Tag Radweg

Was, wer Mülltonnen auf einem Radweg zur Leerung bereitstellt oder dort nach der Leerung stehen lässt sowie Radfahrer, die

…. deswegen stürzen, wissen sollten. 

Mit Urteil vom 24.09.2021 – 4 O 25/21 – hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem ein Radfahrer über 

  • auf dem Radweg stehende Mülltonnen 

gestürzt war, sich dabei verletzt und deshalb Schadensersatz- sowie Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht hatte, darauf hingewiesen, dass das 

  • Abstellen von Mülltonnen oder das Stehenlassen nach ihrer Leerung 

auf einem Radweg eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darstellt, weil die Tonnen ein

  • den Verkehrsfluss erheblich beeinträchtigendes 

ruhendes Hindernis sind, Radfahrer, 

  • für die die Tonnen schon von weitem erkennbar sind, 

diesen vorsichtig sowie mit einem ausreichenden Seitenabstand ausweichen müssen und dass, sollte ein Radfahrer  

  • keinen ausreichenden Abstand einhalten und stürzen, 

der Sturz 

  • nicht auf die in dem Hindernis liegende Gefahr, sondern ganz überwiegend 

auf seine eigene grob fahrlässige Fahrweise zurückzuführen ist.

Das bedeutet:
Fährt beispielsweise ein Radfahrer an

  • rechtzeitig für ihn erkennbaren

Mülltonen so knapp vorbei, dass es zu einem Sturz kommen kann, kann dieses 

  • Mitverschulden

bei einem Sturz alle seine etwaigen Ansprüche gegen die 

  • für das Abstellen der Tonnen auf dem Radweg bzw. 
  • für das Stehenlassen der Tonnen nach der Leerung auf dem Radweg 

Verantwortlichen ausschließen (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal).    

Wichtig zu wissen für Eltern von noch nicht 8 Jahre alten Kindern, die im Straßenverkehr Fahrradfahren

Nach § 2 Abs. 5 Sätze 1 – 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) müssen 

  • Kinder mit Fahrrädern 

bis zum vollendeten 8-ten Lebensjahr 

  • Gehwege

benutzen, dürfen nur dann, wenn ein 

  • baulich von der Fahrbahn getrennter 

Radweg vorhanden ist, auch 

  • einen solchen Radweg 

benutzen und darf eine geeignete (mindestens 16 Jahre alte) Aufsichtsperson,

  • die ein Kind bis zum vollendeten 8-ten Lebensjahr begleitet, 

für die Dauer der Begleitung 

  • ebenfalls den Gehweg mit dem Fahrrad 

benutzen.

Eltern, die zulassen bzw. dulden, dass in ihrer Anwesenheit ihr noch nicht 8 Jahre altes Kind mit dem Fahrrad   

  • statt des Gehweges,
  • einen baulich nicht abgetrennten Radweg

benutzt, verletzen ihre Aufsichtspflicht.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Düsseldorf mit Urteil vom 03.09.2021 – 37 C 557/20 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • ein sorgeberechtigter Vater mit seinem Fahrrad und 
  • seine 6-jährige Tochter mit ihrem Fahrrad 

gemeinsam unterwegs waren, die 6-jährige Tochter mit ihrem Fahrrad 

  • entgegen § 2 Abs. 5 Sätze 1 und 2 StVO,

nicht auf dem Gehweg, sondern 

  • hinter ihrem Vater 

auf einem baulich nicht abgetrennten Radweg fuhr und 

  • bei dem Versuch dort einen Radweg-Parker nach links auszuweichen, 

mit dem Fahrradlenker ein parallel verkehrendes Kraftfahrzeug streifte, entschieden, dass für den 

  • von seiner Tochter verursachten 

Schaden der Vater 

  • aus § 832 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

wegen Verletzung der Aufsichtspflicht haftet.

OLG Oldenburg entscheidet: Radfahrer muss anderen Radfahrer nach Unfall beim Überholvorgang u.a.

…. 3.500 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Mit Urteil vom 21.09.2021 – 2 U 121/21 – hat der 2. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem es deswegen zu einer 

  • Kollision zwischen zwei Radfahrern 

gekommen war, weil, als der eine den vor ihm auf einem 

  • nur optisch von einem Fußweg abgegrenzten, zum Überholen ausreichend breiten

Radweg langsam und unsicher Fahrenden gerade überholen wollte, dieser

  • mit seinem Fahrrad 

erheblich nach links ausschwenkte, gegen den anderen, 

  • der überholen wollte, 

gestoßen, dieser dadurch gestürzt war und  

  • sich dabei seine Schulter verrenkt sowie eine Sehne abgerissen hatte, 
  • deswegen zwei Tage im Krankenhaus behandelt werden musste und 
  • nachdem er eine Woche krankgeschrieben war, sich einer längeren Physiotherapie hatte unterziehen müssen,

entschieden, dass der nach links ausschwenkende Radfahrer, 

  • der dadurch die Kollision und den Sturz des anderen verursacht hatte, 

dem Gestürzten 

  • ein Schmerzensgeld von 3.500 Euro 

zahlen sowie

  • die Hälfte seines Sachschadens (Fahrten zur Physiotherapie, beschädigte Kleidung)

ersetzen muss.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der nach links ausschwenkende Radfahrer durch seinen Linksschwenk, 

  • der zu der Kollision und zum Sturz des anderen führte, 

gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)) verstoßen habe,

  • nach dem sich jeder Verkehrsteilnehmer so verhalten müsse, dass kein anderer gefährdet oder behindert werde, 

den gestürzten Radfahrer aber, 

  • weil er hätte erkennen können, dass der, den er überholen wollte, unsicher fuhr, 

ein Mitverschulden von 50% treffe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Warum Radfahrer beim Überholen von Pferden einen Sicherheitsabstand von wenigstens eineinhalb bis zwei Metern

…. einhalten sollten.

Mit Urteil vom 05.06.2020 – 4 O 10/19 – hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal entschieden, dass Fahrradfahrer beim Überholen von Pferden, 

  • da mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise immer gerechnet werden müsse, 

einen Sicherheitsabstand von 

  • wenigstens eineinhalb bis zwei Metern 

einhalten müssen und in einem Fall, in dem der Fahrer eines Liegefahrrads 

  • beim Überholen von zwei Reiterinnen auf einem Radweg lediglich einen Abstand von circa 40 Zentimetern eingehalten und 
  • als eines der Pferde mit den Hufen ausgeschlagen hatte, 

zum Sturz gebracht worden war, dem Radfahrer 

  • nach § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine hälftige Mitschuld an den Folgen seiner Sturzes angelastet und ihm 

wegen der erlittenen Prellungen, Schürfwunden und Handverletzung daher nur 

  • ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro 

zugesprochen.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass einerseits Tierhalter 

  • nach § 833 Satz 1 BGB 

zwar grundsätzlich für sämtliche Schäden einzustehen haben, die ihr Tier verursacht und

  • die Pferdehalterin sich hier, weil sie wusste, dass sie einen nur für Radfahrer zugelassenen Radweg benutzt, auch nicht nach § 833 Satz 2 BGB hatte entlasten können,

andererseits der Radfahrer sich vorwerfbar falsch verhalten habe, da, nachdem

  • die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) zum Überholen für Radfahrer auch dann gelten, wenn sich – wie hier – verbotswidrig Pferde auf einem Radweg befinden und 
  • bei einem Pferd immer mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise gerechnet werden muss,

er nach § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO beim Überholen der Pferde einen Sicherheitsabstand von 

  • wenigstens eineinhalb bis zwei Metern 

hätte einhalten und sich auch über das Überholen,

  • was problemlos möglich gewesen wäre, 

mit den Reiterinnen hätte verständigen müssen (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal).

Wichtig zu wissen für einen gemeinsamen Geh- und Radweg benutzende Fußgänger und Fahrer von Elektrokleinstfahrzeugen

…. wie E-Scootern oder Segways: Wer haftet bei einer Kollision?

Mit Beschluss vom 16.04.2019 – 12 U 692/18 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Fall, in dem eine Segway-Fahrerin

mit einem

  • gerade fotografierenden und sich dabei unachtsam rückwärts bewegenden

Fußgänger zusammengestoßen und gestürzt war, entschieden, dass der Fußgänger für die Folgen des Sturzes der Segway-Fahrerin,

  • die sich bei dem Sturz erheblich verletzt hatte,

nicht haftet und die Klage der Segway-Fahrerin gegen den Fußgänger

  • auf Schadensersatz und Schmerzensgeld

abgewiesen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • Fußgänger auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg gegenüber Elektrokleinstfahrzeugen (zum Beispiel Segways) absoluten Vorrang haben,
  • ein Segway-Fahrer seine Fahrweise und Fahrgeschwindigkeit so anpassen muss, dass es nicht zu einer Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers kommt (vgl. § 11 Abs. 4 Sätze 3 und 4 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV))

und dass

  • Elektrokleinstfahrzeuge-Fahrer, die diese erhöhten Sorgfaltspflichten nicht beachten, bei einer Kollision mit einem Fußgänger ein so hohes Verschulden am Zustandekommen des Unfalles treffen kann, dass ein etwaiges Mitverschulden des Fußgängers (unachtsames Rückwärtsgehen) zurücktritt.

Fußgänger, die auf einem gemeinsamen Geh-/Radweg unterwegs sind,

  • müssen sich danach nicht fortwährend nach Verkehrsteilnehmern umschauen, die einen gemeinsamen Fuß- und Radweg befahren dürfen, sondern

dürfen darauf vertrauen, dass die den Weg befahrenden Verkehrsteilnehmer auf sie Acht geben, also

  • ihre Fahrweise und -geschwindigkeit anpassen,
  • durch Warnsignale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und
  • sicherstellen, dass diese Warnsignale auch rechtzeitig wahrgenommen und verstanden werden, wozu ggf.
    • Blickkontakt herzustellen oder
    • auf andere Weise eine Verständigung zu suchen ist oder
    • das Fahrzeug angehalten werden muss, falls ein Fußgänger nicht auf Warnsignale achtet oder reagiert und nur so eine Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers vermieden werden kann (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz).

Ob ein Radfahrer, der auf einem schadhaftem Radweg stürzt, Ersatz des ihm dabei entstandenen Schadens und

…. ggf. Schmerzensgeld von der verkehrssicherungspflichtigen Gebietskörperschaft verlangen kann, hängt u.a. auch davon ab, ob der für den Sturz ursächliche schlechte Zustand des Radweges für einen sorgfältigen Straßenbenutzer

  • rechtzeitig erkennbar gewesen ist oder
  • das nicht der Fall war.

Denn Gebietskörperschaften, also Städte und Gemeinden, müssen im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht nur solche Gefahren

  • ausräumen und
  • vor ihnen warnen,

die

  • für einen sorgfältigen Straßenbenutzer nicht ohne weiteres oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und
  • auf die er sich bzw. sein Fahrverhalten nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann,

so dass regelmäßig dann keine, eine Haftung der zuständigen Gebietskörperschaft begründende Verkehrssicherungspflichtverletzung vorliegt, wenn Verkehrsteilnehmer

  • bei zweckgerechter Benutzung der Straße und
  • der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit

etwaige Schäden hätten selbst abwenden können.

Darauf hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 01.02.2018 – 10 O 984/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LG Magdeburg).

Radfahrer verlieren ihr Vorfahrtsrecht nicht dadurch, dass sie einen Radweg entgegen der Fahrtrichtung befahren

… haften aber mit bei einer Kollision mit einem wartepflichtigen Pkw.

Darauf hat der 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 04.08.2017 – 9 U 173/16 – hingewiesen.

Danach haftet ein Autofahrer zwar überwiegend,

  • wenn er aus einer untergeordneten Straße kommt und beim Überqueren der bevorrechtigten Straße oder beim Abbiegen nach rechts in die bevorrechtigte Straße mit einem Radfahrer kollidiert,
  • der den dort vorhandenen kombinierten Geh- und Radweg verbotswidrig entgegen der Fahrtrichtung befährt,

weil

  • ein Radfahrer sein Vorfahrtsrecht gegenüber kreuzenden und einbiegenden Fahrzeugen aus untergeordneten Straßen auch dann behält,
  • wenn er verbotswidrig den linken von zwei vorhandenen Radwegen nutzt.

Jedoch haftet der Radfahrer in einem solchen Fall deshalb für die Unfallfolgen mit, weil er den Unfall,

  • durch das verbotswidrige Befahren des an der Unfallstelle vorhandenen Geh- und Radwegs entgegen der freigegebenen Fahrtrichtung,

mitverschuldet hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 30.08.2017).