Tag Arbeitsrecht

Keine Sonntagsarbeit bei Post und DHL

Der Deutschen Post AG und der DHL Delivery Düsseldorf GmbH ist die Beschäftigung ihrer Arbeitnehmer an den kommenden Sonntagen zum Abbau des streikbedingten Arbeitsrückstandes auch nicht ausnahmsweise erlaubt.

Das hat die 15. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf mit zwei Eilbeschlüssen vom 09.07.2015 – 15 L 2301/15 – und – 15 L 2312/15 – entschieden.

In den den Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen war den beiden Postdienstleistungsunternehmen von der Bezirksregierung Düsseldorf für den Regierungsbezirk Düsseldorf untersagt worden, ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit dem Ausfahren bzw. Austragen von Paketen, Päckchen, Briefen und sonstigen Postdienstleistungen an Sonn- und Feiertagen zu beschäftigen, weil dies gegen das Arbeitszeitgesetz verstoße.

Die von den Unternehmen gegen diese Bescheide eingereichten Eilanträge, die sie damit begründeten, dass im Interesse ihrer Kunden möglichst zügig der Arbeitsrückstand abgebaut werden müsse, lehnte die 15. Kammer des VG Düsseldorf ab.

Die Kammer begründete ihre Entscheidungen damit,

dass mögliche Nachteile der Postkunden wegen des bereits am 08.06.2015 begonnenen Poststreiks überwiegend schon eingetreten und damit durch Sonntagsarbeit nicht mehr zu verhindern seien. Außerdem müsse die Allgemeinheit die nachteiligen Folgen aus einem Arbeitskampf grundsätzlich hinnehmen.
Die Nachteile für die Postunternehmen seien gegenüber dem öffentlichen Interesse am Erhalt der verfassungsrechtlich geschützten Sonntagsruhe und dem Schutz der Arbeitnehmer als weniger gewichtig anzusehen. 

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Düsseldorf am 09.07.2015 mitgeteilt.

 

Eingruppierung von Lehrern für herkunftssprachlichen Unterricht

Wird von einem Bundesland für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte für deren Herkunftssprachen als ergänzendes Angebot zum Regelunterricht an der Schule herkunftssprachlicher Unterricht angeboten und werden hierfür ausschließlich solchen Unterricht erteilende Lehrer angestellt,

  • sind Lehrern mit deutscher Lehrbefähigung

 

eine Vergütung aus derselben Entgeltgruppe des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu zahlen

  • wie Lehrern mit der Lehrbefähigung ihres Heimatlandes.

 

Das hat der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 25.06.2015 – 6 AZR 383/14 – entschieden und der Klage einer von dem beklagten Land im Angestelltenverhältnis beschäftigten, in der Türkei geborenen und ausschließlich herkunftssprachlichen Unterricht in der türkischen Sprache erteilenden Lehrerin stattgegeben,

  • die die deutsche, nicht aber die türkische Lehrbefähigung besaß.

 

Diese erhielt nach dem Eingruppierungserlass des beklagten Bundeslandes als Lehrerin mit ausschließlich deutscher Lehrbefähigung eine Entgeltgruppe niedrigere Vergütung als eine Lehrerin mit türkischer Lehrbefähigung und hatte auf Zahlung einer Vergütung aus der höheren Entgeltgruppe geklagt, wie sie Lehrer mit Lehrbefähigung des Heimatlandes erhalten.
Der 6. Senat des BAG gab der Klägerin recht, weil er im Hinblick auf die Einstellungsanforderungen des beklagten Landes eine Differenzierung zwischen Lehrern mit Lehrbefähigung des Heimatlandes und solchen mit ausschließlich deutscher Lehrbefähigung als sachlich nicht gerechtfertigt ansah.  

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 25.06.2015 – Nr. 35/15 – mitgeteilt.

 

Arbeitszeitgesetz und alternierende Rund-um-die-Uhr-Betreuung

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist auch auf Erzieher und Erzieherinnen (Beschäftigte) in Wohngruppen mit alternierender Rund-um-die-Uhr-Betreuung anwendbar.

Das hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin mit Urteil vom 24.03.2015 – VG 14 K 184.14 – in einem Fall entschieden, in dem bei einem Betreuungsmodell

  • für jede Wohngruppe drei Beschäftigte zuständig waren, die alternierend etwa sechs Kinder und Jugendliche durchgehend in der Wohngruppe betreuten, wobei,
  • während ein Beschäftigter in der Regel drei bis fünf Tage in Folge in der Wohngruppe wohnte, der zweite im Tagesdienst tätig war und der dritte hat frei hatte.

 

Die 14. Kammer des VG Berlin sah darin

 

Zwar ist das ArbZG nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 nicht anzuwenden auf Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen.
Ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift liege allerdings nur dann vor, wenn ein Arbeitnehmer mit mindestens einer anderen Person in einem räumlich abgegrenzten Bereich für längere Zeit dergestalt zusammen wohne, dass dies einem Zusammenleben und gemeinsamen Wirtschaften in einem Familienverbund weitgehend gleichkomme und dies sei hier nicht der Fall.
Denn die Beschäftigten würden während der Rund-um-die-Uhr-Betreuung nicht in der Wohngruppe wohnen, sondern dort ausschließlich arbeiten. Die Wohngruppe biete keinen privaten Rückzugsbereich und sei gerade nicht der Ort, der den räumlichen Schwerpunkt der privaten Lebensverhältnisse darstelle.
Ob die betreuten Kinder und Jugendlichen in den Gruppen untereinander einen Haushalt bildeten, sei dabei rechtlich unerheblich. Denn das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft sei allein aus der objektivierten Sicht der vom ArbZG zu schützenden Arbeitnehmer zu beurteilen.
Als Bereitschaftsdienst im vollen Umfang zur Arbeitszeit der Beschäftigten zählten im Übrigen auch Zeiten mit geringerer Belastungsintensität – etwa beim Schulbesuch der Kinder -.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Berlin am 05.06.2015 – Nr. 19/2015 – mitgeteilt.

 

Wie muss das Verkaufspersonal in einer Metzgerei gekleidet sein?

Der  Betreiber eines fleisch- und wurstverarbeitenden Einzelhandelsbetriebs, der sein Bedienungspersonal an der Fleisch- und Wursttheke bordeauxrote Hemden und schwarze Schürzen tragen lässt, verstößt gegen Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (Lebensmittelhygieneverordnung), weil nach Anhang II Kap. VIII Nr. 1 dieser Verordnung Personen, die in einem Bereich arbeiten, in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird, ein hohes Maß an persönlicher Sauberkeit halten sowie geeignete und saubere Arbeitskleidung tragen müssen und dieser Verpflichtung bordeauxrote Hemden und schwarze Schürzen nicht genügen.

Das hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin mit Urteil vom 24.03.2015 – VG 14 K 150.12 – entschieden.

Die Eignung von Berufskleidung muss nach dieser Entscheidung tätigkeitsspezifisch und mit Blick auf die gebotene Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus beurteilt werden. Die Verarbeitung leicht verderblicher, unverpackter Lebensmittel tierischer Herkunft erfordert es, dass Arbeitskleidung alsbald gewechselt wird, wenn sie nicht mehr sauber ist. Mitarbeiter müssen daher in der Lage sein, Verschmutzungen schnell und einfach zu bemerken, was beim Tragen heller Arbeitskleidung besser gewährleistet ist, weil darauf die Verschmutzungen durch Blut oder Fleischsaft deutlich leichter auszumachen sind (Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 04.06.2015 – Nr. 18/2015 –).

 

Wird Leistungsbonus in die Berechnung des Mindestlohns einbezogen?

Leistungsboni sind in die Berechnung des Mindestlohns einzubeziehen, weil es sich wegen ihres unmittelbaren Bezugs zur Arbeitsleistung, um „Lohn im eigentlichen Sinn“ handelt.

Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf mit Urteil vom 20.04.2015 – 5 Ca 1675/15 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war der Klägerin von der beklagten Arbeitgeberin

  • zunächst eine Grundvergütung von 8,10 EUR pro Stunde sowie daneben ein „freiwilliger Brutto/Leistungsbonus von max. 1,00 EUR gemäß der jeweilig gültigen Bonusregelung“ gezahlt und
  • anlässlich der Einführung des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG) mitgeteilt worden, dass die Grundvergütung weiter 8,10 EUR brutto pro Stunde sowie der Brutto/Leistungsbonus max. 1,00 EUR pro Stunde betrage, davon allerdings 0,4 EUR pro Stunde fix gezahlt würden.

 

Die Auffassung der Klägerin, von der geltend gemacht worden war,

  • dass der Leistungsbonus in die Berechnung des Mindestlohns nicht einfließen dürfe, sondern zusätzlich zu der Grundvergütung in Höhe von 8,50 EUR pro Stunde zu zahlen sei,

 

teilte das ArbG Düsseldorf nicht.

Da es, wie das Gericht ausführte, Zweck des MiLoG ist, einem Vollzeitbeschäftigten durch eigenes Einkommen die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts zu ermöglichen und es dabei – unabhängig von der Bezeichnung einzelner Leistungen – allein auf das Verhältnis zwischen dem tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlten Lohn und dessen geleisteter Arbeitszeit ankommt, seien mindestlohnwirksam alle Zahlungen, die, wie auch ein Leistungsbonus, als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung mit Entgeltcharakter gezahlt werden.

 

Das hat die Pressestelle des Arbeitsgerichts Düsseldorf am 02.06.2015 – 38/15 – mitgeteilt.

 

Wie der obige Fall zeigt, ist es bei Fragen im Zusammenhang mit dem MiLoG empfehlenswert, den Rat eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts, der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ hat, einzuholen.

 

Kündigung eines Arbeitnehmers wegen eines unzufriedenen Kunden?

Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, wenn sie nicht durch Gründe,

  • die in der Person oder
  • in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder
  • durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen,

 

bedingt ist, wobei

 

Eine sog. Druckkündigung liegt nach der Rechtsprechung vor,

  • wenn Dritte
  • unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen.

 

Dabei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein.
    Eine solche Kündigung wird auch als „unechte Druckkündigung“ bezeichnet.
    Die Kündigung wird nicht primär wegen des durch den Dritten erzeugten Drucks erklärt, sondern wegen des personen- oder verhaltensbedingten Kündigungsgrundes (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 18.07.2013 – 6 AZR 420/12 –).
  • Fehlt es hingegen an einer solchen objektiven Rechtfertigung der Drohung, so kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht.

An die Zulässigkeit einer sog. „echten Druckkündigung“ sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen.
Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen.

Nur wenn auf diese Weise

  • die Drohung nicht abgewendet werden kann und
  • bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen,

kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein.

Dabei ist jedoch Voraussetzung,

  • dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist,

um den Schaden abzuwenden.

  • Zu berücksichtigen ist hierbei auch, inwieweit der Arbeitgeber die Drucksituation selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat.

Typische Fälle einer echten Druckkündigung sind Drohungen der Belegschaft mit Streik oder Massenkündigungen oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen für den Fall der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers (siehe etwa BAG, Urteil vom 18.07.2013 – 6 AZR 420/12 –).

Darauf hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln mit Urteil vom 13.02.2015 – 1 Ca 5854/14 – hingewiesen.

 

Wenn ein Mitarbeiter gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen hat.

Nach § 12 Abs. 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) hat der Arbeitgeber,

  • wenn Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen,
  • die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen.

Dass ein von dem Benachteiligungsverbot Betroffener einen Anspruch auf Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem anderen, gegen das Benachteiligungsverbot verstoßenden Arbeitnehmer hat, ergibt sich aus dieser Vorschrift nicht ohne Weiteres.
Vielmehr liegt es grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers, mit welchen Maßnahmen er auf einen Verstoß gegen § 7 AGG reagiert.

  • In der Regel kann ein Arbeitnehmer nicht die Entlassung eines anderen Mitarbeiters verlangen.
  • Allerdings hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber.
  • Wenn nach objektiver Betrachtungsweise eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung des Arbeitgebers nur das Ergebnis haben kann, eine bestimmte Maßnahme zu ergreifen, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf deren Durchführung (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06 –).

Ein Fall, in dem eine ermessensfehlerfreie Ermessensausübung nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben könnte, läge beispielsweise dann vor, wenn ein Vorgesetzter seinen Mitarbeiter täuscht, so dass beide auf einer Dienstreise in einem Hotelzimmer übernachten, und ihn dann sexuell missbraucht.

Voraussetzung wäre allerdings, dass

  • nicht nur ein bloßer Verdacht eines solchen sexuellen Missbrauchs besteht,
  • sondern dieser feststeht.  
  • Die Darlegungs- und Beweislast insoweit trägt der betroffene Arbeitnehmer.

Besteht lediglich ein Verdacht,

  • bleibt zwar eine Kündigung wegen des Verdachts sexueller Belästigung oder sexuellen Missbrauchs nach den allgemeinen Grundsätzen zulässig (vgl. etwa BAG, Urteil vom 08.06.2000 – 2 ABR 1/00 –),
  • eine Pflicht zur Entlassung des verdächtigen Arbeitnehmer besteht hingegen dann aber regelmäßig nicht.

Darauf hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Solingen mit Urteil vom 24.02.2015 – 3 Ca 1356/13 – hingewiesen.

 

Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit in jedem Fall?

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen.
Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG),

  • wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht,
  • für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann,

setzt voraus,

  • dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht.

Daran fehlt es, wenn

  • das Arbeitsverhältnis beendet ist und
  • der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist nach der neueren Rechtsprechung

  • nämlich nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs,
  • sondern ein reiner Geldanspruch,

der seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften verdankt, der aber, wenn er entstanden ist,

  • jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers bildet und
  • sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber unterscheidet.

Darauf hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 19.05.2015 – 9 AZR 725/13 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem sich die bei dem Beklagten beschäftigte Klägerin, der im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zustanden, nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010, ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.05.2012 in Elternzeit befunden

und der Beklagte im September 2012 die Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen der Elternzeit erklärt hatte,

  • nachdem zuvor von der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 24.05.2012 die Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012 verlangt worden war.

Da hier das Arbeitsverhältnis am 15.05.2012 beendet war, konnte, wie der Neunte Senat des BAG entschied, der Beklagte mit seiner Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 19.05.2015 – Nr. 31/15 – mitgeteilt.

 

Wann ist eine Ausbildungsvergütung angemessen und wann nicht mehr?

Ausbildende haben Auszubildenden gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) eine angemessene Vergütung zu gewähren.
Maßgeblich für die Angemessenheit ist die Verkehrsanschauung. Wichtigster Anhaltspunkt für diese sind die einschlägigen Tarifverträge.

  • Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte um mehr als 20 vH unterschreitet.

Handelt es sich bei dem Ausbildenden um eine gemeinnützige juristische Person,

  • rechtfertigt allein der Status der Gemeinnützigkeit es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen.
  • Eine durch Spenden Dritter finanzierte Ausbildungsvergütung, die mehr als 20 vH unter den tariflichen Sätzen liegt, ist allerdings noch nicht zwingend unangemessen.

Vielmehr kann der Ausbildende die darauf gerichtete Vermutung widerlegen, indem er darlegt, dass besondere Umstände die niedrigere Ausbildungsvergütung rechtfertigen.

Darauf hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 29.04.2015 – 9 AZR 108/14 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem der Beklagte, ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung der qualifizierten Berufsausbildung, der dazu Berufsausbildungsverträge abschließt, von einem Auszubildenden zum Maschinen- und Anlageführer verklagt worden war,
  • weil er während des Ausbildungsverhältnisses nur ca. 55 vH der Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern erhalten hatte.

Die Klage des Auszubildenden hatte Erfolg, weil, wie der BAG entschied, die von dem Beklagten gezahlte Ausbildungsvergütung, die auch eine Entlohnung der geleisteten Arbeit darstellt, unangemessen war und besondere Umstände, die geeignet sein könnten, trotz des Unterschreitens der tariflichen Ausbildungssätze um fast 50 vH die Vermutung der Unangemessenheit der vom Beklagten gezahlten Ausbildungsvergütung zu widerlegen, weder feststellbar, noch dargetan waren.

Das hat die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 29.04.2015 – Nr. 28/15 – mitgeteilt.

 

Keine Kündigung wegen Geltendmachung des Mindestlohnes.

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist unwirksam, wenn sie von dem Arbeitgeber als Reaktion auf eine Geltendmachung des gesetzlichen Mindestlohnes ausgesprochen wurde.

Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin mit Urteil vom 17.04.2015 – 28 Ca 2405/15 – in einem Fall entschieden, 

  • in dem einem als Hausmeister beschäftigten Arbeitnehmer, mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden bei einer Vergütung von monatlich 315,00 EUR, was einem Stundenlohn von 5,19 EUR entspricht,

gekündigt worden war,

  • nachdem er von seinem Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR gefordert und das ihm daraufhin vom Arbeitgeber gemachte Angebot auf Änderung seiner Arbeitsbedingungen, nämlich Herabsetzung der Arbeitszeit auf monatlich 32 Stunden bei einer Monatsvergütung von 325,00 (Stundenlohn 10,15 EUR), abgelehnt hatte.

Das ArbG Berlin hat diese Kündigung als eine nach § 612 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verbotene Maßregelung angesehen. Der Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise den gesetzlichen Mindestlohn gefordert habe; eine derartige Kündigung sei unwirksam.

Das hat die Pressestelle des Arbeitsgerichts Berlin am 29.04.2015 – Nr. 11/15 – mitgeteilt.