Der Wartepflichtige darf nicht blindlings darauf vertrauen, dass der rechts blinkende Vorfahrtsberechtigte sein Vorrecht nicht (mehr) ausüben wird und auch tatsächlich nach rechts abbiegt, so dass der Wartepflichtige gefahrlos in die Vorfahrtstraße einfahren kann.
Vielmehr bedarf es,
- was der Wartepflichtige über das „Blinken nach rechts“ hinaus, durch einen dem Beweis zugänglichen substantiierten Sachvortrag darlegen und beweisen muss,
zumindest eines weiteren Anzeichens, das aus Sicht des Wartepflichtigen diesen Schluss zulässt,
- sei es dass der Vorfahrtberechtigte sich bereits deutlich nach rechts eingeordnet hat oder
- er seine Geschwindigkeit (ohne sonstigen erkennbaren Anlass) deutlich reduziert.
Aber auch wenn das Fahrverhalten des Vorfahrtberechtigten in diesem Sinn nachweisbar missverständlich war, also ein unfallmitursächlicher Verstoßes des Vorfahrtsberechtigten gegen § 1 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vorgelegen hat, ist gemäß § 17 Straßenverkehrsgesetz (StVG)
- bei einem Aufeinandertreffen von Vorfahrtverstoß (§ 8 StVO) einerseits und
- missverständlichem Verhalten (§ 1 Abs. 2 StVO) andererseits
gleichwohl demjenigen Unfallbeteiligten die Hauptverantwortung zuzuordnen, dem der Vorfahrtverstoß zur Last fällt.
Darauf hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden mit Urteil vom 20.08.2014 – 7 U 1876/13 – hingewiesen und in dem entschiedenen Fall,
- in dem der Vorfahrtberechtigte über das bloße Blinken nach rechts hinaus auch seine Geschwindigkeit in Annäherung an den wartenden Wartepflichtigen so maßgeblich reduziert hatte, dass bei diesem nachvollziehbar der Eindruck entstanden war, der Vorfahrtberechtigte wolle vor ihm nach rechts in den dort befindlichen Lebensmittelmarkt einbiegen,
eine Haftungsverteilung von 70:30 zulasten des Wartepflichtigen für angemessen und sachgerecht erachtet.
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