Wenn die erste Prämie einer Kraftfahrt-Vollkaskoversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht bezahlt ist

Wenn die erste Prämie einer Kraftfahrt-Vollkaskoversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht bezahlt ist

Die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Nichtzahlung der einmaligen oder ersten Versicherungsprämie setzt den Nachweis des Zugangs einer entsprechenden Prämienrechnung voraus.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart mit Urteil vom 10.09.2015 – 7 U 78/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der Kläger nach einem Verkehrsunfall mit seinem PKW, aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages über eine Kraftfahrt-Vollkaskoversicherung, den dadurch entstandenen Schaden in Höhe von 5.504,32 EUR, abzüglich des Selbstbehalts von 300,00 EUR, von dem beklagten Versicherer verlangt hatte,
  • den Versicherer antragsgemäß verurteilt, weil
    • dieser sich gegen den geltend gemachten Anspruch ausschließlich damit verteidigt hatte, er sei wirksam nach § 37 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vom Versicherungsvertrag zurückgetreten sowie zudem auch nach § 37 Abs. 2 VVG leistungsfrei,
    • vom Kläger der Zugang des Versicherungsscheins bestritten worden war und
    • der beklagte Versicherer nicht bewiesen hatte, dass dem klagenden Versicherungsnehmer der einschlägige Versicherungsschein vor dem Verkehrsunfall bzw. vor Zugang des Rücktrittsschreibens zugegangen war.

 

Wie das OLG Stuttgart zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt hat,

  • ist nach § 37 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) der Versicherer, wird die einmalige oder die erste Prämie nicht rechtzeitig gezahlt, solange zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, wie die Zahlung nicht bewirkt ist und
  • nach § 37 Abs. 2 Satz 1 VVG nicht zur Leistung verpflichtet, wenn die einmalige oder die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht gezahlt ist und der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge der Nichtzahlung der Prämie aufmerksam gemacht hat,

 

es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten.

Voraussetzung von Rücktrittsrecht und Leistungsfreiheit ist es demnach,

  • dass die Erstprämie nicht rechtzeitig gezahlt worden ist,
  • was das Ausbleiben der Leistungshandlung zum Zeitpunkt der Fälligkeit voraussetzt.

 

Für den obigen Streitfall bedeutet dies,

  • die Erstprämie, auf deren Nichtzahlung sich der Versicherer zur Begründung seines auf § 37 Abs. 1 VVG bzw. aus § 37 Abs. 2 VVG gestützten Einwands beruft,
  • hätte zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls bzw. zum Zeitpunkt des erklärten Rücktritts zur Zahlung fällig sein müssen.

 

Fälligkeitsvoraussetzung ist indes

  • der Zugang des Versicherungsscheins,
  • für den der Versicherer darlegungs- und beweisbelastet ist, wenn der Versicherungsnehmer den Zugang bestreitet, wobei er sich insoweit auf einfaches Bestreiten beschränken kann.

 

Einen solchen Zugang beweist – auch nicht prima facie – weder die Absendung, noch der Umstand, dass die Sendung nicht zurückgekommen ist.
Erfahrungssätze, dass Postsendungen den Empfänger erreichen bestehen nämlich nicht, zumal es in der Hand des Versicherers liegt, etwaige Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, indem er den Versicherungsschein durch Einschreiben mit Rückschein übersendet. Verzichtet ein Versicherer hierauf führt dies dazu, dass er die durch eine Beweisfälligkeit entstehenden Kosten zu tragen hat.

 


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