Tag Versicherungsfall

Wer sein Auto vollkaskoversichert hat, sollte wissen, was der Nachweis des Versicherungsfalles

…. „Unfall des Fahrzeugs“ in einem Streitfall mit der Versicherung voraussetzt.

Streitet ein Versicherungsnehmer mit der Versicherung, bei der er sein 

  • Auto vollkaskoversichert 

hat, darüber, ob er, 

  • wegen eines vom ihm behaupteten Unfallereignisses, bei dem sein Auto beschädigt wurde, 

Anspruch auf Leistungen aus der Vollkaskoversicherung hat,

  • also ein Unfallereignis vorliegt, für das die Versicherung einstandspflichtig ist, 

muss der Versicherungsnehmer 

  • darlegen und 
  • beweisen,

dass ein versicherter „Unfall des Fahrzeugs“ im Sinne der Versicherungsbedingungen, 

  • d.h. ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis,

stattgefunden hat.

Gelingt dem Versicherungsnehmer dieser Beweis und wendet der Versicherer ein, dass 

  • kein Versicherungsschutz bestehe, weil 

der Schaden von              

  • dem Versicherungsnehmer oder einem seiner Repräsentanten 

vorsätzlich herbeigeführt bzw. der Unfall nur vorgetäuscht worden sei, trifft den Versicherer hierfür die 

  • Darlegungs- und 
  • Beweislast

in vollem Umfang.

Für den Nachweis eines Unfallereignisses durch den Versicherungsnehmer reicht es,

  • wenn der Sachverhalt im Einzelnen nicht mehr aufklärbar ist,

aus, dass die Schäden am Fahrzeug 

  • nach Art und Beschaffenheit 

nur beruhen können, auf dem vom Versicherungsnehmer 

  • angegebenen Unfallereignis,
  • zu der angegebenen Zeit und 
  • an dem angegebenen Ort.    

Dies gilt,

  • da nicht stets jedes Detail richtig wahrgenommen und ggf. zuverlässig erinnert werden kann, 

auch dann, wenn der Unfallhergang bzw. -ablauf, 

  • so, wie vom Versicherungsnehmer geschildert, 

zumindest im Detail nicht stattgefunden haben kann.

Dagegen ist der behauptete Unfall, 

  • aus dem ein Versicherungsnehmer Ansprüche gegen den Versicherer herleitet,

dann nicht erwiesen, wenn feststeht, dass das Unfallereignis  

  • an der angegebenen Unfallstelle und unter den angegebenen Bedingungen 

nicht stattgefunden haben kann, 

  • sondern nur anderswo und unter anderen Bedingungen. 

Der von dem Versicherungsnehmer angegebene Schaden muss in der Kaskoversicherung nämlich einem 

  • konkret dargestellten Unfall 

wenigstens in etwa zugeordnet werden können.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 06.04.2021 – 12 U 333/20 – hingewiesen (so auch OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 07.02.2013 – 4 U 16/12 –).

Corona-Pandemie: LG Düsseldorf verurteilt Betriebsschließungsversicherung zur Entschädigungszahlung von

…. über 750.000,– € an Barbetreiber.

Mit Urteil vom 19.02.2021 – 40 O 53/20 – hat die 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts (LG) Düsseldorf in einem Fall, in dem Barbetreiber 2017 und 2018 eine sog. Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen hatten, in deren Bedingungen es hieß, dass 

  • die Versicherung Entschädigung für den Fall leistet, 

dass die zuständige Behörde 

  • aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) 

den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte des versicherten Betriebes 

  • beim Auftreten von im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserregern 

schließt und die Bars der Versicherungsnehmer  

  • nach der Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 18.03.2020, die sich auf die Regelungen des IfSG bezog, 

hatten schließen müssen, entschieden, dass, 

  • auch wenn zum Zeitpunkt der Allgemeinverfügung naturgemäß das Virus SARS-CoV2 noch nicht in der Liste der im IfSG aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger aufgenommen war,

aufgrund der Schließung der Versicherungsfall eingetreten ist und die Betriebsschließungsversicherung zur Zahlung von Versicherungsleistungen 

  • in Höhe von über 750.000,– € 

an die Barbetreiber verurteilt.

Dass Versicherungsschutz für die Barbetreiber besteht, hat die Kammer damit begründet, dass eine Versicherungsbedingung, die den Versicherungsfall auf die 

  • im alten IfSG 

ausdrücklich aufgeführten Krankheitserreger beschränkt, den Versicherungsnehmer dann 

  • unangemessen benachteiligt und 
  • nach § 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

unwirksam ist, wenn von der Versicherung, wie hier, nicht ausreichend klar 

  • gegenüber dem Versicherungsnehmer 

herausgestellt wird, dass der Versicherungsschutz 

Vgl. auch die Blogeinträge über die Entscheidungen des LG München I 

OLG Frankfurt entscheidet: Hat ein bevollmächtigter Ehepartner von einem Versicherungsvertrag des anderen keine Kenntnis,

…. kann eine verspätete Anzeige eines Versicherungsfalles durch ihn unverschuldet und die Versicherung rückwirkend leistungspflichtig sein.

Mit Urteil vom 11.11.2020 – 7 U 36/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem es in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer 

  • von einer Frau (im Folgenden: Versicherungsnehmerin) für den Fall der Schwerstpflegebedürftigkeit (Pflegestufe III) abgeschlossenen 

Pflegetagegeldversicherung hinsichtlich der Leistungserbringung u.a. hieß, dass

  • bei Stellung des Antrags nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, der Leistungsanspruch vom Beginn des Monats der Antragstellung gegeben ist und
  • bei einer unverschuldet verspäteten Anzeige des Versicherungsfalls die Leistungen jedoch rückwirkend erbracht werden,

die Versicherungsnehmerin 

  • nach einem schweren Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung, vollständigem Verlust der Sprachfähigkeit sowie erheblichen Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens 

die Pflegestufe III erhalten hatte und zwei Jahre später vom Ehemann der Versicherungsnehmerin,

  • der von ihr eine Vorsorgevollmacht hatte, 

der Versicherungsfall gemeldet sowie eine Leistungserbringung für die Versicherungsnehmerin, 

  • ab Erhalt der Pflegestufe III, 

beantragt worden war, entschieden, dass 

  • die verspätete Anzeige des Versicherungsfalles unverschuldet war und deswegen

die Versicherung zur rückwirkenden Leistung verpflichtet ist.

Wie das OLG ausgeführt hat, war die verspätete Anzeige des Versicherungsfalls durch den Ehemann der Versicherungsnehmerin hier deshalb unverschuldet, weil die Versicherungsnehmerin,  

  • die den Versicherungsfall grundsätzlich selbst hätte anzeigen müssen,

aufgrund der gesundheitlichen Folgen ihres Schlaganfalls 

  • weder selbst zu der Anzeige, 
  • noch zu einer Information ihres Ehemanns über die bestehende Versicherung 

in der Lage war, sie auch nicht 

  • im Sinne einer vorausschauenden Verhaltenspflicht 

ihren Ehemann vor dem Eintritt des Versicherungsfalls 

  • über das Bestehen des Versicherungsvertrages 

hatte informieren müssen, von dem bevollmächtigten Ehemann der Versicherungsnehmerin selbst auch nicht 

  • schuldhaft und 
  • in einer der Versicherungsnehmerin zuzurechnenden Weise 

eine frühere Anzeige des Versicherungsfalls unterlassen worden ist, dieser

  • vielmehr unverschuldet keine Kenntnis vom Bestehen dieses Vertrages hatte und 

aufgrund der ihm bekannten monatlichen Abbuchungen der Versicherungsbeiträge i.H.v. 20 Euro/pM nicht vom Bestehen einer derartigen Versicherung ausgehen musste,

  • zumal sich aus dem Buchungstext nicht die Art der Versicherung ergeben hat, 
  • sondern nur, dass irgendein Versicherungsvertrag bestanden hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt).  

Was, wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt oder abgeschlossen hat, wissen sollte

Enthält die abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung die Bedingung, dass die Versicherung nur dann zahlen muss, wenn feststeht, dass 

  • der Versicherte seinen Beruf auf Dauer nicht mehr ausüben kann und 
  • auch nicht zu einer anderen Tätigkeit in der Lage ist, die 
    • der Ausbildung, 
    • den Fähigkeiten und 
    • der bisherigen Lebensstellung des Versicherten entspricht und 
  • er eine solche Tätigkeit auch tatsächlich nicht ausübt,

sind, 

  • wenn ein Versicherter nicht mehr in seinem bisherigen Beruf arbeiten kann und 
  • in einen anderen Beruf umschult, 

bei Ausübung des neuen Berufs 

  • mögliche Chancen und Erwartungen auf einen beruflichen Aufstieg im alten Beruf 

nicht durch die Versicherung abgesichert.

Darauf hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hingewiesen und mit Urteilen vom 11.05.2020 – 1 U 14/20, 1 U 15/20 – in zwei Fällen, in denen, in dem einen Fall, 

  • ein ehemaliger Heizungsmonteur, der nach einem Unfall nicht mehr als Heizungsmonteur tätig sein konnte und zum technischen Zeichner umgeschult hatte

sowie in dem weiteren Fall,

  • ein ehemaliger Estrichleger, der, nachdem er nicht mehr als Estrichleger tätig sein konnte, eine Umschulung zum Großhandelskaufmann gemacht hatte und jetzt als kaufmännischer Angestellter arbeitete, 

jeweils von ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung, 

  • die die Leistungen eingestellt hatte, 

mit der Begründung, dass

  • sie zwar in den neuen Berufen so viel bzw. etwa so viel wie zuvor verdienten, die früher ausgeübten Handwerksberufe aber ein höheres Sozialprestige gehabt hätten,
  • darüber hinaus, 
    • sie aufgrund der positiven Entwicklung des Gehaltniveaus im Handwerk seit ihrem Unfall, in ihren alten Berufen mittlerweile viel mehr hätten verdienen können als jetzt in den neuen Berufen bzw. 
    • sie später einen Meistertitel erwerben und ein Firmenfahrzeug erhalten hätten, 

weiter Leistungen begehrten, entschieden, dass 

  • die Versicherung in den beiden Fällen berechtig war, die Leistungen einzustellen.

Denn, so der Senat, dass das Handwerk 

  • ein höheres Sozialprestige habe als die jetzt von den Versicherten ausgeübten Berufe 

sei durch nichts belegt und 

  • da es auf die Lebensstellung eines Versicherten bei Eintritt des Versicherungsfalles ankomme,

sei nicht relevant, ob nach Eintritt des Versicherungsfalles

  • sich die Gehälter im Handwerk verbessert haben und der Versicherte eine positive Lohnentwicklung im alten Beruf mitgemacht hätte oder 
  • ein Versicherter mit einem Aufstieg im alten Beruf rechnen konnte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

AG München entscheidet: Reisegepäckversicherung muss nicht zahlen, wenn das Gepäck von einem Transportfahrzeug

…. überrollt und dadurch beschädigt wird.

Mit Urteil vom 05.10.2018 – 111 C 12296/18 – hat das Amtsgericht (AG) München entschieden, dass, wenn nach den Bedingungen eines Reisegepäckversicherungsvertrages mitgeführtes Reisegepäck während der Reise versichert ist

  • gegen Abhandenkommen

oder

  • Beschädigung durch
    • Straftat eines Dritten,
    • Unfall des Transportmittels,
    • Feuer- oder Elementarereignisse

kein Versicherungsfall vorliegt, wenn

  • Reisegepäck im Rahmen des Transfers vom Hotel zum Flughafen vor der Hoteleinfahrt am Boden stehendes Reisegepäck vom Fahrer des Transportfahrzeugs versehentlich mit einem Vorderreifen überrollt und
  • dabei beschädigt wird.

Begründet hat das AG dies damit, dass in einem solchen Fall, da

  • eine fahrlässig begangene Sachbeschädigung nicht strafbar ist

und auch, unabhängig von der Frage, ob das noch am Boden stehende Gepäck überhaupt schon transportiert wurde,

  • allein eine Einwirkung durch das Transportmittel auf das Gepäck erfolgt sei und
  • keine plötzliche Einwirkung von außen mit mechanischer Gewalt auf das Transportmittel, wodurch erst das Gepäck beschädigt worden sei,

so dass

  • weder eine Straftat eines Dritten,
  • noch ein Unfall des Transportmittels

vorliege (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 14.06.2019).

Behauptet der Vollkaskoversicherer, ein Unfall sei von dem Versicherungsnehmer vorsätzlich herbeigeführt worden, um

…. in den Genuss der Versicherungsleistung zu kommen

  • trägt er hierfür die Beweislast,

wobei der Versicherer dieser Beweislast allerdings auch dadurch genügen kann, dass er viele Indizien vorträgt,

  • für die es bei einem echten Unfall keine Erklärung gibt oder
  • die bei einem fingierten Unfall deutlich häufiger auftreten und
  • die bei einer Gesamtwürdigung und der sonstigen Umstände für eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles sprechen.

Gelingt dem Vollkaskoversicherer der Beweis,

  • wird er von seiner Leistungspflicht frei,

gelingt der Beweis nicht,

  • bleibt der Vollkaskoversicherer leistungspflichtig.

Darauf hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 05.06.2018 – 24 O 360/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg).

Wann tritt, wenn eine Gebäudeversicherung Versicherungsschutz für den Fall eines „Rohrbruchs

…. innerhalb des versicherten Gebäudes“ gewährt, dieser Versicherungsfall ein?

Ein Rohrbruch innerhalb des versicherten Gebäudes liegt vor, bei jeder nachteiligen Veränderung des,

  • innerhalb des Bereiches zwischen den Fundamentmauern, auch im Erdreich, befindlichen,

Rohrmaterials, die dazu führt, dass,

  • infolge einer Substanzverletzung im Material der jeweiligen Leitung,

die darin befindlichen Flüssigkeiten bestimmungswidrig austreten können, beispielsweise weil

  • das Material des Rohres einschließlich Dichtungen, Verschraubungen und anderen dazugehörigen Teilen ein Loch oder einen Riss bekommen hat.

Nicht ausreichend sind Einwirkungen

  • ohne Substanzbeeinträchtigung,

die lediglich

  • zu einer Funktionsveränderung

der intakten Rohrleitung führen.

Auch Korrosion oder mechanische Zerstörungen, wie sie etwa bei Bau- oder sonstigen Arbeiten am Gebäude hervorgerufen werden können, werden von der Rohrbruchversicherung erfasst.

  • Voraussetzung ist freilich, dass das Rohr im Zeitpunkt der Beschädigung grundsätzlich seine Funktion als Zu- oder Ableitungsrohr erfüllt;
  • wird es erst nach dem Ausbau beschädigt, liegt kein bedingungsgemäßer Rohrbruch vor.

Begrenzt wird die Eintrittspflicht des Versicherers durch

  • vertragliche oder gesetzliche Risikoausschlüsse, insbesondere wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles (§ 81 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)), und
  • durch vertragliche Obliegenheiten, die dem Erhalt der versicherten Sache dienen, sofern diese zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer wirksam vereinbart worden sind.

In zeitlicher Hinsicht haftet der Versicherer nur,

  • wenn der Versicherungsfall in den Haftungszeitraum fällt

und eingetreten ist der Versicherungsfall, wenn Versicherungsschutz u.a.

  • für den Fall des „Rohrbruchs“ und
  • damit „für ein meist punktuelles Ereignis“

gewährt wird,

  • mit dem Rohrbruch als solchem

und anders als im Fall eines „Leitungswasserschadens“ (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12.07.2017 – IV ZR 151/15 –) nicht erst mit Auftreten oder Sichtbarwerden durch den Rohrbruch hervorgerufener Wasserschäden.

Für den Versicherungsfall „Rohrbruch“ muss folglich zu dem Zeitpunkt des Rohrbruchs der materielle Versicherungsschutz bereits bestanden haben.

Bestehen Anhaltspunkte dafür,

  • dass die Schädigung des Rohres, also der Versicherungsfall, schon vor Abschluss des Vertrages vorlag,

muss der Versicherungsnehmer beweisen,

  • dass der Versicherungsfall in den Haftungszeitraum fällt (Saarländisches Oberlandesgericht (OLG), Urteil vom 19.12.2018 – 5 U 4/18 –).

Wer eine Unfallversicherung abgeschlossen hat oder noch abschließen möchte, sollte wissen, wann ein Unfall (Versicherungsfall) vorliegt, der

…. Ansprüche auf vereinbarte Leistungen aus der Unfallversicherung bei einem Gesundheitsschaden begründen kann.

Ein Unfall im Sinne des § 178 Abs. 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz – VVG) liegt vor, wenn die versicherte Person

  • durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis
  • unfreiwillig

eine Gesundheitsschädigung erleidet.

Dabei kommt es für die Frage,

  • ob die Einwirkung „von außen“ erfolgt ist,

nur auf das Ereignis an, das

  • die erste Gesundheitsschädigung unmittelbar herbeigeführt hat,
  • nicht auf die jeweiligen Ursachen für dieses Ereignis, bei denen es sich auch um Eigenbewegungen bzw. körperinterne Vorgänge handeln kann,

so dass,

  • wenn sich beispielsweise Jemand bei einem Sturz dadurch verletzt, dass er auf dem Boden prallt,
  • in dem Zusammenprall des Körpers mit dem Boden das „von außen“ wirkende Ereignis liegt,

weil

  • in diesem Fall der Zusammenprall des Körpers mit dem Boden unmittelbare Ursache der Gesundheitsschädigung war,
  • für die Frage, ob eine Einwirkung „von außen“ erfolgt ist, allein dieser Aufprall mit dem Körper auf den Boden in den Blick zu nehmen ist, das die Gesundheitsbeschädigung unmittelbar herbeigeführt hat und
  • demgegenüber nicht entscheidend die Ursachen sind, auf denen der Sturz beruhte (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 06.07.2011 – IV ZR 29/09 –).

Ob auch eine Eigenbewegung des Verletzten im Zusammenspiel mit äußeren Einflüssen als ein „von außen“ auf seinen Körper wirkendes Ereignis im Sinne dieses Unfallbegriffs angesehen werden kann, ist nur zu prüfen, wenn

  • schon diese Eigenbewegung – und nicht erst der Aufprall des Körpers auf den Boden – zur Gesundheitsbeschädigung geführt hat,
  • wie beispielsweise, wenn sich Jemand nach einem Fehltritt noch im Fallen infolge einer Drehbewegung unter einer von ihm mitgeführten schweren Last eine Verletzung zugezogen hat.

Dass die, durch das plötzlich „von außen“ auf den Körper wirkende Ereignis, erlittene Gesundheitsschädigung unfreiwillig war, wird nach § 178 Abs. 2 Satz 2 VVG (solange) vermutet,

  • solange von dem Versicherer nicht das Gegenteil bewiesen wird (also beispielsweise dass eine suizidale Absicht vorlag),
  • wobei im Streitfall hierfür auch ein Indizienbeweis in Betracht kommen kann, wenn das Gericht in freier Beweiswürdigung (§ 286 Zivilprozessordnung (ZPO)) aufgrund von Erfahrungssätzen und Hilfstatsachen zu der Überzeugung gelangt, die Vermutung der Unfreiwilligkeit sei widerlegt.

Schließen die Versicherungsbedingungen den Versicherungsschutz aus,

  • für Unfälle der versicherten Person durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, soweit durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper der versicherten Person ergreifen,

trägt der Versicherer die Beweislast für das Vorliegen der Geistes- oder Bewusstseinsstörung im Sinne dieses Ausschlusstatbestands,

  • die nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraussetzt,
  • sondern für die solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten genügen, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen,

die also den Versicherten außerstande setzen, den Sicherheitsanforderungen seiner Umwelt zu genügen.

  • Eine solche Störung liegt vor, wenn die dem Versicherten bei normaler Verfassung innewohnende Fähigkeit, Sinneseindrücke schnell und genau zu erfassen, sie geistig zu verarbeiten und auf sie angemessen zu reagieren, ernstlich beeinträchtigt ist, d.h. einen Grad erreicht hat, bei dem die Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann (BGH, Urteil vom 17.05.2000 – IV ZR 113/99 –).

Ob eine Bewußtseinsstörung in diesem Sinne vorliegt, hängt damit sowohl vom Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit als auch von der konkreten Gefahrenlage ab, in der sich der Versicherte befindet.

Übrigens:
Die Hinweispflicht des Versicherers in der Unfallversicherung gemäß § 186 VVG

  • nach der der Versicherer, wenn der Versicherungsnehmer einen Versicherungsfall anzeigt, ihn auf vertragliche Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen sowie einzuhaltende Fristen in Textform hinzuweisen hat und
  • bei Unterbleiben dieses Hinweises sich der Versicherer auf Fristversäumnis nicht berufen kann,

besteht

  • nur gegenüber dem Versicherungsnehmer und
  • bei einer Versicherung für fremde Rechnung nicht auch gegenüber der versicherten Person,

so dass, bei einem rechtzeitig dem Versicherungsnehmer erteilten Hinweis sich der Versicherer auch gegenüber Ansprüchen der versicherten Person auf die in den Versicherungsbedingungen statuierten Ausschlussfristen berufen kann.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 23.2.2018 – 12 U 111/17 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen für alle, die mehrere Versicherungen für dieselbe Gefahr abgeschlossen haben

…. beispielsweise zwei Hausratversicherungen bei verschiedenen Versicherungen.

Mit Beschluss vom 21.08.2017 – 5 U 18/17 – hat der 5. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg darauf hingewiesen, dass, wenn Jemand zwei Versicherungen für dieselbe Gefahr abgeschlossen hat („Mehrfachversicherung“),

  • er beim Eintritt eines Versicherungsfalles immer nur seinen tatsächlich entstandenen Schaden ersetzt verlangen, also nicht zweimal kassieren kann und

beide Verträge dann nichtig sind und der Versicherte gar kein Geld erhält (§ 78 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz – VVG), wenn sie

  • in betrügerischer Absicht, um mehrfach abzurechnen zu können, abgeschlossen worden sind.

Übrigens:
In den Verdacht geraten, sich in betrügerischer Absicht mehrfach bei verschiedenen Versicherungen versichert zu haben, kann ein Versicherungsnehmer u.a. dann,

  • wenn von ihm beispielsweise bei Abschluss einer zweiten Hausratversicherung die Frage, ob er bereits eine andere Hausratversicherung hat, (bewusst wahrheitswidrig) verneint wird oder

wenn nach Eintritt eines Versicherungsfalles der Schaden mehreren Versicherungen gemeldet und in den Schadensmeldungen jeweils angegeben wird, nicht anderweitig versichert zu sein (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 21.11.2017 – Nr. 57/2017 –).