Tag WEG-Recht

Wann ist das Merkmal „demnächst“ in § 167 ZPO erfüllt und wann nicht?

Nach § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) tritt, sofern

  • durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder
  • die Verjährung neu beginnen oder
  • nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gehemmt werden soll,

diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein,

  • wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

 

Das Merkmal „demnächst“ ist nur erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten.

  • Eine der Partei zuzurechnende Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen wird dabei regelmäßig hingenommen (vgl. nur Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12.01.1996 – V ZR 246/94 –), um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen.

 

In der typisierbaren Fallgruppe des nach § 12 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zu leistenden Gerichtskostenvorschusses kommt es bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen

  • nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse,
  • sondern darauf an, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteile vom 10.02.2011 – VII ZR 185/07 – und vom 20.04.2000 – VII ZR 116/99 –).

 

Gemessen daran hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 154/14 – in einem Fall,

  • in dem ein Wohnungseigentümer einen auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 02.11.2012 gefassten Beschluss mit einer am 23.11.2012 bei Gericht eingegangen Klage angefochten hatte und
  • in dem der Prozessbevollmächtigte des klagenden Wohnungseigentümers nach Korrespondenz zur vorläufigen Streitwertfestsetzung die an ihn versandte Aufforderung zur Zahlung des Vorschusses am 18.12.2012 erhalten hatte und nach deren Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung des klagenden Wohnungseigentümers der Vorschuss am 07.01.2013 bei der Justizkasse eingegangen war,

 

entschieden, dass die Zustellung „demnächst“ bewirkt worden ist, weil eine dem klagenden Wohnungseigentümer vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen nicht vorliegt und somit auch materielle einmonatige Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs.1 Satz 2 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) gewahrt ist.

Denn, wie der V. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat, ist,

  • wenn, es wie hier der Fall war, der Kostenvorschuss verfahrenswidrig (§ 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 Kostenverfügung-Berlin aF) nicht von der Partei selbst, sondern über deren Anwalt angefordert wurde, zunächst die damit einhergehende – der Partei nicht zuzurechnende – Verzögerung im Allgemeinen zu veranschlagen
  • mit drei Werktagen unter Ausklammerung des Eingangstages und von Wochenendtagen.

 

Innerhalb einer solchen Zeitspanne kann auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien eine Kenntnisnahme, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Postlaufzeiten auch der Eingang bei der Partei selbst erwartet werden.

  • Dies führte vorliegend, da die Kostenanforderung dem Prozessbevollmächtigten am 18.12.2012 (Dienstag) zugegangen ist, dazu, dass der Kläger so zu stellen war, wie er stünde, wenn ihm selbst die Anforderung erst am 21.12.2012 (Freitag) zugegangen wäre.

 

Sodann ist in Rechnung zu stellen, dass von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei nicht verlangt werden kann, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen (vgl. auch Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2011 – I-2 U 102/10 –; mangels Entscheidungserheblichkeit bislang offen gelassen im Urteil des BGH vom 30.03.2012 – V ZR 148/11 –); ebenso ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise mit dem 24. und 31.12. (Heiligabend und Silvester) zu verfahren, weil an diesen Tagen vielfach überhaupt nicht oder doch nur eingeschränkt gearbeitet wird.

  • Da der Kläger danach frühestens am 27.12.2012 (Donnerstag) hätte tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 07.01.2013 bei der Justizkasse eingegangen ist, liegt selbst ohne Berücksichtigung des für die Überweisung durch die Bank erforderlichen Zeitraums keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.

 

Nutzungsmöglichkeiten von Teileigentumseinheiten?

Wer in einer Wohnungseigentumsanlage eine Einheit erwirbt, die in der Teilungserklärung als „Ladenraum“ bezeichnet ist, darf die erworbene Teileigentumseinheit nicht zweckwidrig nutzen. Ansonsten kann von anderen Wohnungseigentümern bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft die Unterlassung der zweckwidrigen Nutzung nach § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 15 Abs. 3 Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) verlangt werden.
Allerdings kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung.
Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten ist.
Bei einer nach der Teilungserklärung als Laden dienenden Teileigentumseinheit, die als Gaststätte genutzt wird, ist dies schon deshalb nicht der Fall, weil Läden – anders als Gaststätten – zur Nachtzeit geschlossen sein müssen. Schon deshalb darf eine Teileigentumseinheit, die nach der Teilungserklärung als Laden dient, grundsätzlich nicht als Gaststätte genutzt werden.
Ist eine zweckwidrige Nutzung von der Wohnungseigentümergemeinschaft jahrzehntelang geduldet worden und sollte aufgrund dessen der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der zweckwidrigen Nutzung verwirkt sein,

  • schützt die Verwirkung den Eigentümer, der seine Teileigentumseinheit zweckwidrig nutzt, nur davor, dass er das bislang geduldete Verhalten ändern oder aufgeben muss,
  • begründet aber nicht das Recht, neue nachteilige Veränderungen vorzunehmen, so dass bei neuen nachteiligen Veränderungen der Unterlassungsanspruch gegen solche neue Veränderungen nicht verwirkt ist.

 

Darauf hat, laut Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 10.07.2015 – Nr. 115/2015 –, der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 169/14 – hingewiesen.

 

Wenn Hunde in Wohnungseigentumsanlage gehalten werden

Wohnungseigentümer dürfen ihre Hunde nicht auf Gemeinschaftsflächen koten und/oder urinieren lassen. Vielmehr ist es ihnen zuzumuten, mit dem Hund außerhalb des Grundstücks „Gassi“ zu gehen.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 07.11.2013 – 483 C 33323/12 WEG – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die beklagte Wohnungseigentümerin ihre Schäferhund immer wieder frei auf den Gemeinschaftsflächen der Wohnungseigentumsanlage umherlaufen, dort sein Geschäft verrichten sowie urinieren lassen.
Deshalb und weil er von dem Hund darüber hinaus auch des öfteren aggressiv angebellt worden war, hatte sie ein anderer Wohnungseigentümer verklagt und u. a. beantragt, dass die Beklagte es zu unterlassen hat, den Hund auf dem Grundstück und im Treppenhaus unbeaufsichtigt und ohne Leine und ohne Maulkorb laufen, urinieren und koten zu lassen.

Die Klage hatte im wesentlichen Erfolg.

Die Beklagte wurde, nachdem das AG München in der Gerichtsverhandlung ein Video in Augenschein genommen hatte, auf dem zu sehen war, wie aggressiv der Hund auf den Kläger reagiert und dass er von der Beklagten kaum gebändigt werden kann, unter Androhung eines Ordnungsgeldes von jeweils 250.000 Euro, verurteilt, es zu unterlassen, dass ihr Hund ohne Maulkorb auf dem Grundstück oder im Treppenhaus herumläuft und dort uriniert.

Nach Auffassung des AG München hat der Kläger Anspruch darauf, dass der Schäferhund nur angeleint und beaufsichtigt und nur mit einem Maulkorb auf dem Grundstück gehalten wird.
Das Gericht begründete dies damit, dass Hunde, selbst wenn sie sonst harmlos seien, eine potentielle Gefahrenquelle darstellen und deshalb auf Gemeinschaftsflächen eine Aufsichtspflicht und Leinenzwang bestehe.
Im Hinblick auf das auf dem Video zu sehende aggressive Verhalten des Hundes mit lautem Bellen und Zähne-Fletschen sowie im Hinblick auf die fehlende körperliche Beherrschung des Hundes durch die Beklagte war es nach Ansicht des Gerichts gerechtfertigt anzuordnen, dass der Hund auf dem Grundstück und im Treppenhaus einen Maulkorb als Vorsichtsmaßnahme tragen muss.
Denn, wie das Gericht weiter ausführte, müsse nicht erst abgewartet werden, dass es zu einer Beißattacke komme.
Auch müsse der Kläger es nicht dulden, dass der Hund auf dem Grundstück uriniert. Vielmehr sei es der Beklagten zuzumuten, mit dem Hund außerhalb des Grundstücks „Gassi“ zu gehen.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 10.07.2015 – Nr. 36/15 – mitgeteilt.

 

Wenn Wohnungseigentümer ihr Sondereigentum zweckwidrig nutzen.

Unterlassungsansprüche der Wohnungseigentümer untereinander wegen einer zweckwidrigen Nutzung des Sondereigentums verjähren,

  • solange die Nutzung anhält, nicht,

weil der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung, sondern auch darin liegt,

  • dass diese aufrechterhalten wird.

Dabei ist unerheblich, ob die zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer

  • selbst oder
  • durch dessen Mieter

erfolgt.

Die Verwirkung eines solchen Unterlassungsanspruchs wegen zweckwidriger Nutzung des Sondereigentums setzt unter anderem

  • eine ununterbrochene, dauerhafte Einwirkung voraus.

Zu beachten dabei ist, dass, wenn die zweckwidrige Nutzung des Sondereigentums durch Vermietung erfolgt,

Der vermietende Wohnungseigentümer setzt damit nämlich eine neue Willensentscheidung hinsichtlich einer zweckwidrigen Nutzung um. Die übrigen Wohnungseigentümer haben aufgrund dessen Anlass, für die Zukunft eine der Teilungserklärung entsprechende Nutzung einzufordern, auch wenn sie hiervon zuvor – etwa aus Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis – Abstand genommen haben.

Das hat, wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs (BGH) am 08.05.2015 – Nr. 81/2015 – mitgeteilt hat, der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 08.05.2015 – V ZR 178/14 – entschieden.

 

Wenn im Teilungsvertrag einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine Einheit als „Laden“ beschrieben ist.

Sind in der Teilungserklärung bei einer Wohnungseigentumsanlage, bestehend aus 46 Einheiten,

  • im Erdgeschoss eine ausgewiesen als „Laden“
  • und die übrigen als „Wohnungen“,

darf die als „Laden“ beschriebene Einheit

  • nicht als Gaststätte und auch nicht als Pizzabäcker/Dönerladen mit Ausschank genutzt werden.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 26.06.2014 – 483 C 2983/14 WEG – entschieden und dem Eigentümer einer als „Laden“ beschriebenen Einheit, der die dazugehörenden Räume an einen Pizzabäcker/Dönerladen als „L-s Essecke“ mit Ausschanknutzung vermietet hatte, auf die Klage der übrigen Eigentümer hin, unter Androhung von Ordnungsgeld verurteilt, die Nutzung seines Ladens als Gaststätte zu unterlassen. 

Danach ist eine solche Nutzung nicht von der Zweckbestimmung „Laden“ gedeckt.
Denn, wie das AG ausgeführt hat, sei unter „Laden“ grundsätzlich nur ein Geschäftsraum zu verstehen, bei dem der Charakter einer Verkaufsstätte im Vordergrund stehe, wo sich also Personal aufhält, während der Öffnungszeiten Kunden ein- und ausgehen und gelegentlich Waren angeliefert werden.
Eine andere Nutzung der Räume der Beklagten sei nur dann zulässig und durch die übrigen Eigentümer hinzunehmen, wenn eine solche Nutzung abstrakt nicht stärker beeinträchtigt als eine Ladennutzung.
Auf die Frage, wie viele Personen nun tatsächlich über den Tag verteilt die Einheit der Beklagten nutzen, also auf die Frage der Auslastung der Essecke, und ob es konkrete Geruchs- oder Lärmbeeinträchtigungen gibt, komme es nicht an.
Ebenso sei unerheblich, ob eine gaststättenrechtliche Konzession notwendig sei oder nicht. Denn die Einhaltung behördlicher Vorschriften besage noch nicht, dass im Verhältnis der Eigentümer untereinander die konkrete Nutzung der Geschäftsräume zulässig sei. Der Charakter des Hauses sei überwiegend als Wohnhaus zu bewerten. Jede andere Nutzung des Ladens dürfe mit diesem Charakter nicht in Konflikt stehen.
Mit der Zweckbestimmung „Laden“ – so das Gericht weiter – sei der Betrieb eines Bistros, einer Pizza-Imbissstube oder eines Restaurants grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Denn es gehe nicht nur um den Verkauf von Lebensmitteln im Laden und den Verzehr dort und vor dem Laden.
Vor allem die Essensgerüche überschreiten das, was die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft bei einer Nutzung als Laden hinnehmen müssten. Die konkrete gastronomische Nutzung führe zu einer längeren Verweildauer der Besucher in und vor dem Laden der Beklagten und zu vermehrten Geräusch- und Geruchsbelästigungen auch dadurch, dass vor der Tür Raucher stehen oder sitzen, die vor dem Laden an den aufgestellten Tischen länger verbleiben können.
Die typischer Weise mit einem Schnellimbiss verbundenen Störungen seien demzufolge im Ergebnis größer sind als bei einer Ladennutzung. Davon sei schon aufgrund der verlängerten Öffnungszeiten in den Abend- und Nachtstunden bei einem Imbiss gegenüber einem Laden und den zusätzlich auftretenden Gerüchen bei der Zubereitung der Speisen auszugehen, da mit einer Nutzung als Laden typischerweise verbundenen Beeinträchtigungen nur während der üblichen Ladungsöffnungszeiten hingenommen werden müssten.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 10.04.2015 – 18/15 – mitgeteilt.

 

Zur Bestellung des Verwalters durch die Wohnungseigentümer.

Die Bestellung des Verwalters, bei der zu unterscheiden ist,  

  • zwischen der Bestellung des Verwalters als Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft und Vertreter der Wohnungseigentümer einerseits und
  • dem Verwaltervertrag andererseits,

entspricht grundsätzlich nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG), wenn

  • in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung erfolgt,
  • auch die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregelt werden;

hiervon kann nur unter besonderen Umständen übergangsweise abgewichen werden.

Das hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.02.2015 – V ZR 114/14 – entschieden.

Danach kann die Bestellung des Verwalters grundsätzlich erst erfolgen, wenn die Eckpunkte des Verwaltervertrags feststehen.
Vorher kann eine vorläufige Bestellung ausnahmsweise nur dann als Übergangsregelung hinzunehmen sein, wenn das Ende des Bestellungszeitraums unmittelbar bevorsteht und sich eine Zeit ohne Verwalter nur durch eine vorübergehende Bestellung vermeiden lässt.

  • Bei einer erstmaligen Bestellung des Verwalters ist, wie der V. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat, die Festlegung der wesentlichen vertraglichen Eckpunkte schon deshalb erforderlich, weil mehrere Angebote einzuholen sind (BGH, Urteil vom 01.04.2011 – V ZR 96/10 –).

Ein tragfähiger Vergleich zwischen mehreren Anbietern ist den Wohnungseigentümern nämlich nur möglich, wenn sie deren Konditionen kennen.
Das bedeutet nicht etwa, dass der günstigste Anbieter gewählt werden müsste; die Entscheidung über die Bestellung muss jedoch auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage getroffen werden.

Aber auch in diesem Fall müssen die Wohnungseigentümer bei der Bestellung wissen, worauf sie sich einlassen.
Ausreichend ist es, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Verwalter zu den bisherigen Konditionen (insbesondere der Vergütung) weiter tätig sein wird; hinsichtlich der Laufzeit des Vertrags können die Wohnungseigentümer davon ausgehen, dass diese – der Üblichkeit entsprechend – mit dem Bestellungszeitraum übereinstimmen soll.

Zu den Eckpunkten des Verwaltervertrags,

  • die bei der Bestellung in wesentlichen Umrissen geregelt werden bzw. bekannt sein müssen,

gehören

  • Laufzeit und
  • Vergütung.

Beide Gesichtspunkte sind

  • nicht nur für den Verwaltervertrag,
  • sondern auch für die Auswahlentscheidung im Rahmen der Bestellung

von wesentlicher Bedeutung.

Hinsichtlich der Laufzeit darf nicht offen bleiben,

  • ob der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen wird oder
  • ob beide Seiten eine längere Bindung eingehen werden.

Die Bedeutung der Vergütung versteht sich von selbst.
Es liegt im allseitigen Interesse, deren Höhe bei der Bestellung in wesentlichen Umrissen festzulegen, um Streit über die andernfalls geschuldete branchenübliche Vergütung (§ 675 Abs. 1, § 612 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) zu vermeiden.
Dies gilt

  • in besonderem Maße, wenn der Verwalter ohne Festlegung der vertraglichen Eckpunkte für eine längere Laufzeit bestellt wird,
  • aber auch bei einer Bestellung auf unbestimmte Zeit.

In letzterem Fall kann er zwar jederzeit abberufen werden; für die Zeit seiner Tätigkeit schulden die Wohnungseigentümer aber (ebenso wie bei der Bestellung für eine kurze Laufzeit) die (streitanfällige) übliche Vergütung. Dies kann nur unter besonderen Umständen und übergangsweise hinzunehmen sein. 

 

Zur Verbrauchereigenschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen regelmäßig einem Verbraucher gemäß § 13 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gleichzustellen, nämlich immer dann,

  • wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und
  • sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient.

Das hat der unter anderen für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 24.03.2015 entschieden (Urteile vom 24.03.2015 – VIII ZR 243/13, VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14 –).

Als entscheidend hat der Senat angesehen, dass eine natürliche Person ihre Schutzwürdigkeit als Verbraucher nicht dadurch verliert, dass sie – durch den Erwerb von Wohnungseigentum kraft Gesetzes (zwingend) – Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft wird.
Hinzu kommt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten in der Regel – und damit beispielsweise auch bei Energielieferungsverträgen, um die es in den Entscheidungen ging und die der Deckung des eigenen Bedarfs dienten – zum Zwecke der privaten Vermögensverwaltung ihrer Mitglieder und damit nicht zu gewerblichen Zwecken handelt.
Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Vertragsschluss durch eine gewerbliche Hausverwaltung vertreten wird. Denn für die Abgrenzung von unternehmerischem und privatem Handeln im Sinne der §§ 13, 14 BGB kommt es im Falle einer Stellvertretung grundsätzlich auf die Person des Vertretenen an.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 25.03.2015 – Nr. 43/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn ein Wohnungseigentümer den in seiner Wohnung vorhandenen Teppichboden durch Parkett ersetzt.

Ersetzt ein Wohnungseigentümer den in seiner Wohnung vorhandenen Teppichboden durch Parkett

  • sind grundsätzlich die Schallschutzwerte einzuhalten, die sich aus der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109 ergeben.

Ein höheres Schallschutzniveau kann sich

  • nur aus der Gemeinschaftsordnung ergeben,
  • nicht aber aus einem sogenannten besonderen Gepräge der Wohnanlage.

Das hat der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.02.2015 – V ZR 73/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall

  • hatten die Beklagten in einem Anfang der Siebzigerjahre errichteten Hochhaus 2006 eine Eigentumswohnung erworben und
  • den vorhandenen Teppichboden entfernen und Parkett einbauen lassen.

Die Klage des Eigentümers der darunter liegenden Wohnung,

  • von dem mit der Begründung, der Trittschall habe sich durch den Wechsel des Bodenbelags erhöht,
  • beantragt worden war, die Beklagten zu verurteilen, in ihrer Wohnung anstelle des Parketts Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag zu verlegen,

wies der V. Zivilsenat des BGH ab, weil

Denn die vom Kläger einzuhaltenden Schallschutzwerte,

  • die sich aus der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109 ergaben

waren gewahrt und in der Gemeinschaftsordnung,

  • aus der sich allein ein höheres Schallschutzniveau hätte ergeben können,

waren keine solchen Vorgaben enthalten.

Dass die im Zuge der Errichtung des Hochhauses

  • erstellte Baubeschreibung und
  • der ursprüngliche Verkaufsprospekt

eine Ausstattung der Appartements mit Teppichböden vorsahen, erachtete der Senat als unerheblich.
Seine Entscheidung beruhte auf der Überlegung, dass die Auswahl des Bodenbelags die Gestaltung des Sondereigentums betrifft und im Belieben des Sondereigentümers steht und der Schallschutz in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden muss.
Welcher Bodenbelag bei der Errichtung des Gebäudes vorhanden gewesen, ob dieser durch den Bauträger oder durch die Ersterwerber bestimmt worden und ob er in allen Wohnungen einheitlich gewesen sei oder nicht, seien keine geeigneten Kriterien für das über die gesamte Nutzungszeit des Gebäudes einzuhaltende Schallschutzniveau.
Dies ergebe sich schon daraus, dass solche Umstände späteren Erwerbern in aller Regel unbekannt seien. Außerdem spreche gegen ein dauerhaftes Gepräge der Anlage, dass sich die geschmacklichen Vorlieben für bestimmte Bodenbeläge im Laufe der Zeit verändern.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 27.02.2015 – Nr. 26/2015 – mitgeteilt.

 

Wenn es darum geht, dass Störungen des Gemeinschaftseigentums unterlassen oder beseitigt werden.

Zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen

  • wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums
  • durch Mehrheitsbeschluss an sich,

so begründet sie damit ihre alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung,

  • mit der Folge, dass einzelne Wohnungseigentümer nicht (mehr) prozessführungsbefugt sind und von ihnen bereits erhobene Klagen unzulässig geworden sind.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in zwei Urteilen vom 05.12.2014 – V ZR 85/14 – und – V ZR 5/14 – hingewiesen.

In den den Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen

  • hatte ein Wohnungseigentümer (im Folgenden Kläger genannt) von einer Wohnungseigentümerin (im Folgenden Beklagte genannt) verlangt, wegen der Lärmbelästigung und Verschmutzung von Treppenhaus und Fluren zu der es dadurch komme, es zu unterlassen, ihre Wohnung zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution zu nutzen und
  • nach Erhebung dieser Klage war von den Wohnungseigentümern in einer Eigentümerversammlung mehrheitlich beschlossen worden, dass dieser ihnen aus ihrem Eigentum zustehende Unterlassungsanspruch gemeinschaftlich durch den Verband geltend gemacht sowie die Verwaltung beauftragt werden soll, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs zu beauftragen.

Infolge dieser Beschlussfassung der Eigentümer, den Unterlassungsanspruch gemeinschaftlich durch den Verband geltend zu machen, ist, wie der V. Zivilsenat des BGH entschieden hat, der Kläger nicht (mehr) prozessführungsbefugt und seine bereits erhobene Klage unzulässig geworden.

Zwar kommen, wie der Senat ausgeführt hat, wegen der durch die Ausübung der Prostitution in dem Sondereigentum der Beklagten verursachten Störungen im Treppenhaus und den Fluren, individuelle Unterlassungsansprüche der anderen Wohnungseigentümer – also auch des Klägers – gegen die Beklagte in Betracht, die vor Gericht geltend gemacht werden können.
Denn jeder Wohnungseigentümer kann gemäß § 15 Abs. 3 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) einen Gebrauch

  • der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und
  • des gemeinschaftlichen Eigentums

verlangen,

  • der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Sofern der Gebrauch nicht den genannten Voraussetzungen entspricht, liegt hierin eine Eigentumsbeeinträchtigung, die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2014 – V ZR 131/13 –).

Hierfür reicht es – jedenfalls außerhalb des Bereichs der Sachmängelhaftung (dazu: BGH, Urteil vom 12.04.2007 – VII ZR 236/05 –) – schon aus, dass die Rechtsausübung durch den Verband förderlich ist (Senat, Urteile vom 17.12.2010 – V ZR 125/10 –; vom 08.02.2013 – V ZR 238/11 – und vom 14.02.2014 – V ZR 100/13 –).

  • Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft danach nunmehr im eigenen Namen gegen den Beklagten vorgehen kann, ist der Kläger für eine Klage mit diesem Streitgegenstand nicht (mehr) prozessführungsbefugt und wird seine Klage dadurch unzulässig.

 

Nachträglicher Einbau eines Außenaufzugs im Hof einer Wohnungseigentumsanlage?

Ein Wohnungseigentümer kann einen behindertengerechten Zugang zu seiner Wohnung nur dann von den Miteigentümern verlangen, wenn nicht deren höherrangige Rechte, wie zum Beispiel der Schutz vor erheblichem Wertverlust, entgegenstehen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 25.02.2013 – 411 C 8027/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten zwei schwerbehinderte Kläger, die Eigentümer von Wohnungen im Dachgeschoß und im 3. Obergeschoß einer Wohnungseigentumsanlage und aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf einen Aufzuge angewiesen sind, beantragt, dass ihnen auf ihre Kosten das Anbringen des Außenaufzugs genehmigt wird und nach Ablehnung ihres Antrags in der Eigentümerversammlung Klage vor dem AG München erhoben, mit dem Ziel, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung für ungültig erklärt und die Miteigentümer verpflichtet werden, der Errichtung des Außenaufzugs zuzustimmen, wobei sie, die Kläger, alle Kosten für den Aufzug auch in Zukunft übernehmen würden.

Die Klage hatte keinen Erfolg,

und das AG nach Abwägung zwischen

  • dem von Art. 3 Grundgesetz (GG) geschützten Recht der klagenden Eigentümer auf behindertengerechte Nutzung ihre Wohnungen und
  • dem Interesse der übrigen Eigentümer am Schutz ihres Eigentums,

zu dem Ergebnis kam, dass das Interesse der übrigen Miteigentümer im vorliegenden Fall vorrangig ist.

Bei seiner Abwägung berücksichtigte das AG,

  • einerseits, dass das Grundgesetz die barrierefreie Ausgestaltung als verfassungsrechtliche Vorgabe wegen des Verbotes der Benachteiligung Behinderter fordert, einem Behinderten der barrierefreie Zugang zu seiner Wohnung nicht vorenthalten oder unzumutbar erschwert werden dürfe und die barrierefreie Ausgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinzunehmen sei, wenn sie nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der übrigen Miteigentümer führe

sowie

  • andererseits, dass jeder Eigentümer grundsätzlich auf den Bestand seines Eigentums vertrauen könne, von den Klägern bewusst eine Wohnung ohne Aufzug erworben worden sei, obwohl die Möglichkeit der eingeschränkten Mobilität im Alter allgemein bekannt ist und daher für den Erwerber einer Wohnung ohne Aufzug erkennbar sei, dass diese Wohnung eventuell im Alter nicht mehr uneingeschränkt nutzbar sein könnte.

Entscheidend dafür, das Schutzbedürfnis der Kläger und ihre Interessen etwas geringer zu bewerten als das Interesse der übrigen Miteigentümer war letztlich,

  • dass hier durch den Bau des Außenaufzugs die Nutzbarkeit der Garagen und damit der Wert der Garagen und auch der Wohnungen erheblich beeinträchtigt worden wären und
  • dass nach Ansicht des AG, eine mit einer barrierefreien Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums einhergehende erhebliche Wertminderung der Anlage oder einzelner Wohneinheiten nach Auffassung des AG nicht mehr als hinzunehmende unerhebliche Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer anzusehen ist.

Die Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Garagen und die dadurch bedingte erhebliche Wertminderung sah das AG darin,

  • dass mit der Errichtung des Aufzuges das Einparken in die Garagen mit zusätzlichem Rangieraufwand verbunden gewesen wäre,

was, wie das AG meinte, deshalb zu einer Wertminderung der Garagen sowie der Wohnungen der übrigen Miteigentümer führe,

  • weil es für einen Käufer von erheblicher Bedeutung sei, wie die Zufahrt zu einer Garage möglich und ob das Befahren problemlos in einem Zug oder nur mit mehrmaligem Rangieren möglich ist und dass, je größer der Aufwand für das Ein- und Ausparken, desto geringer der Wert der Garage im Verhältnis zu problemlos befahrbaren Garagen sei.
  • Hinzu komme, dass bei zusätzlichem Rangieren im Hofbereich zusätzlicher Lärm und zusätzliche Abgase entstehen, die diejenigen Eigentümer beeinträchtigen, die Fenster zum Hofbereich haben.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 16.01.2015 – 03/15 – mitgeteilt.