Tag Versicherungsrecht

Auch die eigene in Anspruch genommene Vollkaskoversicherung muss nicht immer zahlen

Will ein Versicherter nach einem Verkehrsunfall die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen, muss diese nicht zahlen, wenn der Versicherte

  • bei seiner Schadensanzeige objektiv unrichtige Angaben zum Unfallgeschehen gemacht und
  • hierdurch arglistig seine vertraglich vereinbarte Aufklärungsobliegenheit verletzt hat.

Den Versicherungsnehmer treffen im Verhältnis zum Versicherer nämlich verschiedene vertraglich vereinbarte Pflichten, sog. Obliegenheiten.

  • Schon die grob fahrlässige Verletzung dieser Pflichten kann zur Kürzung der Versicherungsleistung führen und
  • im Fall einer vorsätzlichen Verletzung der vertraglichen Pflichten ist der Versicherer vollständig von seiner Leistungsfreiheit befreit.

Darauf hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 18.11.205 – 12 O 578/14 – hingewiesen und die Klage eines Klägers, der nach einem Verkehrsunfall gegen den Vollkaskoversicherer seines Pkws Ansprüche im fünfstelligen Bereich geltend gemacht hatte, abgewiesen, weil der Kläger

  • um eine für sich günstige Regulierungsentscheidung herbeizuführen
  • in der Schadensmeldung die Frage der beklagten Versicherung nach der Schuld an dem Verkehrsunfall objektiv falsch beantwortet und obwohl an dem Unfall ein Fußgänger überhaupt nicht beteiligt, sondern er aus ungeklärter Ursache von der Mittelspur auf die rechte Fahrspur gewechselt war, angegeben hatte, ein Fußgänger sei in hohem Tempo über die Straße gelaufen und er habe zur Vermeidung einer Kollision sein Fahrzeug reflexartig nach rechts gezogen (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 27.05.2016 – Nr. 14/2016 –).

Was Jeder, der eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert hält, wissen sollte

Erwirbt ein Versicherungsnehmer, der eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert abgeschlossen hat, falls sein Haus abbrennt, nach den Allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB)

  • einen Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil), nur,
  • soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen,

ist Voraussetzung für den Anspruch auf den Neuwertanteil

  • nicht nur, dass mit der geforderten Neuwertentschädigung keine (objektive) Bereicherung des Versicherungsnehmers verbunden ist,
  • sondern auch, dass das Neubauvorhaben des Versicherungsnehmer von gleicher Art (Größe) und Zweckbestimmung ist, wie das durch den Brand zerstörte Haus.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.04.2016 – IV ZR 415/14 – hingewiesen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass eine solche, so genannte strenge Wiederherstellungsklausel sich orientiert an dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck der Neuwertversicherung,

  • den Schaden auszugleichen, der dem Versicherungsnehmer dadurch entsteht, dass er einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss, wenn er das zerstörte Gebäude wiederherstellt,
  • wobei auf diesen tatsächlichen Schaden der Umfang des Ersatzanspruchs allerdings auch beschränkt ist.

Die Neuwertversicherung soll grundsätzlich nicht auch solche Aufwendungen abdecken, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes bei seiner Wiedererrichtung verursacht wurden.
Eine derartige Bereicherung des Versicherungsnehmers aus Anlass des Schadenfalles ist zu vermeiden, auch um das Interesse am Abbrennen des versicherten Gebäudes nicht zu fördern.

  • Zweck der Wiederherstellungsklausel ist es deshalb zum einen,
    • die Bereicherung durch die Neuwertentschädigung auf den Teil zu beschränken,
    • der das Bedürfnis für die Neuwertversicherung begründet, also auf die ungeplanten, dem Versicherungsnehmer erst durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben (BGH, Urteile vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 –; vom 21.02.1990 – IV ZR 298/88 – und vom 08.06.1988 – IVa ZR 100/87 –).
  • Zum anderen zielt die Bestimmung ersichtlich für den Versicherungsnehmer aber auch auf
    • die Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers,
    • der davor geschützt werden soll, dass der Versicherungsnehmer – wie bei freier Verwendbarkeit der Versicherungsleistung – in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen (BGH, Urteile vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 – und vom 18.02.2004 – IV ZR 94/03 –).

Solche unerwünschten Vermögensvorteile können auch darin bestehen, dass

  • der Versicherungsnehmer zwar bereit ist, die durch eine Erweiterung oder wesentliche Veränderung des Neubaus gegenüber dem Vorgängergebäude entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen,
  • im Übrigen aber auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Gebäude bei der Finanzierung des neuen Bauvorhabens zurückgreifen kann.

Wollte man dem Versicherungsnehmer diesen Zugriff auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus ungeachtet der Art und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes zur freien Verwendung gestatten, wäre auch dadurch das subjektive Risiko erhöht, weil Versicherungsnehmer dann ebenfalls versucht sein könnten, zur Teilfinanzierung eines Neubauvorhabens den Versicherungsfall vorsätzlich herbeizuführen.

Wer während des Urlaubs eines Bekannten dessen Hund betreut ist nicht gesetzlich unfallversichert

Betreut man den Hund eines Bekannten wird man regelmäßig nicht wie ein Beschäftigter tätig und ist man demzufolge auch nicht gesetzlich unfallversichert.

Darauf hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 12.04.2016 – L 3 U 171/13 – hingewiesen und entschieden, dass kein gesetzlich versicherter Arbeitsunfall vorliegt, wenn

  • eine Person auf Bitte eines Bekannten die Betreuung des Hundes des Bekannten während des mehrwöchigen Urlaubs des Bekannten übernimmt und
  • von dem Hund beim Spielen mit dem Tier gebissen wird.

Danach handelt es sich in einem solchen Fall, so das LSG, jedenfalls dann, wenn dem Hundebetreuer bei der Betreuung des Tieres weitgehend freie Hand gelassen wird,

  • nicht um eine abhängige Beschäftigung oder eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit, so dass der Hundebetreuer weder als Beschäftigter des Hundebesitzers noch als sog. Wie-Beschäftigter gesetzlich unfallversichert ist, sondern

um eine selbstständige Geschäftsbesorgung oder selbstständige Dienstleistung (Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt vom 03.05.2016 – Nr. 6/2016 –).

Reiserücktrittsversicherung muss Witwe Reisestornogebühren nicht erstatten

Eine Versicherungsnehmerin, die für sich und ihren Ehemann eine Reise für den Zeitraum 07.06.2014 bis 17.06.2014 gebucht, eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen hatte und die Reise deshalb storniert hatte,

  • weil in der Nacht vom 30.04.2014 auf den 01.05.2014 völlig überraschend ihr Ehemann verstorben war und
  • sie infolge des Todes ihres Mannes an einer akuten Belastungsstörung litt,

 

erhält die ihr vom Reiseveranstalter berechneten Stornogebühren in Höhe von 3.441,60 Euro von der Reiserücktrittsversicherung nicht ersetzt.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 20.08.2015 – 233 C 26770/14 – entschieden.

Dass die Versicherungsnehmerin gegen die Reiserücktrittsversicherung keinen Anspruch auf Erstattung der Stornierungskosten hat, begründete das AG damit, dass von der Versicherungsnehmerin das versicherte Ereignis, nämlich den Tod ihres Ehemannes erst am 20.05.2014 angezeigt worden war und damit nicht, wozu sie nach den Versicherungsbedingungen verpflichtet gewesen wäre, unverzüglich und die Versicherung nach den Vertragsbedingungen wegen dieser vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung der Versicherungsnehmerin von der Leistungspflicht frei geworden ist

Abgesehen davon war das AG auch der Ansicht, dass es sich bei einer akuten Belastungsreaktion aufgrund der Trauer um den Partner in der Regel um keine unerwartet schwere Erkrankung im Sinn der Reiserücktrittsbedingungen handelt. Dass die Versicherungsnehmerin nachvollziehbarerweise eine akute Belastungsreaktion – mithin einen psychischen Schock – zeigte, sei, wie das AG ausführte, keine psychische Störung im Sinne eines regelwidrigen Zustandes. Vielmehr sei die (schwere) Trauer als ganz normale Folge des Versterbens eines nahen Angehörigen anzusehen.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 04.03.2016 – 19/16 – mitgeteilt.

 

Wenn Fragen im Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages unvollständig beantwortet werden

Verschweigt ein Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrages Vorerkrankungen kann der Versicherer zur Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein.

Darauf hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Coburg mit Urteil vom 02.09.2015 – 12 O 308/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem der Kläger im Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung im Jahr 2008 die Frage nach durchgeführten stationären Behandlungen oder Operationen bzw. nach ambulanten oder stationären Kurmaßnahmen der letzten zehn Jahre zwar bejaht, hierzu aber lediglich auf zwei chirurgische Maßnahmen aus den Jahren 2003 und 2005 verwiesen hatte,

  • obwohl er darüber hinaus in den Jahren 1998 und 1999 jeweils für mehrere Tage in stationärer Behandlung sowie im Jahr 2000 auch mehrere Monate in therapeutischer Behandlung, jeweils wegen seiner Alkoholabhängigkeit, gewesen war und
  • der Versicherer deswegen den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hatte,

 

entschieden,

  • dass die Anfechtung zu Recht erfolgt ist und der Kläger deswegen keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsvertrag hat.

 

Die Kammer war überzeugt davon, dass der Kläger die Frage nach durchgeführten stationären Behandlungen oder Operationen bzw. nach ambulanten oder stationären Kurmaßnahmen der letzten zehn Jahre durch das Verschweigen der in den Jahren 1998, 1999 und 2000 durchgeführten Behandlungen

  • nicht nur falsch beantwortet,
  • sondern dabei auch arglistig gehandelt hatte.

 

Maßgeblich für die Auffassung der Kammer, dass der Kläger arglistig gehandelt hat,

  • er sich also der Möglichkeit bewusst gewesen ist, dass, hätte er die in den Jahren 1998, 1999 und 2000 durchgeführten Behandlungen angegeben, der Antrag nicht angenommen worden wäre und
  • er trotzdem die Behandlungen nicht offenbart hat,

 

war, dass ihm sowohl das Gewicht seiner Alkoholerkrankung bewusst gewesen ist, als auch, dass eine Alkoholerkrankung ein sog. gefahrerheblicher Umstand für einen Versicherer ist (Quelle Pressemitteilung des Landgerichts Coburg vom 05.02.2016).

 

Auch bei nachbarschaftlichen Gefälligkeiten ist Haftung nicht ausgeschlossen

Wer absprachegemäß in der urlaubsbedingten Abwesenheit seines Nachbarn die Bewässerung von dessen Hausgarten übernimmt und

  • dabei durch leicht fahrlässiges Verhalten, beispielsweise weil er vergisst den Wasserhahn abzudrehen, einen Wasserschaden verursacht, für den die Gebäude- und Hausratsversicherung des Nachbarn eintritt,
  • kann von der Versicherung in Regress genommen werden.

 

Aus dem Nachbarschaftsverhältnis ergibt sich in diesen Fällen keine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 17.11.2015 – 9 U 26/15 – hingewiesen und in einem Fall wie dem obigen, in dem die Klägerin den bei ihr versicherten Nachbarn aus der Gebäude- und Hausratversicherung für den vom Beklagten verursachten Wasserschaden ca. 7.300 Euro erstattet hatte, entschieden, dass die Klägerin den Erstattungsbetrag von dem haftpflichtversicherten Beklagten ersetz verlangen kann.

Seine Entscheidung hat der Senat damit begründet,

  • dass der Klägerin zwar vertragliche Ansprüche ihres Versicherungsnehmers aus gemäß § 86 VVG übergegangenem Recht nicht zustehen, weil die Übernahme der Bewässerung des Gartens eines Nachbarn während dessen längeren Abwesenheit zu den alltäglichen unentgeltlich erbrachten Gefälligkeiten im Rahmen einer intakten nachbarschaftlichen Gemeinschaft gehört,
  • der Beklagte allerdings deliktsrechtlich nach § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. § 86 VVG für den verursachten Schaden haftet, weil er es versäumt hat, den Wasserhahn zu schließen und
  • ein Haftungsverzicht für leicht fahrlässiges Verhalten nicht angenommen werden kann, da daran weder der Beklagte noch sein Nachbar gedacht hatten.

 

Eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz lasse sich, wie der Senat weiter ausgeführt hat,

  • weder allein aus dem guten Nachbarschaftsverhältnis ableiten,
  • noch kann die von dem Bundesgerichtshof (BGH) entwickelte Rechtsprechung zum Regressverzicht des Gebäudeversicherers bei leicht fahrlässig verursachten Schäden am Gebäude durch den Mieter auf Fälle der vorliegende Art übertragen werden (BGH, Urteile vom 13.09.2006 – IV ZR 26/04 und IV ZR 116/05 –).

 

Wann haftet Gebäudeversicherer für Frostschäden im unbewohnten Ferienhaus?

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 23.12.2015 – 5 U 190/14 – in einem Fall,

  • in dem ein Eigentümer eines Ferienhauses, nachdem Anfang Februar, als Minustemperaturen im zweistelligen Bereich herrschten, in seinem zu dieser Zeit nicht bewohntem Ferienhaus nach dem Ausfall der Heizungsanlage (Baujahr 2009) mehrere Leitungen und Heizkörper geplatzt waren, es dadurch zu einem erheblichen Wasserschaden gekommen war und
  • der Eigentümer des Ferienhauses deswegen von seinem Gebäudeversicherer Zahlung einer Entschädigung in Höhe von rd. 11.000,-€ verlangt hatte,

 

seiner Klage im wesentlichen stattgegeben.

Der Gebäudeversicherer haftete für den in dem Ferienhaus entstandenen Frostschaden, da aufgrund der Beweisaufnahme feststand,

  • dass die Ventile der Heizkörper zumindest auf der sog. Sternstufe gestanden waren sowie
  • von einem von dem Kläger beauftragten Ehepaar zwei Mal die Woche in dem Ferienhaus alles überprüft, insbesondere auch die Heizungsanlage kotrolliert worden war und

 

der Kläger deshalb nach Auffassung des 5. Zivilsenats des OLG Oldenburg keine vertraglichen Obliegenheiten verletzt hatte.

Der Senat begründete dies damit, dass das Ferienhaus aufgrund der Heizkörperventileinstellung ausreichend beheizt und gegen Frost gesichert und die Heizungsanlage auch ausreichend kontrolliert worden war.
Bei einer Heizungsanlage aus dem Jahr 2009 reicht danach eine zwei Mal wöchentlich erfolgende Kontrolle aus.
Denn eine Heizungsanlage sei nur so häufig zu kontrollieren, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ein reibungsloses Funktionieren gewährleistet werden könne und eine Heizung so häufig zu kontrollieren, dass es auch bei einem plötzlichen Ausfall der Anlage nicht zu einem Frostschaden kommen könne, obliege einem Versicherungsnehmer nicht.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgericht Oldenburg am 18.01.2016 mitgeteilt.

 

Zeugnisverweigerungsrecht des behandelnden Arztes eines Versicherungsnehmers nach dessen Tod?

Beruft sich ein Lebensversicherer im Rechtsstreit um die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung darauf, dass der verstorbene Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages über seinen Gesundheitszustand wissentlich falsche Angaben gemacht bzw. offenbarungspflichtige Tatsachen verschwiegen und er deswegen den Lebensversicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, trägt er die Beweislast für das arglistige Verhalten des Versicherungsnehmers.

Der Versicherer muss also beweisen, dass der Versicherungsnehmer

  • die Unrichtigkeit seiner Angaben kannte und
  • es zumindest für möglich hielt, dass der Versicherer bei Kenntnis seines tatsächlichen Gesundheitszustandes den Vertrag über eine Risikolebensversicherung nicht oder nicht zu den erfolgten Bedingungen abgeschlossen hätte, wobei für ein solches Bewusstsein das Verschweigen schwerer, chronischer oder immer wieder auftretender Erkrankungen oder gesundheitlicher Beeinträchtigungen spricht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 24.11.2010 – IV ZR 252/08 –).

 

Beantragt der Versicherer die Vernehmung des Arztes, der den verstorbenen Versicherungsnehmer behandelt hat, zum Beweis dafür, dass dieser mit dem Versicherungsnehmer einen bestimmten Untersuchungsbefund besprochen, der Versicherungsnehmer also den Befund gekannt hat, ist zu bedenken,

  • dass dem Arzt der den Versicherungsnehmer behandelt hat, sofern er vom Versicherungsnehmer zu dessen Lebzeiten nicht wirksam von der Schweigepflicht entbunden worden ist, gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und
  • von einer mutmaßlichen Entbindung von der Schweigepflicht deshalb nicht ausgegangen werden kann, weil auf Seiten des Verstorbenen, nachdem die Beweislast für den Anfechtungsgrund bei dem Versicherer liegt, kein Interesse an einer Aussage des Arztes auszumachen ist.
     

Treffen nämlich die Angaben des Versicherungsnehmers zu seinem Gesundheitszustand im Antragsformular und dem Fragebogen zu, so bedarf es aus Sicht des Versicherungsnehmers hierzu keiner Bestätigung durch den behandelnden Arzt.
Sind die Angaben unvollständig oder gar falsch, so geht das Interesse des Verstorbenen dahin, dass dies nicht in einer Beweisaufnahme geklärt wird (Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluss vom 03.09.2014 – 12 W 37/14 –).
Somit ist in einem Fall wie dem obigen der Arzt zur Zeugnisverweigerung gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berechtigt (vgl. hierzu auch OLG Naumburg, Beschluss vom 09.12.2004 – 4 W 43/04 –).

Darauf hat der 12. Zivilsenat des OLG Karlsruhe mit Urteil vom 03.12.2015 – 12 U 57/15 – hingewiesen.

 

Luftverkehrsrechtliche Gefährdungshaftung nach § 45 LuftVG gilt auch für nicht gewerblich tätige Privatpiloten

Ein nicht gewerblich tätiger „Privatpilot“, der vereinbarungsgemäß Passagiere befördert, haftet als Luftfrachtführer gemäß § 45 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) für Schäden, die die Passagiere beim Absturz des Flugzeuges erleiden.

Darauf hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 19.11.2015 – 27 U 47/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der Inhaber einer Privatpilotenlizenz für eine Kostenbeteiligung von 600 Euro vier Personen mit einem Flugzeug von Langeoog nach Menden bringen sollte, das von dem Piloten hierfür gecharterte Flugzeug vom Typ Piper unterwegs aus ungeklärter Ursache abgestürzt war und dabei sämtliche Insassen ums Leben gekommen waren,

 

der Klage der Erbin der Passagiere gegen den Erben des Piloten auf Erstattung von Beerdigungskosten in Höhe von ca. 7.600 Euro stattgegeben.

Wie der Senat, der nach dem Vortrag der Parteien von einem haftungsbegründenden Unfallereignis im Sinne des LuftVG ausgegangen ist, u. a. ausgeführt hat,

  • habe der Beklagte als Erbe des Piloten die Schadensersatzpflicht des verstorbenen Piloten nach § 45 LuftVG zu erfüllen.

 

Der Pilot

  • habe nicht lediglich – rechtsunverbindlich – aus Gefälligkeit gehandelt,
  • sondern sei aufgrund des ihm erteilten Auftrages verpflichtet gewesen, die Passagiere zu einem Pauschalpreis von 600 Euro zu fliegen und
  • deshalb als Luftfrachtführer im Sinne des LuftVG anzusehen.

 

Dass § 45 LuftVG im Rahmen der dort festgelegten Haftungsgrenzen eine Gefährdungshaftung auch für nicht gewerblich tätige Privatpiloten begründet, hat der Senat als rechtlich unbedenklich erachtet.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 16.12.2015 mitgeteilt.

 

 

Wenn ein Insasse eines Autos beim Öffnen der Beifahrertür einen Unfallschaden verursacht

Der Kfz-Haftpflichtversicherer haftet grundsätzlich auch für einen Unfallschaden, den ein Insasse des versicherten Fahrzeugs durch das Öffnen der Beifahrertür verursacht.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 20.11.2015 – 13 S 117/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Bruder des Fahrzeughalters und Versicherungsnehmers beim Aussteigen aus dessen Fahrzeug mit der Beifahrertür gegen das ordnungsgemäß geparkte Fahrzeug der Klägerin gestoßen war.

Wie die Kammer ausgeführt hat, deckt die Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Verbindung mit § 1 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) den durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Schaden ab und der „Gebrauch des Kraftfahrzeugs“ in diesem Sinne schließt

 

In einem solchen Fall steht dem Geschädigten ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG gegen den Fahrzeughalter zu (so auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 20.03.1991 – 8 S 10140/90 –), dessen Risiko wiederum durch den Kfz-Haftpflichtversicherer gedeckt ist (vgl. Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) 2008 A.1.2).
Das gilt auch dann, wenn der Aussteigevorgang auf einer privaten Fläche stattgefunden hat.