Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat im einstweiligen Verfügungsverfahren mit Urteil vom 02.10.2014 – 1 U 61/14 – zwei Kaufverträge über zwei Eigentumswohnungen wegen Wuchers für nichtig erklärt.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall drohte den Klägern, Eigentümern zweier Eigentumswohnungen, nachdem sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren und die auf den Immobilien lastenden Kreditverbindlichkeiten nicht mehr bedienen konnten, die Zwangsversteigerung.
In dieser Situation wurde ihnen von der beklagten Maklerin zunächst angeboten, sie bei der Veräußerung ihrer Wohnungen zu unterstützen. Als diese bis zum Ablauf der Frist für einen freihändigen Verkauf der Wohnungen keine Käufer vermitteln konnte, bot sie selbst den Erwerb der Wohnungen an und erklärte gleichzeitig, diese an die Kläger wieder vermieten zu wollen. Die Kläger willigten ein und veräußerten die Wohnungen, die einen Verkehrswert von 187.000 € hatten, zu einem Preis von insgesamt 90.000 € an die Beklagte.
Der 1. Zivilsenat des OLG Oldenburg hat hier den seltenen Fall des Wuchers (vgl. § 138 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) angenommen.
Danach ist nichtig insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Vorliegend stünden Leistung und Gegenleistung in einem besonders groben Missverhältnis, da der tatsächliche Wert der Eigentumswohnungen mehr als doppelt so hoch sei, wie der vereinbarte Kaufpreis.
Darüber hinaus habe die Beklagte eine auf einer Zwangslage beruhende besondere Schwächesituation der Kläger ausgenutzt. Sie habe gewusst, dass die Zwangsversteigerung der Immobilien unmittelbar bevorstehe und die Kläger damit rechneten, ihre Wohnungen zu verlieren und ausziehen zu müssen. Diese Zwangslage habe sich die Beklagte bewusst zunutze gemacht und den Erwerb der Eigentumswohnungen zu einem Kaufpreis von lediglich 90.000 € initiiert.
Dass ihr dabei das auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bekannt war, schlossen die Richter daraus, dass die Beklagte als Maklerin in der Region im Bereich An- und Verkauf von Grundstücken und Eigentumswohnungen tätig war. Hinzu kam, dass die Beklagte die Wohnungen innerhalb von nur etwa fünf Monaten zu einem Gesamtkaufpreis von 160.000 € weiterveräußert hatte. Zudem hatte die Beklagte den Klägern den Rückkauf der Wohnungen zu einem Kaufpreis von insgesamt 150.000 € angeboten, als diese sie auf die Umstände des beabsichtigten Weiterverkaufs ansprachen.
Die Vereinbarung zum Abschluss des Mietvertrages mit den Klägern beseitigte nach Auffassung des Senats den wucherischen Charakter des Verkaufs nicht. Trotz Abschlusses der Mietverträge stand nämlich nicht fest, dass die Kläger auf Dauer bzw. zumindest für längere Zeit in den Wohnungen bleiben können. Vielmehr war von den neuen Erwerbern der Eigentumswohnungen bereits angekündigt worden, die Mietverträge wegen Eigenbedarfs zu kündigen.
Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 07.10.2014 mitgeteilt.
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