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Zivilprozessrecht – Keine Vermutung des Zugangs bei formloser Mitteilung des Gerichts.

In seinem Beschluss vom 19. 06. 2013 – 2 BvR 1960/12 – hatte sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Frage zu befassen, ob der Bürger das Risiko des Nichtzugangs einer an ihn adressierten Mitteilung des Gerichts trägt.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall klagte der Beschwerdeführer vor dem Amtsgericht (AG). Nach Eingang der Klageerwiderung verfügte das AG die Übermittlung einer Durchschrift an den Beschwerdeführer. Dieser behauptete, ihn habe die Klageerwiderung nicht erreicht. Ob sie ihm tatsächlich zugegangen ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Eine Replik durch den Beschwerdeführer erfolgte jedenfalls nicht.

Das AG wies daraufhin die Klage mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer habe im Hinblick auf verschiedene Umstände keinen Beweis angeboten bzw. den Tatsachenvortrag der Gegenseite nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer erhob daraufhin die Anhörungsrüge nach § 321 a Zivilprozessordnung (ZPO) und rügte, dass ihm die Klageerwiderung nicht zugegangen sei.
Das AG wies die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers mit der Begründung zurück, dass letztlich unaufklärbar bleibe, ob die Klageerwiderung dem Beschwerdeführer zugegangen sei. Im Rahmen des § 321 a ZPO sei es nicht ausreichend, wenn ein unterbliebener Zugang lediglich nicht auszuschließen sei.

Die auf eine Verletzung des Art. 103 I GG gestützte Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das AG, weil, wie das BVerfG ausführte, das Urteil des AG den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 103 I Grundgesetz (GG) verletzt.
Danach ist der Anspruch auf rechtliches Gehör eng verknüpft mit dem Recht auf Information. Eine Art. 103 I GG genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die Verfahrensbeteiligten zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Sie müssen sich bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt über den gesamten Verfahrensstoff informieren können. Dabei erschöpft sich Art. 103 I GG nicht im Recht der Beteiligten, im Verfahren überhaupt gehört zu werden, sondern gewährleistet die Gelegenheit, sich zu dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern, also grundsätzlich zu jeder dem Gericht zur Entscheidung unterbreiteten Stellungnahme der Gegenseite. Eine Verletzung von Art. 103 I GG scheidet daher nicht schon deshalb aus, weil sich eine Partei in einem früheren Stadium des Verfahrens hat äußern können und geäußert hat. Vielmehr darf ein Gericht seiner Entscheidung keine Tatsachen oder Beweisergebnisse zu Grunde legen, ohne den Parteien vorher Gelegenheit zu geben, sich zu ihnen zu äußern.

Von Gerichten übersandte Mitteilungen können verloren gehen; geschieht die Übersendung formlos, so besteht keine Vermutung für den Zugang. Der Bürger trägt weder das Risiko des Verlusts im Übermittlungswege noch eine irgendwie geartete Beweislast für den Nichtzugang.

Nach diesen Maßstäben verletzt die angegriffene Entscheidung den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör. Das AG hat der Entscheidung die Ausführungen aus der Klageerwiderung zu Grunde gelegt, mit denen der Vortrag des Beschwerdeführers teilweise bestritten wurde, teilweise aber auch neue Tatsachen vorgetragen wurden.
Die Übersendung der Klageerwiderung erfolgte formlos, so dass keine Vermutung für den Zugang besteht.

Die im Beschluss über die Zurückweisung der Anhörungsrüge geäußerte Rechtsauffassung des AG ist vor diesem Hintergrund offensichtlich unrichtig und willkürlich.
Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung des Art. 103 I GG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Anhörung des Beschwerdeführers zu einer anderen, ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte. Nach dem Vortrag im Verfahren der Verfassungsbeschwerde hätte der Beschwerdeführer den Vortrag der Gegenseite bestritten und streitige Behauptungen unter Beweis gestellt.

 

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Schadensersatz bei Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers – Zur Berechnung des auf den Zeitraum einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteils des Urlaubsentgelts.

Verursacht der Schädiger die Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten, so hat er nicht nur den entgangenen Verdienst aus abhängiger Arbeit, sondern grundsätzlich auch den auf den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts zu ersetzen.
Dieser Anspruch geht gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (EntgFG) auf den Arbeitgeber über, soweit dieser dem Geschädigten für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat.
Zu beachten dabei ist, dass, wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert ist, seine gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen (vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 07.08.2012 – 9 AZR 353/10 –).

Bei der Berechnung des vom Schädiger zu erstattenden anteiligen Urlaubsentgelts ist der Gesamtjahresverdienst auf die Jahresarbeitstage unter Abzug der Urlaubstage umzulegen.
Das hat seinen Grund darin, dass während der Urlaubszeit nicht gearbeitet wird und der Jahresverdienst daher an den restlichen Arbeitstagen zu verdienen ist.
War der Arbeitnehmer in einem Urlaubsjahr nur zeitweilig arbeitsunfähig, muss das Urlaubsentgelt auf das ganze Jahr verrechnet und entsprechend auf die Jahresarbeitstage aufgeteilt werden, wobei die Urlaubszeit in Abzug zu bringen ist.

In einem ersten Schritt ist dementsprechend das auf ein Urlaubsjahr entfallende Urlaubsentgelt zu ermitteln wie folgt:

Jahreseinkommen x Jahresurlaubstage
————————————————————— = jährliches Urlaubsentgelt
(Jahresarbeitstage – Jahresurlaubstage)

In einem zweiten Schritt ist der anteilige Betrag bei zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit zu ermitteln wie folgt:

Jährliches Urlaubsentgelt x unfallbedingt ausgefallene Arbeitstage
—————————————————————————————————— =
(Jahresarbeitstage – Jahresurlaubstage)

das auf die zeitweilige Arbeitsunfähigkeit entfallendes Urlaubsentgelt

Diese Berechnung geht davon aus, dass der Geschädigte den gesamten ihm zustehenden Jahresurlaub genommen hat. Hat er lediglich einen Anteil davon genommen, ist der im zweiten Schritt ermittelte Betrag entsprechend zu reduzieren.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13.08.2013 – VI ZR 389/12 – hingewiesen.

 

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Kindschaftsrecht – Wenn ein in einer in offenen Einrichtung lebendes Kind zu seinem Schutz nachts fixiert werden muss – Einwilligung der Eltern reicht aus.

Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu beantworten, ob Eltern ohne zusätzliche Genehmigung durch das Familiengericht wirksam in eine notwendige nächtliche Fixierung ihres Kindes in einer offenen heilpädagogischen Einrichtung einwilligen können.

Ihr 1999 geborenes Kind leidet unter einem frühkindlichen Autismus mit geistiger Behinderung und einem Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom. Es zeigt krankheitsbedingt ausgeprägte Unruhezustände und extreme Weglauftendenzen. Seit 2008 lebt das Kind in einer offenen heilpädagogischen Einrichtung, in der es eine Einzelbetreuung erhält. Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht ist es zum Schutz des Kindes und seiner Mitbewohner indiziert, es nachts mittels eines Bauch- oder Fußgurtes bzw. eines entsprechenden Schlafsacks zu fixieren.
Nachdem das Amtsgericht im Jahre 2009 die nächtliche Fixierung für die Dauer von längstens zwei Jahren familiengerichtlich genehmigt hatte, beantragten die Eltern im vorliegenden Verfahren die Verlängerung dieser Genehmigung.

Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen, weil die Maßnahme nicht genehmigungsbedürftig sei.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Verfahrensbeistands des Kindes zurückgewiesen.
Dagegen hat der Verfahrensbeistand die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 07.08.2013 – XII ZB 559/11 – die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen, weil Eltern in Ausübung ihrer elterlichen Sorge selbst in eine erforderliche und verhältnismäßige Fixierung ihrer Kinder einwilligen dürfen und das Gesetz eine familiengerichtliche Genehmigung solcher Maßnahmen nicht vorsieht.

Nach § 1631 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) bedarf die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, der Genehmigung des Familiengerichts. Dabei geht das Gesetz, wie sich auch aus entsprechenden Vorschriften im Betreuungsrecht und im Verfahrensrecht ergibt, von einem engen Unterbringungsbegriff aus. Eine freiheitsentziehende Unterbringung in diesem Sinn ist gegeben, wenn der Betroffene gegen seinen Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in einem räumlich begrenzten Bereich eines geschlossenen Krankenhauses, einer anderen geschlossenen Einrichtung oder dem abgeschlossenen Teil einer solchen Einrichtung festgehalten, sein Aufenthalt ständig überwacht und die Kontaktaufnahme mit Personen außerhalb des Bereichs eingeschränkt wird

In der zeitweiligen oder regelmäßigen Fixierung eines in einer offenen Einrichtung lebenden Kindes liegt danach keine Unterbringung.

Eine Verpflichtung zur Genehmigung unterbringungsähnlicher Maßnahmen, zu denen auch eine Fixierung zählt, enthält das Gesetz im Kindschaftsrecht nicht. Zwar verlangt das Gesetz im Betreuungsrecht für psychisch kranke oder körperlich, geistig oder seelisch behinderte Volljährige sowohl bei einer geschlossenen Unterbringung (§ 1906 Abs. 1, 2 BGB ) als auch bei einer unterbringungsähnlichen Maßnahme (§ 1906 Abs. 4 BGB ) die Genehmigung durch das Betreuungsgericht (vgl. BGH Beschluss vom 27.06.2013 – XII ZB 24/12 –). Die Vorschrift des § 1906 Abs. 4 BGB ist aber nicht entsprechend auf unterbringungsähnliche Maßnahmen gegenüber Minderjährigen anwendbar. Es fehlt schon an einer dafür erforderliche Regelungslücke, weil die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Fixierung Minderjähriger dem Gesetzgeber bekannt sind und er die Vorschrift des § 1906 Abs. 4 BGB gleichwohl ausdrücklich auf unterbringungsähnliche Maßnahmen gegenüber Volljährigen begrenzt hat (BT-Drucks. 11/4528 S. 82 f.).

Der BGH hat weiter entschieden, dass eine entsprechende Vorschrift im Kindschaftsrecht auch nicht durch das staatliche Wächteramt von Verfassungs wegen geboten ist. Anders als im Betreuungsrecht handeln Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht aufgrund staatlicher Bestellung, sondern in Ausübung ihres Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG). Die Erziehung der Kinder ist damit primär in die Verantwortung der Eltern gelegt; staatliche Verantwortung und Kontrolle sind im Bereich des Erziehungsrechts eingeschränkt. Zur Gewährleistung des Schutzes minderjähriger Kinder bietet das Gesetz u.a. mit dem Verbot entwürdigender Erziehungsmaßnahmen in § 1631 Abs. 2 BGB und mit der Möglichkeit einer Entziehung der elterlichen Sorge bei Gefährdung des Kindeswohls nach den §§ 1666 ff. BGB ausreichende Handhabe.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 04.09.2013 – Nr. 144/2013 – mitgeteilt.

 

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Schuldrecht – Vertrag über Lieferung und Verlegung von Parkett – Kaufvertrag mit Montageverpflichtung oder Werkvertrag?

Der achte Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat noch unter der Geltung des alten Schuldrechts entschieden, dass es für die Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung oder als Werkvertrag darauf ankommt, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt.
Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie auf die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abzustellen (Urteile vom 03.03.2004 – VIII ZR 76/03 – und vom 22.07.1998 – VIII ZR 220/97 –).
An dieser Abgrenzung hat sich durch die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen einem Kaufvertrag mit Montageverpflichtung und einem Werkvertrag ist danach weiterhin, ob nach dem Vertrag die Pflicht zur Eigentumsübertragung zu montierender Einzelteile oder eine Herstellungspflicht im Vordergrund steht.

Danach handelt es sich bei einem Vertrag über die Herstellung eines Parkettbodens in einem Bauvorhaben in der Regel nicht um einen Kaufvertrag mit einer Montageverpflichtung, sondern um einen Werkvertrag. Denn im Vordergrund steht nicht die Übertragung von Eigentum und Besitz an den zu verlegenden Parkettstäben, sondern die mangelfreie Herstellung des einzubauenden Parkettbodens insgesamt. Die fachgerechte Ausführung der Handwerkerleistung (Zuschnitt und Verlegung der Parkettstäbe nach entsprechender Untergrundbehandlung) ist bei der Herstellung eines Bodenbelags mindestens ebenso wichtig wie das zu verlegende Material (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.1991 – VII ZR 296/90 – zur Lieferung und Verlegung eines Teppichbodens).
Dementsprechend wird auch in der Instanzrechtsprechung ein Vertrag über die Lieferung und Verlegung von Parkett zutreffend als Werkvertrag und die Verlegung nicht lediglich als Annex zu einem Kaufvertrag angesehen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 16.04.2013 – VIII ZR 375/11 – hingewiesen.

 

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An als Sammlermünzen herausgegebenen Münzen, die dem Eigentümer gestohlen worden sind, kann ein Dritter vom Dieb nicht gutgläubig Eigentum erwerben.

Aus § 935 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) folgt, dass Geld auch dann gutgläubig erworben werden kann, wenn es dem Eigentümer gestohlen wurde, verlorengegangen oder sonst abhandengekommen ist.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Gold- und Silbermünzen als Geld im Sinne des § 935 Abs. 2 BGB anzusehen sind, ist umstritten.

Vertreten wird, es sei allein entscheidend, dass eine in- oder ausländische Münze aktuell zum Zahlungsverkehr offiziell zugelassen sei.
Auch wird formuliert, dass unter § 935 Abs. 2 BGB umlauffähiges in- und ausländisches Geld falle, das objektiv als Zahlungsmittel geeignet sei.
Demgegenüber will eine andere Ansicht die Zulassung als anerkanntes Zahlungsmittel in einem Staat nicht ausreichen lassen und zusätzlich darauf abstellen, ob die Münze oder der Geldschein auch „als Geld“, mithin als Tauschmittel erworben sei und nicht etwa ohne Rücksicht auf seine Geldeigenschaft als Einzelstück, etwa für eine Sammlung oder als Schmuckstück.

Mit Urteil vom 14.06.2013 – V ZR 108/12 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) diese Frage dahingehend entschieden, dass allein die staatliche Anerkennung einer Münze als offizielles Zahlungsmittel noch nicht dazu führt, dass der Tatbestand des § 935 Abs. 2 BGB erfüllt ist. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Münze zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr bestimmt und geeignet ist, was bei einer Sammlermünze, d. h. bei einer Münze, die aufgrund ihrer Bestimmung durch den Ausgeber als Sammlermünze einzuordnen, also als Sammlermünze und nicht als Umlaufmünze ausgeprägt worden ist, wie beispielsweise die südafrikanische Krügerrand-Münze oder eine deutsche Gold- oder österreichische Silbermünze, nicht der Fall ist.

Diese Entscheidung ist lesenswert, weil der BGH darin sowohl seine Ansicht ausführlich begründet, als auch – unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen im deutschen Münzgesetz und im österreichischen Scheidenmünzengesetz – darlegt, warum Münzen, die ausdrücklich als Sammlermünze herausgegeben werden, zwar als offizielles Zahlungsmittel zugelassen, sie aber nach ihrer Gestaltung (unüblicher Nominalwert, besonderes Material, unübliche Prägung oder Herstellungsart) nicht für diese Funktion gedacht sind, sondern als Anlage- oder Sammelobjekte dienen.

 

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Mietrecht – Betriebskosten, die Vermieter auf Mieter umlegen darf, müssen angemessen und erforderlich sein.

Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, der sich für Gewerberaummietverhältnisse aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) ergibt, darf der Vermieter nur angemessene und erforderliche Kosten umlegen, wobei ihm hierbei ein billiges Ermessen einzuräumen ist. Dabei betrifft das Gebot der sparsamen Bewirtschaftung nicht nur die Nebenkostenarten, sondern auch die Höhe der Kosten. Der Vermieter muss zwar in Ausübung seines Ermessens nicht die billigste Lösung wählen, sondern kann bei seiner Entscheidung alle sachlichen Gesichtspunkte heranziehen.

Mit den Grundsätzen der ordentlichen Bewirtschaftung ist es aber nicht vereinbar, wenn sich der Vermieter etwa auf unangemessene, marktunüblich überhöhte Entgeltvereinbarungen mit Dritten einlässt.

Bei der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots handelt es sich um eine vertragliche Nebenpflicht des Vermieters. 
Aus dieser Einordnung folgt nach allgemeinen Grundsätzen, dass der Mieter, der wegen einer solchen Pflichtverletzung Ansprüche erhebt, die Darlegungs- und Beweislast für ein pflichtwidriges Verhalten des Vermieters trägt.

  • Deshalb ist es Sache des Mieters, konkret vorzutragen, dass die entsprechenden Leistungen im maßgeblichen Zeitraum günstiger zu erlangen gewesen wären. 
  • Gelingt ihm das, hat allerdings der Vermieter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot gleichwohl nicht verletzt ist.

Ist ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot festzustellen, hat der Vermieter also überhöhte oder nicht erforderliche Kosten auf den Mieter umgelegt, ist der Vermieter dazu verpflichtet, den Mieter von der Umlegung nicht erforderlicher Kosten freizustellen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Urteil vom 19.03.2013 – I – 24 U 115/12 – hingewiesen.

 

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Verkehrsunfall – Kollision eines abbiegenden Fahrzeugs mit Fußgänger der Fahrbahn überqueren will – Haftung?

Wenn ein Fußgänger im Bereich einer Kreuzung am Fahrbahnrand mit Blickrichtung zur gegenüberliegenden Straßenseite steht, muss ein einbiegender Fahrzeugführer damit rechnen, dass der Fußgänger die Straße überqueren will.
Der Fahrzeugführer muss in diesem Fall der Fußgängerin gemäß § 9 Abs. 3 S. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) den Vorrang gewähren.
Der Vorrang oder die vorrangähnliche Situation gemäß § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO verpflichtet den abbiegenden Fahrzeugführer nicht nur dazu, einem Fußgänger den Vortritt zu lassen, der bereits begonnen hat, die Fahrbahn zu überqueren. Vielmehr ist der abbiegende Fahrzeugführer schon dann zur Rücksichtnahme verpflichtet, wenn er mit der Möglichkeit rechnen muss, dass ein Fußgänger die Fahrbahn überqueren könnte.

Die Anforderungen an das Verhalten eines abbiegenden Kraftfahrzeugführers gegenüber Fußgängern sind nach der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO zumindest ähnlich wie die Anforderungen an einen Kraftfahrzeugführer, der sich einem Fußgängerüberweg nähert (vgl. § 26 Abs. 1 S. 2 StVO, „ … nur mit mäßiger Geschwindigkeit heranfahren; wenn nötig, müssen sie warten“).
Das heißt, dass ein abbiegender Fahrzeugführer vor dem Abbiegevorgang beobachten muss, ob sich im Bereich der Einmündung von links oder von rechts Fußgänger dem Straßenrand nähern, um die Fahrbahn zu überqueren.
Wenn eine Verkehrssituation besteht, bei der mit einem Überqueren der Fahrbahn durch einen Fußgänger gerechnet werden muss, ist Rücksichtnahme erforderlich; der abbiegende Fahrzeugführer muss dann entweder warten oder er muss sich in seinem Fahrverhalten so darauf einstellen, dass er jederzeit rechtzeitig vor dem Fußgänger, der die Fahrbahn eventuell betritt, bremsen kann.
Insbesondere dann, wenn ein Fußgänger bereits am Fahrbahnrand steht mit Blickrichtung zur gegenüberliegenden Straßenseite, muss ein Fahrzeugführer damit rechnen, dass der Fußgänger die Fahrbahn überqueren will.

Kommt es aufgrund eines Verstoßes eines Fahrzeugführers gegen § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO zu einer Kollision mit einem Fußgänger, bei dem dieser verletzt wird, ist allerdings auch ein (mögliches) Mitverschulden des Fußgängers (§ 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )) zu berücksichtigen, weil ein Fußgänger, wenn er bei genügender Aufmerksamkeit vor dem Betreten der Straße ein herannahende Fahrzeug ohne Schwierigkeiten bemerken kann, in einer solchen Situation die Straße – ungeachtet der gleichzeitigen Pflichtverletzung des Fahrzeugführers – nicht betreten darf.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 04.04.2013 – 9 U 118/12 – hingewiesen.

 

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Verfahrensrecht – Ohne rechtliches Gehör keine Verwerfung einer Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist.

Vor Verwerfung einer Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist dem Rechtsmittelführer durch einen Hinweis rechtliches Gehör zu gewähren, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu der Fristversäumung zu äußern und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen.
Die Pflicht zur Anhörung folgt unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Diese Norm gibt dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt (hier: zu der vom Gericht angenommenen Fristversäumung) zu äußern und ggf. auch einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 24.07.2013 – XII ZB 40/13 – hingewiesen.

 

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Zivilprozess – per Telefax eingereichte Klageschrift – Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht.

Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Fernkopie übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind. Der Ausdruck durch das Gerät ist nicht maßgeblich. Die durch einen „OK“-Vermerk unterlegte ordnungsgemäße Absendung eines Schreibens per Telefax begründet nach der – auch jüngsten – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) über ein bloßes Indiz hinaus aber nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger (z. B. BGH, Beschl. v. 21. 07. 2011 – IX ZR 148/10). Der „OK“-Vermerk belegt nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 14. 05. 2013 – III ZR 289/12 – hingewiesen.

 

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Strafverfahren – Hinweispflicht bei Berücksichtigung eines ausgeschiedenen Prozessstoffs.

Beabsichtigt ein Gericht, im Rahmen der Beweiswürdigung Sachverhalte zu berücksichtigen, hinsichtlich derer in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) verfahren wurde, ist der Angeklagte zuvor auf diese Möglichkeit hinzuweisen; denn durch die Verfahrenseinstellung wird regelmäßig ein Vertrauen des Angeklagten darauf begründet, dass ihm der ausgeschiedene Prozessstoff nicht mehr angelastet werde. Deswegen gebieten es die faire Verfahrensgestaltung, aber auch der Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs, vor einer dennoch beabsichtigten nachteiligen Verwertung einen Hinweis zu erteilen, um den Vertrauenstatbestand wieder zu beseitigen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 05.06.2013 – 1 StR 126/13 – hingewiesen.

 

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