Tag Kind

OVG für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet: Ohne Nachweis einer Masernschutzimpfung oder

…. einer Kontraindikation kein Betreuungsanspruch des Kindes.

Mit Beschluss vom 29.10.2021 – 12 B 1277/21 – hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen im Fall eines 

  • dreijährigen Jungen

entschieden, dass,

  • trotz eines wirksamen Betreuungsvertrags,

einem dreijährigen Kind der 

  • Zugang zu einer Kindertageseinrichtung 

verwehrt werden kann, wenn 

  • die nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) für den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen erforderliche Masernschutzimpfung oder 
  • eine entsprechende Kontraindikation 

nicht hinreichend nachgewiesen ist.

Übrigens:
Nicht hinreichend nachgewiesen ist eine entsprechende Kontraindikation durch eine 

  • ärztliche Bescheinigung, 

nach der eine Impfung des Kindes 

  • wegen diverser Allergien, 
  • unter anderem gegen verschiedene Inhaltsstoffe der Masernschutzimpfung, 

nicht in Betracht kommt, wenn am Beweiswert des 

  • – jedenfalls auf Plausibilität nachprüfbaren – 

ärztlichen Zeugnisses 

  • erhebliche Zweifel 

bestehen, beispielsweise deshalb, weil der Feststellung der ärztlich bescheinigten Impfunverträglichkeit

  • keine medizinisch anerkannte Testung bzw. Diagnostik zugrunde lag, sondern sie lediglich auf den Angaben der Eltern beruhte und
  • es mittels eines Prick-Tests möglich wäre, allergologisch näher abzuklären, ob ein erhöhtes Risiko für eine allergische Impfreaktion bei dem Kind besteht (Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster).

Coronatests für Schüler: Wichtig für gemeinsam sorgeberechtigte Eltern zu wissen, wenn sie sich nicht einigen können, ob ihr Kind

…. daran teilnehmen soll oder nicht. 

Jedenfalls dann, wenn 

  • Testverfahren zur Diagnose von Covid-19 (im folgenden: Coronatest) in allgemeinbildenden Schulen für Schüler zum Besuch des Präsenzunterrichts 

verpflichtend sind, ist die Teilnahme an solchen Coronatests, 

  • weil sie geeignet sind, nachhaltig Einfluss auf die schulische und seelische Entwicklung sowie auf die sozialen Kompetenzen eines Kindes zu nehmen,

keine Entscheidung in einer 

  • Angelegenheit des täglichen Lebens nach § 1687 Abs.1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

sondern eine Entscheidung von

  • erheblicher Bedeutung i.S.d. § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB 

für das Kind und bedarf deshalb,

  • sofern die Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind,

der Zustimmung beider Elternteile (Amtsgericht (AG) Mainz, Beschluss vom 04.05.2021 – 34 F 126/21 –).

Können sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern nicht einigen,

  • ob ihr Kind an Coronatests im Rahmen eines Schulbesuchs teilnehmen soll, 

kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils gemäß § 1628 S. 1 BGB die 

  • Entscheidungsbefugnis darüber 

einem Elternteil übertragen.

Die in einem solchen Fall zu treffende Entscheidung des Familiengerichts richtet sich gemäß § 1697 a BGB nach dem Kindeswohl. 

Davon ausgehend hat das Familiengericht

  • entweder die gegenseitige Blockierung der Eltern durch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil zu beseitigen 
  • oder durch Zurückweisung des Antrags die Angelegenheit beim gegenwärtigen Zustand zu belassen,

je nachdem was dem Wohl des Kindes besser gerecht wird.

  • Nur insoweit ist ein familiengerichtlicher Eingriff in die – gemeinsame – elterliche Sorge zulässig. 
  • Nicht hingegen darf das Familiengericht die Entscheidung anstelle der Eltern selbst treffen.

In dem seinem Beschluss vom 04.05.2021 – 34 F 126/21 – zugrunde liegendem Fall hat es das AG Mainz 

  • dem Wohl des Kindes am besten entsprechend 

angesehen, der Kindsmutter, die, 

  • im Gegensatz zum Kindsvater, der die Zustimmung zur Durchführung der Coronatests verweigerte,

die Zustimmung zur Durchführung der Coronatests erteilen will, die 

  • alleinige Entscheidungsbefugnis hierüber 

zu übertragen. 

Übrigens:
Dazu, was gemeinsam sorgeberechtigte Eltern wissen sollten, wenn sie sich nicht einigen können, ob ihr Kind mit einem mRNA-Impfstoff gegen Corona geimpft werden soll, vgl. die Beschlüsse des OLG Frankfurt am Main 

Corona-Impfung: Wichtig zu wissen für gemeinsam sorgeberechtigte Eltern, die sich nicht einigen können, ob ihr 16jähriges Kind

…. geimpft werden soll oder nicht. 

Mit Beschluss vom 17.08.2021 – 6 UF 120/21 – hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main darauf hingewiesen, dass es,

  • auch bei vorhandener Einwilligungsfähigkeit in eine Corona-Schutzimpfung bei einer/einem fast 16-jährigen impfbereiten Jugendlichen,

eines Co-Konsenses mit den sorgeberechtigten Eltern bedarf und dass, wenn

  • die gemeinsam sorgeberechtigte Eltern sich in dieser Frage nicht einigen können und
  • deshalb jeder der beiden Elternteile beim Familiengericht gemäß § 1628 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beantragt, ihm die Entscheidung darüber zu übertragen,

die Entscheidung über die Durchführung der Corona-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff 

  • bei einer vorhandenen Empfehlung der Impfung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) und 
  • bei einem die Impfung befürwortendem Kind, bei dem keine besonderen Impfrisiken vorliegen,

auf denjenigen Elternteil zu übertragen ist, der die Impfung befürwortet.

Das bedeutet:
Die Entscheidung über die 

  • Durchführung einer Impfung gegen das Corona Virus SARSCoV-2 

ist keine Entscheidung 

  • in einer Angelegenheit des täglichen Lebens nach § 1687 Abs.1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

sondern eine Entscheidung von

  • erheblicher Bedeutung i.S.d. § 1628 Satz 1 BGB 

für das Kind.

Auch wenn es naheliegt, dass ein Kind, 

  • wie beispielsweise ein/e fast 16-Jährige/r, 

für einen solchen medizinischen Eingriff im Verhältnis zu der ärztlichen Impfperson selbst einwilligungsfähig ist,

bedarf es bei diesem nicht geringfügigen medizinischen Eingriff 

  • zur Wirksamkeit der Einwilligung des Patienten 
  • auch der Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern im Wege eines sog. Co-Konsenses. 

Sollten sich Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge über die Erteilung der Einwilligung hierzu nicht einigen können, kann das Familiengericht 

  • auf Antrag eines Elternteils gemäß § 1628 Satz 1 BGB, §§ 49 ff. FamFG 

die Entscheidungsbefugnis einem 

  • Elternteil allein 

übertragen und wird es, 

  • da hierbei vom Familiengericht auch der Wille eines Kindes zu beachten ist, 

jedenfalls in Fällen, in denen ein Kind 

  • aufgrund seines Alters und seiner Entwicklung im Stande ist, sich eine eigene Meinung über den Nutzen und die Risiken der Corona-Schutzimpfung zu bilden,
  • impfbereit ist und 
  • keine besonderen Impfrisiken vorliegen,

dem – bei der Entscheidung des Familiengerichts nach § 1697a BGB im Vordergrund stehenden – Wohl des Kindes besser gerecht, die Entscheidungsbefugnis demjenigen Elternteil zu übertragen, der die Impfung des Kindes 

  • entsprechend den Empfehlungen der STIKO 

befürwortet (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt).

Eltern eines schulpflichtigen behinderten Kindes sollten wissen, dass die gesetzliche Krankenkasse auch verpflichtet

…. sein kann, ihrem Kind eine Spracherkennungsoftware zur Verfügung zu stellen bzw. die Kosten hierfür zu übernehmen oder für die bereits angeschaffte Software zu erstatten. 

Mit Urteil vom 01.04.2021 – L 4 KR 187/18 – hat das Landessozialgericht (LSG) entschieden, dass für behinderte Kinder die

  • Spracherkennung Dragon Naturally Speaking

ein 

  • Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Sicherung der Schulfähigkeit 

sein kann und in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem die gesetzlich versicherten Eltern einer neunjährigen Förderschülerin, 

  • die seit einer frühkindlichen Hirnblutung an spastischen Lähmungen leidet und 
  • nur unter größter Anstrengung einen Stift halten und schreiben kann,

für ihr Kind 

  • eine Computerausstattung mit Dragon Professional für Schüler für 595,- €

beantragt hatten, die Krankenkasse zur 

  • Übernahme der Kosten 

hierfür verurteilt.

Begründet hat das LSG seine Entscheidung damit, dass zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch 

  • die Herstellung und Sicherung der Schulfähigkeit bzw.
  • der Erwerb einer elementaren Schulausbildung 

gehört, somit, wenn ein Schüler aufgrund einer Behinderung ein Hilfsmittel benötigt, um 

  • am Unterricht teilnehmen oder 
  • die Hausaufgaben erledigen 

zu können, die Kasse dieses Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen hat und diesbezüglich bei Kindern,

  • um deren weiterer Entwicklung Rechnung zu tragen, 

ein großzügigerer Maßstab anzulegen ist, so dass die Spracherkennungssoftware vorliegend  als 

  • Hilfsmittel für Behinderte 

i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bewertet werden kann, das der 

  • Integration

dient (Pressemitteilung des LSG Celle-Bremen).

Wann haftet der Ponyhof-Betreiber, wenn ein Kind vom von der Mutter angemieteten und geführten Pferd stürzt?

Mit Urteil vom 26.11.2020 – 8 U 7/20 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem eine Mutter für ihre fünfjährige Tochter 

  • für einen Ausritt 

ein Pony gemietet hatte und die Tochter von dem 

  • von der Mutter geführten 

Tier gestürzt war, weil das Pony, 

  • als zwei andere vorausreitende Kinder schneller weiterritten, 

sich losgerissen hatte und hinterher gestürmt war, entschieden, dass für die Sturzfolgen der 

  • Betreiber des Ponyhofes 

haftet und ihn zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 10.000 Euro an das fünfjährige Mädchen verurteilt, 

  • das bei dem Sturz von dem Pony innere Verletzungen erlitten hatte und im Krankenhaus einmal reanimiert werden musste.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der Betreiber des Ponyhofs, 

  • als der Halter des Ponys, 

nach § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich für den Schaden haftet, der, wie hier, durch die 

  • Verwirklichung der von dem Pony ausgehenden Tiergefahr 

entstanden ist.  

Die Mutter des Mädchens, 

  • die die Aufsichtspflicht über das Pony vertraglich übernommen habe und 
  • damit grundsätzlich als Tieraufseherin nach § 834 BGB auch verantwortlich für den Schaden sei, den das Tier verursacht, 

habe sich, so der Senat, entlasten können und hafte deshalb nicht.

Sie habe bewiesen, dass,  

  • nachdem sie davon ausgehen durfte, dass ein Pony, das zum Ausreiten vermietet werde, eine gewisse Routine bei Ausritten habe und 
  • im Gelände nicht nervös werde oder besonders gesichert werden müsse,

das Tier von ihr nach ihren Möglichkeiten beaufsichtigt worden sei und sie keine Möglichkeit gehabt habe, 

  • das Tier zu stoppen oder 
  • ihre Tochter rechtzeitig vom Sattel zu heben, 

so dass sie kein Mitverschulden treffe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

OLG Zweibrücken entscheidet: Für Bordsteinunfall, bei dem ein Autofahrer zwar auf der Straße bleibt, aber einen

…. sehr nah an der Bordsteinkante stehenden Fußgänger erfasst, haftet der Autofahrer ganz überwiegend.

Mit Urteil vom 26.04.2021 – 1 U 141/19 – hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken in einem Fall, in dem ein elfjähriges Kind, als es

  • an einer Kreuzung am äußersten Rand der Bordsteinkante stand und 
  • dort, um die Straße überqueren zu können, darauf wartete, bis die Lichtzeichenanlage „grün“ zeigt,

von einem 

  • in einem Abstand von deutlich unter einem Meter zum rechten Fahrbahnrand an dem Kind vorbeifahrenden 

PKW erfasst worden war, entschieden, dass 

  • der Autofahrer für die Unfallfolgen zu 80% haftet und 
  • dem elfjährigen Kind ein Mitverschulden in Höhe von 20% trifft.

Begründet hat der Senat dies damit, dass Autofahrer 

  • grundsätzlich nicht berechtigt sind, innerorts die Fahrbahn bis an den rechten Bordstein heran zu befahren, wenn hieraus Risiken für Passanten entstehen und
  • dies erst recht gegenüber am Fahrbahnrand an einer Fußgängerampel stehenden Kindern gilt,

andererseits aber auch einem elf Jahre alten Kind hätte bewusst sein müssen, dass 

  • seine Position am äußersten Rand der Bordsteinkante an einer stark befahrenden Straße gefährlich ist und 
  • es von dem vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst werden kann (Quelle: Pressemitteilung des OLG Zweibrücken).

Wer darf und muss entscheiden, ob Zwölf- bis Fünfzehnjährige gegen Covid-19 mit dem jetzt für sie von der EMA zugelassenen

…. Impfstoff von BioNTech geimpft werden (sollen)?

Diese Entscheidung müssen die Elternteile, 

  • denen das Sorgerecht zusteht, 

treffen und zwar 

  • gemeinsam sorgeberechtigte 

Eltern im 

  • gegenseitigen Einvernehmen 

auch dann, wenn gemeinsam sorgeberechtigte Eltern 

  • getrennt

leben, da es sich bei einer Impfung um eine Angelegenheit 

  • von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

für das Kind handelt.  

Können sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern nicht einigen,

  • ob ihr Kind geimpft werden soll, 

kann 

  • jeder der Elternteile 

beim Familiengericht nach § 1628 Satz 1 BGB beantragen, ihm die 

  • (alleinige) Entscheidungsbefugnis bezüglich der Impfung 

zu übertragen. 

Das Familiengericht darf in einem solchen Fall nicht die 

  • Entscheidung anstelle der Eltern

treffen, sondern hat den im Rahmen der Sorgerechtsausübung aufgetretenen Konflikt 

  • der Eltern über die Impfung bzw. die Nichtimpfung 

zu lösen und zwar durch Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Elternteil, der 

  • das für das Kindeswohl bessere Konzept verfolgt, also 

besser geeignet ist, die Impffrage kindeswohlkonform zu entscheiden.  

In den ober- und höchstrichterlich entschiedenen Fällen, in denen Eltern uneinig darüber waren, 

  • ob bei ihrem Kind eine sog. Standard- oder Routineschutzimpfung (gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps und Röteln) durchgeführt werden soll

und wechselseitig die Alleinübertragung der Entscheidungsbefugnis über die Impffrage beantragt hatten, ist die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil übertragen worden, der 

  • Impfungen offen gegenüberstand und 
  • seine Haltung an den als medizinischen Standard anerkannten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientieren wollte,

nachdem von dem anderen Elternteil einzelfallbezogene Aspekte, 

  • die zu weiteren Ermittlungen Veranlassung hätten geben können,
  • wie etwa besondere bestehende Impfrisiken bei dem Kind, 

weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich waren (Beschlüsse des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt vom 08.03.2021 – 6 UF 3/21 – und des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 03.95.2017 – XII ZB 157/16 –).

Hinweis:
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) ist zuständig für die 

  • Zulassung von Impfstoffen 

in der Europäischen Union. 

Für die 

  • Anwendungsempfehlung in Deutschland 

ist dagegen zuständig die beim Robert-Koch-Institut eingerichtete 

  • STIKO (vgl. dazu § 20 Abs. 2 und Abs. 2a Infektionsschutzgesetz (IFSG)), 

die prüfen wird, 

  • welchen Nutzen (welche) Kinder im Alter von zwölf bis fünfzehn Jahren (mit und ohne Vorerkrankungen) selber von der Impfung haben, also inwieweit (welche) dieser Kinder von einer Impfung profitieren sowie 
  • zu welchen, über das übliche Ausmaß einer Impfung hinausgehenden, Nebenwirkungen oder gesundheitlichen (Folge)Schädigungen es nach Datenlage bei (welchen) dieser Kinder im Fall einer Impfung kommen kann bzw. ob die derzeitige Datenlage schon zu einer solchen Beurteilung ausreicht

und anschließend unter Abwägung

  • des Nutzen-Risiko-Verhältnisses (auch für die Umgebung der Kinder und die Allgemeinheit)  

entscheiden wird, ob sie eine Empfehlung zur Durchführung der Impfung 

  • generell für alle Kinder im Alter von zwölf bis fünfzehn Jahren oder 
  • (nur) für bestimmte Kinder dieses Alters (unter bestimmten Voraussetzungen, wie etwa mit bestimmten Vorerkrankungen) 

gibt.

Was Eltern über die kindergeldrechtliche Berücksichtigung eines Kindes, das wegen einer Erkrankung

…. keine Berufsausbildung beginnen kann, wissen sollten.

Mit Urteil vom 12.11.2020 – III R 49/18 – hat der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) darauf hingewiesen, dass ein Kind unter 25 Jahren, das 

  • einen Ausbildungsplatz sucht,
  • aber wegen einer Erkrankung keine Ausbildung beginnen kann, 

kindergeldrechtlich

  • als ausbildungsplatzsuchendes Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c Einkommensteuergesetz (EStG) 

nur dann zu berücksichtigen ist, wenn 

  • das Ende der Erkrankung absehbar ist.

Ist dieses nicht absehbar, reicht 

  • der Wille des Kindes, 

sich nach dem Ende der Erkrankung um einen Ausbildungsplatz zu bemühen,

  • nicht aus.

Allerdings kann in solchen Fällen, wenn das Kind 

  • wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichern geistigen oder seelischen Behinderung (vgl. dazu § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) 

außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung 

  • nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG 

in Betracht kommen.

Wer entscheidet bei Uneinigkeit der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, ob ihr Kind geimpft wird?

Mit Beschluss vom 08.03.2021 – 6 UF 3/21 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem Eltern eines 3-jährigen Kindes gemeinsam die elterliche Sorge ausübten und die Mutter das Kind 

  • gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) 

impfen lassen wollte, 

  • der Vater damit aber nicht einverstanden war und eine gerichtliche Prüfung der Impffähigkeit des Kindes verlangte,

der Mutter, 

  • auf ihren Antrag hin,

die alleinige Entscheidungsbefugnis über Standardimpfungen übertragen. 

Danach kann, wenn gemeinsam sorgeberechtigte Eltern uneinig darüber sind, 

  • ob bei ihrem Kind eine sog. Standard- oder Routineschutzimpfung durchgeführt werden soll,

nach § 1628 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • weil die Schutzimpfung eines Kindes auch dann eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind ist, wenn es sich um eine sogenannte Standard- oder Routineimpfung handelt,

die (alleinige) Entscheidungsbefugnis, 

  • ohne dass es, sofern im Einzelfall nicht, wegen besonderer bestehender Impfrisiken, Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht, der Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Impffähigkeit des Kindes bedarf, 

grundsätzlich auf den Elternteil übertragen werden, der seine Haltung 

  • an den Empfehlungen der STIKO 

orientiert, nach denen  

Begründet hat das OLG dies damit, dass 

  • bei einer Angelegenheit der Gesundheitssorge 

der Elternteil das für das Kindeswohl bessere Konzept verfolgt, der Impfungen 

  • offen gegenübersteht 

und diesbezüglich den fachlichen Empfehlungen der STIKO folgen will,

  • die am Kindeswohl orientierte Vorgehensweisen mit im Einzelnen dargestellten Handlungsvorschlägen vorsehen und 
  • denen die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main).

Was Eltern über den Umfang ihrer Aufsichtspflicht und eine mögliche Haftung (auch) gegenüber ihrem Kind

…. bei einer Aufsichtspflichtverletzung wissen sollten.

Die Pflicht der Eltern, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen (§ 1626 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), umfasst 

  • die Sorge für die Person des Kindes (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB) 

und insbesondere

  • die Pflicht, das Kind zu beaufsichtigen (§ 1631 Abs. 1 BGB). 

Verletzen Eltern ihre Aufsichtspflicht und erleidet das Kind dadurch einen Schaden, kann sich ein Anspruch des Kindes gegen die Eltern aus § 1664 Abs. 1 BGB ergeben, 

  • können die Eltern also (auch) ihrem Kind gegenüber haften,

wobei Eltern nach § 1664 Abs. 1 BGB bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber allerdings, 

  • was sie im Streitfall darzulegen sowie zu beweisen haben, 

nur für die Sorgfalt einzustehen haben, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen, jedoch 

  • nach § 277 BGB von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit sind.

Daneben können Eltern 

  • durch die Verletzung einer (familienrechtlich begründeten) Obhutspflicht 

aber auch eine Körperverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zum Nachteil ihres Kindes begehen. 

Der Umfang der gebotenen Aufsicht über Minderjährige bestimmt sich nach deren

  • Alter,
  • Eigenart und 
  • Charakter,

die Grenze der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen richtet sich danach, was

  • verständige

Eltern 

  • nach vernünftigen Anforderungen 

in der konkreten Situation tun müssen, um Schädigungen zu verhindern. 

  • Dabei erhöht sich das Maß der geschuldeten Aufsicht mit der Gefahrträchtigkeit der konkreten Situation.

Das bedeutet, dass bei Kindern,  

  • die in der Nähe von Straßen oder in der Nähe gefährlicher Gegenstände spielen, mehr Aufsicht angebracht ist, als innerhalb eines abgegrenzten, risikoarmen Bereichs,

dass Kleinkinder, jedenfalls außerhalb der geschlossenen Wohnung, ständiger (lückenloser) Aufsicht bedürfen, 

  • damit sie sich nicht für sie allgegenwärtigen, schon aus Gegebenheiten, die für jeden anderen gänzlich ungefährlich sind, erwachsenden Gefahren in ihrer Umgebung aussetzen, die sie aufgrund ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit noch nicht erkennen und beherrschen können

und dass ein Freiraum Kindern erst ab einem Alter von vier Jahren zugestanden werden kann, wobei 

Übrigens:
Mit weiteren verantwortlichen Schädigern des Kindes haften ersatzpflichtige Eltern als Gesamtschuldner.