Kollision zwischen einem auf der Vorfahrtstraße fahrenden PKW, der nach rechts blinkt, dann aber weiter geradeaus fährt, und dem nach links auf die Vorfahrtstraße auffahrenden Wartepflichtigen – Haftungsverteilung?

Kollision zwischen einem auf der Vorfahrtstraße fahrenden PKW, der nach rechts blinkt, dann aber weiter geradeaus fährt, und dem nach links auf die Vorfahrtstraße auffahrenden Wartepflichtigen – Haftungsverteilung?

Ein Wartepflichtiger darf nur dann auf ein Abbiegen vertrauen darf, wenn über das bloße Betätigen des Blinkers hinaus in Würdigung der Gesamtumstände,

  • sei es durch eine eindeutige Herabsetzung der Geschwindigkeit, wie etwa ein regelmäßig Abbiegevorgängen vorausgehendes Abbremsen des Vorfahrtberechtigten oder
  • aber einen zweifelsfreien Beginn des Abbiegemanövers

eine zusätzliche tatsächliche Vertrauensgrundlage geschaffen worden ist, die es im Einzelfall rechtfertigt, davon auszugehen, das Vorrecht werde nicht (mehr) ausgeübt (so der überwiegende Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung u. a. Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Urteil vom 11.03.2008 – 4 U 228/07 –).
Der Wartepflichtige darf also niemals „blindlings“ auf das Abbiegen des Blinkenden vertrauen.
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) darf der Wartepflichtige nur dann in die Vorfahrtstraße einfahren, wenn er übersehen kann, dass er den, der die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert.

Den Wartepflichtigen trifft insoweit eine gesteigerte Sorgfalt, die bedingt, dass er

  • auch mit einem verkehrswidrigen Verhalten des Vorfahrtberechtigten rechnen muss und
  • somit regelmäßig nur auf das Unterbleiben atypischer, grober Verstöße des Vorfahrtberechtigten vertrauen darf.

Das Zurückstellen des Blinkers unterbleibt nicht selten aus Unaufmerksamkeit. Auch wird mitunter fälschlich von einem in Wirklichkeit nicht vorliegenden automatischen Zurücksetzen ausgegangen. Das Blinken allein ist zumal angesichts der in solchen Fällen evidenten Gefahrensituation (oftmals hohe Kollisionsgeschwindigkeiten) deshalb allein noch keine ausreichende Grundlage, um auf ein tatsächliches Abbiegen des Vorfahrtberechtigten vertrauen zu können.
Ein besonnen und vorausschauend agierender Verkehrsteilnehmer muss sich deshalb anhand weiterer Umstände vergewissern, ob tatsächlich ein Abbiegen bevorsteht.

Es ist Sache des Wartepflichtigen, diejenigen Umstände darzulegen und zu beweisen, die dafür sprechen, dass er auf ein Abbiegen und damit verbundenen Vorfahrtverzicht vertrauen durfte.
Sind solche Umstände nicht vorhanden, wiegt der Vorfahrtverstoß regelmäßig schwerer als das missverständliche Blinken des Vorfahrtsberechtigten, so dass in solchen Fällen der Haftungsanteil des Wartepflichtigen regelmäßig überwiegt, der allein auf das Blinken vertraut (OLG Hamm, Urteil vom 11.03.2003 – 9 U 169/02 –).

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden mit Beschluss vom 24.04.2014 – 7 U 1501/13 – hingewiesen.

 


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