Tag Mietverhältnis

Was getrennt lebende Eheleute wissen sollten, wenn einer der Ehepartner in der gemeinsam angemieteten Ehewohnung

…. wohnen bleibt.

Mit Beschluss vom 19.03.2021 – 477 F 23297/20 RI – hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem von Eheleuten 

  • gemeinsam eine (Ehe)Wohnung angemietet 

worden und nach ihrer Trennung 

  • einer der Ehegatten aus der Wohnung ausgezogen,
  • der andere aber in der Mietwohnung verblieben 

war, entschieden, dass nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums,

  • der dem in der Wohnung verbliebenen Ehegattens für Um- und Neuorientierung seiner Lebensverhältnisse zuzubilligen und
  • mit höchstens einem Jahr zu bemessen ist,

der aus der Wohnung ausgezogene Ehegatte von dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten die 

  • Zustimmung zur Kündigung der Ehewohnung 

verlangen kann,  

  • sofern es nicht zur Übernahme des Mietverhältnisses durch ihn kommt.

Jedenfalls nach Ablauf eines Zeitraums von einem Jahr kann danach der in der Ehewohnung verbliebene Ehepartner sich nicht mehr auf den 

  • Grundsatz der nachehelichen Solidarität 

berufen und ist dem Interesse des ausgezogenen Ehepartners,    

  • keinen weiteren finanziellen Belastungen gegenüber dem Vermieter aus dem Mietverhältnis ausgesetzt zu sein, 

der Vorrang einzuräumen 

  • vor etwaigen Ausgleichsansprüchen zwischen den Noch-Ehegatten.

Dies folgt aus dem, 

  • auch für getrenntlebende Ehegatten geltenden, 

Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme und aus der 

  • aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzuleitenden 

Verpflichtung von Ehegatten, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies 

  • ohne eine Verletzung eigener Interessen 

möglich ist (vgl. hierzu auch Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 21.01.2016 – 12 UF 170/15 – und OLG Hamburg, Beschluss vom 10.09.2010 – 12 WF 51/10 –).  

Was, wenn mehrere, um in einer Wohngemeinschaft zu wohnen, gemeinsam einen Mietvertrag abschließen,

…. bedacht und bei Abschluss des Mietvertrages geregelt werden sollte.

Wer, um eine private Wohngemeinschaft zu bilden, 

  • gemeinsam mit einem oder mehreren Anderen einen Mietvertrag für eine Wohnung abschließt, 

sollte bedenken, was ist, wenn 

  • einer der Mitbewohner und -mieter der Wohngemeinschaft ausziehen möchte, 
    • beispielsweise um mit dem Freund bzw. der Freundin zusammenzuziehen.

Unproblematisch ist ein solcher Ausziehwunsch, wenn entweder von dem oder den anderen Mitbewohner(n)

  • das Mietverhältnis durch (fristgerechte) Kündigung ebenfalls beendet wird

oder das Mietverhältnis

  • von dem bzw. den anderen Mitbewohner(n) ohne den Ausscheidenden fortgesetzt werden soll und 
  • der Vermieter mit der Übernahme des Mietvertrages durch ihn bzw. sie einverstanden ist. 

Ein Problem kann jedoch auftreten, wenn,

  • ohne dass hierzu gesonderte Vereinbarungen im Mietvertrag getroffen wurden, 

der oder die anderen Mitbewohner die Wohnung

  • ohne denjenigen, der ausziehen möchte, 

künftig als alleinige(r) Mieter weiter bewohnen wollen, aber der Vermieter 

  • mit dem Ausscheiden eines Mitmietmieters aus dem Mietverhältnis und 
  • mit der Fortsetzung des Mietverhältnisses ohne den Ausscheidenden 

nicht einverstanden ist.       

Dann stellt sich die Frage, ob der Mitbewohner 

  • der aus der Wohngemeinschaft 

ausziehen möchte, von den anderen Mitmietern die 

  • Zustimmung zur Kündigung des Mietvertrags 

verlangen kann.

Diese Frage hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main mit Beschluss vom 07.12.2020 – 2-11 T 117/20 –, mit der Begründung, dass es sich bei einer privaten Wohngemeinschaft, 

  • d. h. einem von mehreren Personen als gemeinsame Mieter begründeten Mietverhältnis, 

nicht um eine Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB, sondern 

  • im Innenverhältnis 

um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt, dahingehend entschieden, dass ein 

  • solcher Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung 

(nur) dann besteht, wenn 

  • die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht einen Mieter dazu verpflichtet, im Einzelfall einer berechtigten außerordentlichen Kündigung seines Mitmieters zuzustimmen bzw.  
  • sich das Festhalten am Mietvertrag durch einen der Mieter im Einzelfall als treuwidrig darstellt, was insbesondere dann anzunehmen sein wird, falls 
    • sich ein Mitbewohner dauerhaft einer einvernehmlichen Lösung verweigern und 
    • die Kündigung auch für die Zukunft kategorisch ausschließen sollte.

Was geschiedene Eheleute wissen sollten, wenn einem der Ex-Ehegatten die ehemalige Ehewohnung allein gehört und

…. er diese im Zuge der Scheidung dem anderen zur Nutzung hat überlassen müssen. 

Mit Beschluss vom 10.03.2021 – XII ZB 243/20 – hat der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem im Zuge der 

  • Scheidung von Eheleuten 

einer der Ex-Ehegatten, die 

  • in seinem Alleineigentum stehende 

Wohnung, 

  • bei der es sich im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung noch um die Ehewohnung im Sinne des § 1568 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gehandelt hatte,

dem anderen, 

  • aufgrund der in § 1568a Abs. 2 BGB genannten Gründe,

hatte überlassen müssen, entschieden, dass dies 

  • nicht unbegrenzt 

gilt, vielmehr

  • ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung 

gemäß § 1568a Abs. 6 BGB nicht nur die Ansprüche 

  • auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder 
  • auf seine Begründung, 

sondern auch diejenigen 

  • auf Überlassung der Ehewohnung aus § 1568 a Abs. 1 oder 2 BGB 

erlöschen, wenn sie nicht 

  • vorher

rechtshängig gemacht worden sind.

Das bedeutet, ein Ex-Ehepartner kann in einer 

  • im Alleieigentum des anderen stehenden 

ehemaligen Ehewohnung,

  • deren Überlassung nach § 1568a Abs. 2 BGB verlangt werden konnte,

nicht unbefristet mietfrei leben bleiben; vielmehr kann der andere, wenn

  • die Jahresfrist nach § 1568a Abs. 6 BGB abgelaufen ist,   
  • ohne dass Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung gerichtlich geltend gemacht worden sind,

nach § 985 BGB die Herausgabe und Räumung der Wohnung verlangen,

  • sofern der Ex-Ehepartner nicht aus anderen Gründen, etwa einer sonstigen Vereinbarung zwischen den Ex-Eheleuten, ein Recht zum Besitz an der Wohnung zusteht (Quelle: Pressemitteilung des BGH). 

LG München I entscheidet: Kosten für das Fällen und Entsorgen abgestorbener Bäume sind im Mietverhältnis umlagefähig

Mit Urteil vom 19.11.2020 – 31 S 3302/20 – hat die 31. Zivilkammer des Landgerichts (LG) München I in einem Fall, in dem in der Nebenkostenrechnung, die ein Mieter von seinem Vermieter erhalten hatte, auch die Kosten für 

  • das Fällen zweier abgestorbenen Ebereschen, das Fällen einer absterbenden Kirsche und eines Goldregens, 
  • die Totholzentfernung an einer Birke und einer Esche an der Straße in Klettertechnik sowie 
  • das Laden, Abfahren und Entsorgen des Schnittguts 

enthalten waren und die Umlagefähigkeit dieser Kosten vom Mieter bestritten worden war, entschieden, dass das Fällen und Entsorgen von 

  • kranken, morschen oder abgestorbenen 

Bäumen, 

  • unabhängig davon, ob eine Ersatzbepflanzung erfolgt oder nicht, 

zur „Gartenpflege“ i.S.d. § 2 Nr. 10 Betriebskostenverordnung (BetrKV) gehört und diese Kosten im Mietverhältnis deswegen  

  • umlagefähig

sind (anderer Ansicht ist u.a. das LG Krefeld (Urteil vom 17.03.2010 – 2 S 56/09 –), das Baumfällkosten für nicht umlagefähig erachtet).

Begründet hat das LG München I seine Entscheidung damit, dass, 

  • da § 2 BetrKV die Abgrenzung der Betriebskosten von Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten bezweckt, 

§ 2 Nr. 10 BetrKV eine 

  • im Regelungsgefüge der BetrKV 

dadurch begründete Sonderregelung darstellt, dass 

  • Pflanzen nicht ohne Weiteres mit technischen bzw. baulichen Gegebenheiten vergleichbar seien

und das Fällen eines kranken bzw. morschen Baumes eine 

  • für die Erhaltung einer gärtnerisch angelegten Fläche 

notwendige Maßnahme sei.

Hinweis:
Vom Bundesgerichtshof (BGH) ist die unter Instanzgerichten umstrittene Frage, ob Baumfällkosten im Mietverhältnis umlagefähig sind, noch nicht entschieden worden. 

Was, wenn die gemietete Wohnung oder die gemieteten Gewerberäume verkauft werden, Erwerber und Mieter

…. wissen sollten.

Wird vermieteter Wohnraum

  • nach der (Besitz)Überlassung (zum Gebrauch) an den Mieter

von dem Vermieter an einen Dritten veräußert,

  • kommt es also, nachdem der Vermieter dem Mieter den ungestörten (Mit-)Besitz verschafft hat, damit dieser die Mietsache, insbesondere auch unter Ausschluss des Vermieters, benutzen kann,
  • zu einem Wechsel des Eigentums an der Mietsache,

tritt gemäß § 566 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Erwerber und neue Eigentümer anstelle des Vermieters in die

  • sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden

Rechte und Pflichten ein.

Die Vorschrift des § 566 Abs. 1 BGB,

  • die gemäß § 578 Abs. 2 BGB auf gewerblich genutzte Mieträume entsprechend anwendbar ist,

will den Mieter davor schützen, aufgrund einer Änderung der dinglichen Berechtigung

  • an dem Objekt, das Gegenstand des Mietvertrages ist,

sein

  • aus dem Mietvertrag gegenüber dem ursprünglichen Vermieter abgeleitetes

Besitzrecht zu verlieren.

  • Die ihm durch den Mietvertrag von seinem Vertragspartner eingeräumte Rechtsstellung – der berechtigte Besitz – soll ihm auch gegenüber einem späteren Erwerber des Grundstücks erhalten bleiben.

Um diesen Zweck zu erreichen, sieht die Vorschrift als Rechtsfolge des Eigentumsübergangs vor, dass zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter

  • ein neues Mietverhältnis

entsteht, allerdings

LG Berlin entscheidet: Jedenfalls über 80 Jahre alte Wohnungsmieter können allein unter Berufung auf ihr hohes Lebensalter

…. der Kündigung ihres Vermieters widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.

Mit Urteil vom 12.03.2019 – 67 S 345/18 – hat die 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin in einem Fall,

  • in dem ein Vermieter zwei über 80 Jahre alten Mietern wegen Eigenbedarfs gekündigt hatte und
  • von den beiden Mietern der Kündigung unter Verweis auf ihr hohes Alter widersprochen worden war,

die von dem Vermieter erhobene Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung abgewiesen.

Mit Blick auf den durch Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und das Sozialstaatsprinzip verkörperten und garantierten Wert- und Achtungsanspruch alter Menschen entsprechend weit auszulegenden § 574 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) können danach jedenfalls über 80 Jahre alte Mieter

  • sich berechtigt darauf berufen, dass der Verlust der Wohnung auf Grund ihres hohen Alters für sie eine „Härte“ bedeuten würde und
  • eine zeitlich unbestimmte Fortsetzung des Mietverhältnisses beanspruchen.

Wie die Kammer weiter ausgeführt hat, gebiete ein als Härtegrund eingewandtes hohes Alter des Mieters,

  • bei nicht auf einer Pflichtverletzung des Mieters beruhenden Kündigungen,

auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters, in der Regel die Fortsetzung des Mietverhältnisses.

Eine Interessenabwägung zu Gunsten des Vermieters komme grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn

  • der Vermieter, in ihrer Bedeutung für ihn über ein gewöhnliches „berechtigtes Interesse“ zur Kündigung hinausgehende besonders gewichtige persönliche oder wirtschaftliche Nachteile für den Fall des Fortbestandes des Mietverhältnisses geltend machen könne,
  • die ein den Interessen des betagten Mieters zumindest gleichrangiges Erlangungsinteresse begründet und eine Beendigung des Mietverhältnisses aus seiner (des Vermieters) Sicht berechtigterweise als geradezu notwendig erscheinen lässt.

Übrigens:
Wie alt Mieter sein müssen, um sich auf den Härtegrund „hohen Alters“ berufen können, hat das LG nicht entschieden und musste es auch nicht entscheiden, weil jedenfalls das Lebensalter eines über 80-Jährigen als hoch anzusehen ist (Quelle: Pressemitteilung des Kammergerichts (KG) Berlin vom 12.03.2019).

Wichtig zu wissen wenn Miteigentümer einer Immobilie diese vermieten bzw. vermietet haben

Mit Beschluss vom 09.01.2019 – VIII ZB 26/17 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn eine im Miteigentum von Miteigentümern stehende Immobilie,

  • beispielsweise eine Wohnung oder ein Haus,

von den Miteigentümern vermietet wird und nachfolgend einer der Miteigentümer seinen Miteigentumsanteil an den bzw. einen anderen Miteigentümer veräußert,

  • § 566 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf einen solchen Eigentumserwerb weder direkte noch analoge Anwendung findet, sondern

auch der frühere Miteigentümer Vermieter bleibt.

In einem solchen Fall

  • muss eine Kündigung des Mietverhältnisses somit auch von dem früheren Miteigentümer ausgesprochen werden

und

  • kann nicht allein von dem/den jetzigen Eigentümer/n erklärt werden.