Interessen des einzelnen Wohnungseigentümers und mitbetroffener Dritter gegeneinander abgewogen werden. Die dabei zu beachtenden Vorgaben sind durch § 6 b BDSG gesetzlich festgelegt, wenn öffentlich zugängliche Teile des Gemeinschaftseigentums überwacht werden sollen. Dazu kann zum Beispiel der Eingangsbereich einer Wohnanlage gehören.

Die Wertungen dieser Vorschrift sind aber auch dann zu beachten, wenn sie nicht unmittelbar einschlägig ist. 
Auf sie hat der fünfte Senat des Bundesgerichtshofs schon für die Bestimmung des im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums festzustellenden Nachteils des einzelnen Wohnungseigentümers zurückgegriffen.
Für die Interessenabwägung bei dem Beschluss über die Einführung und den Betrieb einer Videoüberwachung gilt nichts anderes. 
Der einzelne Wohnungseigentümer, der mit einer Überwachung nicht einverstanden ist, müsste sich, wenn die Videoüberwachung mehrheitlich beschlossen werden kann, der Mehrheit beugen. Das kann ihm – bei dem hier in Rede stehenden Eingriff in seine Privatsphäre – nur zugemutet werden, wenn seine Interessen angemessen berücksichtigt werden. Die dabei zu beachtenden Gesichtspunkte beschreibt § 6 b BDSG in einer auch für die Wohnungseigentümergemeinschaft sachgerechten Weise.

In Anlehnung an § 6 b BDSG ist die Videoüberwachung in einer Wohnungseigentumsanlage unter der Regie und Aufsicht der Gemeinschaft mit einer Aufzeichnung des Geschehens zulässig, wenn ein berechtigtes – konkret und verbindlich festzulegendes – Gemeinschaftsinteresse das Interesse des Einzelnen überwiegt. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Gemeinschaft Straftaten gegen das Gemeinschaftseigentum und gegen die Bewohner der Anlage abwehren möchte. Nicht zulässig wäre dagegen eine Videoüberwachung, die allein dazu diente, die Durchsetzung von Ansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 3 WEG wegen einer von § 14 Nr. 1 WEG nicht gedeckten Nutzung ihrer Wohnungen zu erleichtern.

Auch wenn die Gemeinschaft einen Zweck verfolgt, der eine Videoüberwachung an sich rechtfertigt, berechtigt sie dieser Zweck nicht dazu, die Videoüberwachung in beliebigem Umfang und zu beliebigen Bedingungen durchzuführen. Vielmehr muss auch dann der Umfang auf das Notwendige beschränkt werden. So kann eine Überwachung des Eingangsbereichs zur Vermeidung von Straftaten zulässig sein, eine Überwachung des gesamten Treppenhauses einschließlich der Wohnungstüren aber nicht.
Entsprechende Beschränkungen gelten für den Umfang der Aufzeichnungen, die Dauer ihrer Aufbewahrung und den Zugriff hierauf. So kann in dem erwähnten Beispiel einer Überwachung des Eingangsbereichs eine Aufzeichnung mit Zugriff nur für Strafverfolgungsbehörden zulässig sein, eine Überwachung mit Zugriff auch der einzelnen Wohnungseigentümer auf die Aufzeichnungen dagegen nicht. 
Schließlich müssen die Regeln für den Betrieb der Überwachung durch Beschluss der Wohnungseigentümer verbindlich festgelegt werden, damit der Umfang der Überwachung und ihre Bedingungen für jeden transparent und jederzeit verifizierbar sind.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 220/12 – hingewiesen, das sich ausführlich auch mit der Thematik beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen, nach einem bestandskräftigen Beschluss über den Einbau und den Betrieb einer Videoanlage, von einem Wohnungseigentümer die Stilllegung der Anlage verlangen werden kann.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Können Wohnungseigentümer den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen beschließen?

Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluss den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen jedenfalls dann beschließen, wenn das Landesrecht eine entsprechende eigentumsbezogene Pflicht vorsieht. Das gilt unabhängig davon, ob sich die öffentlich-rechtliche Pflicht

  • an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband,
  • an die Mitglieder der Gemeinschaft als Mitberechtigte an dem bebauten Grundstück oder
  • an den einzelnen Wohnungseigentümer

richtet. 
Es bedarf daher keiner Entscheidung, wer von ihnen Adressat der maßgeblichen Vorschrift der landesrechtlichen Bauordnung ist, nach der in Wohnungen bestimmte Räume jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben müssen und die ferner anordnet, dass vorhandene Wohnungen bis zu einem bestimmten Termin mit Rauchwarnmeldern auszurüsten sind.

Die sachenrechtliche Einordnung von Rauchwarnmeldern hindert die Annahme einer Beschlusskompetenz nicht. Zwar besteht für Maßnahmen am Sondereigentum generell keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer; dies gilt auch dann, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften die Maßnahmen erfordern. Werden in Umsetzung eines Mehrheitsbeschlusses Rauchwarnmelder in Wohnungen angebracht, kommt es jedoch nicht zu einem Eingriff in das Sondereigentum.

Rauchwarnmelder, die aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer angebracht worden sind, stehen nicht im Sondereigentum. Offen bleiben kann, ob es sich bei ihnen um wesentliche Bestandteile des Gebäudes oder um Zubehör handelt.

  • Sind Rauchwarnmelder als wesentliche Bestandteile im Sinne von § 94 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) anzusehen, folgt bereits aus der Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG, dass sie nicht im Sondereigentum stehen können.
  • Handelt es sich bei Rauchwarnmeldern hingegen schon nicht um wesentliche Bestandteile, sondern um Zubehör, stehen diese regelmäßig im Eigentum dessen, der die Anschaffung und Installation veranlasst hat. 
    Bei einem auf einem Beschluss der Eigentümer beruhenden Einbau ist dies im Zweifel die Gemeinschaft als Verband. 
    Rauchwarnmelder, die ein Wohnungseigentümer in seinen Räumen bereits selbst angebracht hat, stehen bei einer Einordnung als Zubehör zwar in dessen Eigentum. 
    Die Wohnungseigentümer sind hierdurch aber nicht gehindert, den Einbau von (neuen) Rauchwarnmeldern zu beschließen. Inwieweit sie bei der Beschlussfassung darauf Rücksicht nehmen müssen, dass einzelne Eigentümer ihrer Einbaupflicht bereits nachgekommen sind, ist eine Frage der ordnungsgemäßen Verwaltung, nicht aber der Beschlusskompetenz.

Der Einbau von Rauchwarnmelder ist mit keinem unzulässigen Eingriff in das Sondereigentum verbunden. Befestigt werden sie an den nach § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Zimmerdecken. Dass Zutritt zur Wohnung gewährt werden muss und dass durch den Einbau Sondereigentum (z.B. eine Tapete) berührt sein kann, hat der Wohnungseigentümer hinzunehmen; ein hierdurch entstehender Schaden ist ihm zu ersetzen (vgl. § 14 Nr. 4 WEG).

Schreibt die landesrechtliche Bauordnung vor, dass Rauchwarnmelder so betrieben werden müssen, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird, umfasst die Beschlusskompetenz auch Entscheidungen über eine regelmäßige Kontrolle und Wartung der Rauchwarnmelder.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 08.02.2013 – V ZR 238/11 – entschieden.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Können einzelne Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss verpflichtet werden, der Veräußerung einer Teilfläche des gemeinschaftlichen Eigentums zuzustimmen?

Stimmen einzelne Wohnungseigentümer einer Veräußerung von Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks (beispielsweise einer Teilfläche) nicht zu, können sie nicht durch einen Mehrheitsbeschluss dazu verpflichtet werden.

Eine Veräußerung von Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks betrifft nämlich die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft und stellt schon aus diesem Grund keine Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG dar. Folglich besteht auch für die schuldrechtliche Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung keine Beschlusskompetenz.

Auch auf § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung verlangen kann, kann ein Anspruch auf Zustimmung zu der Veräußerung nicht gestützt werden. Denn eine Veräußerung von Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks betrifft nicht das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, sondern die Eigentumsverhältnisse und damit die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft. Einzelne Wohnungseigentümer können danach im Innenverhältnis eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen nicht im Wege einer wohnungseigentumsrechtlichen Vereinbarung erzwingen.

Weil das Wohnungseigentumsgesetz ein abschließendes Regelungskonzept enthält, kann der Anspruch auf Zustimmung zu der Teilveräußerung auch nicht auf § 745 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) gestützt werden. Während § 747 Satz 2 BGB, wonach eine Verfügung über das gemeinschaftliche Grundstück nur gemeinschaftlich erfolgen kann, auch im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern gilt, wird § 745 BGB durch das Wohnungseigentumsgesetz verdrängt. Deshalb können sich die veräußerungswilligen Wohnungseigentümer auch nicht auf die zu § 745 Abs. 1 und 2 BGB ergangene Rechtsprechung berufen, nach der einzelne Bruchteilseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen an einer gemäß § 747 Satz 2 BGB erforderlichen gemeinschaftlichen Verfügung über den einzelnen Gegenstand mitwirken müssen (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 04.05.1987 – II ZR 211/86 – und vom 28.09.2005 – IV ZR 82/04 –).
Nach alledem kann sich der Anspruch auf Mitwirkung allein aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer ergeben, die im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern besteht.
Nach der Rechtsprechung des Senats kann in besonders gelagerten Ausnahmefällen aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses nach Treu und Glauben (§ 242 BGB ) eine Verpflichtung der Miteigentümer zur Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft bestehen. Dies setzt allerdings voraus, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Verweigerung der Zustimmung als grob unbillig und damit als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben erscheinen lassen. Solche außergewöhnliche Gründe, die einen Mitwirkungsanspruch begründen könnten, sind aber nicht schon dann anzunehmen, wenn eine Handlungsalternative sinnvoller als andere erscheint.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 12.04.2013 – V ZR 103/12 – hingewiesen.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Beiladung zu einem Rechtsstreit zwischen einzelnen Wohnungseigentümern – Folgen des Beitritts und des Nichtbeitritts.

§ 48 Abs. 1 S. 1 WEG bestimmt, dass, wenn sich die Klage eines Wohnungseigentümers, der in einem Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 1 oder Nr. 3 WEG einen ihm allein zustehenden Anspruch geltend macht,

  • nur gegen einen oder einzelne Wohnungseigentümer oder
  • nur gegen den Verwalter

richtet, die übrigen Wohnungseigentümer beizuladen sind, es sei denn, dass ihre rechtlichen Interessen erkennbar nicht betroffen sind.
Die Notwendigkeit dieser – dem ZPO-Prozess ansonsten fremden – Beiladung folgt aus der in § 48 Abs. 3 WEG angeordneten, über die in § 325 Zivilprozessordnung (ZPO) angeordneten Wirkungen hinausreichende Rechtskrafterstreckung wohnungseigentumsrechtlicher Urteile und ist Ausfluss des verfassungsrechtlichen Gebotes rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG)).
Die Beiladung erfolgt gem. § 48 Abs. 2 WEG durch Zustellung der Klageschrift nebst einer begleitenden Verfügung des Vorsitzenden. Mithin ist für eine wirksame Beiladung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Normierung ein über die Zustellung der Klageschrift hinausreichendes, auf die Beiladung gerichtetes Tätigwerden des Gerichts erforderlich.
Beigeladene können nach § 48 Abs. 2 S. 2 WEG der einen oder anderen Partei zu deren Unterstützung beitreten.
Für die Folgen der Beiladung – Beitritt oder Nichtbeitritt und hieran anknüpfendes Procedere – gelten, nachdem der Gesetzgeber das Verfahren in Wohnungseigentumssachen mit Wirkung zum 01.07.2007 in den Rahmen der Zivilprozessordnung überführt hat, in Ermangelung spezieller an § 48 WEG anknüpfender Regelungen die allgemeinen zivilprozessualen Vorschriften. Die Form eines Beitritts regelt deshalb § 70 ZPO. Umgekehrt wird der Rechtsstreit im Falle des unterbliebenen Beitritts gem. § 74 Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf nicht beigetretene Beigeladene fortgesetzt. Sie werden vom weiteren Prozessverlauf nicht mehr informiert, müssen ein evtl. ergehendes Urteil aber gleichwohl nach § 48 Abs. 3 WEG gegen sich gelten lassen.

Nicht beigetretenen beigeladenen Wohnungseigentümern sind deshalb über die in § 48 Abs. 2 Satz 1 WEG erwähnten Unterlagen hinaus keine weiteren Schriftsätze der am Rechtsstreit beteiligten Parteien oder anderweitige Verfahrensunterlagen zu übersenden. Sie werden vom weiteren Prozessverlauf, so sie ihren Beitritt nicht noch in einem späteren Verfahrensstadium erklären, nicht mehr weiter informiert. Ihrem Informationsinteresse ist vielmehr durch die Zustellung der Klageschrift nebst Begleitverfügung Rechnung getragen,

Das hat das Landgericht (LG) Stuttgart mit Beschluss vom 13.02.2013 – 19 T 250/12 – entschieden.

Da sich die Zahl der gem. § 133 Abs. 1 ZPO beizufügenden Abschriften nach derjenigen der Prozessgegner und Nebenintervenienten richtet, sind die Parteien, wenn beigeladene Wohnungseigentümer nicht beitreten, demzufolge auch nicht verpflichtet Schriftsatzabschriften für diese bei Gericht einzureichen.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Wird durch Fassadenneuanstrich Erscheinungsbild einer Fassade stark verändert, müssen dem Beschluss über die Farbgebung alle Eigentümer zustimmen.

Wollen Wohnungseigentümer einen Neuanstrich der Fassade dazu nutzen, das Gesamterscheinungsbild des Gebäudes zu verändern, gehen sie damit über die bloße Instandhaltung, für die es ausreicht, die Fassade in der alten Farbe neu zu streichen, hinaus.
Soll ein solches Farbkonzept hinsichtlich des Neuanstrichs der Fassade verwirklicht werden, ist zu beachten, dass es sich hierbei um eine bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG handeln kann, die der Zustimmung aller Eigentümer bedarf, wenn durch die Maßnahme nicht zustimmende Eigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus benachteiligt werden.

Zu den baulichen Veränderungen gehören insbesondere Veränderungen an der äußeren Gestaltung des Gebäudes (vgl. § 5 Abs. 1 WEG), also des architektonisch-ästhetischen Bildes, aber auch der Farbgebung, jedenfalls soweit diese den Gesamteindruck der Anlage beeinflusst.

Eine Beeinträchtigung im Sinne von §§ 22, 14 Nr. 1 WEG kann bei derartigen Änderungen der Fassade durch einen Neuanstrich insbesondere in einer nicht nur unerheblichen nachteiligen Veränderung des optisch-architektonischen Gesamteindrucks der Anlage bestehen.
Dabei gilt, dass nicht jede wesentliche Veränderung des optischen Gesamteindrucks als nachteilig einzustufen ist, sondern es vielmehr darauf ankommt, ob die Veränderung des optischen Gesamteindrucks als nachteilig zu bewerten ist.

Maßstab zur Beurteilung, ob eine bauliche Veränderung beeinträchtigend wirkt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in einer entsprechenden Lage objektiv und verständlicherweise benachteiligt fühlen kann.
Dazu hat nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eine am konkreten Einzelfall orientierte Abwägung stattzufinden, die den Grundrechten sowohl der die bauliche Veränderung veranlassenden Eigentümer als auch der Wohnungseigentümer, die in ihrem Eigentumsrecht beeinträchtigt werden, hinreichend Rechnung tragen muss.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer nicht eine erhebliche Störung voraussetzt. Es greift vielmehr dann ein, wenn die bauliche Veränderung nicht nur unerheblich stört.
Die Schwelle einer Beeinträchtigung der Rechte der übrigen Wohnungseigentümer ist dabei schon aus verfassungsrechtlichen Gründen niedrig anzusetzen, was im Übrigen der Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 WEG als Ausnahmeregelung entspricht; nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen von völlig belanglosem oder bagatellartigem Charakter für das Gemeinschaftseigentums bzw. die äußere Gestaltung der Anlage bleiben außer Betracht.

Danach handelt es sich um eine wesentliche Änderung, durch die nicht nur bloße geschmackliche Empfindlichkeiten betroffen sind, sondern die objektiv als eine störende Veränderung des architektonisch-ästhetischen Gesamteindrucks empfunden werden kann und in der ein nicht nur unerheblicher Nachteil für einen nicht zustimmenden Eigentümer liegt, wenn

  • die ursprüngliche Fassadengestaltung durch eine einheitliche unauffällige Farbgebung ein ruhiges und neutrales Gestaltungsbild vermittelt und
  • sich das Erscheinungsbild der Fassade nach dem Neuanstrich, beispielsweise durch die Schaffung von starken Farbkontrasten, die einzelne Hauselemente hervorheben und andere zurücktreten lassen, ganz anders darstellt, also der Charakter der Fassade sich so stark verändern würde.

Das hat das Landgericht (LG) München I mit Urteil vom 20.09.2012 – 36 S 1982/12 WEG – entschieden.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Wasser- und andere Versorgungsleitungen – Von welcher Grenze an sind sie sondereigentumsfähig?

Versorgungsleitungen lassen sich zwar bautechnisch in viele einzelne Teile zerlegen, sind jedoch, soweit sie sich im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden, rechtlich als Einheit anzusehen und stehen, soweit sie im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums verlaufen, zwingend im Gemeinschaftseigentum.

Sie bilden ein der Bewirtschaftung und Versorgung des Gebäudes dienendes Leitungsnetz und damit eine Anlage im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG. Eine solche Betrachtung entspricht der natürlichen Anschauung und trägt darüber hinaus der Interessenlage der Wohnungseigentümer Rechnung. Sie erhält ihnen die gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis über das Leitungsnetz und ermöglicht so Veränderungen daran, beispielsweise die Verwendung von Leitungen, die nur eine Wohneinheit versorgen, auch für andere Zwecke; ferner erleichtert sie die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten oder Modernisierungsmaßnahmen an den Versorgungsleitungen. Demgegenüber sind schützenswerte Interessen eines einzelnen Sondereigentümers daran, dass sich seine Verfügungs- und Gestaltungsmacht auch auf Leitungen erstreckt, die außerhalb seiner Räume liegen, typischerweise nicht gegeben.

Zu dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsnetz gehören die Leitungen nicht nur bis zu ihrem Eintritt in den räumlichen Bereich des Sondereigentums, sondern jedenfalls bis zu der ersten für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit.

Je nach Bauweise kann das schon daraus folgen, dass eine – nicht durch Ventile, Eckverbindungen oder ähnliche Zwischenstücke – unterteilte Leitung eine einheitliche Sache ist, an der nur einheitliches Eigentum bestehen kann.
In erster Linie ist hingegen maßgeblich, dass Wasser- und Heizungsleitungen erst von dem Punkt an ihre Zugehörigkeit zu dem Gesamtnetz verlieren, an dem sie sich durch eine im räumlichen Bereich des Sondereigentums befindliche Absperrvorrichtung hiervon trennen lassen.
Durch eine Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes (§§ 93, 94 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )), zu denen die innerhalb des Gebäudes verlegten Wasserleitungen zählen, nicht begründet werden.
Welche wesentlichen Gebäudebestandteile im Sondereigentum stehen, bestimmt sich allein nach den gesetzlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 bis 3 WEG.
Der Teilungserklärung kommt dabei nur indirekte Bedeutung zu.

Zum einen bestimmt sie, welche Räume Gegenstand des Sondereigentums sind, so dass die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile nach § 5 Abs. 1 WEG kraft Gesetzes ebenfalls Sondereigentum werden. Zum anderen kann sie Bestandteile, die nach § 5 Abs. 1 WEG im Sondereigentum stünden, dem Gemeinschaftseigentum zuordnen (§ 5 Abs. 3 WEG).
Den umgekehrten Weg, also die konstitutive Zuordnung von wesentlichen Gebäudebestandteilen zum Sondereigentum durch die Teilungserklärung, sieht das Gesetz hingegen nicht vor; die Teilungserklärung kann die Grenze zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum nur zu Gunsten, nicht aber zu Ungunsten des gemeinschaftlichen Eigentums verschieben. Wesentliche Bestandteile, die nicht kraft Gesetzes im Sondereigentum stehen, sind vielmehr zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zugeordnet (vgl. auch § 1 Abs. 5 WEG).
Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 26.10.2012 – V ZR 57/12 – hingewiesen.

 

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Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Beschluss über Sanierungsarbeiten bei Instandsetzungsbedarf.

Besteht bei einer Wohnungseigentumsanlage Instandsetzungsbedarf, beispielsweise für die im Gemeinschaftseigentum stehenden, aus Holz gefertigten Balkonbrüstungen und sollen diese durch solche aus Stahl und Glas ersetzt werden, kann es sich bei derartigen Sanierungsarbeiten, die sich nicht auf die Erhaltung oder Wiederherstellung des bestehenden Zustands beschränken, handeln,

  • um eine modernisierende Instandsetzung im Sinne von § 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, die die Wohnungseigentümer mit einfacher Mehrheit beschließen können,
  • oder, wenn das nicht der Fall ist, um eine (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG, die die Wohnungseigentümer mit qualifizierter Mehrheit beschließen können.
     
  • Ist die Maßnahme auch nicht als (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG einzuordnen, handelt es sich um eine bauliche Maßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf, deren Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Eine als modernisierende Instandsetzung i. S. v. § 22 Abs. 3 i. V. m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG einzuordnende Maßnahme ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instandsetzung, die über die bloße Reparatur oder Wiederherstellung des früheren Zustands hinausgehen darf, wenn die Neuerung eine technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösung darstellt, setzt voraus, dass die Analyse der Kosten, die durch eine Sanierung der vorhandenen Holzbrüstungen und die geplante Maßnahme entstehen sowie der prognostizierten jeweiligen Unterhaltungskosten über einen angemessenen Zeitraum, der bei einer solchen Maßnahme bei etwa zehn Jahren liegt, ergibt, dass danach die erzielbaren Einsparungen die entstehenden Mehrkosten annähernd aufwiegen.

Als (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG einzuordnen sind Sanierungsmaßnahmen, wenn sie im Sinne von § 559 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) den Gebrauchswert nachhaltig erhöhen, wobei die angeordnete entsprechende Heranziehung der mietrechtlichen Regelung Raum für eine großzügigere Handhabung des Modernisierungsbegriffes gibt. Danach kann im Grundsatz auch eine optische Veränderung eine Gebrauchswerterhöhung bewirken; die Wohnungseigentümer können mit qualifizierter Mehrheit beschließen, veraltete durch zeitgemäße Materialien zu ersetzen und das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage ansprechender zu gestalten.
Es genügt, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen und die entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten nicht außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil stehen.
Auch zur Beurteilung hierfür muss der entstehende Aufwand ermittelt werden; weil ohnehin ein Sanierungsbedarf besteht, kommt es auf den Mehraufwand an, wobei abzuwägen ist, ob ein verständiger Wohnungseigentümer den durch die andere Bauausführung erzielten Vorteil gemessen an dem erforderlichen Mehraufwand als sinnvolle Neuerung ansehen wird.
Durch eine (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme darf aber kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt und auch die Eigenart der Wohnanlage nicht geändert werden. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, ob nicht nur die eigene Wohnanlage, sondern auch die sie umgebenden Gebäude insgesamt einheitlich mit Holzbalkonen gestaltet sind und ob die Eigenart der Wohnanlage durch die Modernisierungsmaßnahme geändert wird.

Ist die Maßnahme (auch) nicht als (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG einzuordnen, dann handelt es sich um eine bauliche Maßnahme i. S. v. § 22 Abs. 1 WEG.
In diesem Fall bedarf die Maßnahme der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Nachteil i. S. v. § 14 Nr. 1 WEG ist dabei jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Sie muss konkret und objektiv sein; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Insoweit sind die mit der Maßnahme verbundenen Kosten ebenso wenig wie eine mögliche Haftung im Außenverhältnis zu berücksichtigen. Denn die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer sind von den Kosten der § 22 Abs. 1 WEG unterfallenden Maßnahmen ohnehin befreit (§ 16 Abs. 6 S. 1 HS 2 WEG).
Geht mit der Maßnahme eine erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes einher, ist ein Nachteil regelmäßig anzunehmen und die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Denn ob eine erhebliche optische Veränderung des Gebäudes ein Vorteil oder ein Nachteil ist, können im Regelfall auch verständige Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entspricht. Die Minderheit muss sich dem Geschmack der Mehrheit nicht fügen; das gilt allerdings nur, wenn und soweit die Entscheidung nach dem Gesetz nicht – insbesondere gemäß § 22 Abs. 2 WEG – der Mehrheitsmacht unterworfen ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.12.2012 – V ZR 224/11 – hingewiesen.

 

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