Tag Käufer

Wichtig zu wissen für Käufer einer Immobilie, die sich vom Kaufvertrag aufgrund einer Pflichtverletzung des Verkäufers

…. wieder lösen möchten und auch können.

Mit Urteil vom 24.09.2021 – V ZR 272/19 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass Käufer einer Immobilie, die den notariellen Kaufvertrag

  • wegen arglistiger Täuschung 

wirksam angefochten haben, 

  • neben der Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückübertragung der Immobilie,

auch

  • eine, an einen von ihnen beauftragten Makler gezahlte Provision sowie  
  • die von ihnen entrichtete Grunderwerbsteuer 

vom Verkäufer ersetzt verlangen können, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer gegen 

  • den Makler und 
  • den Fiskus 

bestehenden Erstattungsansprüche.

Dass in den Fällen, in denen sich ein Käufer einer Immobilie aufgrund einer Pflichtverletzung des Verkäufers wieder lösen kann,  

  • die von ihm an den von ihm beauftragten Makler gezahlte Provision und 
  • die von ihm entrichtete Grunderwerbsteuer 

ersatzfähige Schadensersatzpositionen darstellen, hat der Senat damit begründet, dass 

  • nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

der Käufer so zu stellen ist, wie er ohne die Pflichtverletzung des Verkäufers stünde, er daher auch Ersatz 

  • seiner im Vertrauen auf den Vertragsschluss getätigten Aufwendungen 

verlangen kann, wenn er 

  • an dem Vertrag nicht festhält, 

und dass diesem Ersatzanspruch nicht entgegensteht, dass der Käufer auch 

  • von dem Makler die, nach der wirksamen Kaufvertragsanfechtung ohne Rechtsgrund geleistete Provision nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sowie
  • vom Fiskus nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) die Aufhebung der Festsetzung der Grunderwerbsteuer, mit der Folge des Entstehens eines Erstattungsanspruchs 

verlangen könnte, weil Ersatz- oder Rückforderungsansprüche, 

  • die dem von einer Pflichtverletzung Betroffenen infolge der Pflichtverletzung gegenüber Dritten entstehen, 

die Annahme eines Schadens im Verhältnis zu ihm und dem für die Pflichtverletzung Verantwortlichen nicht ausschließen, 

  • vielmehr es einem Geschädigten in dieser Situation freisteht, wen er in Anspruch nimmt, 

dass allerdings, wenn er den Verkäufer in Anspruch nimmt, dieser 

  • in entsprechender Anwendung von § 255 BGB 

nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen den Dritten zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Dieselgate: BGH bestätigt Verurteilung der AUDI AG wegen Verwendung eines VW-Motors mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung

…. zum Schadensersatz gegenüber den Fahrzeugkäufern.

Mit Urteilen vom 25.11.2021 – VII ZR 238/20, VII ZR 243/20, VII ZR 257/20 und VII ZR 38/21 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) die 

  • Revisionen der AUDI AG 

gegen vier Urteile des Oberlandesgerichts (OLG) München zurückgewiesen, mit denen die AUDI AG,

  • weil sie Fahrzeuge von ihr mit von der Volkswagen AG gelieferten Motoren EA 189 ausgestattet und in den Verkehr gebracht hatte, deren Motorsteuerungen so programmiert waren, dass bei Messung der Schadstoffemissionen auf einem Prüfstand der Stickoxidausstoß reduziert wurde,     

wegen 

  • vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

verurteilt worden war, den Fahrzeugkäufern

  • den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, zu erstatten, 
  • Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. 

Begründet sind die Zurückweisungen der Revisionen vom Senat damit worden, dass das OLG im Ergebnis in allen vier Fällen rechtsfehlerfrei festgestellt habe, dass wenigstens ein 

  • an der Entscheidung über den Einsatz des Motors EA 189 in Fahrzeugen der AUDI AG beteiligter Repräsentant der AUDI AG

wusste, dass die von der Volkswagen AG gelieferten Motoren mit einer auf 

  • arglistige Täuschung des Kraftfahrbundesamtes (KBA) abzielenden unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware

ausgestattet waren und daher die AUDI AG,

  • die für dessen vorsätzliches sittenwidriges Verhalten entsprechend § 31 BGB einzustehen hat, 

vom OLG zu Recht als den Fahrzeugkäufern gegenüber 

  • nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig 

angesehen worden ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH).  

Übrigens:
Vergleiche hierzu auch unseren Blog vom 09.03.2021:

Was Käufer, die wegen eines Mangels der Kaufsache vom Kaufvertrag zurücktreten möchten, wissen müssen

Der Käufer einer Sache, der 

  • nach der Übergabe der Kaufsache 

feststellt, dass diese einen 

  • bei der Übergabe bereits vorhanden gewesenen 

Mangel (§ 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) aufweist 

und deshalb vom Kaufvertrag 

  • nach § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, §§ 346 ff. BGB 

zurücktreten will, kann dies nur, wenn

  • das Rücktrittsrecht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, 
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB wegen des Mangels vereinbart worden sowie 
  • der Mangel nicht als nur unerheblich bzw. geringfügig im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen ist

und in der Regel auch erst, wenn dem Verkäufer

  • zur Nacherfüllung (Nachbesserung oder Nachlieferung) nach §§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1 BGB

gemäß §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB eine angemessene Frist gesetzt worden ist, d.h.,

  • der Mangel gerügt,
  • dem Verkäufer die Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Nacherfüllung zur Verfügung gestellt worden (BGH, Urteile vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08 – und vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 –),
  • die dem Verkäufer gesetzte Frist so bemessen ist, dass bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich vom Verkäufer nicht nur die Leistungshandlung vorgenommen, sondern auch der Leistungserfolg herbeigeführt werden kann sowie 
  • verlangt worden ist – was der Käufer frei wählen kann, solange der Verkäufer nicht nachweisen kann, dass er die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB verweigern kann (vgl. hierzu auch § 475 Abs. 4 BGB) – binnen der gesetzten Frist
    • entweder den gerügten Mangel zu beseitigen
    • oder eine mangelfreie Sache zu liefern 

und der Verkäufer dem Verlangten innerhalb der Frist nicht nachgekommen ist, d.h., im Fall einer verlangten Mangelbeseitigung, innerhalb der Frist 

  • den Mangel nicht vollständig beseitigt und 
  • die erfolgte Mängelbeseitigung nicht fachgerecht ausgeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19 – auch dazu, dass ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung nur dann Rücktrittsvoraussetzung ist, wenn das Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden war).

Entbehrlich ist das Setzen einer Frist zur Nacherfüllung dann, wenn – wofür der Käufer darlegungs- und beweisbelastet ist –

  • vom Verkäufer eine Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert worden ist,
  • eine Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar wäre (§ 440 Satz 1 Alt. 3 BGB)

 oder 

  • besondere Umstände unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). 

Danach ist beispielsweise eine Fristsetzung entbehrlich, wenn der Verkäufer dem Käufer einen 

  • ihm bekannten Mangel 

bei Abschluss des Kaufvertrags 

  • arglistig verschwiegen 

hat, weil hierdurch regelmäßig die 

  • auf Seiten des Käufers zur Nacherfüllung 

erforderliche Vertrauensgrundlage entfällt.

In den Fällen, in denen Käufer ein vom sog. Dieselskandal betroffenes,

  • also aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung mangelhaftes 

Neufahrzeug von einem Händler erworben haben,

  • dem dieser Mangel bei Vertragsabschluss selbst nicht bekannt war,  

ist allerdings zu beachten, dass sich dieser das arglistige Handeln des Fahrzeugherstellers 

  • nicht zurechnen 

lassen muss, so dass eine dem Verkäufer vor Ausübung eines mangelbedingten Rücktrittsrechts vom Käufer einzuräumende Frist zur Nacherfüllung nicht allein deshalb entbehrlich ist, weil 

  • das betreffende Fahrzeug vom Hersteller mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr gebracht worden ist oder 
  • der (bloße) Verdacht besteht, dass ein zur Mangelbeseitigung angebotenes Software-Update zu anderen Nachteilen am Fahrzeug führen könnte (BGH, Urteil vom 29.09.2021 – VIII ZR 111/20 –).

Gegenüber einem Verkäufer

  • der sich bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß verhalten hat und 
  • eine Nachbesserung allein in Form eines von eben diesem Hersteller entwickelten und der zuständigen Behörde freigegebenes Software-Updates anbietet,

werden Käufer deshalb zum sofortigen Rücktritt nur dann berechtigt sein, wenn 

  • sie, beispielsweise durch Sachverständigengutachten beweisen können, dass 

das vom Verkäufer angebotene Software-Update zu Nachteilen bzw. Folgeschäden am Fahrzeug führt.

Übrigens:
Mängelansprüche gegen den Verkäufer beim Kauf einer Sache verjähren, 

gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren ab Lieferung des Kaufsache.  

Nur wenn der Verkäufer dem Käufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, gilt gemäß §§ 438 Abs. 1 Abs. 3 Satz 1, 195 BGB eine dreijährige Verjährungsfrist.

Sind die Mängelansprüche verjährt, können sie möglicherweise nicht mehr durchgesetzt werden, weil der Verkäufer, 

  • sofern er vor Eintritt der Verjährung nicht hierauf verzichtet hat, 

dann 

  • die Einrede der Verjährung erheben und 
  • die Leistung verweigern kann (§ 214 Abs. 1 BGB). 

Wichtig zu wissen für alle Autokäufer, die zur Finanzierung des Autokaufs einen Verbraucherkreditvertrag

…. abgeschlossen haben – Der Gerichtshof der Europäischen Union stärkt ihre Rechte und lässt, wenn 

  • der Inhalt des Kreditvertrages zu ungenau oder 
  • eine der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 über Verbraucherkredite vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist,

den Widerruf des Kreditvertrages durch die Autokäufer 

  • auch Jahre nach der Vertragsunterzeichnung noch 

zu.      

Nach dem Urteil der Sechsten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 09.09.2021 in den Rechtssachen C-33/20, C-155/20, C-187/20 kann der Käufer eines Autos, der einen 

  • ausschließlich zur Finanzierung des Autokaufs dienenden 

Verbraucherkreditvertrag mit einer Bank abgeschlossen hat, den Kreditvertrag

  • nicht nur innerhalb von vierzehn Kalendertagen, sondern 

auch noch Jahre nach der Vertragsunterzeichnung 

  • widerrufen,

mit der Rechtsfolge, dass er, 

  • sofern der Kreditvertrag noch läuft, ab dem Widerruf keine weiteren Darlehensraten mehr an die Bank zahlen muss 

und

  • Zug um Zug gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeugs sowie 
  • abzüglich der Nutzungsvorteile

verlangen kann

  • von der Bank, 
    • Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten, 

sowie 

  • vom Autoverkäufer 
    • eine eventuell an diesen geleistete Kaufpreisanzahlung,

wenn beispielsweise 

  • nicht nach Artikel 10 Abs. 2 Buchst. a, c und e der Richtlinie 2008/48 im Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form angegeben ist, 
    • dass es sich um einen „verbundenen Kreditvertrag“ im Sinne von Art. 3 Buchst. n dieser Richtlinie handelt und 
    • dass dieser Vertrag als befristeter Vertrag geschlossen worden ist,
  • nicht nach Artikel 10 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie 2008/48 in dem Kreditvertrag 
    • der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes angegeben und 
    • der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret beschrieben ist

oder

  • nicht nach Artikel 10 Abs. 2 Buchst. r der Richtlinie 2008/48 im Kreditvertrag 
    • die Methode für die Berechnung der bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens fälligen Entschädigung in einer konkreten und für einen Durchschnittsverbraucher leicht nachvollziehbaren Weise angegeben ist, 
    • so dass dieser die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der in diesem Vertrag erteilten Informationen bestimmen kann.

Dieselgate: Motor- und/oder Fahrzeugherstellerin? – Wer ist wann gegenüber einem Fahrzeugkäufer in einem sogenannten Dieselfall

…. schadensersatzpflichtig gemäß §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung 
  • aufgrund Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung?

Hat eine Kraftfahrzeugherstellerin in von ihr hergestellten und in den Verkehr gebrachten Kraftfahrzeuge eines bestimmten Fahrzeugtyps  

  • ihr gelieferte 

Dieselmotoren eingebaut, die von der Herstellerin der Motoren 

  • entwickelt

und mit einer

  • das Abgasrückführungsventil steuernden 

Software ausgestattet wurden, die 

  • erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befindet und 
  • zur Erlangung der (jeweiligen) Kraftfahrzeugtypengenehmigung 

bewirkt, dass die dafür zulässigen Abgasgrenzwerte 

  • nur auf dem Prüfstand, 
  • nicht aber im normalen Straßenverkehr 

eingehalten,

  • d.h. im Prüfstandsbetrieb weniger Stickoxid als im Betrieb auf der Straße ausgestoßen

werden, haften gegenüber unwissenden Käufern solcher Fahrzeugs gemäß §§ 826, 31 BGB 

  • wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung

für den Schaden der Fahrzeugkäufer, der darin liegt, dass sie, 

  • aufgrund der ihnen verschwiegenen unzulässigen Abschalteinrichtung so nicht gewollte Verbindlichkeiten eingegangen sind und 
  • ein mit einer unzulässigen Steuerungssoftware ausgerüstetes Fahrzeug erworben haben,

die Herstellerin der Motoren, weil 

  • deren verfassungsmäßig berufene Vertreter mit der Herstellung der Motoren und der Programmierung der Motorsteuerungssoftware 
    • das Kraftfahrbundesamt (KBA) zur Erlangung der Typengenehmigungen für alsbald in den Verkehr zu bringende Fahrzeuge arglistig getäuscht und 

wobei die Motorherstellerin die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Fragen trifft, 

Will der Fahrzeugkäufer die Fahrzeugherstellerin – die nicht selbst die bemakelten Motoren hergestellt hat –

  • neben oder 
  • anstelle

der Motorherstellerin auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, trifft den Fahrzeugkäufer dahingehende erhöhte Darlegungslast, dass er 

  • im Streitfall 

substantiiert darlegen können muss,   

  • dass bei der Fahrzeugherstellerin von verfassungsmäßig berufenen Vertretern die grundlegende strategische Entscheidung getroffen wurde, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter arglistiger Täuschung des KBA und bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Fahrzeugerwerber bei in den Verkehr zu bringenden Fahrzeugen eine illegale Motorsteuerung zu verwenden 

oder zumindest, dass 

  • verfassungsmäßig berufene Vertreter der Fahrzeugherstellerin an der Motorenentwicklung beteiligt waren bzw. 
  • von der Ausstattung der gelieferten Motoren mit einer dem KBA gegenüber verheimlichten Abschalteinrichtung Kenntnis hatten und in Kenntnis dieses Umstandes ihre Fahrzeuge mit diesem Motor versehen und in den Verkehr gebracht haben (BGH, Urteil vom 08.03.2021 – VI ZR 505/19 –).