Wann ist das Merkmal „demnächst“ in § 167 ZPO erfüllt und wann nicht?

Wann ist das Merkmal „demnächst“ in § 167 ZPO erfüllt und wann nicht?

Nach § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) tritt, sofern

  • durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder
  • die Verjährung neu beginnen oder
  • nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gehemmt werden soll,

diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein,

  • wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

 

Das Merkmal „demnächst“ ist nur erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten.

  • Eine der Partei zuzurechnende Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen wird dabei regelmäßig hingenommen (vgl. nur Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12.01.1996 – V ZR 246/94 –), um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen.

 

In der typisierbaren Fallgruppe des nach § 12 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zu leistenden Gerichtskostenvorschusses kommt es bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen

  • nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse,
  • sondern darauf an, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteile vom 10.02.2011 – VII ZR 185/07 – und vom 20.04.2000 – VII ZR 116/99 –).

 

Gemessen daran hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 154/14 – in einem Fall,

  • in dem ein Wohnungseigentümer einen auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 02.11.2012 gefassten Beschluss mit einer am 23.11.2012 bei Gericht eingegangen Klage angefochten hatte und
  • in dem der Prozessbevollmächtigte des klagenden Wohnungseigentümers nach Korrespondenz zur vorläufigen Streitwertfestsetzung die an ihn versandte Aufforderung zur Zahlung des Vorschusses am 18.12.2012 erhalten hatte und nach deren Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung des klagenden Wohnungseigentümers der Vorschuss am 07.01.2013 bei der Justizkasse eingegangen war,

 

entschieden, dass die Zustellung „demnächst“ bewirkt worden ist, weil eine dem klagenden Wohnungseigentümer vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen nicht vorliegt und somit auch materielle einmonatige Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs.1 Satz 2 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) gewahrt ist.

Denn, wie der V. Zivilsenat des BGH ausgeführt hat, ist,

  • wenn, es wie hier der Fall war, der Kostenvorschuss verfahrenswidrig (§ 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 Kostenverfügung-Berlin aF) nicht von der Partei selbst, sondern über deren Anwalt angefordert wurde, zunächst die damit einhergehende – der Partei nicht zuzurechnende – Verzögerung im Allgemeinen zu veranschlagen
  • mit drei Werktagen unter Ausklammerung des Eingangstages und von Wochenendtagen.

 

Innerhalb einer solchen Zeitspanne kann auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien eine Kenntnisnahme, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Postlaufzeiten auch der Eingang bei der Partei selbst erwartet werden.

  • Dies führte vorliegend, da die Kostenanforderung dem Prozessbevollmächtigten am 18.12.2012 (Dienstag) zugegangen ist, dazu, dass der Kläger so zu stellen war, wie er stünde, wenn ihm selbst die Anforderung erst am 21.12.2012 (Freitag) zugegangen wäre.

 

Sodann ist in Rechnung zu stellen, dass von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei nicht verlangt werden kann, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen (vgl. auch Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2011 – I-2 U 102/10 –; mangels Entscheidungserheblichkeit bislang offen gelassen im Urteil des BGH vom 30.03.2012 – V ZR 148/11 –); ebenso ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise mit dem 24. und 31.12. (Heiligabend und Silvester) zu verfahren, weil an diesen Tagen vielfach überhaupt nicht oder doch nur eingeschränkt gearbeitet wird.

  • Da der Kläger danach frühestens am 27.12.2012 (Donnerstag) hätte tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 07.01.2013 bei der Justizkasse eingegangen ist, liegt selbst ohne Berücksichtigung des für die Überweisung durch die Bank erforderlichen Zeitraums keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.

 


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