…. mit Beschlussfassungen nach § 22 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) über bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums in der Eigentümerversammlung treffen.
Führt der Verwalter den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung (§ 24 Abs. 5 WEG) hat er, wenn von den Wohnungseigentümern
- ein Beschluss gefasst (Positivbeschluss) oder
- ein Beschlussantrag abgelehnt (Negativbeschluss)
wird,
- nach Feststellung der Zahl gültiger Ja- und Nein-Stimmen sowie
- Prüfung der Gültigkeit der abgegebenen Stimmen als auch
- der rechtlichen Beurteilung des Abstimmungsergebnisses
das Ergebnis der Abstimmung
- festzustellen und
- bekanntzugeben.
Bei dieser Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses handelt es sich im Regelfall
für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses.
Denn darauf von einem bestimmten Beschlussergebnis als maßgebend ausgehen zu können, sind die Wohnungseigentümer,
- nachdem gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen nur innerhalb der kurzen Frist von einem Monat seit der Beschlußfassung möglich ist,
angewiesen.
Lässt der Verwalter die Wohnungseigentümer nach § 22 Abs. 1 WEG über
- bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums
abstimmen,
- wofür die einfache Mehrheit der Wohnungseigentümer ausreicht,
wenn zugleich die Zustimmung derjenigen Eigentümer vorliegt,
- die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden,
muss in Vorbereitung einer solchen Beschlussfassung der Verwalter prüfen,
- ob und ggf. welche einzelnen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung erteilen müssen,
und er muss
- die Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung über das Ergebnis seiner Prüfung informieren und
- ggf. auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko hinweisen, nämlich, dass
- ein mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss über die bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, wenn nicht alle Eigentümer zugestimmt haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden, zwar nicht nichtig ist, aber in einem Beschlussanfechtungsverfahren für ungültig erklärt werden kann.
Diese auf das Zustimmungserfordernis bezogene Prüfung
- ist von den Pflichten eines Verwalters umfasst
und die Erteilung von Hinweisen dieser Art in der Eigentümerversammlung, die notwendigerweise auch rechtliche Erwägungen enthalten,
- gehört zu dem Kerngeschäft eines Berufsverwalters und
- stellt eine nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) erlaubte Rechtsdienstleistung dar.
Ein Verwalter, der
- die Eigentümerversammlung vor einer Beschlussfassung gemäß § 22 Abs. 1 WEG nicht in gebotener Weise über ein bestehendes Zustimmungserfordernis aufklärt oder
- seine Pflichten im Zusammenhang mit der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses verletzt,
handelt im Sinne von § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) pflichtwidrig und kann wegen Verletzung seiner Pflichten aus dem Verwaltervertrag,
- der Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer entfaltet,
schadensersatzpflichtig sein, wobei
- er einen Rechtsirrtum allerdings nur bei offenkundig falscher Einschätzung im Sinne von § 276 BGB zu vertreten hat und
- es ihm zudem auch offen steht, in der Eigentümerversammlung auf aus seiner Sicht verbleibende Rechtsunsicherheiten hinzuweisen.
Ist der Verwalter
- nach sorgfältiger Prüfung der Zustimmungserfordernisse
zu einem nicht offenkundig falschen Ergebnis gelangt, kann es ihm somit
werden, wenn der Beschluss in einem späteren Anfechtungsverfahren keinen Bestand hat.
Auch kann der Verwalter, der
- die Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung über das Ergebnis seiner Prüfung informiert und
- ggf. auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko hingewiesen
hat, ein positives Beschlussergebnis verkünden, wenn
- seiner Auffassung nach die erforderliche Zustimmung einzelner Eigentümer zwar fehlt, aber
die einfache Stimmenmehrheit erreicht ist.
Stattdessen kann der Verwalter,
- der der Auffassung ist, dass die erforderliche Zustimmung einzelner Eigentümer fehlt,
aber auch eine ihn verpflichtende Weisung der Wohnungseigentümer im Wege eines Geschäftsordnungsbeschlusses einholen,
- ob sie ihn in Bestätigung der vorangegangenen Willensbildung anweisen, einen positiven Beschluss zu verkünden oder
- ob sie wegen des nunmehr manifesten Anfechtungsrisikos die Anweisung erteilen, von der Verkündung Abstand zu nehmen.
Übrigens:
Von den Kosten einer baulichen Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 WEG sind diejenigen Wohnungseigentümer befreit,
- die der Maßnahme nicht zugestimmt haben (§ 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG) und
- zwar auch dann, wenn der Genehmigungsbeschluss bestandskräftig geworden ist.
Dagegen müssen die Kosten
- einer gemäß § 22 Abs. 2 WEG beschlossenen Modernisierungsmaßnahme
grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern,
- ohne Rücksicht auf ihr Stimmverhalten,
getragen werden (§ 16 Abs. 2 WEG).
Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.05.2020 – V ZR 141/19 – hingewiesen.