Tag Verkehr

E-Scooter-Fahrer sollten wissen, dass für sie dieselben strafrechtlichen Promillegrenzen gelten wie für Führer von Kraftfahrzeugen

Das haben u.a. entschieden,

Für Benutzer von 

bedeutet das, dass sie 

  • ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,1 Promille als unwiderlegbar absolut sowie
  • bei alkoholtypischen Ausfallerscheinungen auch schon unterhalb dieser BAK, ab einer BAK von 0,3 Promille, als relativ 

fahruntüchtig im Sinne von § 316 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) anzusehen sind und dass, wenn 

  • alkoholtypische Ausfallerscheinungen fehlen und 
  • die BAK mindestens 0,5 Promille und maximal 1,09 Promille beträgt, 

eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 Straßenverkehrs-Gesetz (StVG),

  • – Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,25 Milligramm/Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut -. 

vorliegt.

Übrigens:
Zur zivilrechtlichen Haftung bei einer Kollision von Elektrokleinstfahrzeugen, wie E-Scootern oder Segways, 

Nutzer von E-Scootern sollten wissen, dass Trunkenheit auf dem E-Scooter der am Steuer eines Kraftfahrzeugs gleichzusetzen ist

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 09.01.2020 – 941 Cs 414 Js 196533/19 – hingewiesen und einem, 

  • bis auf ein Bußgeld wegen unerlaubter Handynutzung im Verkehr unvorbelasteten,

30-Jährigen,

  • der mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,35‰ im Mittelwert 
  • mit einem E-Scooter auf öffentlichen Straßen gefahren war,    

nach § 316 Abs. 1, Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr

  • zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 55 Euro verurteilt, 
  • ihm die Fahrerlaubnis entzogen,
  • die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von sieben Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen und
  • ihm für die Dauer von drei Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art (also auch solche für die eine Fahrerlaubnis nicht erforderlich ist) zu führen.

Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne von § 1 Abs. 1 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV), 

  • wie E-Scooter,

sind danach Kraftfahrzeuge (so auch Hanseatisches Oberlandesgericht (OLG) Hamburg mit Beschluss vom 19.12.2016 – 1 Rev 76/16 –, für Segways). 

Für Nutzer von E-Scootern und Segways bedeutet das:

Sie sind ab einer BAK von 1,1 Promille 

  • unwiderlegbar absolut und

können auch schon unterhalb dieser BAK, 

  • ab einer BAK von 0,3 Promille bei alkoholtypischen Ausfallerscheinungen, relativ 

fahruntüchtig im Sinne von § 316 Abs. 1 StGB sein.

Fehlen alkoholtypische Ausfallerscheinungen und beträgt die BAK mindestens 0,5 Promille und maximal 1,09 Promille liegt eine

  • Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 Straßenverkehrs-Gesetz (StVG),
  • – Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,25 Milligramm/Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut – 

vor.

Hinweis:
Zur zivilrechtlichen Haftung bei einer Kollision von Elektrokleinstfahrzeugen, wie E-Scootern oder Segways, 

OLG Frankfurt entscheidet: Autofahrer, die sich während der Fahrt zu ihrem Kind auf dem Rücksitz umdrehen, handeln

…. grob fahrlässig.

Mit Urteil vom 12.02.2020 – 2 U 43/19 – hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem ein,

  • auf einer Autobahn bei stockendem Verkehr mit 50 bis 60 km/h fahrender

PKW-Führer sich während der Fahrt vollständig

  • zu seinem auf dem rechten Rücksitz befindlichen 8-jährigen Kind

umgedreht hatte und deswegen auf ein vor ihm fahrendes Motorrad aufgefahren war, entschieden, dass der PKW-Führer den Unfall

  • grob fahrlässig

verursacht hat.

Begründet worden ist dies vom Senat damit worden,

  • dass es eine „einfachste ganz naheliegende Überlegung“ darstellt,

dass Kraftfahrer,

  • um möglicherweise in hohem Maße gefährliche Situationen zu vermeiden,

die vor ihnen befindliche Fahrspur sowie die vor ihnen befindlichen Fahrzeuge,

  • auch und gerade bei stockendem Verkehr,

ständig beobachten müssen und es jedem Kraftfahrer einleuchten muss, dass es ihm, wenn

  • er sich während der Fahrt vollständig umdreht und
  • seine Aufmerksamkeit seinem auf der Rückbank befindlichen Kind zuwendet,

unmöglich ist,

OLG Frankfurt entscheidet, dass Kommunen Leiharbeitskräfte eines privaten Dienstleisters nicht zur Überwachung des Verkehrs

…. als Hilfspolizisten einsetzten und „Knöllchen“ verteilen lassen dürfen und dass,

  • falls auf der Grundlage einer solchen unzulässigen Verkehrsüberwachung ein Bußgeldbescheid erlassen wird,

das Verfahren auf Einspruch hin, eingestellt werden muss.

Mit Beschluss vom 03.01.2020 – 2 Ss-OWi 963/18 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem

  • die Stadt Frankfurt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs Leiharbeitskräfte eines privaten Dienstleisters, die zu Hilfspolizisten bestellt sowie mit einer Uniform ausgestattet worden waren, auf Basis einer Stundenvergütung eingesetzt und
  • aufgrund der Tätigkeit sowie der Feststellungen einer solchen Leiharbeitskraft wegen unerlaubten Parkens im eingeschränkten Halteverbot gegen einen Betroffenen einen Bußgeldbescheid erlassen hatte,

entschieden, dass Kommunen keine von einer privaten Firma überlassene (Leih)Arbeitskräfte für

einsetzen dürfen, der Einsatz

  • nicht eigener Bediensteter, sondern

privater Dienstleister zur Überwachung und Kontrolle des Verkehrs

  • gesetzwidrig ist

und so ermittelte Beweise

  • einem absoluten Verwertungsverbot unterliegen.

Danach können solche unzulässigen Verkehrsüberwachungen nicht Grundlage eines Bußgeldbescheides sein bzw. muss,

  • sollte auf der Grundlage einer solchen unzulässigen Verkehrsüberwachung dennoch ein Bußgeldbescheid erlassen werden oder worden sein,

das Verfahren auf Einspruch hin eingestellt werden.

Begründet hat das OLG dies damit, dass

  • das Recht, Ordnungswidrigkeiten zu ahnden, ausschließlich dem Staat – hier konkret der Polizei – zugewiesen ist,
  • dieses im Rechtsstaatsprinzip verwurzelte staatliche Gewaltmonopol sich auf die gesamte Verkehrsüberwachung, d.h. sowohl den fließenden als auch den ruhenden Verkehr bezieht und

es sich bei den einer Kommune als Polizeibehörde gesetzlich zugewiesenen Verpflichtungen, den ruhenden Verkehr zu überwachen und Verstöße zu ahnden, um hoheitliche Aufgaben handelt, die

  • mangels Ermächtigungsgrundlage

nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden dürfen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main).

Fazit:
Wer von der Stadt wegen eines Parkverstoßes ein „Knöllchen“ erhält oder erhalten hat, sollte sich im Zweifelsfall also erkundigen, von wem der Strafzettel verteilt worden ist,

  • einer eigenen Bediensteten oder einem eigenen Bediensteten/n der Stadt oder
  • einer Arbeitskraft, die die Stadt von einem privaten Dienstleister ausgeliehen hat.

Ein aus einer Grundstücksausfahrt Ausfahrenden, der durch eine vom bevorrechtigten Verkehr gebildete Lücke hindurch abbiegen will

…. wie muss er sich verhalten?

Herrscht auf einer Straße Kolonnenverkehr oder staut sich der Verkehr, beispielsweise vor einer Ampel und lässt ein Autofahrer,

  • um einen aus seiner Sicht rechts in einer Grundstücksausfahrt stehenden Fahrzeugführer das Ausfahren und Abbiegen nach links auf die Gegenfahrbahn zu ermöglichen,

eine Lücke in der sich nur langsam fortbewegenden oder wartenden Fahrzeugschlange, hat der Fahrzeugführer, der aus der Grundstücksausfahrt durch die ihm gewährte Lücke auf die Gegenfahrbahn fahren will,

  • die gesteigerten Sorgfaltspflichten gem. § 10 S. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) wahrzunehmen und
  • sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Seine Sorgfaltspflichten gehen über die eines in eine bevorrechtigte Straße einbiegenden Kraftfahrers hinaus.

  • Insoweit ist anerkannt, dass ein Kraftfahrer, der an einer Einmündung durch eine ihm gewährte Lücke hindurch in einer wartenden Schlange die Gegenfahrbahn befahren will, um abzubiegen, allen Fahrzeugen auf allen dort befindlichen Fahrspuren die Vorfahrt gewähren muss.

Wer so nach links abbiegen will, darf,

  • wenn er den nicht von der Kolonne in Anspruch genommenen Fahrbahnteil nicht zuverlässig einsehen kann,

sich in diesen somit nur langsam hineintasten,

  • also nur sehr langsam („zentimeterweise“, „unter Schrittgeschwindigkeit“),
  • stets bremsbereit einfahren und
  • muss bei gegebenem Anlass sofort bremsen.

Damit soll erreicht werden, dass

  • einerseits der bevorrechtigte Verkehr genügend Zeit hat, sich auf dieses Eintasten einzurichten und
  • andererseits, dass der Wartepflichtige nahezu ohne Anhalteweg anhalten kann, wenn er einen bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer wahrnimmt.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) München mit Urteil vom 31.03.2017 – 10 U 4716/16 – hingewiesen.

Wer hat Vorrang, wenn zwei Autofahrer in dieselbe Parklücke fahren wollen?

An einer Parklücke hat gemäß § 12 Abs. 5 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Vorrang,

  • wer sie zuerst unmittelbar erreicht,
  • Dieser Vorrang
    • bleibt auch dann erhalten, wenn der Berechtigte an der Parklücke vorbeifährt, um rückwärts einzuparken oder wenn sonst zusätzliche Fahrbewegungen ausgeführt werden, um in die Parklücke einzufahren bzw.
    • gilt auch dann, wenn an einer frei werdenden Parklücke gewartet wird.

Der nach dieser Vorschrift geltende Vorrang ist nicht auf den fließenden Verkehr beschränkt, gilt also auch auf Parkplätzen und in verkehrsberuhigten Bereichen.

  • Wer zum Vorwärtseinfahren in eine freie Parkbucht ansetzt, obwohl ein anderer, der die Parklücke zuerst erreicht hatte, rückwärts in diese Parkbucht einparken möchte, verletzt demnach dessen Vorrang nach § 12 Abs. 5 StVO.

Stößt in einem solchen Fall der Fahrzeugführer, der rückwärts einparken will, während des Rückwärtsfahrens gegen das Fahrzeug eines anderen, der zwischenzeitlich die Parklücke erreicht und seinerseits zum Vorwärtseinfahren in die Parklücke angesetzt hat, liegt somit,

  • nachdem für einen Sorgfaltsverstoß des Rückwärtsfahrenden der Anscheinsbeweis spricht,

regelmäßig ein schuldhaftes unfallursächliches Verhalten beider Beteiligter vor,

  • wobei denjenigen, der unter Verstoß gegen § 12 Abs. 5 StVO zum Einfahren in die Parklücke angesetzt hat, auch dann ein unfallursächliche Mittverschulden trifft, wenn er vor der Kollision angehalten und gehupt hatte.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 15.07.2016 – 13 S 20/16 – hingewiesen.

Warum nach einem Verkehrsunfall Unfallbeteiligte keine Erklärungen zur Schuldfrage abgeben sollten

Abgesehen davon,

  • dass ein Versicherungsnehmer bei Haftpflichtschäden nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) nicht berechtigt ist, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Anspruch ganz oder zum Teil anzuerkennen oder zu befriedigen,

sollte ein Unfallbeteiligter nach einem Verkehrsunfall am Unfallort schon deshalb

  • weder (vorschnell) eine (Mit)Schuld am Unfall einräumen,
  • noch Erklärungen abgeben, wie beispielsweise, dass seine Versicherung den Schaden ausgleichen werde,

weil sich solche Äußerungen für ihn in einem Rechtsstreit über die Haftungsfrage nachteilig auswirken können.

Mündliche Äußerungen, die in der ersten Aufregung an der Unfallstelle abgegeben werden, können

  • im Allgemeinen zwar nur als der unüberlegten Beruhigung des anderen Unfallbeteiligten dienend und nicht als ein im haftungsrechtlichen Sinne bindendes deklaratorisches Schuldanerkenntnis,
  • jedoch vom Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung als Indiz für ein vorkollisionäres schuldhaftes unfallursächliches Fehlverhalten

gewertet werden.

Denn auch der, der anerkennende Erklärungen ohne Verpflichtungswillen abgibt, gibt mit solchen Erklärungen ein Zeugnis gegen sich selbst ab, dem im Rahmen der gerichtlichen Beweiswürdigung Bedeutung zukommen kann (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008 – 1 U 246/07 –; Amtsgericht (AG) Duisburg, Urteil vom 03.02.2016 – 52 C 1095/14 –).