Tag Folgen

Was, wer eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat, über den (Nicht)Versicherungsschutz bei 

…. psychischen Folgen eines Unfalls wissen sollte.

Mit Urteil vom 13.07.2022 – 7 U 88/21 – hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main entschieden, dass nach den 

  • Allgemeinen Bedingungen der Unfallversicherung,

nach denen vom Versicherungsschutz

  • krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch den Unfall verursacht wurden,

ausgenommen sind, kein

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LG Osnabrück entscheidet: Autofahrer haftet bei einer Kollision mit einem fahrradfahrenden 8-jährigem Kind auch dann zu 100 %, wenn 

…. das Kind schon kurz vor Erreichen eines Zebrastreifens mit dem Fahrrad zum Überqueren der Straße vom Gehweg auf die Straße fährt. 

Mit Urteil vom 08.10.2020 – 6 S 150/20 – hat das Landgericht (LG) Osnabrück in einem Fall, in dem ein 8-jähriges Kind, 

  • das allein mit seinem Fahrrad auf einem Gehweg unterwegs war, 

mit einem in entgegengesetzter Richtung auf der Straße fahrendem Auto zusammengestoßen war, als es

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OLG Zweibrücken entscheidet: Für Bordsteinunfall, bei dem ein Autofahrer zwar auf der Straße bleibt, aber einen

…. sehr nah an der Bordsteinkante stehenden Fußgänger erfasst, haftet der Autofahrer ganz überwiegend.

Mit Urteil vom 26.04.2021 – 1 U 141/19 – hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken in einem Fall, in dem ein elfjähriges Kind, als es

  • an einer Kreuzung am äußersten Rand der Bordsteinkante stand und 
  • dort, um die Straße überqueren zu können, darauf wartete, bis die Lichtzeichenanlage „grün“ zeigt,

von einem 

  • in einem Abstand von deutlich unter einem Meter zum rechten Fahrbahnrand an dem Kind vorbeifahrenden 

PKW erfasst worden war, entschieden, dass 

  • der Autofahrer für die Unfallfolgen zu 80% haftet und 
  • dem elfjährigen Kind ein Mitverschulden in Höhe von 20% trifft.

Begründet hat der Senat dies damit, dass Autofahrer 

  • grundsätzlich nicht berechtigt sind, innerorts die Fahrbahn bis an den rechten Bordstein heran zu befahren, wenn hieraus Risiken für Passanten entstehen und
  • dies erst recht gegenüber am Fahrbahnrand an einer Fußgängerampel stehenden Kindern gilt,

andererseits aber auch einem elf Jahre alten Kind hätte bewusst sein müssen, dass 

  • seine Position am äußersten Rand der Bordsteinkante an einer stark befahrenden Straße gefährlich ist und 
  • es von dem vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst werden kann (Quelle: Pressemitteilung des OLG Zweibrücken).

Nicht immer haften (Kraft)Fahrzeugführer oder -halter (mit), wenn es zur Kollision mit einem Fußgänger kommt

§ 25 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) stellt an Fußgänger, 

  • die beabsichtigen die Fahrbahn zu überqueren, 

erhöhte Sorgfaltsanforderungen. 

Sie müssen beim Überqueren der Fahrbahn, 

  • auf der der Fahrzeugverkehr grundsätzlich den Vorrang hat, 

besondere Vorsicht walten lassen, an nicht besonders vorgesehenen Überquerungsstellen (z. B. Fußgängerüberwegen i. S. v. § 26 StVO) 

  • auf den bevorrechtigten Verkehr Rücksicht nehmen, 
  • bei Annäherung eines Fahrzeugs warten 

und Fußgänger dürfen insbesondere nicht versuchen, 

  • noch kurz vor einem herannahendem Fahrzeug 

die Fahrbahn zu überqueren. 

Wird ein Fußgänger den Sorgfaltsanforderungen des § 25 Abs. 3 StVO nicht gerecht, d.h. betritt er beispielsweise, 

  • ohne sich zuvor in irgendeiner Art und Weise zu vergewissern, ob sich ein Fahrzeug nähert, 

unter groben Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO, die Fahrbahn, spricht, 

  • wenn er dort von einem Fahrzeug angefahren wird, 

gegen den Fußgänger regelmäßig 

  • der Anscheinsbeweis 

der schuldhaften alleinigen Unfallverursachung.

Der Fußgänger muss dann, 

  • um nicht allein für die Unfallfolgen zu haften, 

das Vorliegen eines sog. atypischen Unfallverlaufs darlegen und beweisen, d.h. er muss beweisen, dass der Führer des Fahrzeugs, von dem er angefahren worden ist, 

  • ebenfalls schuldhaft zu dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls beigetragen hat, 
  • also beispielweise unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 S. 4 StVO nicht auf Sicht gefahren ist oder nach § 1 Abs. 2 StVO gegen das allgemeines Rücksichtnahmegebot verstoßen hat.

Gelingt es dem Fußgänger nicht, dem Fahrzeugführer ein Mitverschulden an dem Unfall nachzuweisen, kommt, wenn es sich 

  • bei dem Fahrzeug, von dem der Fußgänger angefahren wurde, 

um ein Kraftfahrzeug gehandelt hat,

  • wegen der von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr, 

nur eine Mithaftung des Kraftfahrzeughalters für die Unfallfolgen aus § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Betracht, diese Betriebsgefahr kann aber,

  • worauf der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz mit Urteil vom 21.12.2020 – 12 U 401/20 – hingewiesen hat,

hinter dem massiven Verschulden (Eigenverschulden) des Fußgängers vollständig zurücktreten.

Hundebesitzer sollten wissen, wann die Tierhalterhaftpflichtversicherung bei einem Schadensfall durch einen Hundebiss

…. sich auf einen Haftungsausschluss berufen kann und wann nicht.

Ist in den einer Tierhalterhaftpflichtversicherung zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen bestimmt, dass

  • „Ausgeschlossen bleiben Ansprüche gegenüber jedem Versicherungsnehmer oder Versicherten, der den Schaden durch bewusstes Abweichen von der Haltung und Züchtung von Hunden dienenden Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Verfügungen oder Anordnungen am Wohnort des Versicherungsnehmers verursacht hat,“ 

muss die Tierhaftpflichtversicherung,

  • wenn sie sich bezüglich der Folgen eines Hundebisses auf diesen Risikoausschluss berufen will,

dem Versicherungsnehmer oder Versicherten einen von ihm     

  • zumindest bedingt vorsätzlich begangenen

Verstoß 

  • gegen die Haltung und Züchtung von Hunden dienenden Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Verfügungen

nachweisen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 20.07.2020 – 7 U 47/19 – hingewiesen und in einem Fall, in dem von dem angeleinten Mischlingshund einer Hundehalterin und Versicherungsnehmerin (im Folgenden: VN),

  • während sie sich mit dem Hund in einer öffentlichen Parkanlage mit Spielplatzgelände aufhielt,
  • dort auf einer Bank saß und 
  • sich mit einer Bekannten unterhielt, 

ein 2-jähriges Kind, 

  • das sich dem Hund genähert und 
  • ihn gestreichelt hatte, 

durch einen Biss des Hundes ins Gesicht schwer verletzt worden war und die Tierhaftpflichtversicherung der VN, weil 

  • der Hund schon einmal ein 10-jähriges Mädchen gebissen und 
  • das zuständigen Kreisverwaltungsreferat deswegen angeordnet hatte, „dass Begegnungskontakte des Hundes mit Kindern bis ca. 14 Jahren … zu vermeiden seien“,

sich auf den Risikoausschluss nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen berufen hatte, die Tierhaftpflichtversicherung dazu verurteilt, für den 

  • bei dem 2-jährigen Mädchen durch den Hundebiss entstandenen 

Schaden einzustehen.

Grund dafür,

  • dass die Tierhaftpflichtversicherung sich nicht erfolgreich auf den Risikoausschluss nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen berufen konnte, 

war, dass der VN ihre Einlassung, 

  • den Spielplatz zuvor nicht gekannt und 
  • das Annähern des 2-jährigen Kindes nicht bemerkt zu haben, 

nicht widerlegt und somit eine bewusste Pflichtverletzung der VN, 

  • in Form eines zumindest bedingt vorsätzlichen Verstoßes gegen die Anordnung des Kreisverwaltungsreferats, 

nicht festgestellt werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt).

Was, wer gemeinsam mit anderen Nordic Walken betreibt, wissen und beim gemeinsamen Nordic Walken beachten sollte

Mit Urteil vom 30.07.2020 – 6 U 46/18 – hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) entschieden, dass, wenn 

  • bei einer gemeinsam unternommenen Nordic Walking Tour 

ein Teilnehmer mit seinen Walkingstöcken den Sturz eines anderen Teilnehmers dadurch verursacht, 

  • dass er versehentlich gegen einer seiner Walkingstöcke tritt und der Stock infolge dessen zwischen die Beine des anderen gerät, 

er

  • für die Sturzfolgen haftet, 
  • ohne sich auf einen Haftungsausschluss berufen zu können.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • es sich beim Nordic Walking um ein schnelles Gehen handelt, bei dem die dazu benutzten Stöcke jeweils hinter dem bewegten Bein gehalten werden,
  • bei Einhaltung dieser Regel der Gehende nicht versehentlich gegen den eigenen Stock treten kann und  
  • wenn der Stock dennoch vor die Beine gerät, 

der Stock von dem Walkenden durch Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt nicht richtig eingesetzt und dadurch der Sturz des anderen verursacht worden ist.

Dass der Verursacher des Sturzes sich nicht auf einen Haftungsausschluss berufen kann, 

  • wie er wegen der bewussten Inkaufnahme des Verletzungsrisikos bei der gemeinsamen Ausübung von Sportarten gilt, bei denen die Teilnehmer damit rechnen, dass es zu gegenseitigen Verletzungen kommen kann, 

ist vom Senat damit begründet worden, dass

  • bei der Verabredung zum Nordic Walking die Teilnehmer nicht damit rechnen, beim gemeinsamen Nordic Walken verletzt werden zu können,
  • eine solche Gefahr sich auch nicht aus der zum Nordic Walking gehörenden Benutzung der Stöcke ergebe, da diese nur unterstützend zum Gehen und eng am Körper eingesetzt werden und
  • die Situation beim gemeinsamen Nordic Walking auch eine andere ist, als bei Sportarten, bei denen sich, wie etwa beim Fußball, die Gefahr des Körperkontakts nicht vermeiden lässt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig).

Kommt bei einer Tour mit einem sog. Bierbike, der in der Mitte dieses Gefährts stehende Zapfer zu Fall, kann der Tourveranstalter

…. für die Folgen haften, dem Bierzapfer aber ein Mitverschulden treffen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Hannover mit Urteil vom 29.07.2020 – 512 C 15505/19 – hingewiesen und in einem Fall, in dem auf einer veranstalteten Tour mit einem sog. Bierbike,

  • d.h. einem von einem Mitarbeiter des Tourveranstalters gelenkten sowie ggf. gebremsten und
  • mit Pedalen von an Tresen um einen Ausschank herumsitzenden Tourteilnehmern angetriebenen Gefährt,
  • in dem, während der Fahrt, von einem in der Mitte stehenden Tourteilnehmer über eine Zapfanlage Bier aus einem vom Veranstalter zur Verfügung gestellten Fass ausgeschenkt wird,    

der in der Mitte des Gefährts stehende „Bierzapfer“, 

  • dem keine speziellen Sicherungsgriffe oder Haltevorrichtungen zur Verfügung standen, 

bei einem stärkeren Bremsmanöver, nach einem Abbiegen von der Straße in eine Einfahrt, auf das Bierfass gestürzt war und sich dadurch einen Bruch des Brustbeins zugezogen hatte, entschieden, dass 

  • der Tourveranstalter aufgrund unzulänglicher Sicherheitsvorkehrungen für die Sturzfolgen haftet,
  • die deswegen dem Zapfer zustehenden Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche jedoch wegen des ihn treffenden Mitverschuldens um ein Drittel zu kürzen sind.

Begründet hat das AG dies damit, dass der Tourveranstalter seine vertragliche, 

  • sich aus seinen Einwirkungsmöglichkeiten auf den Ablauf der Veranstaltung und der Gestellung des dazu erforderlichen Fahrzeuges ergebende 

Pflicht, die Tourteilnehmer im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflichten vor Körper- und Gesundheitsschäden zu schützen, dadurch verletzt habe, dass 

  • er es unterlassen habe, 

das Bierbike mit einem Sicherungssystem – etwa einem Gurt – für den Zapfer ausstatten.

Das Mitverschulden des Zapfers an seinem Unfall sah das AG darin, dass 

  • das Gefährt kurz vor dem Bremsmanöver von den übrigen Teilnehmern beschleunigt worden war und

aufgrund dessen für ihn die konkrete Gefahr voraussehbar war und er sich hierauf hätte einstellen können (Quelle: Pressemitteilung des AG Hannover).

OLG Oldenburg spricht fünfjährigem Jungen wegen der Folgen eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers 800.000 Euro

…. Schmerzensgeld zu.

Mit Urteil vom 18.03.2020 – 5 U 196/18 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg einem Jungen, der, 

  • als er fünf Jahre alt war,

infolge eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers bei der Behandlung einer bakteriellen Meningitis,

  • u.a. beide Unterschenkel verloren hatte,
  • der in der Folgezeit wachstumsbedingt fast zwanzig Operationen zur Versorgung der Stümpfe über sich hatte ergehen lassen müssen,
  • der sein gesamtes Leben auf den Rollstuhl angewiesen sein wird und 
  • bei dem aufgrund des massiven Krankheitsverlaufs große Teile der Körperoberfläche durch Nekrosen dauerhaft entstellt sind,

ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro zuerkannt.

Dass hier ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro angemessen ist, hat das OLG mit 

  • der Schwere der Verletzungen, 
  • dem Leiden und dessen voraussichtlicher lebenslanger Dauer, 
  • der subjektiven Wahrnehmung der Beeinträchtigungen für den Verletzten, 
    • nämlich dem täglich wiederkehrenden Bewusstsein um den lebenslangen Verlust der bisherigen Lebensqualität und 
  • dem Ausmaß des Verschuldens des Schädigers 

begründet.

Danach kann im Fall 

  • schwerster und dauerhafter Schädigungen, die ein Geschädigter in jungen Jahren bewusst erlebt und 
  • von denen anzunehmen ist, dass sie ihn lebenslang in der Lebensführung erheblich beeinträchtigen werden, 

ein Schmerzensgeld in dieser Höhe gerechtfertigt sein.

OLG Hamm entscheidet: Grundstückseigentümerin muss Schäden an zwei auf dem Nachbargrundstück abgestellten Ferraris ersetzen

Mit Urteil vom 17.10.2019 – 24 U 146/18 – hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in einem Fall, in dem es in einem, von einer Grundstückseigentümerin,

  • am Rand ihres Grundstücks, direkt neben einer auf dem Nachbargrundstück stehenden Doppelgarage,
  • – ohne Einhaltung des bauordnungsrechtlich gebotenen Mindestabstandes von 3 m –

errichtetem überdachten Holzunterstand

  • aus unbekannter Ursache,

zu einem Brand gekommen war,

  • der sich aufgrund des dort gelagerten Brennholzes ausgeweitet

und auch die benachbarte Doppelgarage erfasst hatte, wodurch

  • einer der darin vom Nachbarn untergestellten zwei Ferraris durch Rauchgase verunreinigt worden war und
  • bei dem anderen durch von der geschmolzenen Kunststoffabdeckung der Beleuchtungskörper herabfallende Tropfen Einbrennungen im Lack entstanden waren,

entschieden, dass

  • die Grundstückseigentümerin dem Nachbarn die an den Ferraris entstandenen Schäden ersetzen muss.

Begründet hat der Senat dies damit, dass,

  • auch wenn die Verantwortlichkeit der Grundstückseigentümerin für die Brandentstehung als solche nicht feststellbar sei,

nach den Feststellungen des im Verfahren angehörten Sachverständigen, sich der Brand,

  • wäre der Holzunterstand bauordnungsgemäß 3 m entfernt von der Garage errichtet worden,

nicht auf die Garage hätte ausweiten können und somit die Grundstückseigentümerin

  • die Übertragung der Brandfolgen auf das Nachbargrundstück und
  • dass es zu Schäden an den im Eigentum des Nachbarn stehenden Ferraris kommen konnte,

erst durch

  • die Lagerung von Brennholz in dem bauordnungswidrig errichtetem Holzunterstand an der Grundstücksgrenze

ermöglicht hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm).