Tag Zustand

Was, wenn Kunden in einem Geschäft eine Körperverletzung erleiden, sie und die Geschäftsbetreiber

…. wissen sollten. 

Kunden, die 

  • behaupten, in einem Geschäft aufgrund eines dort vorhandenen Mangels oder Zustandes eine Verletzung erlitten zu haben und deswegen 

Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld von dem Ladenbetreiber verlangen, müssen im Streitfall zunächst diesen 

  • Mangel bzw. Zustand 

beweisen. 

Gelingt ihnen dieser Beweis, muss der Ladenbetreiber beweisen, dass er die zur Vermeidung solcher Unfälle 

  • erforderlichen Organisations- und Überwachungsmaßnahmen getroffen und 
  • deren Einhaltung auch sorgfältig überwacht 

hat.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Nürnberg mit Urteil vom 27.01.2020 – 240 C 4272/19 – hingewiesen und in einem Fall, in dem von der Kundin eines Möbelgeschäftes behauptet worden war, 

  • Kopfverletzungen durch ein von der Decke des Geschäfts herabfallendes Kunststoffschild erlitten zu haben, 

sie deswegen von dem Betreiber des Möbelgeschäftes 

  • Schadensersatz sowie die Zahlung von Schmerzensgeld 

gefordert hatte und

  • streitig war, ob das Schild, ohne dass die Kundin, wie von ihr behauptet, es zuvor berührt hatte, einfach heruntergefallen, 
  • es also, was der Geschäftsbetreiber bestritten hatte, nicht ordnungsgemäß angebracht war, 

die Klage der Frau deswegen abgewiesen, weil ein vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten ergeben hatte, dass 

  • die Verletzung der Kundin zwar von dem Schild stammen, 
  • ein Herunterfallen des Schildes ohne Impuls von außen aber bewegungsmechanisch nahezu ausgeschlossen werden könne 

und damit nach Auffassung des AG von der Kundin der ihr obliegende Beweis 

  • für das Herunterfallen des Schildes ohne Impuls von außen 

nicht erbracht worden war (Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg).

Was Besitzer von gebrauchten älteren, noch mit Lithium-Ionen-Akkus ausgestatteten Elektrogeräten und -spielzeugen wissen sollten

Mit Urteil vom 22.01.2020 – 23 O 464/17 – hat das Landgericht (LG) Coburg in einem Fall, in dem ein Brand ausgebrochen war, weil, kurz nachdem der Besitzer 

  • eines in einem Gebrauchtwarenladen, ohne Bedienungsanleitung und Originalverpackung für 8 Euro erworbenen 

Elektro-Spielzeughelikopters mit einem darin verbauten Lithium-Ionen-Akku, den Helikopter zum Aufladen des Akkus 

  • im Keller auf einem Wäschetrockner, auf dem sich auch ein Textilkoffer befand, 

unbeaufsichtigt hatte stehen lassen, 

  • der Akku explodiert war,

entschieden, dass der Besitzer des Spielzeughelikopters   

  • beim Aufladen des Akkus gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen und damit 

fahrlässig den Brand verursacht hat.

Begründet worden ist das vom LG damit worden, dass bei Lithium-Ionen-Akkus bei 

  • vorausgegangener sog. Tiefenentladung oder 
  • vorhandenen Vorschäden

eine deutlich erhöhte Brand- bzw. Explosionsgefahr bestehe und deswegen die Aufladung des Akkus 

  • zumal sein Zustand nicht bekannt gewesen sei,

nicht hätte

  • in brennbarer Umgebung ohne Beaufsichtigung 

erfolgen dürfen,

  • sondern allenfalls in einer sicheren, also nicht brennbaren Umgebung.

Hinweis:
Diese Rechtsprechung dürfte auf den Ladevorgang neuer Elektrogeräte nicht anwendbar sein (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg).

Wer ein (lebendes) Tier, beispielsweise ein (Reit)Pferd kauft oder verkauft, sollte wissen für welchen (Gesundheits-)Zustand

…. des Tieres der Verkäufer einzustehen hat, also

  • wann beispielsweise eine erlittene Vorverletzung des Tieres einen Sachmangel begründet und
  • wann nicht.

Der Verkäufer eines Tieres hat,

  • sofern eine diesbezügliche anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht getroffen worden ist,

(lediglich) dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang

  • nicht krank ist und
  • sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass
    • es alsbald erkranken wird und
    • infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einzusetzen ist.

Auch gehört es nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres, dass es in jeder Hinsicht einer

  • biologischen oder
  • physiologischen

„Idealnorm“ entspricht.

Denn der Käufer eines lebenden Tieres kann redlicherweise nicht erwarten, dass er

  • – ohne besondere (Beschaffenheits-)Vereinbarung –

ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhält, sondern muss,

  • da es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und die – anders als Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind,

im Regelfall damit rechnen, dass

  • das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind.

Die damit verbundenen Risiken für die spätere Entwicklung des Tieres sind für Lebewesen typisch und stellen für sich genommen ebenfalls

  • noch keinen vertragswidrigen Zustand dar,

so dass der Verkäufer eines Tieres auch nicht haftet

  • für den Fortbestand des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustands.

Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für

  • folgenlos überstandene Krankheiten und
  • Verletzungen, wie beispielsweise eine ausgeheilte Rippenfraktur eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig ist.
    • wobei es insoweit auch nicht darauf ankommt, worauf die vollständig ausgeheilte Rippenfraktur beruht.

Demgemäß wird die Eignung eines beispielsweise klinisch unauffälligen Pferdes für

  • die gewöhnliche oder
  • die vertraglich vorausgesetzte

Verwendung

  • als Reitpferd

nicht schon dadurch beeinträchtigt,

  • dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht,
  • dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.

Darauf

  • und dass die Verletzung eines Tieres somit jedenfalls nicht in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden kann,

hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 30.10.2019 – VIII ZR 69/18 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem nach dem Erwerb eines Reitpferdes bei diesem erlittene Vorverletzungen in Form von Rippenfrakturen festgestellt worden waren und
  • der Käufer deswegen den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte,

entschieden, dass

  • vollständig ausgeheilte Rippenfrakturen

bei einem als Reittier verkauften Pferd,

  • ohne anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung

nicht geeignet sind einen Sachmangel zu begründen, sondern

die Wirksamkeit des von dem Käufer erklärten Rücktritts vom Kaufvertrag davon abhängt, ob

  • bei Gefahrübergang bei dem Pferd ein Zustand von nicht vollständig ausgeheilter Rippenfraktur vorhanden war und
  • dieser noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung fortbestanden hat.

OLG Düsseldorf entscheidet: Kfz-Werkstatt kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie ihre Kunden nicht auf

…. weiteren Reparaturbedarf hinweist.

Mit Urteil vom 17.10.2019 – I-21 U 43/18 – hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf in einem Fall, in dem eine Werkstatt

  • im Rahmen der Reparatur des SUVs eines Kunden

umfangreiche Arbeiten an dem Fahrzeugmotor durchgeführt,

  • dabei u.a. alle hydraulischen Ventilspielausgleichselemente und einen Kettenspanner erneuert,

aber den Zustand der

  • zu diesem Zeitpunkt bereits stark gelängten und austauschbedürftigen

Steuerketten nicht untersucht und deswegen der Motor

  • nach einigen hundert Kilometern

einen Totalschaden erlitten hatte, entschieden, dass,

  • weil es unterlassen worden war,
    • den Zustand der Steuerketten zu überprüfen und
    • dem Kunden einen Austausch zu empfehlen,

der Kunde von dem Betreiber bzw. Inhaber der Werkstatt,

  • wegen Verletzung der Prüfpflicht und unterlassener Aufklärung über den weiteren Reparaturbedarf bei seinem SUV,

ersetzt verlangen kann,

  • die entstandenen Kosten
    • für den Erwerb und Einbau eines Austauschmotors, abzüglich der Kosten, die ohnehin durch den Austausch der Steuerketten entstanden wären und
    • für das zur Aufklärung privat eingeholte Sachverständigengutachten

sowie

  • den Nutzungsausfall.

Danach muss eine Werkstatt auch auf Unzulänglichkeiten an den Teilen des Fahrzeugs achten,

  • mit denen sie sich im Zuge der durchgeführten Reparatur befasst und
  • deren Mängel danach nicht mehr ohne weiteres entdeckt und behoben werden können (Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf).

OLG Koblenz entscheidet wann eine zu einem öffentlichen Weg gehörende Treppe durch ein Geländer oder

…. einen Handlauf gesichert sein muss und wann dies nicht erforderlich ist.

Mit Urteil vom 05.07.2018 – 1 U 1069/17 – hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz darauf hingewiesen, dass für Treppen, die zu öffentlichen Wegen gehören, die Regelungen der Landesbauordnungen nicht einschlägig sind,

  • da die Vorschriften der Landesbauordnungen nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs gelten,

und Treppen, die Bestandteil eines öffentlichen Weges sind, nur dann

  • ein Geländer oder
  • einen Handlauf

benötigen, wenn Gefahren ausgeräumt werden müssen,

  • die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und
  • auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann.

Danach kommt, wenn

  • eine verdeckte Gefahrenlage besteht

und ein Benutzer einer zu einem öffentlichen Weg gehörenden,

  • weder mit einem Geländer,
  • noch mit einem Handlauf,

gesicherten Treppe deswegen stürzt, eine Haftung des

  • für den Zustand des Weges verantwortlichen

Trägers der Straßenbaulast

  • wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

in Betracht.

Dagegen haftet der Träger der Straßenbaulast dann bei einem Sturz eines Treppenbenutzers nicht, wenn

Kann ein Mieter bei Mängeln an der Mietsache (z. B. Schimmel, Feuchtigkeit etc.) vom Vermieter (auch) die Beseitigung

…. der Mängelursachen verlangen oder reicht es aus, wenn

  • der Vermieter die Mängelsymptome beseitigt und
  • so (zumindest vorübergehend) ein vertragsgemäßer Zustand wiederhergestellt wird?

Gem. § 535 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der Vermieter

  • die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und
  • sie während der Mietzeit in diesem Zustand erhalten.

Die Instandsetzung umfasst dabei die Schadens- bzw. Mangelbeseitigung durch Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes, also insbesondere Reparatur- und Renovierungsarbeiten an der Mietsache.

  • Der Umfang der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

Zwar sind die zur Instandsetzung notwendigen Maßnahmen grundsätzlich dem Vermieter vorbehalten.
Der Mieter kann dem Vermieter im Regelfall nicht vorschreiben, auf welche Art und Weise die vorhandenen Mängel zu beseitigen sind.

Der Mieter muss sich aber auch nicht mit provisorischen Reparaturmaßnahmen begnügen, sondern kann eine dauerhafte Mängelbeseitigung verlangen.

  • Grundsätzlich gilt, dass der Vermieter die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erhalten bzw. wiederherstellen muss.

Daher schuldet der Vermieter im Einzelfall dann

  • nicht nur Beseitigung der Mängelsymptome (z.B. Schimmel, Feuchtigkeit, etc.), sondern

auch Beseitigung der zu den Mängeln führenden Ursachen,

  • soweit bereits durch die Möglichkeit des erneuten Auftritts des Mangels die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache eingeschränkt ist

und

  • soweit es dem Mieter nicht zumutbar ist, die Gefahr des nochmaligen Auftretens des Mangels hinzunehmen.

Maßgebliche Abwägungskriterien dabei können u.a. sein,

  • ob der Mangel in der Vergangenheit bereits wiederholt aufgetreten ist bzw. wie hoch die Wahrscheinlichkeit für ein erneutes Auftreten des Mangels ist,
  • in welchem Bereich des Mietobjekts der Mangel aufgetreten ist und wie stark die Benutzbarkeit der Mietsache bei erneutem Auftritt des Mangels (dadurch) eingeschränkt wäre,
  • in welchem Ausmaß Schäden bei Wiederauftreten des Mangels drohen und auch
  • wie hoch die Kosten der Mangelursachenbeseitigung sind, weil ein Vermieter die Erhaltung der Mietsache verweigern kann (vgl. § 275 Abs. 2 BGB), wenn unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen bei funktionaler Betrachtungsweise
    • ein krasses bzw. auffälliges Missverhältnis zwischen dem Reparaturaufwand für den Vermieter einerseits,
    • dem Nutzen der Reparatur für den Mieter andererseits
    • sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits besteht.

Darauf hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Bremen Urteil vom 05.09.2018 – 1 S 281/17 – hingewiesen.

Ob ein Radfahrer, der auf einem schadhaftem Radweg stürzt, Ersatz des ihm dabei entstandenen Schadens und

…. ggf. Schmerzensgeld von der verkehrssicherungspflichtigen Gebietskörperschaft verlangen kann, hängt u.a. auch davon ab, ob der für den Sturz ursächliche schlechte Zustand des Radweges für einen sorgfältigen Straßenbenutzer

  • rechtzeitig erkennbar gewesen ist oder
  • das nicht der Fall war.

Denn Gebietskörperschaften, also Städte und Gemeinden, müssen im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht nur solche Gefahren

  • ausräumen und
  • vor ihnen warnen,

die

  • für einen sorgfältigen Straßenbenutzer nicht ohne weiteres oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und
  • auf die er sich bzw. sein Fahrverhalten nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann,

so dass regelmäßig dann keine, eine Haftung der zuständigen Gebietskörperschaft begründende Verkehrssicherungspflichtverletzung vorliegt, wenn Verkehrsteilnehmer

  • bei zweckgerechter Benutzung der Straße und
  • der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit

etwaige Schäden hätten selbst abwenden können.

Darauf hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 01.02.2018 – 10 O 984/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LG Magdeburg).

Nichtbeseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes kann den Vermieter zur fristlosen Kündigung

…. des Mietverhältnisses berechtigen.

Mit Urteil vom 11.07.2017 – 422 C 6905/17 – hat das Amtsgericht (AG) München darauf hingewiesen, dass, wenn ein Mieter

  • einen von ihm geschaffenen vertragswidrigen Zustand auf Verlangen des Vermieters und trotz Abmahnung nicht beseitigt,

dies einen die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund nach § 543 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt und

  • dass eine nur teilweise Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes nach Ausspruch der Kündigung nicht in entsprechender Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.