Anfechtung eines Gebrauchtwagenkaufvertrages wegen arglistiger Täuschung

Anfechtung eines Gebrauchtwagenkaufvertrages wegen arglistiger Täuschung

Wegen arglistiger Täuschung nach §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anfechten kann der Käufer einen von ihm abgeschlossenen Gebrauchtwagenkaufvertrag nur dann, wenn

  • der Verkäufer zumindest mit bedingtem Vorsatz bei ihm, dem Käufer, durch Vorspiegelung falscher oder durch Unterdrückung wahrer Umstände einen Irrtum erregt oder aufrechterhalten hat und
  • er, der Käufer, hierdurch zur Abgabe seiner Willenserklärung bestimmt worden ist.
  • Die Kausalität zwischen Täuschungshandlung und Abgabe der Willenserklärung ist dabei von vornherein ausgeschlossen, wenn der Käufer Kenntnis von den wahren Umständen gehabt hat.

 

War beispielsweise die Angabe der Unfallfreiheit in der Kaufvertragsurkunde falsch, muss der Käufer beweisen, dass ihn der Verkäufer bzw. einer seiner Mitarbeiter insoweit getäuscht hat.

Auch wenn feststeht, dass er persönlich keine Kenntnis von dem Unfallschaden hatte, ist dieser Beweis vom Käufer dann nicht erbracht,

  • wenn er sich das Wissen eines Dritten zurechnen lassen muss, der bei Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von der Unfalleigenschaft des Kraftfahrzeugs gehabt hat.
  • Denn in einem solchen Fall muss sich der Käufer so behandeln lassen, als habe er Kenntnis von dem Unfallschaden des Fahrzeuges gehabt.

 

Gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen ist dem Käufer das Wissen seines Vertreters. Nach dieser Vorschrift kommt es, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch Kenntnis oder Kennenmüssens gewisser Umstände beeinflusst werden, nämlich nicht auf die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters an.

Aber auch dann, wenn ein Käufer die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung selbst abgegeben hat, also für ihn kein Dritter als Abschlussvertreter aufgetreten und § 166 Abs. 1 BGB nicht direkt anwendbar ist, muss sich ein Käufer die Kenntnis und das Kennenmüssen von Umständen auch solcher Personen zurechnen lassen, welche

  • mit seiner Zustimmung eigenverantwortlich mit der Vorbereitung des Geschäfts befasst oder
  • bei den Vorverhandlungen in Erscheinung getreten sind,
  • auch ohne letztlich bevollmächtigte Abschlussvertreter gewesen zu sein.

 

Denn § 166 Abs. 1 BGB regelt die Zurechnung von Wissen nicht abschließend. Die Norm ist vielmehr Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass sich am rechtsgeschäftlichen Leben Teilnehmende das Wissen der sie Repräsentierenden zurechnen lassen müssen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 25.03.1982 – VII ZR 60/81 – und vom 05.04.1984 – IX ZR 71/83 –).
Danach soll sich derjenige,

  • der die Vorteile aus einem arbeitsteiligen Einsatz einer dritten Person zieht,
  • nämlich ein Rechtsgeschäft nicht selbst vorbereiten, begleiten, abschließen oder abwickeln zu müssen,
  • auch die damit verbundenen Risiken tragen (Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 29.07.2003 – VII R 3/01 –).

 

Eines konkreten Bestellungsaktes, vermöge dessen der (Wissens-)Vertreter die Geschäftsanbahnung aufnehmen soll, bedarf es dabei nicht (BGH, Urteil vom 24.01.1992 – V ZR 262/90 –).
Es genügt vielmehr, wenn die Person tatsächlich in das betreffende Geschäft auf Seiten des Zurechnungsempfängers eingebunden wird.
Dabei kommt es darauf an, ob zu erwarten ist, dass der Wissensträger sein Wissen dem Geschäftsherren mitteilen und jener es bei diesem abfragen würde (BGH, Urteile vom 02.02.1996 – V ZR 239/94 – und vom 15.04.1997 – XI ZR 105/96 –).
Unter diesem Gesichtspunkt hat die Rechtsprechung auch bereits Personen einbezogen, die nicht in ihrer Eigenschaft als Gehilfe aufgetreten sind, bei denen dennoch mit der Wiedergabe von Wissen zu rechnen war (BGH, Urteil 25.03.1982 – VII ZR 60/81 – für Ehepartner; BGH, Urteil vom 31.10.1956 – V ZR 177/55 – für einen von der Geschäftsleitung eines Partnerunternehmens entsandten Beobachter).
Zurechnen lassen muss sich der Käufer

  • aber nicht nur die Kenntnis eines Verhandlungsgehilfen,
  • sondern auch das Wissen desjenigen auf dessen Feststellungen er sich erkennbar verlassen hat.

 

Darauf hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Erfurt mit Urteil vom 27.08.2015 – 10 O 1179/14 – hingewiesen.

 


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