Wenn das Gesetz für einen bestimmten Anspruch verschiedene Verjährungsfristen vorsieht

Wenn das Gesetz für einen bestimmten Anspruch verschiedene Verjährungsfristen vorsieht

Bundesgerichtshof (BGH) klärt die Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Verjährung eines Anspruchs trägt, wenn, wie in § 438 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), für die Verjährung des Mängelanspruchs verschieden lange Verjährungsfristen vorgesehen sind.

Der Schuldner, der sich auf den Eintritt der Verjährung als rechtsvernichtenden Umstand beruft, ist

  • darlegungs- und beweisbelastet dafür,
  • dass die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Verjährungsvorschrift vorliegen (BGH, Urteile vom 20.05.2003 – X ZR 57/02 – und vom 19.01.2006 – III ZR 105/05 –).

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Gesetz für einen bestimmten Anspruch je nach Fallgestaltung verschieden lange Verjährungsfristen vorsieht (BGH, Urteil vom 20.05.2003 – X ZR 57/02 – zur Beweislast bei § 638 Abs. 1 BGB aF). Dementsprechend hat der X. Zivilsenat des BGH entschieden, dass zugunsten eines Unternehmers, der sich auf eine kürzere der in § 638 Abs. 1 BGB aF alternativ geregelten Verjährungsfristen (sechs Monate; bei Arbeiten an einem Grundstück ein Jahr; bei Bauwerken fünf Jahre) beruft, ein früherer Ablauf der Verjährungsfrist nur dann anzunehmen ist, wenn auszuschließen ist, dass das vom Unternehmer zu erstellende Werk der Herstellung eines Bauwerks diente (BGH, Urteil vom 20.05.2003 – X ZR 57/02 –).

  • Nichts anderes hat für die kaufrechtlichen Verjährungsregelungen des § 438 Abs. 1 BGB zu gelten.

Sieht das Gesetz verschiedene Verjährungsfristen für einen Gewährleistungsanspruch des Käufers vor,

  • so hat der Verkäufer, der sich auf den Eintritt der Verjährung beruft (§ 214 Abs. 1 BGB), darzulegen und zu beweisen,
  • dass keiner der vom Gesetzgeber als vorrangig aufgeführten Tatbestände einer längeren Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 BGB) vorliegt.

Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 438 Abs. 1 BGB

  • eine Rangfolge von Verjährungsfristen aufgestellt.
  • Die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB soll nach dem im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers nur „im Übrigen“ eingreifen, also nur dann, wenn kein vorrangiger Verjährungstatbestand Geltung beansprucht.

Daher hat der, der sich auf den Ablauf der kürzeren Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beruft, was in der Regel der in Anspruch genommene Verkäufer sein wird, darzulegen und zu beweisen, dass die vorrangige Verjährungsregelung des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB nicht zum Zuge kommt, also die Sache

  • entweder nicht in einem Bauwerk verwendet wurde
  • oder sie entgegen ihrer üblichen Verwendungsweise hierfür verwendet wurde.

Hinsichtlich der primären Darlegungslast des Verkäufers

  • zum Nichteingreifen des Verjährungstatbestands des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB

dürfen dabei allerdings keine überspannten Anforderungen gestellt werden.
Ein Sachvortrag zur Begründung eines rechtsvernichtenden Umstands ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, den geltend gemachten Einwand als bestehend erscheinen zu lassen.
Dabei ist es unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (BGH, Beschluss vom 11.05.2010 – VIII ZR 212/07 –).
Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 29.02.2012 – VIII ZR 155/11 –). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens des Verkäufers zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die erhobene Verjährungseinrede (§ 214 Abs. 1 BGB) vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 29.02.2012 – VIII ZR 155/11 –).
Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es, sofern ein Beweisantritt erfolgt ist, Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.

  • Falls ein Verkäufer nicht in der Lage sein sollte, die beschriebenen (geringen) Darlegungsanforderungen bezüglich der Ausräumung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB zu erfüllen, wird zu prüfen sein, ob und inwieweit den Käufer eine sekundäre Darlegungslast trifft.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 24.02.2016 – VIII ZR 38/15 – hingewiesen.


Warning: Undefined variable $user_ID in /is/htdocs/wp1087826_EK6QR6X9JJ/www/haerlein.de/wordpress/wp-content/themes/arilewp-pro/comments.php on line 45

You must be <a href="https://www.haerlein.de/wp-login.php?redirect_to=https%3A%2F%2Fwww.haerlein.de%2Fwenn-das-gesetz-fuer-einen-bestimmten-anspruch-verschiedene-verjaehrungsfristen-vorsieht%2F">logged in</a> to post a comment