Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Beschluss über Sanierungsarbeiten bei Instandsetzungsbedarf.

Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – Beschluss über Sanierungsarbeiten bei Instandsetzungsbedarf.

Besteht bei einer Wohnungseigentumsanlage Instandsetzungsbedarf, beispielsweise für die im Gemeinschaftseigentum stehenden, aus Holz gefertigten Balkonbrüstungen und sollen diese durch solche aus Stahl und Glas ersetzt werden, kann es sich bei derartigen Sanierungsarbeiten, die sich nicht auf die Erhaltung oder Wiederherstellung des bestehenden Zustands beschränken, handeln,

  • um eine modernisierende Instandsetzung im Sinne von § 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, die die Wohnungseigentümer mit einfacher Mehrheit beschließen können,
  • oder, wenn das nicht der Fall ist, um eine (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG, die die Wohnungseigentümer mit qualifizierter Mehrheit beschließen können.
     
  • Ist die Maßnahme auch nicht als (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG einzuordnen, handelt es sich um eine bauliche Maßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf, deren Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Eine als modernisierende Instandsetzung i. S. v. § 22 Abs. 3 i. V. m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG einzuordnende Maßnahme ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instandsetzung, die über die bloße Reparatur oder Wiederherstellung des früheren Zustands hinausgehen darf, wenn die Neuerung eine technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösung darstellt, setzt voraus, dass die Analyse der Kosten, die durch eine Sanierung der vorhandenen Holzbrüstungen und die geplante Maßnahme entstehen sowie der prognostizierten jeweiligen Unterhaltungskosten über einen angemessenen Zeitraum, der bei einer solchen Maßnahme bei etwa zehn Jahren liegt, ergibt, dass danach die erzielbaren Einsparungen die entstehenden Mehrkosten annähernd aufwiegen.

Als (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG einzuordnen sind Sanierungsmaßnahmen, wenn sie im Sinne von § 559 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) den Gebrauchswert nachhaltig erhöhen, wobei die angeordnete entsprechende Heranziehung der mietrechtlichen Regelung Raum für eine großzügigere Handhabung des Modernisierungsbegriffes gibt. Danach kann im Grundsatz auch eine optische Veränderung eine Gebrauchswerterhöhung bewirken; die Wohnungseigentümer können mit qualifizierter Mehrheit beschließen, veraltete durch zeitgemäße Materialien zu ersetzen und das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage ansprechender zu gestalten.
Es genügt, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen und die entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten nicht außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil stehen.
Auch zur Beurteilung hierfür muss der entstehende Aufwand ermittelt werden; weil ohnehin ein Sanierungsbedarf besteht, kommt es auf den Mehraufwand an, wobei abzuwägen ist, ob ein verständiger Wohnungseigentümer den durch die andere Bauausführung erzielten Vorteil gemessen an dem erforderlichen Mehraufwand als sinnvolle Neuerung ansehen wird.
Durch eine (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme darf aber kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt und auch die Eigenart der Wohnanlage nicht geändert werden. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, ob nicht nur die eigene Wohnanlage, sondern auch die sie umgebenden Gebäude insgesamt einheitlich mit Holzbalkonen gestaltet sind und ob die Eigenart der Wohnanlage durch die Modernisierungsmaßnahme geändert wird.

Ist die Maßnahme (auch) nicht als (weitergehende) Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG einzuordnen, dann handelt es sich um eine bauliche Maßnahme i. S. v. § 22 Abs. 1 WEG.
In diesem Fall bedarf die Maßnahme der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Nachteil i. S. v. § 14 Nr. 1 WEG ist dabei jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Sie muss konkret und objektiv sein; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Insoweit sind die mit der Maßnahme verbundenen Kosten ebenso wenig wie eine mögliche Haftung im Außenverhältnis zu berücksichtigen. Denn die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer sind von den Kosten der § 22 Abs. 1 WEG unterfallenden Maßnahmen ohnehin befreit (§ 16 Abs. 6 S. 1 HS 2 WEG).
Geht mit der Maßnahme eine erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes einher, ist ein Nachteil regelmäßig anzunehmen und die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Denn ob eine erhebliche optische Veränderung des Gebäudes ein Vorteil oder ein Nachteil ist, können im Regelfall auch verständige Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entspricht. Die Minderheit muss sich dem Geschmack der Mehrheit nicht fügen; das gilt allerdings nur, wenn und soweit die Entscheidung nach dem Gesetz nicht – insbesondere gemäß § 22 Abs. 2 WEG – der Mehrheitsmacht unterworfen ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.12.2012 – V ZR 224/11 – hingewiesen.

 

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