Tag Umfang

Wem steht wann Ersatz eines sog. Haushaltsführungsschadens zu und was ist bei der Geltendmachung zu beachten?

Wer infolge einer, 

  • beispielsweise bei einem Verkehrsunfall, 

erlittenen Körper- oder Gesundheitsverletzung 

  • Haushaltsführungstätigkeiten,

die 

  • der Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber Familienangehörigen

dienten und

  • bisher auch tatsächlich geleistet 

wurden, nicht mehr erbringen kann, kann gegen den 

  • für die (Verkehrsunfall)Verletzungsfolgen einstandspflichtigen 

Schädiger auch

  • nach den §§ 842, 843 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

einen sog. Haushaltsführungsschaden geltend machen, 

  • d.h. Schadensersatz von dem einstandspflichtigen Schädiger verlangen in der Regel durch Entrichtung einer (monatlichen) Geldrente bis die Verrichtung der Tätigkeit im Haushalt weitgehend wieder möglich ist.

Für die Schadensbestimmung in einem solchen Fall ist dabei allein entscheidend, 

  • in welchem Umfang

d. Verletzte durch die Verletzung bei der Ausübung der 

  • bisher tatsächlich übernommenen 

Haushaltstätigkeiten,

  • soweit sie Unterhaltsleistungen an Familienangehörige betrifft, 

künftig gehindert ist,

  • also inwieweit seine diesbezügliche Fähigkeit aufgehoben oder gemindert ist.

Damit im Streitfall das Gericht (nach der Differenz- oder der Quotenmetode) den 

  • Arbeitszeitbedarf (in Wochenarbeitsstunden) 

bestimmen kann, der

  • objektiv für eine Fortsetzung der Haushaltsführung durch eine durchschnittliche Ersatzkraft im bisherigen Umfang 

erforderlich ist, muss der Verletzte hinreichend substantiiert vortragen, 

  • welche Größe (nach Anzahl, Alter und Anwesenheit der zum Haushalt gehörenden Personen sowie Wohn- und ggf. Gartenfläche) sowie 
  • welche (technische) Ausstattung der Haushalt hat, 
  • welche konkreten Arbeitsleistungen in dem Haushalt vor der Verletzung 
    • tatsächlich erbracht worden sind, 
    • einschließlich der hierfür verwendeten Zeit, 

und 

  • welche Arbeitsleistungen aufgrund der verletzungsbedingten Beeinträchtigungen in der Zeit danach, trotz innerhalb der Versorgunggemeinschaft durchgeführten Umorganisationsmaßnahmen oder Einsatz technischer Hilfsmittel 
    • nicht mehr oder nicht mehr vollständig verrichtet werden können sowie 
    • welche zeitliche Differenz für die Arbeitsleistung nach dem Schadensereignis anfällt.

Für den der Schadensberechnung zugrunde zu legenden

  • Nettolohn (also ohne Steuern sowie Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Sozialversicherungsabgaben) 

einer fiktiven Ersatzkraft können als Anhaltspunkt herangezogen werden,

  • der Nettolohn nach dem Bundesangestelltentarif oder 
  • auch der Tarif für den öffentlichen Dienst (TVöD) bzw. 
  • Tarifverträge für hauswirtschaftliche Tätigkeiten.

Übrigens:
Beachtet werden muss, dass Verletzte eine Schadensminderungspflicht haben, aufgrund der sie gehalten sind, den Ausfall ihrer Arbeitskraft in der Haushaltsführung durch

  • Umorganisation oder 
  • den Einsatz technischer Hilfsmittel 

zu kompensieren, jedoch nicht dadurch, 

  • dass ein anderes Haushaltsmitglied verletzungsbedingt in einem größeren Maße als bisher im Haushalt mitarbeiten muss, 

sondern, soweit möglich, durch 

  • eine Umverteilung der Arbeitsleistungen in dem vor der Verletzung praktizierten Umfang, 

wobei ein Teil der Rechtsprechung davon ausgeht, 

  • dass eine Beeinträchtigung der Haushaltführung von 10% und weniger zumindest regelmäßig vollständig schadensvermeidend kompensiert werden kann

und in Teilen der Rechtsprechung 

  • eine konkrete Behinderung bis 20% unberücksichtigt bleibt (Brandenburgisches Oberlandesgericht (OLG), Urteil vom 13.10.2016 – 12 U 180/15 –).

Angesichts dessen, 

  • dass die Arbeitskraft älter werdender Menschen, ab einem gewissen Lebensalter naturgemäß nachlässt, 
    • insbesondere soweit es sich um schwere körperliche Arbeit handelt, 

wird von Gerichten ggf. auch die monatliche Rente für einen dauerhaften Haushaltsführungsschaden bis längstens zu einem bestimmten, 

  • beispielsweise dem 75.,

Lebensjahr begrenzt (OLG München, Urteil vom 10.03.2021 – 10 U 176/20 –).

Arbeitnehmer für die zeitweise Kurzarbeit Null gilt, sollten wissen, dass sich das negativ auch auf ihren Urlaubsanspruch auswirkt

Mit Urteil vom 12.03.2021 – 6 Sa 824/20 – hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LArbG) Düsseldorf in einem Fall, in dem für eine als Verkaufshilfe Beschäftigte infolge der Corona-Pandemie in den 

  • Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 durchgehend Kurzarbeit Null 

gegolten hatte, entschieden, dass 

  • für diesen Zeitraum keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben worden sind und 
  • der Arbeitnehmerin der Jahresurlaub 2020 somit nur anteilig im gekürzten Umfang zusteht.

Danach kann für 

  • jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null 

der Jahresurlaub

  • um 1/12 

gekürzt werden.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass Zweck des gesetzlich vorgesehenen 

  • Erholungsurlaubs

die Erholung der Arbeitnehmer ist, dies 

  • eine Verpflichtung zur Tätigkeit 

voraussetzt und Kurzarbeiter, 

  • nachdem während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, 

wie 

  • vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer 

zu behandeln seien, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Düsseldorf).

Was Eltern über den Umfang ihrer Aufsichtspflicht und eine mögliche Haftung (auch) gegenüber ihrem Kind

…. bei einer Aufsichtspflichtverletzung wissen sollten.

Die Pflicht der Eltern, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen (§ 1626 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), umfasst 

  • die Sorge für die Person des Kindes (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB) 

und insbesondere

  • die Pflicht, das Kind zu beaufsichtigen (§ 1631 Abs. 1 BGB). 

Verletzen Eltern ihre Aufsichtspflicht und erleidet das Kind dadurch einen Schaden, kann sich ein Anspruch des Kindes gegen die Eltern aus § 1664 Abs. 1 BGB ergeben, 

  • können die Eltern also (auch) ihrem Kind gegenüber haften,

wobei Eltern nach § 1664 Abs. 1 BGB bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber allerdings, 

  • was sie im Streitfall darzulegen sowie zu beweisen haben, 

nur für die Sorgfalt einzustehen haben, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen, jedoch 

  • nach § 277 BGB von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit sind.

Daneben können Eltern 

  • durch die Verletzung einer (familienrechtlich begründeten) Obhutspflicht 

aber auch eine Körperverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zum Nachteil ihres Kindes begehen. 

Der Umfang der gebotenen Aufsicht über Minderjährige bestimmt sich nach deren

  • Alter,
  • Eigenart und 
  • Charakter,

die Grenze der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen richtet sich danach, was

  • verständige

Eltern 

  • nach vernünftigen Anforderungen 

in der konkreten Situation tun müssen, um Schädigungen zu verhindern. 

  • Dabei erhöht sich das Maß der geschuldeten Aufsicht mit der Gefahrträchtigkeit der konkreten Situation.

Das bedeutet, dass bei Kindern,  

  • die in der Nähe von Straßen oder in der Nähe gefährlicher Gegenstände spielen, mehr Aufsicht angebracht ist, als innerhalb eines abgegrenzten, risikoarmen Bereichs,

dass Kleinkinder, jedenfalls außerhalb der geschlossenen Wohnung, ständiger (lückenloser) Aufsicht bedürfen, 

  • damit sie sich nicht für sie allgegenwärtigen, schon aus Gegebenheiten, die für jeden anderen gänzlich ungefährlich sind, erwachsenden Gefahren in ihrer Umgebung aussetzen, die sie aufgrund ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit noch nicht erkennen und beherrschen können

und dass ein Freiraum Kindern erst ab einem Alter von vier Jahren zugestanden werden kann, wobei 

Übrigens:
Mit weiteren verantwortlichen Schädigern des Kindes haften ersatzpflichtige Eltern als Gesamtschuldner.

Dieselgate: BGH-Entscheidung zum Haftungsumfang der Automobilhersteller, die sich in den sogenannten Dieselfällen

…. gegenüber den Fahrzeugkäufern schadensersatzpflichtig gemacht haben. 

Mit Urteil vom 19.01.2021 – VI ZR 8/20 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass, wenn ein Automobilherstellers 

  • nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGH) i.V.m. § 31 BGB analog 

gegenüber einem Fahrzeugkäufer in einem sogenannten Dieselfall 

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung 

schadensersatzpflichtig ist, der Fahrzeugkäufer,

  • Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, 
  • Erstattung des an den Fahrzeugverkäufer gezahlten Kaufpreises 

verlangen kann, er sich aber die 

  • erlangten Nutzungsvorteile 

von dem zu erstattenden Kaufpreis abziehen lassen muss und diese Nutzungsvorteile nach 

  • folgender Formel 

berechnet werden können:

  • Nutzungsvorteil = Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer (seit Erwerb) : erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt

Die Vorteilsanrechnung 

  • ist dabei nicht auf den Zeitraum bis zu einem etwaigen Eintritt des Schuldner- oder Annahmeverzugs der Automobilherstellers beschränkt und

basiert darauf, dass der Fahrzeugkäufer mit der fortgesetzten Nutzung des Fahrzeugs einen geldwerten Vorteil erzielt. 

Hat der Fahrzeugkäufer das Fahrzeug wie vorgesehen genutzt und Aufwendungen, 

  • wie Gebühren für einer Hauptuntersuchung, Inspektionskosten einschließlich Verbrauchsmaterialien (Öl) sowie Kosten des Austauschs von Verschleißteilen einschließlich der Kosten für einen Service-Ersatzwagen,

getätigt, kann er diese,

  • da es sich insoweit nicht um vergebliche Aufwendungen gehandelt hat,

nicht ersetzt verlangen.

Ist der Automobilhersteller mit der Erstattung der Kaufpreissumme 

  • nicht in Verzug 

hat der Fahrzeugkäufer nur Anspruch auf Prozesszinsen gem. §§ 291, 288 BGB 

  • ab Klageerhebung 

und in Verzug geraten kann der Automobilhersteller nur bzw. erst, wenn

  • der Fahrzeugkäufer die ihm obliegende Gegenleistung ordnungsgemäß 

angeboten hat, d.h. Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu den Bedingungen, 

  • von denen der Fahrzeugkäufer sie im Hinblick auf den im Wege der Vorteilsausgleichung geschuldeten und vom Kaufpreis in Abzug zu bringenden Nutzungsersatz abhängig machen durfte.

Was Patienten und Ärzte über die Zulässigkeit der Anwendung eines nicht allgemein anerkannten Behandlungskonzepts, also

…. einer Außenseitermethode und den Umfang der hierfür erforderlichen Aufklärung wissen sollten.

Wird bei einem Patienten eine nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode angewandt,

  • also beispielsweise nach einem Bandscheibenvorfall bei der durchgeführten Operation in die Fusion des von dem Bandscheibenvorfall betroffenen Segmentes auch ein symptomloses Nachbarsegment – wegen dort vorhandener Zeichen einer beginnenden Degeneration und der Vermeidung von Symptomen an diesem Segment – einbezogen,

stellt die Anwendung eines solchen nicht allgemein anerkannten, den Korridor des medizinischen Standards verlassenden und nur von einer Mindermeinung vertretenen Behandlungskonzepts, nicht schon ohne weiteres einen Behandlungsfehler dar.

  • Denn die Therapiewahl ist primär Sache des Arztes und der Arzt ist bei der Wahl der Therapie insbesondere nicht stets auf den jeweils sichersten therapeutischen Weg festgelegt.

Allerdings dürfen Ärzte eine nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nur dann anwenden, wenn eine verantwortliche medizinische Abwägung, unter Vergleich

  • der zu erwartenden Vorteile dieser Methode und ihrer abzusehenden und zu vermutenden Nachteile
  • mit der standardgemäßen Behandlung unter Berücksichtigung des Wohles des Patienten

die Anwendung dieser Methode rechtfertigt.

Höhere Belastungen oder Risiken für den Patienten müssen dabei

  • in den Besonderheiten des konkreten Falles oder
  • in einer günstigeren Heilungsprognose

eine sachliche Rechtfertigung finden.

Wenn danach

  • die Anwendung einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode sachlich nicht gerechtfertigt war und
  • der Arzt nicht zur Einschätzung ihrer Zulässigkeit kommen durfte,

liegt ein Behandlungsfehler vor,

  • der den Arzt aus §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens verpflichtet.

Außerdem erfordert die Anwendung einer nicht allgemein anerkannten Methode

  • zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten

dessen Aufklärung über das Für und Wider dieser Methode.

Dem Patienten müssen

  • nicht nur die Risiken und die Gefahr eines Misserfolges des Eingriffs erläutert werden,

sondern er ist

  • auch darüber aufzuklären, dass der geplante Eingriff nicht medizinischer Standard ist.

Der Patient muss wissen,

  • auf was er sich einlässt,

um abwägen zu können,

  • ob er die Risiken einer (eventuell nur relativ indizierten) Behandlung im Hinblick auf deren Erfolgsaussichten und auf seine Befindlichkeit vor dem Eingriff eingehen will.

Ist der Arzt seiner diesbezüglichen Aufklärungspflicht in dem erforderlichen Umfang nicht nachgekommen, kann er wegen unzureichender Aufklärung schadensersatzpflichtig sein (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15.10.2019 – VI ZR 105/18 –).