Einsetzung „des verwitweten Ehegatten“ als Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung

Einsetzung „des verwitweten Ehegatten“ als Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung

Die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer, im Falle seines Todes solle „der verwitwete Ehegatte“ Bezugsberechtigter der Leistung aus der Lebensversicherung sein,

  • ist auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe und Wiederheirat des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin auszulegen,
  • dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt sein soll.

 

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.07.2015 – IV ZR 437/14 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem von einem geschiedenen und nach Wiederverheiratung verstorbenen Versicherungsnehmer
  • während seiner ersten Ehe eine Lebensversicherung abgeschlossen und dabei auf einem Vordruck des Versicherers als Bezugsberechtigter nach seinem Tod „der verwitwete Ehegatte“ angekreuzt worden war.

 

Zur Begründung seiner Entscheidung, dass Bezugsberechtigte der Versicherungssumme in einem solchen Fall

  • die geschiedene erste Ehefrau ist und
  • nicht die zweite Ehefrau, mit der der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war,

 

hat der IV. Zivilsenat des BGH ausgeführt, dass es sich bei der Bestimmung der Bezugsberechtigung durch den Versicherungsnehmer um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, die erst wirksam wird, wenn sie dem Versicherer zugeht (§ 159 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG); BGH, Urteil vom 26.06.2013 – IV ZR 243/12 –).
Wem der Versicherungsnehmer mit der Formulierung „der verwitwete Ehegatte“ im Todesfall ein Bezugsrecht einräumt, ist dabei durch Auslegung der Willenserklärung des Verfügungsberechtigten zu ermitteln, wobei sich die Auslegung auf den Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnehmer seine Erklärung abgibt, zu beziehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).

Maßgeblich ist somit der bei der Festlegung des Bezugsrechts vorhandene und dem Versicherer gegenüber zum Ausdruck gebrachte Wille des Versicherungsnehmers (BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).
Spätere Umstände sind grundsätzlich unerheblich.
Insbesondere bleiben nachträgliche Überlegungen oder Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers außer Betracht, wenn sie dem Versicherer nicht so mitgeteilt worden sind, dass dieser nach objektivem Empfängerhorizont den Inhalt einer etwaigen Bezugsrechtsänderung erkennen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2014 – IV ZR 243/12 –).

  • Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, bietet der Wortlaut „Ehegatte“ keinen Anhalt dafür anzunehmen, ein Versicherungsnehmer wolle damit nicht den zum Zeitpunkt der Erklärung mit ihm verheirateten Ehegatten, sondern allgemein diejenige Person begünstigen, die zum Zeitpunkt seines Todes mit ihm verheiratet sein wird (BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).
  • Im Gegenteil verbindet ein Versicherungsnehmer mit dem Wort „Ehegatte“ – solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen – regelmäßig nur die Vorstellung, dass damit derjenige gemeint ist, mit dem der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Erklärung verheiratet ist.

 

Eine Vorstellung, dass es sich bei einer solchen Bezugsrechtsbestimmung nicht um die Bezeichnung einer ganz bestimmten, lebenden Person, sondern um eine abstrakte Bezeichnung handelt, ist dem Versicherungsnehmer fremd.
Erst recht ergibt sich ein solcher Erklärungsinhalt nicht nach der – allein maßgeblichen – Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) des Versicherers.

Aus dem Eigenschaftswort „verwitwet“ folgt nichts anderes.
Denn insoweit kommt es allein auf das Verständnis des Ehemannes zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung an, wie es sich nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) des Versicherers darstellt und

  • aus Sicht des Ehemannes ist danach typischerweise die zu diesem Zeitpunkt mit ihm verheiratete Frau im Versicherungsfall der „verwitwete Ehegatte“,
  • weil das Bezugsrecht nach der ausdrücklichen Regelung nur im Todesfall greifen soll (ebenso bereits BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 – für die Verknüpfung des Begriffs „Ehegatte“ mit dem Begriff „Todesfall“) und
  • nicht ersichtlich ist, dass sich der Versicherungsnehmer, als er die Bezugsrechtserklärung abgab, Gedanken über den Fortbestand seiner Ehe machte oder gar den Fall einer Scheidung und Wiederheirat in Betracht zog.

 

Dass die Benennung des Ehegatten des Versicherungsnehmers als Bezugsberechtigten einer Versicherungsleistung ohne Hinzutreten besonderer Anhaltspunkte nicht auflösend bedingt ist durch eine Scheidung der Ehe vor Eintritt des Versicherungsfalles, also durch eine Scheidung nicht nachträglich entfällt, hat der BGH bereits entschieden (BGH, Urteil vom 14.02.2007 – IV ZR 150/05 –).
Denn bei der Verwendung des Begriffs „Ehegatte“ bzw. „Ehefrau“ ist nach der Lebenserfahrung regelmäßig nicht anzunehmen, dass das Bezugsrecht nur für den Fall eingeräumt sein soll, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls noch besteht.

Fazit:
Wer will, dass in einem solchen Fall die geschiedene Ehefrau nicht bezugsberechtigt bleiben soll, muss das Bezugsrecht gegenüber dem Versicherer ändern bzw. sollte sich gegebenenfalls von einem Rechtsanwalt, am besten einem Fachanwalt für Versicherungsrecht, beraten lassen. 

 


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