Berechtigt ein Umzug in eine andere Stadt das Mitglied eines Fitnessstudios zur außerordentlichen Kündigung des Mitgliedsvertrags?

Berechtigt ein Umzug in eine andere Stadt das Mitglied eines Fitnessstudios zur außerordentlichen Kündigung des Mitgliedsvertrags?

Ein Umzug, auch wenn er beruflich veranlasst ist, berechtigt das Mitglied eines Fitnessstudios regelmäßig nicht zur außerordentlichen Kündigung des Mitgliedsvertrags.

Das hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Parteien einen Mitgliedsvertrag für ein Fitnessstudio geschlossen, wonach das vom Beklagten zu zahlende monatliche Entgelt 49 € und die Mindestlaufzeit seiner Mitgliedschaft 24 Monate betrug.
In dem Mitgliedsvertrag hatte der Beklagte die Geltung der klägerischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) anerkannt. Danach galten die Mitgliedsbeiträge die üblichen Leistungen eines Fitnessvertrags ab, insbesondere die Nutzung der Geräte, des normalen Kursangebots sowie des Nassbereichs (§ 4 a) der AGB). Gem. § 4 b) der AGB waren die Mitgliedsbeiträge monatlich im Voraus bis zum ersten Werktag eines jeden Monats zu zahlen. § 6 b) der AGB regelte, dass die Klägerin zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mitgliedsvertrags berechtigt ist, wenn das Mitglied trotz Mahnung mit zwei Monatsbeiträgen oder einem Betrag, der zwei Monatsbeiträgen entspricht, in Verzug gerät. Die Kündigung durch das Mitglied war nach § 7 frühestens nach Ablauf der Mindestlaufzeit möglich.

Die vom Beklagten während der Mindestlaufzeit mit der Begründung, dass er aus beruflichen Gründen in eine andere Stadt habe umziehen müssen, gegenüber der Klägerin erklärte sofortige Kündigung des Mitgliedsvertrages erachtete das AG Bremen für nicht berechtigt (siehe auch AG Aachen, Urteil vom 27.06.2012 – 111 C 31/12 –; Landgericht (LG) Gießen, Urteil vom 15.02.2012 – 1 S 338/11 –; AG Bonn, Urteil vom 12.08.2009 – 104 C 311/09 –; anders AG München, Urteil vom 17.12.2008 – 212 C 15699/08 -; AG Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 29.10.1998 – 716 C 421/98 –).
Denn Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund ist gem. § 314 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden könne.

  • Dies sei, wie das AG Bremen ausführte, im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt werden, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen.
  • Werde der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen seien und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertige dies nur in Ausnahmefällen eine fristlose Kündigung.

Die Abgrenzung der Risikobereiche ergebe sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 09.03.2010 – VI ZR 52/09 –).
Zwar habe der Nutzer eines Fitnessstudios, der das Trainingsangebot infolge eines Wohnsitzwechsels wegen der Entfernung nicht mehr in Anspruch nehmen kann, ein nachvollziehbares Interesse daran, dem Leistungsanbieter kein Entgelt mehr entrichten zu müssen. Der Umstand, dass der Beklagte aufgrund seines Umzugs die Leistung der Klägerin nicht mehr in Anspruch nehmen könne, sei aber allein dem Risikobereich des Beklagten zuzuordnen. Denn derjenige, der bewusst einen längerfristigen Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios abschließt und sich dafür im Gegenzug einen günstigeren Monatsbeitrag erkauft, trage grundsätzlich das Risiko, den Vertrag aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse während der dann längeren Laufzeit nicht mehr nutzen zu können.
Dieses Risiko könne durch den Abschluss von Verträgen mit einem mutmaßlich höheren Entgelt, aber dafür mit einer geringeren Laufzeit ausgeschlossen oder jedenfalls minimiert werden.
Die Gründe für einen Wohnsitzwechsel – sei er auch mittelbar beruflich veranlasst – lägen aber allein in der Sphäre des Beklagten und seien allein von diesem und nicht auch von der Klägerin beeinflussbar (vgl. auch BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).
Deswegen ergebe sich ein Kündigungsrecht für den Beklagten auch nicht aus § 313 Abs. 3 S. 2 BGB.
Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von diesen Grundsätzen hätten rechtfertigen können, sah das AG Bremen nicht.

 


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